Marvel: Ultimate Alliance 215.10.2009, Mathias Oertel
Marvel: Ultimate Alliance 2

Im Test:

Superhelden und Remote? Da war doch was? Richtig: Vor etwa drei Jahren haben die Marvel-Stars mit Ultimate Alliance dort das erste Mal für Furore gesorgt. Mit einem neuen Entwicklerteam und neuen Ideen soll der damalige Erfolg (4P-Wertung: 80%) wenigstens eingestellt werden. Doch Geschichte wiederholt sich nicht immer, wie Ultimate Alliance 2 unter Beweis stellt.

Jeder gegen jeden

Die Fronten haben sich gebildet. Die Grenzen sind gezogen. Superhelden auf der einen Seite. Superhelden auf der anderen. Moment mal& Sollten bekannte Gesetzeshüter wie Captain America, Iron Man oder Spider-Man nicht gegen Super-Bösewichte kämpfen? Wieso treten Freunde auf einmal gegeneinander an und werden Teams wie die Fantastischen Vier oder die X-Men auseinander gerissen?

Superhelden im Großeinsatz: Die versammelten Marvel-Superstars kämpfen nicht nur gegen Gegnerhorden, sondern später auch gegen sich selbst.
Grund dafür ist der so genannte "Registration Act". Das ist ein Gesetz, nach dem sich alle Superhelden namentlich registrieren lassen müssen, um im Zweifelsfall für Schäden und vor allem menschliche Verluste bei ihren Einsätzen haftbar gemacht werden zu können. Und das alles nur, weil durch eine Unachtsamkeit und angeheizt von populistischen Politikern ein tragisches Ereignis mit zahlreichen zivilen Opfern ausgenutzt wird, um die Superhelden zu überwachen.

Natürlich lassen das nicht alle ohne zu Murren über sich ergehen und die Helden-Gemeinschaft wird gespalten: Auf der einen Seite stehen die Regierungstreuen unter der Führung von Iron Man Tony Stark, auf der anderen folgen die Rebellen ihrem Anführer Captain America.

Stark angefangen

Die Story, die sich hauptsächlich um die gegeneinander antretenden Superhelden aus dem weitreichenden Marvel-Universum dreht, ist bei Ultimate Alliance 2 (UA2) die Hauptantriebsfeder der Motivation. Sie wird über identische, wenngleich natürlich niedriger aufgelöste Renderfilme erzählt wie in den HD-Versionen, hat die eine oder andere Überraschung zu bieten und weiß mit einem cleveren Einsatz der sich gegenseitig ausspielenden übermenschlichen Stars zu überzeugen. Und damit liefert sie einen erzählerisch guten Hintergrund für das Action-Rollenspiel.

Damit hören die Parallelen zu den 360- bzw. PS3-Varianten der Marvel-Superstars bereits auf - und das ist nicht zwangsläufig negativ aufzufassen. Vor allem in der anfänglichen Tutorialphase bekommt man den Eindruck, dass UA2 auf Wii, abgesehen von der natürlich schwächeren Kulisse, insgesamt runder wirkt. Vor allem hinsichtlich der in den HD-Varianten eingeschränkten Figurenentwicklung.

Denn wurde bei den hoch aufgelösten Superhelden an Fähigkeiten und damit auch an taktischen Auswahlmöglichkeiten gespart, bekommt man auf Wii eine zumindest ansatzweise, wenngleich figurenabhängig unterschiedlich umfangreiche Auswahl, die an den Vorgänger (4P-Wertung: 80%) erinnert. Und damit hat es größere Bedeutung, welche Fähigkeiten man bei jedem der zahlreichen Figurenaufstiege verbessern möchte.

 

Bei Bosskämpfen ist Vorsicht geboten: Die KI der Mitläufer neigt zu Aussetzern. Abhilfe schafft der lokale Vier-Spieler-Modus.
Auch die insgesamt etwas offenere Levelstruktur, die im Vergleich zu den nur höchst selten zur Erforschung einladenden Abschnitten auf 360 oder PS3, mehr Spielraum lässt, weiß angenehm aufzufallen.

Stark nachgelassen

Doch nach der ersten, gut ein bis zwei Stunden dauernden Euphoriephase, in der man noch den Eindruck hat, dass die scheinbar schwächere Konsole dank ausgewogenerer Mechaniken den HD-Brüdern eine lange Nase dreht, beginnt der Lack zu blättern.

