Spectrobes: Der Ursprung23.09.2009, Jan Wöbbeking
Spectrobes: Der Ursprung

Im Test:

Disney lässt seine prähistorischen Monster auf die Wii los: Nach zwei Handheld-Abenteuern dürfen Serienfans die stacheligen Biester jetzt mit Fernbedienung und Nunchuk in die Schlacht schicken. Anders als bei den Pokémon prügeln die Spectrobes in Echtzeit auf die finsteren Krawl ein. Der Fokus liegt wieder klar auf der Action.

Alter Wein in neuen Schläuchen?

Die Vorgeschichte fällt dagegen so kurz aus, dass sie in der Anleitung in nur sieben Zeilen zusammengefasst wird: Rallen und Jeena von der Nanairo-Raumpatrouille geraten mit ihrem Raumschiff in einen Dimensionsstrudel und landen im Kaio-System. Diese Galaxie wird, wie einst ihre Heimat, von finsteren Krawl-Monstern bedroht.

Die verschnörkelten Kampfmonster sind hübscher gestaltet als die sich häufig wiederholenden Hintergründe.
Es bleibt zwar zunächst unklar, warum ihr Boss sie trotz einer Warnung in den unsicheren Sektor geschickt hat und welche Rolle die uralten Spectrobes-Kultstätten in der neuen Galaxie spielen - trotzdem hält sich die Geschichte dezent im Hintergrund. Zum Glück unterbrechen die schlecht synchronisierten Zwischensequenzen nur ab und zu die Action. Auch die Dialoge mit den friedlichen Planetenbewohnern drehen sich um den üblichen Smalltalk. Ab und zu geben die Gesprächspartner aber auch nützliche Tipps für meine Ausflüge über die Planetenoberfläche.

Auf den ersten Blick wirken die überwucherten Wiesen und Wälder sogar recht ansehnlich. Nachdem ich ein paar Minuten die Gegend erforscht habe, wird aber ein altes Problem der Serie deutlich: Der Wii-Ableger stammt zwar von Entwickler Genki und nicht von Jupiter, doch auch diesmal wiederholen sich Bäume, Sträucher und andere Objekte ständig. Es fehlt einfach an einzigartigen Details mit Wiedererkennungswert. Dank der warmen Farbwahl und exotischer Pflanzen kommt beim Erkunden der intergalaktischen Wälder und Wiesen trotdzem eine angenehm mystische Stimmung auf.

Intergalaktische Fossiliensammler

Ich steuere wahlweise den naiven Draufgänger Rallen oder seine schnippische Kollegin Jeena. An meiner Seite hoppelt stets ein niedliches Primär-Spectrobe über den Rasen. Dieser kleine Begleiter ist die jüngste Form der Kampfmonster: Es kann noch nicht kämpfen, dafür aber um so besser in der Umgebung nach Edelsteinen und Fossilien suchen.

Gemeinsam sind sie stark: Das Kampf-Spectrobe wird entweder mit schwammigen Gesten befehligt oder direkt von einem zweiten Spieler gesteuert.
Wenn ich wieder einmal aus Versehen das Nunchuk bewegt habe, beugt sich mein Alter Ego sogar zu ihm herunter und verpasst ihm eine kleine Streicheleinheit. Neben dem kleinen Suchgehilfen stecken auch mehrere ausgewachsene Sekundär-Spectrobes in meinem Armband. Werde ich in einen der zahlreichen Zufallskämpfe verwickelt, verfinstert sich das Himmelszelt und der erste Schützling wird aus meinem Armband aufs Schlachtfeld gebeamt.

Rallen und sein erstes Sekundär-Spectrobe kämpfen nun Seite an Seite. Vor ihnen fuchtelt ein ganzes Grüppchen tropfenförmiger Krawl mit scharfen Krallen herum. Also schalte ich mit Hilfe des Steuerkreuzes das nächstgelegene Exemplar auf und hetze ihm meinen Kämpfer auf den Hals, indem ich mit der Fernbedienung eine Geste von oben nach unten ausführe. Mein »Leo« verpasst ihm ein paar leichte Prankenhiebe, doch der Widersacher hat noch nicht genug. Also probiere ich eine andere Technik aus: Ich öffne mittels C-Knopf ein Visier, ziele direkt mit dem Cursor auf den Fiesling und schicke Leo ein zweites mal los, indem ich die Fernbedienung erneut von oben nach unten schwinge. Diesmal zerplatzt der agressive Tropfen und hinterlässt eine kleine schwarze Wolke sowie ein paar Energiekugeln. Durch letztere füllt sich meine Kombo-Anzeige ein Stückchen.

         

Keine nette Geste

Dank der nervösen Kamera habe ich nicht registriert, dass sich ein Gegner an Rallen herangeschlichen hat - also muss er jetzt selbst zum Schwert greifen. Nach drei Hieben fliegt der Krawl in die Luft. Schnell schicke ich mit der Angriffsgeste Leo hinterher. Er beendet die Aktion mit einem Feuerball. Die kooperative Attacke hat die Kombo-Leiste zum Lodern gebracht, daher lösche ich die verbleibenden Viecher mit einer Spezialattacke aus. Dazu kreuze ich in einer albernen Geste die Arme vor dem Körper und reiße sie abrupt auseinander-Saiyajin -

Im Laufe des Spiels fliegen Rallen und Jeena zu neuen Planeten, um dort noch mehr Krawl aufzumischen.
und schon brutzelt ein Flammenmeer die restlichen Schurken von der Bildfläche.

