Kindgerechte Kulisse
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Wenn Feinde mit Strom angreifen, sollte man keinen Eisenschild tragen. |
Aber bewegte sich Twilight Princess noch hin zu einem realistischeren und düsteren Stil, der der Reihe sehr gut tat, inszeniert man jetzt wieder eine Idylle zwischen Bonbon- und Pastellfarben mit einfachsten Dialogen, bei der selbst die Monster viel zu freundlich wirken. Ich habe nichts gegen unbeschwerte Kulissen – ganz im Gegenteil! Aber diesem Zelda fehlt manchmal das Bizarre, Hässliche und Schreckliche. Nicht etwa als künstlerisches Leitmotiv, sondern als clever eingestreute Kontrapunkte, so wie sie z.B. in den märchenhaften Zeichentrickfilmen von Hayao Miyazaki immer wieder auftauchen und damit das Unberechenbare, das Wilde der Natur symbolisieren. Das weit aufgerissene Maul zu Beginn brüllt das hinaus, was später viel zu oft fehlt - stattdessen wird vieles im wahrsten Sinne des Wortes weichgezeichnet. Alles schön angenehm, schön langweilig.
Das Artdesign ist ein stilistischer Rückschritt ohne kreative Akzente, denn es könnte genauso für Mario, Kirby oder Pokemon, für Skylanders, Sonic oder Digimon eingesetzt werden. Ganz im Gegensatz zum technischen Aspekt der Kulisse: Dieses Zelda sieht trotz der chronischen Texturschwäche richtig gut aus, hat sich hinsichtlich der Rauch-, Wind- und Lichteffekte nochmal gesteigert, die Figuren zeigen eine weiche, angenehm natürliche Mimik, die Animationen wirken allesamt elegant und ansehnlich, alles läuft flüssig. Man freut sich später über wabernde Lava, aufsteigende Rauchsäulen, tolle Wolkenschatten am Boden oder vom Winde verwehtes Wüstengras, das an einem vorbei jagt – das ist ein sehr ansehnliches Wii-Abenteuer.
Der Wirbelwind des Bösen
Trotzdem jubelt man regelrecht, als das Böse endlich diese Idylle aufbricht und Zelda in einem mysteriösen Wirbelwind verschwindet. Habe ich mysteriös gesagt? Das ist vielleicht zu bedeutungsschwer, aber ab diesem Moment wird man wenigstens etwas neugierig auf die Story und vor allem die Spielwelt. Erstere bleibt zwar auch in den kommenden Stunden schwach, denn Link rennt wie ein Hund an der Leine dem entführten Köder hinterher, vom Wald über den Vulkan bis in die Wüste, ohne dass er die Himmelswelt dafür frei erkunden müsste - selbst wenn einem ab und zu die Wahl vorgegaukelt wird, läuft immer alles auf einen Weg hinaus. Könnte man den linearen Ablauf nicht im
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Die Bosse sind ein spielerisches Higlight, werden aber recycelt. |
kommenden Zelda aufbrechen - vielleicht mit etwas mehr Rollenspielflair? Statt mehr Aufrüstungen bessere Dialoge, Konsequenzen oder wenigstens diverse Routen? Er kann nicht einmal eine relevante Entscheidung treffen und macht das, was man ihm sagt. Ich habe mich auch noch nie so eingeengt in einem Zelda gefühlt.
Über dieser altbekannten Struktur thront zwar immerhin noch die neue Spielwelt: Diese öffnet sich auch zu wunderbarer Größe am strahlenden Himmel. Und wenn man den ersten Ortungsstrahl zwischen den Wolken glimmen sieht, der auf eine Insel darunter verweist, kribbelt es wieder im Nacken. Hurra, die Vogelzeremonie ist vorbei - da unten warten Schätze, Monster und vor allem Dungeons! Und in ihnen läuft Nintendo auch wieder zur Hochform auf, denn es macht einfach Spaß, sich in den verschachtelten Gängen durch Spinnennetze, Abgründe, Lavagruben oder später Roboter, Stromschalter und Fließbänder bis zum Boss vorzuarbeiten. Aber hatte man in Wind Waker noch richtig Lust, das weite Meer zu erforschen, wollen diese Erkundungsreize hier nicht aufkommen, weil die drei Hauptziele zu klar sind - abseits dieser großen Inseln verkommt der Rest der kleinen Inseln zu reinen Krimskramseilanden. Natürlich kann Link diese jederzeit verlassen und sie mit ihren Zutaten und Schätzen erkunden oder Nebenaufgaben erledigen, wie etwa die Überbringung von heißer Kürbissuppe gegen die Zeit. Aber so richtig unterhaltsam ist das freie Fliegen und Suchen nicht, weil sich die Spielwelt auf drei Gebiete konzentriert.
Die sterile Begleiterin
Ab dem Moment, wo man endlich in seine grüne Kleidung schlüpft, die Tasche für vier Gegenstände packt und dann noch entdeckt, dass das Schwert eine auf Knopfdruck oder aus eigenem Antrieb erscheinende Mitbewohnerin hat, wird es trotzdem unterhaltsam. Die an einen Harlekin erinnernde Lady wohnt in dessen Knauf, heißt Phai und begleitet Link. Sie kann ihm nicht nur allgemeine Hinweise zur aktuellen Umgebung geben, sondern kommentiert die Effizienz der aktuellen Ausrüstung und analysiert sogar die Schwachstellen von Feinden - umso präziser, je mehr man von ihnen erledigt hat. Hört sich ein wenig nach den Erkundungsreizen in Metroid Prime an, wird aber weniger für die erzählerische Atmosphäre der Spielwelt genutzt.
Man wird von diesem Sidekick schnell ernüchtert: Phai wirkt im Vergleich zur rätselhaften Midna aus Twilight Princess wie eine sterile personalisierte Hilfe; sie hat kaum Charakter, man baut auch kein Verhältnis zu ihr auf, sondern „benutzt“ sie. Ihre Aurasuche zeigt einem im Stile eines Echolots mit Zielvisier immer an, wo Zelda steckt (lächerlicherweise mit Prozentangaben à la zu 85% ist sie dort im Tempel – wo auch sonst?) und wo man hin muss – zwar kann man auch einzelne Schalter so orten, aber man muss auf dem Weg zum Ziel immer noch genug selbst kombinieren. Woher kommt sie eigentlich? Das ist noch die einzige interessante Frage, die später auch noch für eine Überraschung sorgt, aber vorher geht es über knapp 15 bis 20 Stunden in gewohnter Routine von der Basis in die Welt und ins Dungeon, wo der Boss wartet. Wenn einem Ausrüstung oder Tränke fehlen, kann man sich jederzeit von allen Speicherpunkten in die Lüfte schwingen und Zuhause auftanken.