Micky Epic25.11.2010, Benjamin Schmädig
Micky Epic

Im Test:

Micky Maus. Damals. In drei Kreisen - zwei kleinen auf einem großen - stecken mehr Erinnerungen als in jedem Fotoalbum. Micky ist Disney. Und Disney ist Micky Maus. Er steht für Weihnachten, Abenteuer, Lachen. Doch langsam verblassen die Erinnerungen. Obwohl Walt Disneys Erben noch immer Comics drucken, gerät ihr Star in Vergessenheit. Vielleicht kann ein wenig Farbe helfen...

Es geschah an einem Tag...

Warren Spector hat sie in Interviews immer gerne erzählt - die Geschichte, wie er mit Disney zusammenkam. Und weil sie seither nicht schlecht geworden ist: Eines Tages saß Spector mit den Verantwortlichen bei Disney Interactive zusammen und stellte ein neues Projekt vor. Immerhin setzt Disney derzeit viel daran, die hauseigene Videospielsparte auszubauen; Split/Second und Spectrobes seien als Beispiele genannt. Das Publikum wirkte aus Spectors Sicht allerdings reichlich abwesend, man tippte lieber auf dem Handy. In Gedanken strich er einen potentiellen Geldgeber von der Liste - bis alles anders kam. Denn wie sich herausstellte, demonstrierten seine Zuhörer kein Desinteresse. Vielmehr hegten sie reges Interesse an dem renommierten Kreativkopf: Könnte er es sein, der die längst geplante Wiederauferstehung von Micky Maus einleiten sollte. Per SMS horchte man in die lautlose Runde, ob auch alle dem Projekt Micky-Spector zustimmten würden. Und alle stimmten zu.

Dabei hatte Warren Spector mit Comics, geschweige denn mit »kinderfreundlich« so viel zu tun wie Bill Gates mit Apples iPod. Immerhin zeichnete Spector vor Micky Epic für erwachsene Unterhaltung verantwortlich, die von düsteren Zukunfts- oder Fantasyvisionen geprägt ist: Der Mann erschuf geniale Klassiker wie Deus Ex oder Thief . Er selbst sagt über seine Spiele, dass sie vor allem vergleichsweise ältere männliche Spieler anziehen. Es ist aber nicht die Thematik, die seine jüngeren Arbeiten zu Meilensteinen in der Geschichte der Videospiele macht. Es ist vielmehr eine Handlungsfreiheit, mit der sich jedes Problem über verschiedene Wege lösen lässt.

Video. So beginnt das Abenteuer: Yen Sid erschafft eine Welt für vergessene Disney-Figuren - Micky weiht sie dem Untergang.

Die zentrale Frage ist: Muss ich eine Wache töten oder gelange ich auch ohne Gewalt an mein Ziel?

Der romantische Albtraum

Micky Epic ist zum großen Teil ein typisches Spector-Spiel. Denn auch hier hat man stets die Wahl, einen Feind zum Freund zu machen oder ihn auszulöschen. Doch wie stellt man das an? Was treibt Micky eigentlich, wenn er nach vielen Jahren in die Welt der Videospiele zurückkehrt? In der Realität ist Disneys Maus dabei nicht unterwegs, nachdem er von einem schwarzen Phantom ins Wasteland gezogen wurde. Dieses Wasteland ist eine Kreation des Zauberers Yen Sid (es lohnt sich, den Namen rückwärts zu lesen): Es ist eine Miniaturwelt auf dem Tisch des Zauberers, in der jene Disney-Figuren ein Zuhause fanden, die in Vergessenheit geraten sind - die Maus Oswald, z.B., ein früher Star, der durch Micky abgelöst wurde. Vor langer Zeit ist dem Zauberlehrling allerdings ein Missgeschick passiert: Als er sich unerlaubt in Sids Arbeitszimmer schlich, verkippte er sowohl Farbe als auch Verdünner auf dem Wasteland. Dass er so Unheil über die Ruhestätte brachte, sollte er erst herausfinden, als ihn das Phantom viele Jahre später selbst dort hinein zieht...

Gerade noch in den Händen des Phantoms und schon auf der Folterbank des Verrückten Arztes. Mit Mühe und Not entkommt Micky dem Doktor, bevor der ihm (mit einem Pümpel!) sein Herz entreißen kann. Kobold Gus - mit Wagenrad-großer Schlaubergerbrille und schrulligem Schnauzer - hilft ihm dabei über Texteinblendungen mit Ratschlägen und Anleitungen zur Steuerung. So lernt Micky, dass er nach dem Schütteln der Remote eine Wirbelattacke ausführt und natürlich mächtig hoch springen kann. Kurz darauf bringt ihm Gus auch die Besonderheiten dieses Abenteuers bei: das Malen von Gegenständen und das Auslöschen derselben. Feinde werden hingegen entweder zu Freunden oder ausgelöscht. Denn die Farbe und der Verdünner, mit denen der Lehrling einst das Phantom erschuf, sind seine mächtigsten Waffen.