Dabei sind es nicht einmal die kleinen Probleme wie die unglückliche manuelle Kamerajustierung, die über den Druck der "1"-Taste im Zusammenspiel mit einem Handgelenksdrehen der Remote-Führung zu erreichen ist.

Auch die im Vergleich zu normalen Attacken (A- und B-Knopf) unglücklich positionierten Spezialbewegungen auf dem Digipad sind nur ein kleines und damit tolerierbares Ärgernis. Gleiches gilt für die Schaltung durch die Helden, die per Plus- und Minus-Taste bewerkstellig wird und die keine direkte Auswahl anbietet.

     

Doch ausgerechnet bei den so genannten Fusions-Attacken, dem neuen wesentlichen Element in UA2, zeigt die gut funktionierende Steuerung herbe Schwächen.

Zur Erklärung: Bei einer Fusion sorgen die gebündelten Kräfte von zwei Helden für ein visuell eindrucksvolles sowie bei den Gegnern verheerendes Ergebnis - zumindest in der Theorie.

Denn während die Visualisierung der insgesamt gut über 250 Kombos, von denen sich thematisch allerdings einige wie bei

Auch wenn die Fusion-Attacken teilweise gut aussehen, wirkt die Kulisse insgesamt zu altbacken.
den HD-Versionen gleichen, zwischen unspektakulär und bombastisch pendelt und der angerichtete Schaden zweifellos den Aufwand wert ist, sorgt die Ausführung für Stirnrunzeln und immer wieder für Frust.

Eingeleitet durch Drücken des Z-Knopfes mit gleichzeitigem Nunchuk-Fuchteln muss man mit der Remote auf eines der in den Ecken platzierten Helden-Konterfeis zeigen und klicken, um die Fusion zu beginnen.

Das Problem: Abseits dieser Mechanik wird die Remote nur höchst selten im Kampfeinsatz auf den Bildschirm gerichtet. Sprich: Man verliert wertvolle Sekunden, in denen man getroffen und im schlimmsten Fall sogar ausgeknockt oder zu Boden geworfen wird (damit ist der Fusionsversuch beendet), während man versucht, das Zielkreuz auszurichten.

Das ist insofern doppelt ungeschickt, weil auch das Wiederbeleben ausgeknockter Kameraden, das im Übrigen einen Stern der Fusionsleiste kostet, auf diese Art und Weise funktioniert. Es wäre hier sehr hilfreich gewesen, wenn das Team von n-Space das Geschehen im Hintergrund radikal verlangsamt, damit sowohl Fusion als auch die häufig notwendige Reanimation einen Vorteil mit sich bringt. Stattdessen ärgert man sich, dass  diese beiden wichtigen Mechaniken nicht intuitiver integriert wurden.

Zu konventionell

Und damit hört das Ärgern nicht auf. Denn wo man auf PS3 und 360 jederzeit das Team wechseln kann, ist man hier auf die ohnehin zu spärlich gesäten Speicherpunkte angewiesen, die gleichzeitig als "offizielle" Heldentauschbörse eingesetzt werden.

Diese Mechanik war vor zwei Jahren beim Vorgänger noch in Ordnung, doch neben dem komfortablen Austausch auf Microsoft- und Sony-Konsolen wirkt die lokale Beschränkung auf Wii wie ein Relikt aus alten Zeiten. Zeiten, die man eigentlich hinter sich glaubte.

Ebenso wie bei der KI: Dass man bei einem Action-Rollenspiel bei den Gegnern kaum andere Verhaltensmuster als blindes Drauflosstürmen vorfindet, ist schade, aber war nicht anders zu erwarten und stört auch nicht. Denn genau das will man ja: Die Gegner kommen zu einem, lassen sich schick und problemlos vom ausgewählten Helden und seinen Kumpanen vermöbeln und die Glückseligkeit stellt sich ein.

Dass aber ausgerechnet die Mitläufer sich mehr schlecht als recht in den Kampf einreihen und vor allem bei den kritischen Bosskämpfen immer wieder sich drehend oder gar nichts machend in der Gegend herumstehen, ist verheerend. Diesen Mangel kann man nur offline mit maximal vier menschlichen Superhelden ausmerzen, womit der Spaß deutlich ansteigt.

