Swords & Soldiers20.05.2009, Jens Bischoff
Swords & Soldiers

Im Test:

Echtzeit-Strategie muss nicht immer komplexe 3D-Kriegsführung bedeuten. Mit Swords & Soldiers setzt Ronimo Games auf zweidimensionale Schlachtfelder im Cartoon-Stil und kinderleichte Handhabung. Geht das ungewöhnliche Konzept auf?

Echtzeit-Strategie in 2D

Auf den ersten Blick mag Swords & Soldiers Erinnerungen an Vanilla Wares GrimGrimoire wach rufen,

Video: Swords & Soldiers (ab 1,95€ bei kaufen) beweist, dass Echtzeit-Strategie auch in 2D funktioniert.aber das Spielprinzip bei Ronimo Games' Cartoon-Geplänkeln ist deutlich simpler und actionreicher. Hardcore-Feldherren wird das vermutlich abschrecken, aber Swords & Soldiers versucht erst gar nicht, traditionelle Echtzeit-Strategie in 2D abzuliefern. Stattdessen verfolgt man einen völlig eigenständigen Ansatz, der für sich gesehen hervorragend funktioniert und ein neuartiges Spielerlebnis bietet, das vielleicht am ehesten mit einem Tower Defense-Duell vergleichbar ist, bei dem zwei Parteien gleichzeitig Angriffswellen entsenden und abfangen müssen.

Die Schlachtfelder ähneln einem Lineal, von dessen Enden aus sich die beiden Krieg führenden Parteien langsam in Richtung Gegner aufmachen, um dessen Hauptquartier zu stürmen. Dazu beschwört man verschiedene Einheiten, die sich automatisch auf den Gegner zu bewegen und auch selbstständig Kampfhandlungen ausführen. Man selbst bestimmt quasi nur Zeitpunkt und Zusammensetzung der aktuellen Offensive. Darüber hinaus muss man sich aber auch noch um andere Dinge kümmern.

Zum einen um die Finanzierung des Feldzugs, denn Truppenerhebungen sind nicht kostenlos und müssen mit Goldvorräten bezahlt werden, die in meist nahe dem Hauptquartier gelegenen Minen schlummern. Dazu erschafft man einfach ein paar Arbeiter, die zwar wehrlos sind, aber ihre Aufgabe ebenfalls völlig selbstständig erledigen, so dass man sich nur Gedanken darüber machen muss, wann man sein Geld in weitere Rohstofflieferanten oder Soldaten investieren will. Die Minen sind jedenfalls unerschöpflich, die maximale Anzahl an Minenarbeitern aber auf zehn beschränkt.

Wikinger, Azteken und Chinesen

Neben Arbeitern und Soldaten kann man sein Gold auch in Gebäude investieren, die zwar nur an bestimmten Punkten errichtet werden können, aber den Gegner zusätzlich unter Druck setzen. Allerdings gibt es für jede Fraktion nur eine Art von Gebäude. Wikinger errichten z. B. einen Wehrturm, der von Axtwerfern bemannt und als Schutzwall genutzt werden kann, Azteken bauen hingegen hölzerne Selbstschussanlagen, während Chinesen auf Mana erzeugende Buddhastatuen setzen.  Mana ist neben Gold die zweite Ressource im Spiel und kann für diverse Spezialaktionen wie vorübergehende Schutzschilde, Energie zehrende Giftbomben, verlangsamende Schneestürme oder regenerative Heilstrahlen eingesetzt werden. Die Möglichkeiten sind sehr vielfältig und je nach Fraktion auch sehr unterschiedlich, ohne dabei unausgewogen zu wirken. Allerdings müssen diese Spezialkräfte erst entdeckt werden, was jeweils eine bestimmte Menge Gold verschlingt.

Ähnlich verhält es sich mit den zur Verfügung stehenden Einheiten. Anfangs hat man in der Regel lediglich Zugriff auf einfache Arbeiter, später erlauben verschiedene Entwicklungsstränge aber immer stärkere Krieger;

Die Truppen marschieren und kämpfen in Swords & Soldiers eigenständig. Man bestimmt lediglich Zeitpunkt und Zusammensetzung von Offensiven, den Einsatz von Spezialmanövern, die Rohstoffversorgung sowie die Entwicklung neuer Technologien.
von einfachen Soldaten über magiekundige Spezialeinheiten bis hin zu gigantischen Katapulten und Golems. Wer reichlich Mana bunkert, kann später sogar regelrechte Massenvernichtungswaffen wie Feuer speiende Drachen oder alles unter sich begrabende Gerölllawinen entfesseln, die in einer interaktiven Sequenz das gesamte Schlachtfeld verwüsten und selbst eigene Truppen mit in den Tod reißen, wenn man nicht aufpasst. Zieht man gegen eine KI-Armee in den Krieg, kann man deren Geschick in drei Stufen regulieren, auch die Spielgeschwindigkeit lässt sich anpassen.