Das Wasteland hat sich verändert, seit die Maus auf dem Arbeitstisch ihres Lehrmeisters gewütet hat: Schwarzes Holz modert dort, wo einst farbenfrohe Kulissen das Land der Vergessenen lebenswert machten. Statt Wasser fließt zähflüssiger Verdünner an Bergen herunter und entfernt alle Farbe in seinem Lauf. Nur vereinzelt strahlt die Welt im alten Glanz und wo sie es tut, wirken die schrägen Bauten nicht wie skurrile Grabsteine aus The Nightmare Before Christmas , sondern wie Themenparks in Disneyland. Kein Wunder: Die Schauplätze - von der zentralen Mean Street über eine Piratenwelt bis hin zu zu einem Raketenstartplatz - stellen die Welten des berühmten Freizeitlands nach. »Kulissen« ist dabei wörtlich zu nehmen, da alle Umgebungen von turmhohen Holzaufstellern umgeben sind. Selbst strahlend blauer Himmel, Berge oder ganze Straßenzüge wurden plakativ auf Wände gemalt. Das Team um Spector erschuf einen romantischen Albtraum, in dem sich Kinder sattsehen und den Erwachsene interpretieren dürfen.             

Klecks und weg

Micky hat zwei Möglichkeiten: Er kann auch die letzte Farbe wegwischen oder er stellt zumindest einen Großteil der Fassaden wieder her. Man zielt einfach mit der Remote auf den Bildschirm und spritzt Verdünner oder Farbe. Es ist unglaublich faszinierend, die Umgebung zu gestalten! Ein Knopfdruck hier und das Haus bekommt einen ganz neuen Anstrich. Einen Knopfdruck da und unter dem ausradierten Rasen kommt ein geheimer Tunnel zum Vorschein. Es ist vor allem die Mischung aus kreativem Klecksen und dem Entdecken von Geheimnissen, die Farbe und Verdünner mit zu den wichtigsten virtuellen Werkzeugen dieses Spielejahres machen: Man baut sich selber Plattformen und Wege, anstatt auf vorgegebenen Pfaden zu trotten -

Kreativität oder Zerstörung? Micky muss sich entscheiden.
auch wenn die meisten Routen letztlich vorgegeben sind. Und auch wenn Micky nicht beliebig malen oder verdünnen darf. Schließlich dürfen nur als veränderlich markierte Bausteine als jeweils Ganzes erstellt oder entfernt werden - immerhin so oft wie es beliebt.

Von Dauer sind die Kreationen jedoch nicht und so lässt Spector bereits durchblitzen, dass die angebotene Handlungsfreiheit unterm Strich selbst nur Fassade ist. Egal, wie oft Micky nämlich in die Mean Street zurückkehrt, den verwunschenen Sumpf noch einmal besucht oder dem Dschungel einen Besuch abstattet: Was er zuvor gemalt oder ausradiert hatte, wird stets auf das anfängliche Erscheinungsbild zurückgesetzt. Das Ergebnis? Man turnt und entdeckt eine faszinierende Spielwiese, fühlt sich aber nur lose mit der Welt verbunden. Wie spannend könnte es sein, müsste man einen Teil der Kulisse bemalen, um einen spielerischen Vorteil zu erzielen - wenn man im Gegenzug nicht von den Vorteilen profitieren dürfte, die das Ausradieren des Gebiets mit sich brächte? Es ist nicht so, dass Mickys Handlungen keine Konsequenzen hätten. Immerhin erhält er von den Bewohnern des Wastelands Aufgaben, denen er pflichtbewusst nachkommen oder sie einfach ignorieren kann. Während die Bemerkungen der Auftraggeber dabei seine Taten widerspiegeln, tun die unmittelbar beeinflussbaren Schauplätze das allerdings nicht.