Wenn der Inhalt stimmt, können technische Mängel übertüncht werden. Das gelingt bei Ultimate Alliance 2 leider nur selten.
Daneben nehmen sich sowohl die angesprochenen Probleme mit der Fusion als auch die mitunter erzwungen wirkenden Gestenspielchen sowie die unnötig eingesetzten Missionen, um bestimmte Figuren freizuspielen, wie Kleinkram aus.

Zu altbacken

Und irgendwann kommt der Punkt, an dem die inhaltlichen Makel so gravierend werden, dass man auch die technischen Mankos nicht mehr ignorieren kann. Wenn das inhaltliche und mechanische Drumherum stimmen, fällt es relativ leicht, über gelegentliche Einbrüche in der Bildrate, immer wieder matschige Texturen oder brüchige Animationen -oder kurz: antiquierte Technik- hinwegzusehen.

Doch wenn wie hier die inhaltliche Faszination durch unnötige Limitationen schneller als eigentlich nötig absinkt und obendrauf noch die Technik hakt, die bis auf wenige Highlights unter dem Strich einen schwächeren Eindruck hinterlässt als der fast drei Jahre alte Vorgänger, bleibt nur ein Rückschluss: Das Team von n-Space war mit der Thematik in vielerlei Hinsicht überfordert.

Dennoch muss man sagen, dass die grundlegenden Hack & Slay-Prinzipien des "schnellen Einstiegs" und "unkomplizierter Unterhaltung" auch in UA2 noch greifen. Doch wer die Wahl hat, sollte sich für die Marvels auf 360 oder PS3 entscheiden oder gar den Vorgänger herauskramen, der in sich stimmiger, umfangreicher und spielenswerter ist.

   

Fazit

So schnell kann es gehen. War ich in der Anfangsphase trotz technischer Schwächen ob der scheinbar inhaltlich gelungenen Umsetzung sowie der übersichtlichen Charakterentwicklung geneigt, mindestens die gleiche Wertung wie auf 360 oder PS3 zu geben, hat sich der Eindruck nach ein paar Stunden nicht nur relativiert, sondern ins Gegenteil umgekehrt. Dabei ist man sogar versucht, dank der leicht zugänglichen Action über Kameraprobleme, das fehlende Online-Spiel, das lediglich durch einen lokalen Vier-Spieler-Modus kompensiert wird, und sogar über die immer wieder auftretenden Bildratenprobleme hinweg zu sehen. Das funktioniert bei den Problemen mit der Mitläufer-KI sowie mit der Fusion- bzw. Reanimierungskontrolle allerdings nicht mehr ganz so gut. Und spätestens mit den unglücklich verteilten Speicherpunkten und dem Zwang, nur hier sein Team ändern zu können, werden die letzten verbliebenen Geduldsfäden durchtrennt. Macht die ultimative Allianz in ihrem zweiten Wii-Auftritt Spaß? Ja! Aber nur bedingt. Denn jedes Mal, wenn man gerade in einen unterhaltsamen Spielfluss kommt und die Gegner rechts und links von einem wie die Fliegen umfallen, wartet mit Sicherheit das nächste mechanische oder technische Manko, um einen aus der Illusion zu reißen, dass die Wii-Superhelden es tatsächlich mit den Kollegen auf 360 bzw. PS3 oder gar mit ihren gut drei Jahre alten, inhaltlich wesentlich runderen Ebenbildern aufnehmen könnten. Schade, hier war mehr drin!

Pro

über 20 Helden...
drei exklusive Figuren (Psylocke, Blade, Cyclops)
unkomplizierte Prügel-Steuerung
gute Story
Fusion-Attacken
Vier-Spieler-Modus
übersichtliche Charakterentwicklung

Kontra

- ... von denen einige umständlich freigespielt werden müssen
unglückliche Kamerakontrolle
mitunter starke KI-Probleme
kein Online-Spiel
Fusionen nicht intuitiv
Bildraten-Probleme
Teamwechsel nur an Speicherpunkten möglich
technisch altbacken

Wertung

Wii

Die unkomplizierte Hack&Slay-Mechanik macht nach wie vor Spaß, doch technische Mängel und KI-Probleme ziehen die Superhelden nach unten.

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