Die wenigen Attacken lassen sich im Prinzip sehr einfach ausführen. Wichtig ist vor allem, sich ein ausgewgenes Kampfteam aus mehreren Spectrobes zusammenzustellen und diese gemäß ihrer Elementarkraft im passenden Moment einzusetzen. Ein Wasser-Krieger ist stark gegen Feuer-Krawl, ein Luft-Exemplar pustet Wasser-Gegner aus den Latschen usw. Glücklicherweise lassen sich die Sekundär- und die noch stärkeren Tertiär-Spectrobes jederzeit im Kampf wechseln. Leider machen aber falsch gedeutete Gesten und die fummelige Kamerasteuerung mir häufig einen Strich durch die Rechnung. Gerade, wenn ein riesiger Bossgegner zu einem mächtigen Schlag ausholt und ich meinen Schützling eigentlich noch blitzschnell in Sicherheit bringen könnte, schicken missverstandene Gesten ihn regelmäßig ins Verderben.

Die Fernbedienung als Präparationswerkzeug

Alle fünf Elementar-Eigenschaften helfen übrigens auch beim Öffnen diverser auf den Planeten verstreuter Barrieren weiter. Die über 100 Kampftierchen lassen sich gehörig aufleveln, bevor man sich an die nächsten dicken Brocken wagt: Sie werden durch Gefechte stärker und lassen sich in einer Art Virtual-Reality-Terrarium aufpeppeln. Dort füttert man sie mit unterwegs ausgegrabenen Kristallen oder spendiert ihnen eine Trainingsstunde. Auch der Held selbst sammelt Erfahrung und darf im Laufe des Spiels mit diversen Lanzen, Schwertern, Äxten, Wummen und Kampfhandschuhen zulangen. Einige Extras und Waffen werden wie gehabt mit Sammelkarten freigeschaltet.

Natürlich dürfen die ausgegrabenen Fossilien wieder höchstpersönlich präpariert werden. Dank intuitiver Remote-Steuerung macht das diesmal besonders viel Spaß. Ich hebe mit einem Scanner die Umrisse der Versteinerung hervor, entferne grobe Brocken mit Werkzeugen wie einem Laser und Sprengsätzen und lege die Feinheiten mit Bohrer und Gebläse frei. Nervig wird es nur, wenn - wer hätte es gedacht -  Gesten ins Spiel kommen. Der grobe Hammer schlägt nicht immer zu, wenn meine Hand durch die Luft wedelt.

»Steinekloppen« mit der Wiimote: Die meisten Werkzeuge lassen sich intuitiv bedienen.

Gemeinsam gegen die Krawl

Während des Abenteuers darf sich ein zweiter Spieler jederzeit eine Fernbedienung plus Nunchuk schnappen und ins Abenteuer einsteigen. Wenn zwei Spieler gemeinsam in die Schlacht ziehen, übernimmt einer die Steuerung des Helden, der andere kontrolliert einen Spectrobe. Dadurch werden die ohnehin wenigen Angriffe zwar auf beide Figuren aufgeteilt - trotzdem macht das kooperative Gemetzel Laune. Da die Sicht nicht mehr auf einen Gegner aufgeschaltet werden kann, wirkt die Kameraführung deutlich ruhiger. Außerdem sinkt der Schwierigkeitsgrad, weil sich der erste Spieler nicht um zwei Charaktere gleichzeitig kümmern muss.

       

Fazit

Zunächst einmal muss ich diesen Fazit-Kasten für einen Aufruf missbrauchen. Dieser Appell geht an alle Entwickler: Bitte, bitte, versaut eure Steuerung nicht mit einer schlechten Gestenerkennung - besonders, wenn es um einfache Dinge wie einen Angriffs- oder Rückzugsbefehl geht. Wozu gibt es Feuerknöpfe? Sie erledigen derlei simple Eingaben schließlich deutlich präziser! Beim Spielen von Spectrobes: Der Ursprung habe ich mich nach ein paar Stunden doch noch an die zickige Gestenerkennung und die nervöse Kamera gewöhnt - und dann begann der Spaß: Ein Vorteil ist, dass die Schlachten diesmal viel flotter und dynamischer ablaufen als die etwas trägen Gefechte in den DS-Teilen. Außerdem fällt der Umfang üppig aus, das indianisch angehauchte Design steht den neuen Spectrobes prima und auch das Präparieren der Fossilien macht Spaß. Nach dem holprigen Start schlägt die Sammelsucht beinah genau so stark zu wie bei den Vorgängern. Gerade für Familien eignet sich der Titel prima, weil ein zweiter Spieler jederzeit ein- und aussteigen darf.

Pro

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hoher Suchtfaktor
über 100 Spectrobes zum Sammeln und Aufmotzen
prachtvolle neue Monster im Stil alter indianischer Völker
Kämpfe laufen deutlich flotter ab als auf dem DS
unterhaltsames Präparieren der Fossilien
zweiter Spieler darf jederzeit ein- und aussteigen
Bosskämpfe gegen gigantische Krawl-Gegner</P>

Kontra

<P>
ungenau erkannte Gesten erschweren den Kampf
schlechte Übersicht dank hektischer Kamera
fade Geschichte
öde Smalltalk-Dialoge
falsch betonte deutsche Sprachausgabe
Kampfschreie wiederholen sich tausendfach</P>

Wertung

Wii

Umfangreicher Mix aus Monsterkampf und Sammelspiel mit hohem Suchtfaktor, aber unnötigen Steuerungs- und Kamera-Macken.

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