SimAnimals30.01.2009, Jan Wöbbeking
SimAnimals

Im Test:

Falls eure Freundin mal wieder mit frischer Luft droht, könnte euch Electronic Arts aus der Patsche helfen: Ab sofort lässt sich das lästige Pflichtprogramm zum Aufleveln der Beziehungspunkte, gemeinhin »ausgiebiger Waldspaziergang« genannt, auch virtuell erledigen. Der Sim-Publisher hat zur Verwunderung der Fachwelt ein weiteres Spinoff seines Goldesels veröffentlicht. Diesmal wuseln statt Großstadt-Neurotikern allerlei putzige Waldtiere über den Bildschirm - und zwar in ihrem natürlichen Habitat. Wie in Viva Piñata darf man in gottgleicher Funktion dem Öko-System mit einer helfender Hand auf die Sprünge helfen.

Förster gesucht

Der Begriff »helfende Hand« dient in diesem Fall keineswegs als Metapher: Bewege ich die Wii-Fernbedienung, schwebt tatsächlich eine dickes menschliches Greifinstrument in einem weißen Handschuh über die Lichtung. Es besitzt genügend Fähigkeiten, um Allmachtsphantasien zu beflügeln:

Och wie putzig: Mit eurem Cursor-Handschuh könnt ihr nicht nur gärtnern und füttern, sondern auch eure Lieblinge streicheln.
Ich kann die Erde mit Blitzen verkokeln und mich mit den Fingern im Boden festkrallen, um die komplette Erdkugel zu verschieben! Okay - im Grunde bewirkt das lediglich die Veränderung der Kameraperspektive. Aber ich kann außerdem Bäume fällen, Pflanzen wässern, Beeren pflücken und Bären streicheln. Meister Petz schnaubt zwar verächtlich und sträubt sich realistisch animiert gegen die unerwartete Zärtlichkeitsattacke, doch es ist nur eine Frage der Zeit, bis ich auch seine Sympathie gewinne. Gans, Biber, Igel und Hirsch fressen mir schließlich auch schon aus der Hand.

Verglichen mit menschlichen Sims sind meine Schützlinge nämlich relativ einfach zu beeindrucken. Ein paar leckere Brombeeren später sitzt das patzige Riesenfellknäuel bereits schmatzend auf den vier Buchstaben und rollt anschließend sogar auf den Rücken, damit ich ihm mit ein paar Wedlern der Fernbedienung den Bauch kraulen kann. Jetzt genießt er meine Streicheleinheiten sichtlich. Sein Vertrauen geht so weit, dass ich ihn sogar am Kragen packen und über die Lichtung schleudern kann, ohne zur Belohnung angebrüllt zu werden. Manche Waldbewohner stehen sogar auf diese unerwartete Schüttelkur

Wald, Wiese & Wüste

Das N64 lässt grüßen: Von den realitätsnahen Animationen abgesehen ruckeln Tiere und Vegetation erschreckend detailarm über den Bildschirm. 
Doch nicht nur meine Zuwendung macht die Vierbeiner glücklich. Ich darf ihnen außerdem bei der Freizeitgestaltung helfen. Wenn ich mit dem allmächtigen weißen Handschuh ein wenig über einen Baum oder einen Strauch streiche, fallen zunächst einmal gewachsene Nüsse, Früchte und Blüten zu Boden. Malträtiere ich die Pflanze länger, kann ich sie fällen und in Stöckchen verarbeiten, welche der Biber als Material für seinen Damm gebrauchen kann. Das Bauvorhaben ist eines der Ziele, welche am Bildrand aufgezählt werden.

Jedes Waldgebiet besitzt seine thematischen Eigenheiten wie z.B. eine spezifische Pflanzenwelt, Teiche oder eine ausgedörrte Schlucht sowie dazu passende Aufgaben. Leider wirken die karge Vegetation und der Rest der Kulisse hässlicher als manch ein Spiel aus dem letzten Jahrtausend. Trotz unscharfer Texturen und grobpixeliger Treppchen-Schatten werden Kamerafahrten von starkem Ruckeln begleitet. Im Gegenzug vermitteln die idyllischen Soundeffekte immerhin ein wenig das Gefühl von unberührter Natur.

       

Rucksack-Touristen

Habe ich ein paar Ziele erreicht und einen weiteren Kartenabschnitt freigeschaltet, darf ich entweder weiterziehen oder mein Traumbiotop noch hübscher gestalten, damit sich die Bewohner pudelwohl fühlen. Ich kann sogar frei zwischen den Gebieten wechseln und meine Viecher in den Rucksack packen, um sie an anderer Stelle wieder auszusetzen. Der Biber eignet sich z.B. bestens dazu, einen weiteren Damm zu bauen, welcher prompt wieder vom verspielten Bären zerpflückt wird,  der es mir mit jeder Menge Zufriedenheits-Smilies dankt. Auch das Verkuppeln mit Artgenossen vom anderen Geschlecht und die Aufzucht von Nachwuchs sorgen für gute Laune bei den tiertischen Schützlingen.

Anders als bei Viva Piñata ist die Touchscreen-Steuerung der DS-Fassung recht fummelig geraten.