Eine Frage der Farbe

Deutlicher wirken sich Mickys Handlungen aus, wenn er sich Zeit zum Erforschen nimmt. Der rote Faden lotst ihn zwar meist geradlinig durch aufeinander folgende Abschnitte, in diesen sind aber u.a. Kobolde versteckt. Es ist ein Leichtes, die Herkunft ihres verzweifelten Klopfens auszumachen - sie zu befreien eine andere Geschichte. Oft muss man dafür kleine Rätsel lösen; typisch ist das Malen von Zahnrädern, um kleine Plattformen in die richtige Position zu drehen. Ist der Kobold schließlich frei, setzt er z.B. Mechanismen in Gang, über die Micky einen Geheimgang findet. Dort ist mal ein für sich genommen wertloser Sammelgegenstand versteckt, ein andermal findet man Gegenstände für die Aufträge der Wasteland-Bewohner. Später eilen befreite Kobolde sogar im Kampf gegen den mächtige Verrückten Arzt zu Hilfe - eine gelungene Belohnung!

Im Kampf spielen die Entscheidungen wieder eine untergeordnete Rolle. So ist es im Grunde egal, ob man die Feinde auflöst, sie zu Freunden macht oder ablenkt, in dem man vor ihnen einen Fernseher materialisiert. Es ist zwar furchtbar witzig, wie sich ein bekehrter Bösewicht buchstäblich auf seinen drolligen Kumpel stürzt und schon mal mit einem ungelenken Bauchklatscher auf den Asphalt klatscht. Unbedingt sehenswert auch, wie es sich die Phantomkleckse vor dem Fernseher auf dem Bauch liegend gemütlich machen.  

Zeitreise: Die Übergänge zitieren stilvoll alte Disneyfilme.
Festgehalten wird das aber nirgendwo. Auch hier gilt: Kehrt man später zurück oder muss an einen nach dem Kampf angelegten Speicherpunkt zurück, werden auch die Phantome und Roboter auf Null zurückgesetzt. Im Vergleich mit Spectors früheren Werken kommt unterschiedliches Vorgehen zudem nur im kurzen Getümmel mit einer Handvoll leichter Widersacher zum Tragen. Die rufen bei aggressivem Vorgehen nicht einmal Verstärkung und bekommen häufig Nachschub aus unerschöpflichen Portalen. Im jeweiligen Moment ist Micky Epic richtig stark! Schade, dass sich das Spiel zu wenig um einige der Entscheidungen schert.

Der letzte Vorhang

Ergebnisse spürt man lediglich im und besonders nach einem Gefecht gegen starke Gegner wie Kapitän Hook oder das Phantom. Je nachdem, ob man eher zu Verdünner oder Farbe gegriffen hat, steigert sich nämlich Mickeys Aufnahmefähigkeit der entsprechenden »Munition«. Weil der Vorrat allerdings nie versiegt, sondern sich im schlimmsten Fall nach wenigen Sekunden von selbst auffüllt, ist dies kaum von Vorteil. Im Ansatz ähnlich sinnvoll, im Ergebnis aber ebenso schwach sind kleine Wächter, die um Micky kreisen. Bis zu drei blaue Wächter sind es, falls er viel mit Farbe hantiert, bis zu drei grüne, wenn er den Verdünner bevorzugt. Ein Schwung des Nunchuks und schon stürzt sich einer der Helfer auf einen Feind - blaue Wächter machen ihn zum Freund, grüne zum Feind. Das Prinzip ist interessant - auch wenn es die einzige Fähigkeit ist, bei der sich Micky zwischen zwei Entwicklungen entscheiden muss. Weil man durch den Einsatz von Verdünner aber binnen weniger Minuten aus drei blauen Wächtern drei grüne machen kann, nimmt man das kleine Rollenspiel schon bald nur noch am Rande wahr. 

So richtig zählen die im Laufe des Spiels getroffenen Entscheidungen leider erst, wenn der letzte Vorhang längst gefallen ist, wenn die warme Stimme des Erzählers auf das Abenteuer zurückblickt und Micky einen Spiegel vorhält. Ein Abenteuer, das zwischen Vor- und Abspann übrigens ausschließlich in Textfenstern erzählt wird und in dem Micky wenig zu sagen hat. Erst am Ende erhält die Maus ein Profil - auch weil ihre Entscheidungen plötzlich wichtig scheinen. Erst kurz vor Schluss gewinnt auch die Beziehung zwischen ihm und Oswald an Tiefe; überhaupt wächst sich das Finale zu einem furiosen, unglaublich liebevollem Abschluss aus, den man zuvor kaum erahnen konnte. Einen Mammutbeitrag leisten dabei die Klänge aus der Feder von James Dooley. Der Komponist trat bisher vor allem als Nachwuchs der Hans Zimmer-Schule in Erscheinung - mit Micky Epic liefert er allerdings sein Meisterstück ab. Von furchteinflößend über geheimnisvoll und märchenhaft bis hin zu gefühlvoll komponiert und arrangiert er nicht nur einfallsreich,

Inhaltlich und erzählerisch nimmt Micky Epic nach einem famosen Einstieg erst spät wieder Fahrt auf - steuert dann aber auf ein fulminantes Finale hin.
seine Musik passt sich auch subtil dem Verhältnis von angemalten und verdünnten Objekten an. Nicht nur deshalb: Micky Maus ist zurück! Inhaltlich und erzählerisch braucht er aber viel zu lange, um dorthin zu kommen.

