Im Test:
Fressen und gefressen werden
Wie eine lauernde Spinne hängt eine Festung aus 13 Türmen an gigantischen Ketten über einem Abgrund, der direkt ins Jenseits führen soll. Wo einst das Militär geheime Forschungen betrieb, verirrt sich heute kaum noch jemand hin. Aeron und Helena setzen jedoch all ihre Hoffnungen in diesen unwirtlichen Ort.
Auf der jungen Tänzerin liegt nämlich ein grausamer Fluch, der sie allmählich in ein schreckliches Monster zu verwandeln droht. Nur das Fleisch in den Türmen hausender Bestien soll den Fluch aufhalten können. Wer die größten aller Ungeheuer erlegt und verschlingt, darf sich sogar Hoffnung auf vollständige Genesung machen.
Tickende Zeitbombe
Die Zeit ist allerdings knapp und Helenas Körper bereits im Wandel. Braucht Aeron zu lange für die nächste Fleischbeschaffung, verliert seine Freundin das letzte Bisschen Menschlichkeit und die Jagd ist vorbei. Der Zeitdruck sorgt zwar teils für zusätzliche Spannung, kann aber auch nerven, wenn man kurz vorm nächsten Etappenziel plötzlich kehrt machen oder sich nach schneller Beute umsehen muss.
Nichtsdestotrotz gewöhnt man sich an den zeitlich begrenzten Jagd- und Sammelrhythmus à la Monster Hunter, der nebenbei natürlich auch dafür sorgt, dass man seine Holde nicht zu lange vernachlässigt. Helena ist nämlich nicht gern allein und freut sich über jede Unterhaltung, wenngleich sich Aeron ungemein wortkarg gibt. Doch auch kleine Geschenke bringen ihre Augen zum Strahlen. Im Gegenzug kümmert sie sich um die Übersetzung alter Schriftstücke, die Aeron unterwegs findet, und je nachdem wie glücklich man sie trotz ihres schweren Schicksals macht, hält das Abenteuer auch eine Reihe unterschiedlicher Enden parat.
Viel zu tun
Je mehr Platz man hat, umso mehr Beute kann man natürlich nach Hause bringen und die lässt sich nicht nur verscherbeln, sondern auch weiterverarbeiten. So schmiedet man Talismane, näht Wamse und braut Heiltränke. Auch Reparaturen beschädigter Gegenstände stehen hin und wieder an. Gerade nicht benötigte Materialien verstaut man in einer riesigen Kiste und Verletzungen kuriert man am besten im Schlaf. Helenas Zustand bleibt währenddessen zwar stabil aber die Zeit schreitet dennoch voran, so dass man zu unterschiedlichen Tages- und Nachtzeiten aktiv werden kann.
Das ist vor allem dann wichtig, wenn man auf der Suche nach besonders seltenen Beutestücken ist. So gibt es Mineralien, die nur nachts zum Vorschein kommen, Pflanzen, die nur im Morgengrauen sprießen oder Gegner, die nur bei Tageslicht aktiv sind. Selbst beim Fleisch gegen Helenas Fluch gibt es unterschiedliche Qualitätsmerkmale und Chancen welches zu erbeuten. Ganz oben auf der Wunschliste steht der jeweilige Platzhirsch des Turms, zu dem man sich erst einen Weg bahnen und ihn dann in einem spannenden Duell bezwingen muss.
Praktische Kette
Je mehr Spannung man auf die Kette bringt, umso mehr Schaden richtet man beim Einholen an. Kleinere Gegner oder herumliegende Gegenstände kann man sogar wie eine Art Morgenstern um sich kreisen lassen oder als Wurfgeschosse missbrauchen. Bei größeren Kalibern gilt es hingegen gezielt Schwachstellen zu nutzen, indem man ihnen z. B. den Waffenarm außer Gefecht setzt, das Augenlicht raubt oder die Flügel stutzt.
Waffe und Werkzeug
Sowohl Level- als auch Gegnerdesign halten durch den facettenreichen Ketteneinsatz gekonnt bei Laune. Jeder Turm hat durch seine elementare Zugehörigkeit einen sehr charakteristischen Aufbau, auch wenn hier später für meinen Geschmack etwas zu ausgiebig recycelt wird. Trotzdem schafft man es zum Ende hin mit völlig neuen Elementen nochmals zu überraschen und selbst optisch Akzente zu setzen. Die Spitzen aller Türme zu erreichen, ist dank immer vertrackterer Architektur und Hindernisgestaltung jedenfalls ungemein motivierend und hält dank speziell verschlossener Türen auch Anreize für weitere Durchgänge bereit.
Die größten Highlights sind aber wohl die imposanten Showdowns am Ende des zehrenden Aufstiegs, der durch das Sprengen wegversperrender Ketten und Finden zurückgelassener Beschreibungen geschickt Spannung aufbaut, die am Ende in einem unerbittlichen Kampf gegen mächtige Bestien und die Uhr ihren Höhepunkt erreicht. Man studiert Angriffsmuster, weicht aus, sucht nach den beschriebenen Schwachstellen und ringt seinen Gegner Stück für Stück nieder, bis man ihm das begehrte Fleisch für Helenas Rettung entreißen kann.
Alles im Griff
Fatale Stürze sind aber zum Glück selten, da Aeron diesbezüglich sehr zäh im Nehmen ist, solange er mit seiner schweren Rüstung nicht in tiefem Wasser oder glühender Lava landet. Zudem gibt es in jedem Turm eine Reihe von Kontrollpunkten, die im Todesfall einen schnellen Wiedereinstieg erlauben. Darüber hinaus gewinnt Aeron durch das Töten von Gegnern auch an Erfahrung, die ihm Stufe für Stufe mehr Kraft und Lebensenergie beschert. Das Spieltempo kann so jeder für sich bestimmen und auch der Umfang kann sich nicht nur aufgrund unterschiedlicher Enden, übetragbarer Spieldaten sowie nachträglicher Bonusareale sehen lassen.
Fazit
An die Monumentalität eines Xenoblade Chronicles mag Pandora's Tower nicht ganz heranreichen, trotzdem erlebt man in der abgeschiedenen Turmwelt ein spannendes und bewegendes Abenteuer, durch das der Geist großer Vorbilder wie Castlevania, Zelda oder Shadow of the Colossus weht. Mit einem Damoklesschwert über dem Kopf erklimmt man imposante Bauten, überwindet trickreiche Hindernisse und bestreitet packende Zweikämpfe - mal laut und brachial, mal leise und geheimnisvoll. Man pendelt zwischen Beutejagd und Beziehungspflege, zwischen Abscheu und Hoffnung. Und auch wenn es mit der Zeit zu Wiederholungen und Abnutzungserscheinungen kommt, Helenas und Aerons Leidensweg motiviert bis zum Schluss, der sehr unterschiedlich ausfallen kann.
Wertung
Wii
Märchenhaftes Abenteuer zwischen Beutejagd und Beziehungspflege.
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