Am meisten Spaß macht es aber natürlich gegen einen Kontrahenten aus Fleisch und Blut anzutreten, was im Wii-Original leider nur via Splitscreen möglich ist, wo man die Planungen des Gegners natürlich ständig im Blick hat. Spaß machen die lokalen Zweikämpfe aber auch in dieser Form, da sich der Ärger über die unvermeidliche Spickfunktion aufgrund der flotten und größtenteils automatisch ablaufenden Gefechte in Grenzen hält. Die PC-Umsetzung hat hier dank Online-Modus dennoch einen Vorteil. Das vollautomatische Matchmaking ohne jegliche Kommunikationsmöglichkeiten erlaubt zwar lediglich Farb- und Völkerwahl, bietet aber die Möglichkeit während des Wartens auf einen passenden Ggener sich mit den Offline-Modi zu beschäftigen und nach gestilltem Online-Appetit an Ort und Stelle weiterzuspielen - nicht nur aufgrund der eher schwach frequentierten Server ein praktisches Feature. Zudem hat man die Möglichkeit, Freunde zu einer Online-Partie einzuladen, lokale Duelle sind am PC jedoch nicht möglich.    

Kurz, aber abwechslungsreich

Selbst Solisten kommen gut auf ihre Kosten: Neben anpassbaren KI-Duellen gibt es für jede der drei Fraktionen auch eine individuelle Kampagne mit witziger Rahmenhandlung und ungemein abwechslungsreichem Missionsdesign.

Die Kampagnen bieten jede Menge Abwechslung - auch ein Tag-Nacht-Wechsel wurde implementiert.
Die jeweils zehn Einsätze haben versierte Spieler zwar trotz einiger anspruchsvollerer Stolpersteine schon nach wenigen Stunden hinter sich gebracht,  aber Langeweile kommt während der meist in nur wenigen Minuten bewältigten Feldzüge keine auf. Neben regulärem Kräftemessen, muss man sich manchmal auch nur eine bestimmte Zeit lang erfolgreich verteidigen, eine vorgegebene Menge Gold sammeln, mit speziellen Einheiten einen gegnerischen Stützpunkt infiltrieren oder nur mit Einsatz von Magie einem festgesetzten Trupp zur Flucht verhelfen. Aufgelockert wird das Geschehen oft durch die Möglichkeit alternative Routen zu nehmen, die sich durch interaktive Wegweiser wie Weichen bei einem Schienennetz verhalten.

Es gibt sogar hübsch gemachte Wechsel zwischen Nag und Nacht sowie ein an Defender erinnerndes 2D-Radar, das über den aktuellen Kartenausschnitt hinaus auch sämtliche Truppenbewegungen außerhalb des momentanen Blickfelds anzeigt, sofern man dieses bereits erkundet hat. Unbekanntes oder vom Gegner kontrolliertes Terrain wird hingegen wie bei Command & Conquer in Nebel gehüllt. Optisch kann sich Swords & Soldiers jedenfalls absolut sehen lassen. Der Zeichentrick-Look ist ungemein charmant und detailverliebt - am PC sogar in bis zu 1080p. Auch das Drumherum weiß zu gefallen. Selbst die dynamische Soundkulisse braucht sich nicht zu verstecken und deklassiert sogar so manches Vollpreisspiel. Es gibt sogar hin und wieder englische Sprachausgabe, auch wenn Story-Dialoge und Anweisungen nur als Texte serviert werden - dafür aber auf Deutsch.