Eine hilfsbereite Maus?

Immerhin gibt es auf dem Weg zum wehmütigen Abschied so viel zu entdecken, dass die Abenteuerlust nie versiegt. So ist das Spiel dank der vielen Auftraggeber erfreulich offen. Obwohl man immer dem roten Faden folgen könnte, darf man sich jederzeit um die Bedürfnisse der Wasteland-Bewohner kümmern. Die eine hätte gerne ein Eis, der andere sucht verlorene Masken und wenn Micky aufmerksam nach versteckten Fußspuren sucht, kommt er sogar Dieben auf die Schliche. Schade, dass beinahe alle Aufgaben lediglich Hol- und Bringdienste sind. Echte Spannung steckt selten in den kleinen Missionen. Zumindest entschädigen bare Münze sowie ein geheimer Level für die Mühen. Das Geld steckt Micky in den Ausbau seiner Lebenskraft oder in Konzeptzeichnungen. Diese sind nicht nur motivierende Sammelstücke; sie sind vor allem wichtige Puzzlestücke in dem Museum, das der erklärte Disney-Liebhaber Warren Spector mit seinem Spiel errichtet hat. So erhält man u.a. zwei alte Schwarz/Weiß-Trickfilme - einen mit Micky und einen mit Oswald. Zahlreiche namhafte Größen wie Smee, Klarabella, Oswalds Freundin Ortensia sowie ein... sehr mädchenhafter Karlo Pan treten zudem auf. Hinzu kommen mechanische Nachbildungen von Goofy, Daisy und Donald, deren Köpfe so lange in einer Vitrine gefangen sind, bis Micky ihre Körperteile aufgetrieben hat.

Und dann sind da die Übergänge, wenn Micky von einem Schauplatz zum nächsten reist: Springt die Maus in eine Leinwand, läuft und hüpft sie durch einen von der Seite gezeigten Abschnitt, in dem sie Geld und mit viel Geschick auch ein besonders wertvolles Extra findet. Jeder dieser Abschnitte wurde einem alten Disneyfilm gewidmet - Steamboat Willie etwa oder Fantasia . Für Erwachsene ist Micky Epic somit eine nostalgische Zeitreise; Kinder entdecken eine Welt, die ihnen mit Cars und Toy Story verborgen geblieben wäre.

Ganz schön kindisch

Spielerisch steht das junge Publikum dabei im Vordergrund, denn anspruchsvoll wird das Abenteuer erst, wenn es fast vorüber ist. Ob klettern, kämpfen oder rätseln: Die Herausforderung hält sich stets in Grenzen. Man muss allerdings die Steuerung einer Kamera meistern, die es in sich hat! Nicht im Guten, wohl gemerkt, denn obwohl man den Blickwinkel über das Digikreuz frei ausrichten kann, dreht sich die Perspektive gerne unvermittelt, geht zu nah an Micky heran oder lässt sich einfach nur nicht dorthin bewegen, wo man hinschauen möchte. Je weiter man fortschreitet, desto unbarmherziger wird der Kampf gegen die Kamera, weil die Kulissen immer vertrackter konstruiert sind. Es ist ohnehin schwierig, ständig die Richtungstasten zu bedienen -

Schräge Linien und eine Mischung aus Moder und Farbe: Die Kulissen verbinden das Beste von Disney mit dem Skurrilen eines Tim Burton-Films.
muss man im schnellen Kampf außerdem schießen, laufen und springen, möchte man am liebsten Verdünner aufs Gamepad spritzen. Gerade das wird allerdings erschwert, weil Micky nicht kompromisslos dorthin spritzt, wo die Markierung hinzeigt. Denn oft kommen ihm wegen seiner geringen Größe schon sehr kleine Objekte in den Weg. Besser wäre, wenn Farbe und Verdünner kompromisslos durch Hindernisse hindurch fliegen könnten, so lange sie nicht das Ziel sind.

