Test: Another Code: R - Die Suche nach der verborgenen Erinnerung (Adventure)

von Jörg Luibl



Entwickler:
Publisher: Nintendo
Release:
26.06.2009
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ab 39,95€
Spielinfo Bilder  
Sie sprechen kein Wort

Wahrheit oder Pflicht? Mutig oder feige? Ab und zu kann man sich für eine Reaktion entscheiden.
Die Mimik der Charaktere im Comicstil kann zwar auf den ersten Blick ähnlich überzeugen wie in Hotel Dusk: Room 215 , wenn sich die Brauen im Groll verengen oder die Mundwinkel bei einem Lächeln zu einem Halbmond wachsen, aber auf den zweiten ist sie nicht so ausgefeilt und markant wie die auf dem DS verwendete Technik der Rotoskopie, in der flimmernde Bleistiftfiguren ihre Wut plötzlich in Rottönen zeigten, die sich deutlich vom Schwarz und Weiß abhoben. Das wirkte erwachsen, das erinnerte an den Film noir und war dramaturgisch passend. Hier wirkt alles zwar bunt und ansehnlich, aber kommt auch nicht über den gewöhnlichen Cel-Shading-Charme hinaus. Nein, erwachsen soll dieses Abenteuer nicht wirken, das auch akustisch bis auf einige Molltöne bei Missstimmungen eher auf heitere Ponyhofklänge setzt - diese fast schon infantile Titelerkundungsmelodie lässt sich aber abschalten.

Aber viel entscheidender ist, dass das Spiel nicht den Sog des Thrillerschmökers mit dem Ex-Cop entfalten kann. Nichts gegen die Lektüre: Wenn das alles wohl dosiert und spannend wäre, dann würde ich auch ohne Sprachausgabe ein Ohr zudrücken - wie bei anderen Adventures. Aber hier ist von Beginn an unheimlich viel Belangloses dabei, wie etwa ein Gespräch über den Hundenamen Bello, dann kommt auch noch viel zu viel Redundantes hinzu, wie etwa das immer gleiche Hin und Her zwischen Vater und Tochter oder die ewig gleichen Erklärungen über den Tod der Mutter. Es wird so viel wiedergekäut, dass man fast das Gefühl hat, hier sollten wirklich nur Kinder oder Begriffsstutzige angesprochen werden, die noch nie ein Buch am Stück gelesen haben. Außerdem hat man keine Wahl bei den Dialogen, es gibt keine Gesprächsverzweigungen oder Alternativen: Man klappert alle Themen ab, bis keines mehr übrig ist. Auch diese Monotonie sorgt schnell für passives A-Drücken und ein lang gezogenes Gähnen...

Leider hat man keine Wahl bei den Dialogen: Man klappert alle Themen ab, bis keines mehr übrig ist.
Dass man nicht einschläft liegt nur daran, dass es ab und zu Entscheidungen geben kann: Der Bildschirm teilt sich dann in drei Bereiche und Ashley kann z.B. die Wahrheit sagen oder lügen, kann jemandem vertrauen oder misstrauen, kann sich mutig oder ängstlich geben. Hier schlummerte so viel Potenzial! Denn das sorgt natürlich für Rollenspielreize à la BioWare und lockert die Lese-Einbahnstraße scheinbar mit Abzweigungen auf. Aber leider wirken sich diese Entscheidungen nicht konsequent genug aus. Schlimmer noch: Meist ist es vollkommen egal, wie man reagiert, denn der Gesprächsfaden wird danach genau so weiter gesponnen wie es die Entwickler wollen. Und in den Momenten, wo man sich eine Reaktion oder einen Eingriff wünschen würde, wird sie erst gar nicht angeboten.

