Call of Duty: Modern Warfare - Reflex-Edition04.12.2009, Michael Krosta
Call of Duty: Modern Warfare - Reflex-Edition

Im Test:

Da hat sich jemand Zeit gelassen: Mit einer Verspätung von zwei Jahren lässt Treyarch den damaligen Referenz-Shooter Call of Duty: Modern Warfare doch noch auf Wii eintrudeln. Bereichern Remote und Nunchuk den Kriegseinsatz oder muss die Umsetzung auf die schwächere Hardware zu viele Federn lassen?

Alles drin

Inhaltlich bietet die Wii-Fassung quasi alles, was man von den HD-Versionen kennt: Angefangen beim Missionsdesign der abwechslungsreichen, aber viel zu kurzen Kampagne über die vielen geskripteten und dramaturgisch wertvollen Sequenzen bis hin zum lagfreien Onlinemodus mit Rangsystem. Auch Wii-Besitzer kommen also in den Genuss einer Action-Ballerei in bester Michael

So sah Modern Warfare noch auf der 360 aus...
Bay-Manier, die vor allem aufgrund der atmosphärischen Inszenierung und des gelungenen Missionsdesigns überzeugender wirkt als Mitbewerber wie The Conduit. Wer mehr Informationen zum Spielablauf sucht, wird in unserem Test von 2007 fündig...

Abgespeckte Technik

Hier wollen wir uns mehr auf die Unterschiede konzentrieren, die naturgemäß die Technik und auch die Steuerung betreffen. Dabei ist klar: Wer Modern Warfare schon an einer Xbox 360, PS3 oder am PC in Aktion erlebt hat, wird über die Wii-Umsetzung mit ihren matschigen Texturen und hölzernen Animationen der grob modellierten Akteure angewidert die Nase rümpfen. Blendet man das HD-Vorbild aus, wird man allerdings feststellen, dass die Kulisse im Vergleich zu anderen Titeln auf Nintendos Fuchtelkonsole gar nicht so übel aussieht - auch wenn es weniger Details zu sehen gibt und noch deutlicher an Partikeleffekten bei Rauch und Explosionen gespart wird. Fatal ist oft die Kollisionsabfrage, wenn Gegner halb in Wänden oder anderen Objekten verschwinden. Trotzdem würde ich dieses Call of Duty nicht nur aufgrund des besseren Missionsdesigns, sondern auch der besseren Grafik manch anderem Wii-Shooter vorziehen. Leider gibt es neben der mangelhaften Kollisionsabfrage ein weiteres Problem: Die Bildrate ist alles andere als stabil! So kommt es

Für Wii-Verhältnisse macht der Titel auch auf der Nintendo-Konsole eine gute Figur. Die Slowdowns und fehlerhafte Kollisionsabfrage sind allerdings nervig.
immer wieder zu nervigen Slowdowns, was gerade bei hektischen Schusswechseln in einem Desaster endet, weil man nicht mehr ordentlich zielen kann.

Zielen mit der Remote

Dass die Steuerung mit Remote und Nunchuk in einem Ego-Shooter funktionieren kann, hat zuletzt Sega mit The Conduit bewiesen - auch wenn der Rest der Spiels sehr zu wünschen übrig ließ. Auch hier hat man die Möglichkeit, die Steuerung anhand von zig Schiebereglern detailliert bzgl. Geschwindigkeit, toten Zonen etc. den eigenen Vorlieben anzupassen. An die Präzision des Sega-Titels reicht das Ergebnis aber zu keinem Zeitpunkt heran, denn dafür reagiert der Cursor sogar mit aktivierter Zielhilfe viel zu schwammig auf die Bewegungen. Besonders mit einem Scharfschützengewehr fällt es so schwer, die Gegner auszuschalten, doch hat man hier genau wie an stationären Geschützen zumindest die Alternative, mit dem Analogstick zu zielen. Davon abgesehen sind die beiden Controller nicht für so viele Funktionen gemacht und folglich mit (unglücklichen) Knopfbelegungen und Kombinationen überfrachtet. So friert man mit dem A-Knopf nicht nur den aktuellen Bildschirmausschnitt ein und verhindert so eine Kameradrehung, sondern nutzt diese ebenfalls zum Sprinten. Möchte man dagegen das Nachsichtgerät aufsetzen oder eine Claymore aus dem Inventar auswählen, muss man das Digikreuz der Remote links gedrückt halten und anschließend mit dem Analogstick des Nunchuks das Objekt auswählen. Gerade im Eifer des Gefechts ist diese Methode viel zu umständlich. Auch konnte ich mich einfach nicht daran gewöhnen, zum Springen das Digitalkreuz nach oben und für einen Messerangriff nach unten zu drücken, weil beides völlig unhandlich ist. Intuitiver gestaltet sich das Nachladen, für das man das Nunchuk einfach kurz, aber kräftig schütteln muss. Die Änderung der Haltung mit dem C-Knopf sowie das Umschalten in den Zielmodus mit Hilfe der Z-Taste ist ebenfalls gut gelöst. Granaten wirft man mit der Minus- und Plustaste - je nach dem, ob man den Feind nur blenden oder ausschalten will. Alternativ lässt sich auch ein Zapper verwenden, doch wird man hier ebenfalls zu gewöhnungsbedürftigen Aktionen gezwungen. Zum Springen muss man hier z.B. den Zapper gegen den Uhrzeigersinn drehen und den C-Knopf drücken. Dreht man ihn dagegen im Uhrzeigersinn, ändert man die Haltung.     

