Ghost Recon23.11.2010, Jan Wöbbeking
Ghost Recon

Im Test:

Die Russen sind da! Der Modegegner des Jahres 2010 aus dem ehemaligen Ostblock muss wieder einmal als Bösewicht ehrhalten. In Tom Clancy's Ghost Recon für Wii haben »Ultranationalisten« in Moskau die Macht an sich gerissen und kurzerhand Norwegen überfallen. Um der Invasion angemessen entgegenzutreten, wird ein zweiköpfiges Team der Navy Seals zu den Fjorden und in die russische Hauptstadt entsandt, damit dort Unmengen an lebensmüden Feinden in ihren Kugelhagel laufen.

Tod der Taktik!

Bis auf's Design hat die Serien-Auskopplung kaum etwas mit ihren Vorgängern gemein: Statt einen Taktik-Shooter zu bekommen, müssen Wii-Besitzer wieder einmal mit Dauerfeuer auf Schienen Vorlieb nehmen. Die Action wird ähnlich einschläfernd präsentiert wie die Vorgeschichte: Nach einer drögen Einleitung arbeite ich mich von einer Deckung zur nächsten vor und säubere die nicht all zu detailliert gestalteten Kulissen von übermütig ins Schussfeld laufenden Klongegnern. Durch ihre Sturmmasken wirken sie ähnlich austauschbar wie die Sonnebrillengengster im uralten Virtua Cop.

Willkommen in der russischen Plattenbau-Tristesse!

Ab und zu gibt es immerhin ein paar Widersacher, welche sich von ihren Standard-Kameraden abheben: Ein Ingenieur schickt mir z.B. unaufhörlich ferngesteuerte Drohnen entgegen, bis ich ihn ausknipse. Ich bewege meine Figur nicht selbst, sondern laufe per Klick mit dem A-Knopf zum nächstgelegenen aufblinkenden Pfeil. Die Waffe wird ähnlich wie im Ego-Shooter mit dem Z-Knopf angelegt - das klappt auch auf dem Weg zum nächsten Ziel. Schüttle ich die Fernbedienung kurz vorm rettenden Hindernis, rutscht mein Alter Ego mit den Beinen voran in Deckung. Auch Medi-Packs, Granaten sowie eine kurzzeitige Bullet-Time-Zeitlupe lassen sich benutzen.

Im Schatten der Konkurrenz

Die kleinen Variationen der Handhabung können aber bei weitem nicht die frischen Impulse ins Genre bringen, wie es Sin and Punishment 2  mit seinem ausgeklügelten Steuerungsmix aus Schusssalven, Schlägen und Ausweichrollen geschafft hat. Dabei böte Ghost Recon durchaus Potential für eigene Akzente: An meiner Seite kämpft schließlich ein zweiter Ghost, der entweder vom Computer oder vom zweiten Spieler gesteuert wird. Doch statt diesen Umstand dafür zu nutzen, Finessen zum Flankieren der Gegner oder andere Feinheiten einzubauen, beschränkt sich das taktische Potential darauf, dass einer der beiden Seals ein wenig früher die Deckung wechselt und die beiden sich mit unterschiedlichen Waffen ergänzen.

An einer abgeworfenen Nachschub-Kiste schnappe ich mir z.B. ein Scharfschützengewehr und schalte im gegenüber liegenden Parkhaus einen Bazooka-Schützen aus. Bevor ich abdrücke, wird ein kleines Zielfernrohr eingeblendet, mit dem das Anpeilen etwas zu fummelig ausfällt. Mein Partner kümmert sich währenddessen um die Schurken hinter dem vor uns geparkten Auto. Hier haben die Entwickler ganze Arbeit geleistet, denn mein Kamerad verhält sich nicht so passiv wie anderswo: Stattdessen arbeitet er gut mit, räumt einen ordentlichen Anteil an Gegnern aus dem Weg,

Die KI des fleißigen Partners ist einer der wenigen Lichtblicke in der Fließband-Ballerei. 
nimmt mir aber auch nicht zu viel die komplette Arbeit ab. Auch zwei menschliche Partner können sich gut ergänzen - trotzdem kommt wegen des tristen Level-Designs nicht wirklich Stimmung auf.

Ausflug mit der Drohne

Die eingestreuten Fahr- und Flugsequenzen sorgen immerhin für etwas Abwechslung: In einer ferngesteuerten Drohne bedient z.B. ein Seal die Gatling Gun und der zweite feuert Raketen ab. Zusätzlich zur nur wenige Stunden kurzen Kampagne gibt es außerdem einen Arcade-Modus: Dort können Solisten sowie zwei Spieler gegeneinander oder kooperativ ihre Punktzahl für die weltweiten Bestenlisten in die Höhe treiben - allerdings nur offline. Je mehr Feinde ohne Gegentreffer erlegt werden, desto flotter schnellt der Multiplikator in die Höhe.    

Fazit

Normalerweise bin ich kein Freund davon, einem Spiel sein Existenzrecht abzusprechen, doch im Fall von Ghost Recon stelle ich mir ernsthaft die Frage, wer dieses Spiel kaufen soll? Alte Serien-Fans dürften bestimmt keine Freude an dem Fließband-Geballer ohne Taktik-Einschlag haben. Wer dagegen auf knackige Rail-Shooter steht, findet gerade auf Wii um Welten interessantere Alternativen. Ghost Recon besitzt weder eine spannende Inszenierung wie Dead Space: Extraction oder Resident Evil: The Darkside Chronicles , noch wirkt das Steuerungskonzept so durchdacht und frisch wie in Sin & Punishment 2, das auch mit seinem phantasievollen Design punkten kann. Obwohl der Arcade-Shootout dank präziser Wiimote-Steuerung und sachte ansteigendem Schwierigkeitsgrad gut funktioniert, scheitert er letztendlich an seinem schlichten Leveldesign. Es macht einfach keine Spaß, stundenlang auf strohdumme Klonsoldaten zu ballern. Auch die die gelungene Partner-KI und kooperative Baller-Sessions können die Tristesse nicht durchbrechen.

Pro

<P>
präzise Zielsteuerung
gute Partner-KI
gelungene deutsche Vertonung
Fahrsqequenzen bringen Abwechslung ins Spiel</P>

Kontra

<P>
ödes Leveldesign
tumbe Gegnermassen
triste Kulissen ohne charakteristische Highlights
kaum taktische Finessen nötig
seltsame Granatenflugbahn
geringer Umfang
kein Online-Modus
langweilige Zwischensequenzen
belanglose Story
matschige Texturen</P>

Wertung

Wii

Eine langweilige Inszenierung, Klongegner und das Fehlen taktischer Finessen machen Ghost Recon zu einem schrecklich drögen Rail-Shooter.

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