Fast perfekter Bedienungskomfort

Die Lokalisierung ist jedenfalls tadellos und transportiert gekonnt den Humor des Spiels. Auch die Handhabung klappt wunderbar. Jede Aktion lässt sich mit nur einer Taste der Fernbedienung bzw. Maus ausführen und einer anderen wieder abbrechen. Zwar gibt es optionale Shortcuts für einen Direktzugriff aufs Baumenü oder schnelleres Scrollen, aber auch ohne deren Verwendung lässt sich alles schnell und einfach erledigen. Lediglich bei der Übersicht wird es hin und wieder etwas problematisch, da sich die Figuren zum Teil überlagern, 

Im Splitscreen (Wii) kann man dem Gegner natürlich in die Karten schauen, PC-Spieler dürfen hingegen online ran.
wodurch es nicht ganz einfach ist, bei Spezialaktionen wie Schutzschilden, Heilungen oder Selbstopferungen die richtige Einheit zu treffen. Gleiches gilt natürlich auch beim Einsatz von Spezialattacken auf bestimmte Gegner, die sich zum Teil ebenfalls unter ihren Kollegen verstecken können. Mit steigender Spielpraxis lassen sich die korrekten Ziele zwar teils an der eingeblendeten Manamenge ausmachen, die für die Aktion auf eine bestimmte Einheit benötigt wird, aber optimal ist das natürlich nicht.

Lobenswert ist hingegen die Implementierung spielinterner, am PC auch an Steam-Achievements gekuppelter Erfolge, die einen auch nach dem Absolvieren der drei kurzen Kampagnen mit zusätzlichen Herausforderungen auf Trab halten. Darüber hinaus haben die Entwickler auch noch drei freispielbare Prüfungen ins Spiel gepackt, bei denen man auf lokale (Wii) bzw. globale (PC) Highscore-Jagd gehen kann - ein netter Bonus, der vom geschickten Koordinieren einer Gerölllawine, über die Abwehr eines endlosen Gegneransturms bis hin zum Dirigieren einer Ein-Mann-Armee durch feindliches Gebiet reicht. Für gerade einmal zehn (Wii) bzw. 20 (PC) Euro geht der Umfang von Swords & Soldiers jedenfalls absolut in Ordnung. Trotzdem hoffe ich, dass die Comic-Krieger nicht gleich wieder in den Ruhestand geschickt werden und beim nächsten Aufeinadertreffen vielleicht auch einen Level-Editor oder gar ein funktionierendes Konzept für mehr als zwei Kriegsparteien in petto haben. Ihre Kreativität haben die Entwickler schon jetzt bewiesen und niemand, der auch nur im Entferntesten auf Echtzeit-Strategie steht, sollte sich dieses Kleinod entgehen lassen!         

Fazit

Swords & Soldiers ist für ambitionierte Feldherren sicher nicht mehr als eine schmackhafte Zwischenmahlzeit, aber es zeigt eindrucksvoll, wie gut und intuitiv simpel gestrickte und doch fordernde Echtzeit-Strategie funktionieren kann. Was die holländischen Entwickler von Ronimo Games hier mit nur zwei Tasten in zwei Dimensionen auf die Beine gestellt haben, verdient trotz offenkundiger Parallelen zu GrimGrimoire kreativen Respekt. Doch nicht nur das, es macht auch noch unglaublich Spaß sich mit schrulligen Wikingern, Azteken und Chinesen die Cartoon-Köpfe einzuschlagen. Und obwohl alles sehr simpel und handlich wirkt, ist bei den vorwiegend automatisch ablaufenden Keilereien auch Köpfchen gefragt. Egal, ob Rohstoffbeschaffung, Vorpostenerrichtung, Truppenerhebung, das Erforschen neuer Technologien oder der Einsatz fieser Spezialangriffe, man muss stets abwägen, was gerade sinnvoll ist. Darüber hinaus wird das bunte Treiben auch noch ungemein charmant und humorvoll präsentiert. Schade nur, dass die Übersicht aufgrund von Figurenüberlagerungen nicht immer optimal ist, die Kampagnen der drei Fraktionen so schnell vorbei sind und sich der Mehrspielermodus des Wii-Originals im Gegensatz zur PC-Umsetzung auf lokale Splitscreen-Geplänkel beschränkt, bei denen man dem Gegner jederzeit in die Karten schauen kann. Eine Goldauszeichnung haben sich die sympathischen Bilderbuchkriege aber redlich verdient - mehr davon, bitte!

Pro

originelle Spielidee
humorvolle Präsentation
kinderleichte Handhabung
spaßiger Mehrspielermodus
sehr unterschiedliche Fraktionen
ungemein kurzweilige Echtzeit-Strategie
Online-Modus mit intelligenter Warteschleife (PC)

Kontra

relativ kurze Kampagnen
gelegentliche Übersichtsprobleme

Wertung

Wii

Charmante und gut funktionierende Echtzeit-Strategie im Cartoon-Stil.

PC

Ungemein kurzweiliges Echtzeit-Strategie-Vergnügen, das neuerdings auch Online-Duelle erlaubt.

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