Koop mal anders

Ein zweiter Spieler kann auf Knopfdruck jederzeit in die Kampagne mit ein- und auch wieder aussteigen. Der kooperative Kampf gegen die Feinde läuft hier allerdings etwas anders ab als gewohnt: Einen Splitscreen gibt es nicht. Stattdessen bekommt die Unterstützung nur ein zweites Fadenkreuz auf dem Bildschirm und die Aktionen sind auf Feuern, das Aufsammeln von Objekten, Nachladen sowie Waffenwechsel beschränkt. Folglich hat nur einer die Bewegungsvollmacht. Insgesamt ist diese Variation ein netter Zusatz, doch die wahren Mehrspieler-Matches warten auch auf Wii im Onlinemodus, an dem bis zu zehn Spieler teilnehmen und sich im Rangsystem nach oben arbeiten können. Dabei winken nicht nur Orden, sondern auch neues Equipment, Fähigkeiten und Spielmodi wie das Profi-Deathmatch. Wie bereits erwähnt hat Treyarch einen stabilen Netzcode entwickelt - in unseren Test-Sessions traten zu keinem Zeitpunkt störende

Das Sniper-Team nähert sich dem Ziel...
Lags auf. Um die Chancen für eine gute Verbindung zu erhöhen, lassen sich optional Spieler in der Nähe für die Lobby suchen. Ein Unding ist allerdings, dass WiiSpeak nicht unterstützt und damit ein abgesprochenes Vorgehen im Team praktisch unmöglich wird.

Dumme KI

Die Online-Scharmützel gegen Menschen haben einen weiteren Vorteil: Man ärgert sich nicht über die Qualität der KI, die in der Wii-Umsetzung oft zu wünschen übrig lässt. Da rennen Feinde einfach an einem vorbei als wäre man Luft, während es Team-Kameraden nicht für nötig erachten, einen Gegner unter Beschuss zu nehmen, der zwei Meter vor ihnen steht und mich gerade mit Kugeln durchsiebt. Auch stellen sich die Verbündeten gerne mal in die Schusslinie oder versperren den Weg. In solchen Situationen macht sich schnell Frust an der Front breit! 

    

Fazit

Nach dem Spielen von Call of Duty: Modern Warfare auf Wii wurde mir klar, welche große Rolle die bombastische Präsentation damals spielte, um die Begeisterung und Atmosphäre dieses Titels zu entfachen. Wenn man das Vorbild kennt und plötzlich die gleichen Abschnitte in SD-Grafik erlebt, während einem die Kugeln nicht mehr in Dolby Digital, sondern im analogen und deutlich schlechter abgemischten Pro Logic II-Format um die Ohren pfeifen, macht sich schnell Ernüchterung breit. Doch für sich allein betrachtet macht Modern Warfare auf den ersten Blick gar keine so schlechte Figur - bis zu dem Zeitpunkt, wenn die Framerate zum ersten Mal spürbar in den Keller geht und damit die schwankende Performance einleitet, die immer wieder den Spielfluss stört. Auch bei der Steuerung bekleckert sich Treyarch trotz vieler Einstellungsmöglichkeiten nicht mit Ruhm, da das Zielen mit dem Cursor zu schwammig ist und die beiden Controller mit Funktionen überfrachtet werden. Der Onlinemodus macht dagegen eine richtig gute Figur und überzeugt mit lagfreien Partien - das Fehlen von WiiSpeak ist aber ein dicker Minuspunkt. Den verdient sich auch die KI, die sich sowohl auf der eigenen als auch auf der Seite des Gegners einige dumme Aktionen leistet. Unterm Strich bleibt Modern Warfare trotz seiner Schwächen einer der besseren Shooter für die Nintendo-Konsole. Gerade im Vergleich mit The Conduit wirken die Schauplätze hier abwechslungsreicher und das Missionsdesign ausgereifter. Die Begeisterung, die Infinity Wards auf den anderen Plattformen entfachen konnte, bleibt jedoch aus.

Pro

packende Atmosphäre
lagfreie Online-Sessions
abwechslungsreiche Schauplätze
hervorragender Soundtrack
anpassbare Steuerung
ansprechende Präsentation
gelungenes Missionsdesign

Kontra

z.T. böse KI-Aussetzer
Ruckler & Slowdowns
schwammige Steuerung beim Zielen
oft fragwürdige Kollisionsabfrage
hölzerne Animationen
keine WiiSpeak-Unterstützung
überfrachtete Steuerung
grobe Figuren
kurze Kampagne

Wertung

Wii

Inhaltlich identisch zu den HD-Versionen, aber technisch vor allem aufgrund der schwammigen Steuerung und KI-Aussetzern meilenweit von der Qualität entfernt.

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