An Kinder richten sich auch die zahlreichen Erklärungen, z.B. zu den aktuellen Aufgaben. Die erscheinen nämlich so häufig und ausführlich, dass sich erfahrene Spieler schon mal gegängelt fühlen - viermal hintereinander erläutert Gus etwa zu Beginn den ganz normalen Angriff. Beim Betreten eines neuen Areals beschreibt der Kobold außerdem die Lage: Da oben ist der Ausgang, hier gibt es dieses zu erledigen, dort könnte man jenes tun. Ausgerechnet dieser wichtige Überblick hinterlässt allerdings etliche Fragezeichen. Zum einen erkennt man nie genau, wo sich das Ziel in Relation zu Micky befindet. Zum anderen weiß man trotz der Textflut nie genau, welche Handlung welche Folge hat. Und weil man keine echte Wahl hat, wenn man Aktion und Reaktion nicht überschauen kann, werden die wichtigen Entscheidungen noch weiter in den Hintergrund gedrängt - ein denkbar unglücklicher Schnitzer. Nicht zuletzt hätte Spector auch drauf achten müssen, dass mancher Auftrag nicht einfach unerledigt liegenbleibt, weil Micky sein Abenteuer fortsetzt. Es ist ärgerlich, dass man immer dann nicht so gut sein kann, wie man möchte, weil manche Aufgaben nach bestimmten Aktionen unvorhersehbar im Nirvana verschwinden. Und das perfekte Spiel, Verzeihung: der perfekte Spielstand ist dann leider schon überschrieben.      

Fazit

Ob die Disney-Köpfe sofort wussten, dass Spector ihren Micky mit Bravour wiederauferstehen lassen würde, als sie eilig Textnachrichten tippten? Warren Spector, bekannt für seine düsteren Visionen, schafft es, den naiven Charme der Comicikone gerade so erwachsen zu lassen, dass ihn sowohl Junge als auch Junggebliebene wiedererkennen. So erlebt Micky ein spielerisch meist sehr leichtes Abenteuer, denn im Mittelpunkt steht das Erkunden und Entdecken. Jeder Fleck lädt zum Verweilen ein. Seine Welt ist gespickt mit Anspielungen auf die Disney-Vergangenheit, ohne Neugierige mit Insiderwissen zu verschrecken. Das Besondere ist aber seine Fähigkeit, seine Umwelt auf zwei Arten zu beeinflussen - zur Wahl stehen der aggressive Verdünner und die sanftmütige Farbe. Für fast jede Aufgabe gibt es mindestens zwei Lösungen. Gegner darf man bekämpfen, zu Freunden machen oder umgehen. Und besonders Kämpfe gegen große Feinde können je nach den getroffenen Entscheidungen sehr unterschiedlich verlaufen. Im Allgemeinen hält Spector die wichtige Entscheidungsfreiheit allerdings an der kurzen Leine: So unterschiedlich man Probleme lösen kann, so wenig spielt das Ergebnis im weiteren Verlauf eine Rolle. Manche Aktionen werden sogar einfach rückgängig gemacht. Und leider stolpert die Maus noch über ganz andere Steine: Die eigensinnige Kamera fängt zu oft nicht das richtige Bild ein, Farbe und Verdünner zielen nicht immer genau und bevor das Abenteuer richtig in Gang kommt, tritt es lange im Leerlauf. Es ist bezaubernd, die Maus wieder in Aktion zu sehen! So holprig sie auch aus dem Dunkel des Vergessens empor klettert, so liebevoll wird sie zum Leben erweckt - und so lange motiviert das Entdecken der wunderbar schrägen Kulissen. Nur das ganz große Epos, das erlebt Micky hier noch nicht.

Pro

gefühlvoll erzählte Geschichte...
ebenso märchenhafte wie düstere Comicwelt
mindestens zwei Lösungswege für alle Aufgaben...
umfassende Erklärungen zu vielen Aufgabenstellungen
bezaubernde Musik von geheimnisvoll bis märchenhaft
zahlreiche Figuren aus der Disney-Geschichte als Nebendarsteller
kurze Jump&Run-Abschnitte erinnern an alte Disney-Filme
viel geheime Ecken, Nebenaufgaben und versteckte Extras

Kontra

 ... die erst spät Fahrt auf nimmt
stellenweise völlig unzulängliche Kamera
... für die es zu oft keine Konsequenzen gibt
Bemalen oder Verdünnen mancher Objekte unnötig knifflig
unübersichtliche Aufgabenstellungen

Wertung

Wii

Eine liebevolle Zeitreise und eine gelungene Rückkehr - für das ganz große Abenteuer fehlt der berühmten Maus aber die entscheidende spielerische Konsequenz.

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