Rätseln auf Schienen

Unterm Strich ist es aber nicht nur schade, dass man auf Wii keine charismatischen Sprecher engagiert oder Konsequenzen integriert hat, sondern auch, dass man den Spieler bei der Erkundung in ein etwas zu enges Korsett zwängt. Konnte man in Another Code auf dem DS quasi die Gegend frei erforschen und nach eigenem Ermessen in jede Richtung gehen, ist man hier auf Schienen mit Abzweigungen unterwegs. Man läuft also nicht frei durch die idyllische Welt, sondern kann entweder per Steuerkreuz oder Remoteklick auf Pfeile die Richtung rechts, links, oben und unten wählen.

Das ist zwar kein Beinbruch, denn viele PC-Adventures sind genau so aufgebaut und so kann man sich theoretisch auf das Wesentliche konzentrieren, aber man hat auch keine Möglichkeit, sich bestimmte Dinge abseits des Gewollten genauer anzuschauen - man vermisst einfach die freie Bewegung. Und so ansehnlich der Comicstil der Charaktere auch ist, so malerisch vieles rund um den See auch wirkt: Die Umgebung bleibt oftmals sehr statisch, es gibt bis auf leichtes Kräuseln im Wasser kaum Bewegungen in der Landschaft. Dass das Team coole Effekte inszenieren kann, sieht man dann wiederum, wenn Ashley in den nächsten Abschnitt der Karte spurtet, während ihr der Wind mit Laub um die Ohren pfeift.
       

Kommentare

crewmate schrieb am
Realistisch ja, komfortabel nein
Wulgaru schrieb am
Ach komm, der Test ist fast zwei Jahre alt Masters. :wink:
Was die Wertung angeht...ich finde sie nachdem ich es gespielt habe auch zu niedrig, aber das kommt auch drauf an wie man die Kritikpunkte gewichtet. Wenn einem alle Schwachstellen auf die Nerven gehen, ist einer niedrige 70er- bzw. 69-Wertung sicher in Ordnung, auch wenn ich es für relativ hart halte.
Der einzige Punkt dem ich wirklich inhaltlich widersprechen würde, ist die Aufnahme der Gegenstände. Das finde ich nicht unlogisch sondern mehr als nur realistisch (Beispiel: Was soll ein rumspazierendes Mädel mit einem Rettungsring bevor sie ihn wirklich braucht?).
johndoe803702 schrieb am
Die Wertung hier passt nun mal gar nicht, wieso wurde das Spiel nicht vom selben Tester getestet wie die DS-Version???
Die genannten Kritikpunkte gab es auch schon auf dem DS und da ist es nicht schlimm oder wie jetzt? Eigentlich hätte die DS-Wertung dann ebenfalls niedriger sein müssen um fair zu sein. Der DS wird gehyped ohne Ende, die meisten Versionen sind deutlich schlechter und werden auf dem DS deutlich besser bewertet, das kann doch nicht richtig sein. (Mario Kart, Mario & Sonic, Mario Party, New Super Mario Bros)
Laner schrieb am
Guter Test
Das Spiel werd ich mir bald mal holen
nur momentan steht noch einiges aus
Brian Jones schrieb am
Soooo schlecht fand ich das Spiel nun auch wieder nicht. Mir hats jedenfalls Spass gemacht. OK, die fehlende Sprachausgabe hätte nicht sein müssen. So viel gelesen hab ich jedenfalls noch in keinem Adventure.
Aber die Story ist sehr gut, besonders wenn man auch den Vorgänger gespielt hat. Die meisten Rätsel sind zwar einfach. Dafür sind die Rätsel aber sehr gut in die Story eingebaut und wirken nicht wie irgendwelche angeklatschte Anhängsel.
Was mich besonders freut sollte eigentlich selbstverständlich sein. Die Steuerung funktioniert ohne Probleme. Wenn ich da so an andere Spiele für die Wii denke, wie z.B. ............. 8O .
Ob das Spiel hier nun 69% oder 89% bekommt hängt eh von den Vorlieben des Testers ab. Von daher ist mir die Wertung vollkommen wumpe. Hauptsache mir macht das Spiel Laune. :wink: [/i]
schrieb am