Jede positive und negative Gemütsregung verwandelt sich in einen kleinen Smilie, der an den oberen Bildrand fliegt und Einfluss auf die Zufriedenheits-Leiste des Abschnitts nimmt. Um möglichst gut abzuschneiden, kann man sich an diversen Medaillen-Herausforderungen versuchen. Die Emoticons können aber auch gewaltig auf die Nerven gehen - vor allem, wenn man nicht auf Anhieb sieht, wer oder was einem gerade mit massenhaft roten Gesichtern die Bilanz versaut. Meist muss eine vorgegebene Anzahl einer bestimmten Pflanze wie der Walnussbaum angepflanzt werden, damit sich z.B. Nagetiere wie das Eichhörnchen pudelwohl fühlen. Ab und zu bringt mich auch einfaches »Umtopfen« weiter: Die zahleichen kurzen, aber informativen Info-Texte erklären, welche Pflanzen in welchen Böden gedeihen und was meine Schützlinge am liebsten verputzen. Auf der Speisekarte von Fleischfressern steht durchaus auch einmal einer ihrer Mitbewohner. Neue Tiere werden wie in Viva Piñata übrigens von ihren Lieblingspflanzen in den aktuellen Waldabschnitt gelockt.

Auch auf dem DS nicht hübscher

Die DS-Fassung ähnelt dem großen Vorbild inhaltlich. Die leicht abgeänderte Touchscreen-Steuerung funktioniert im Prinzip ordentlich, wirkt dank einem Wust an Symbolen, Pflanzen und Tieren auf kleinstem Raum aber recht überladen. Es ist mir oft passiert, dass ich ein neues Tier mit einer ungewollten Streichelattacke vergrault habe. Die karge 2D-Kulisse und die einfach animierten Tierchen versprühen leider nicht den gleichen Charme wie ihre Artgenossen auf dem großen Bildschirm. Außerdem ging mir das ununterbrochene Piepsgeräusch der Zufriedenheits-Smilies schon nach kurzer Zeit gehörig auf die Nerven.    

Fazit

SimAnimals lohnt sich vor allem als entspanntes und lehrreiches Aufbauspiel für Familien. Bis zu vier Mitspieler können zur Fernbedienung greifen und in der belebten Waldszenerie herumgärtnern. Ich bin zwar weder Botaniker noch Pädagoge - doch die kurzen, interessanten Info-Texte der Wii-Fassung sind so geschickt ins Spiel und seine Aufgaben eingebunden, dass mir einige Details über diverse Tier- und Pflanzenarten im Gedächtnis geblieben sind. Schade nur, dass der Wald in den Augen eines Hardcore-Zockers so unglaublich hässlich aussieht. Dank der realistischen Animationen und der idyllischen Soundkulisse habe ich mich nach einiger Zeit trotzdem wie in freier Wildbahn gefühlt, doch die verschwommenen Texturen und die niedrige Bildrate haben mir im wahrsten Sinne des Wortes Tränen in die Augen getrieben. Auch die träge und etwas umständliche Kamera-Bedienung geht nach Stunden noch auf die Nerven. Die DS-Fassung hat zwar nicht mit technischen Problemen zu kämpfen, leidet im Gegenzug aber unter einer etwas überladenen Touchscreen-Steuerung. Inhaltlich hat sich EA an allen Ecken und Enden bei Viva Piñata bedient. Trotzdem wirkt das Spiel deutlich weniger komplex und ausgereift, da man die meiste Zeit mit dem Versorgen von Tieren und Pflanzen beschäftigt ist. Für einen ausgedehnten Waldspaziergang auf der Mattscheibe ist SimAnimals aber allemal gut.

Pro

<P>
entspannter Viva-Piñata-Klon mit echten Waldtieren
jede Menge unterschiedlicher Tier- und Pflanzenarten+&nbsp;umfangreiche Tierinteraktion über Remote bzw. Stylus&nbsp;
realistische nachempfundene Zusammenhänge
kurze aber lehr- und hilfreiche Info-Texte (Wii)
unterschiedliche Vegetationsbereiche (Wald, Wiese, Wüste und Hof)
zahme Tiere und Gegenstände in andere Gebiete übertragbar
intuitive Interaktion mit Tier und Pflanze per Fernbedienung (Wii)
kooperativ für bis zu vier Spieler</P>

Kontra

<P>
Grafik wirkt insgesamt wie aus dem letzten Jahrtausend
trotzdem starkes Ruckeln (Wii)
schlicht dargestellte Vegetation
unscharfe Texturen
Schatten mit groben Pixelkanten
teils starke Clipping-Fehler
für erfahrene Spieler viel zu einfach
nicht so motivierend wie Viva Pinata
Glück
und Ärger-Symbole erzeugen nerviges Dauergepiepse
träge und umständliche Kamerabewegung (Wii)
fummelige Bedienung&nbsp;auf dem symbolüberladenen&nbsp;Screen (DS)</P>

Wertung

Wii

EAs Viva-Piñata-Klon mit echten Tieren ist entspannend und lehrreich, krankt aber an detailarmer Grafik und auf Dauer monotonem Spielablauf.

NDS

Die DS-Umsetzung ähnelt der Wii-Fassung, im kargen 2D-Wald faszinieren die Tiere aber weniger als auf dem großen Bildschirm.

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