The Kore Gang: Invasion der Inner-Irdischen11.08.2010, Jan Wöbbeking
The Kore Gang: Invasion der Inner-Irdischen

Im Test:

Der Duke hat einen Konkurrenten weniger: Das Jump'n'Run The Kore Gang hat es stattliche neun Jahre nach Entwicklungsbeginn in den Handel geschafft. Usprünglich sollte der Titel für die Xbox und den PC kommen, verschwand dann aber mehrmals in der Versenkung. Jetzt hat sich der frisch gegründete Publisher Pixonauts das Projekt von Zoink und Snap Dragon Games geschnappt und für Wii veröffentlicht.

Reise zum Mittelpunkt

Auf den ersten Blick erinnert die Kore Gang stark an lieb gewonnene Action-Adventures wie Psychonauts oder Jersey Devil: Zum einen besitzen die Figuren einen ähnlich verschrobenen Comic-Stil mit leicht morbidem Einschlag,

Madboy ist der Mann fürs Grobe und bearbeitet seine Widersacher mit zwei hydraulischen Roboterarmen.
zum anderen liegt der Fokus auf den Hüpfsequenzen. Der Großteil der Areale besteht aus wünderhübsch arrangierten schwebenden Plattformen, schmalen Stegen, Falltüren und jeder Menge anderer Gemeinheiten, welche das Herz eines Jump'n'Run-Fans höher schlagen lassen.

Ähnlich wie in Jule Vernes Klassiker »Die Reise zum Mittelpunkt der Erde« spielt sich die Geschichte unter der Grasnarbe ab. Die größenwahnsinnigen Krank Brüder fühlen sich zu Höherem berufen als zur Herrschaft über ihr unterirdisches Reich. Also stiften sie ihre Untergebenen zur Invasion der Planetenoberfläche an. In einem gigantischen »Krank Tank« graben sie sich unaufhörlich nach oben, bis die drei Protagonisten per Zufall in den Koloss geraten. Mit Hilfe ihres frisch ergatterten Multifunktionsanzuges machen sie sich auf, dessen Konstrukteur, den zerstreuten Dr. Samuelson, zu befreien.

Gib ihm mit Schmackes!

Der »Kore Suit« erweist sich als äußerst nützlich: Steckt einer der drei Helden in der Steuerkabine, übertragen sich seine Talente auf die beiden Roboterarme und den Rest des Anzugs. Kommt dem Trio z.B. ein grimmiger grüner Stier in die Quere, ist der kampferprobte Madboy an der Reihe. 

Unter dem künstlichen Himmel im Krank Tank sind Pixie und ihr Schwungarm an der Reihe. Das Anpeilen mit der Fernbedienung gestaltet sich wie viele andere Kommandos recht hakelig.
Mit Hilfe der überdimensionierten hydraulischen Roboterfäuste kann er noch herzhafter zulangen. Im Laufe des Spiels erlernt er außerdem das Schießen mit Schnebällen, das Zurückschlagen von Granaten und auch einen Wirbelwind-Angriff. In einem Luftschloss mit gefährlich dünnen Stegen durchbricht er dank eines Powerschlags sogar die Deckung eines Spring-Clowns, welcher seinen kugelrunden Körper mit Hilfe seiner meterlangen Spaghetti-Arme schützt. Stimmt das Timing nicht, schleudert das grinsende Wesen den Helden kichernd in den Angrund. Der Absturz ist dank der fair platzierten Checkpoints aber kein Beinbruch. Madboy kann auch mehrere Hiebe nacheinander austeilen; besonders anspruchsvoll werden die Gefechte mangels Kombos oder ähnlicher Extras trotzdem nicht.

Gerät er an einen der zahlreichen Plattform-Parks, ist es Zeit, zu Pixie zu wechseln: Ein Druck auf den C-Knopf und ohne Verzögerung sitzt das Mädchen mit den überdimensionierten Zöpfen am Steuer. Mit ihrem Doppelsprung und einer Harpune hüpft und schwingt sie ohne Murren auch auf entfernteste Plattformen - allerdings nur, wenn ihr nicht die misslungene Bildregie in die Quere kommt. Erstens mangelt es aufgrund der nahen Perspektive an Übersicht, zweitens dreht sich die Kamera bei kniffligen Balanceakten über schmale Stege weg, drittens lässt sie sich nur sehr schwerfällig mit dem Steuerkreuz korrigieren und zu allem Überfluss wird jeder Schwenk von einem leichten, aber konstanten Ruckeln begleitet. Ein Druck auf den Z-Knopf zentriert die Kamera zwar hinter den drei Helden, trotzdem sorgt auch das nicht immer für die ideale Einstellung.                         

Kamera-Macken

Die Plattform-Parcours wirken auf den ersten Blick bei weitem nicht mehr so knifflig wie noch auf der Games Convention 2008, trotzdem musste ich manche Exemplare dank störrischer Kamera und nicht immer astreiner Kollisionsabfrage viel zu häufig neu angehen.

Schnüffelnase Rex findet mit Hilfe von violetten Fährten durchs Labyrinth. 
Auch wenn der Kore-Suit aufgrund kleiner Clipping-Fehler halb in einem Hindernis versinkt, sorgt das nicht gerade für Sicherheit beim Balanceakt. Ein weiteres Problem ist, dass sich Entfernungen nicht so leicht abschätzen lassen wie z.B. in Super Mario Galaxy 2. Vor allem der nur sehr schwach sichtbare runde Schatten erschwert das Anpeilen des rettenden Untergrunds.

Statt solche Schwachstellen im Spieldesign auszubessern, haben die Entwickler das Problem in der Wii-Version übrigens noch durch das Einbinden unnötiger und ungenauer Gesten-Kommandos verschärft. Um z.B. mit Pixie als Balletttänzerin über weite Abgründe zu schweben, muss ich die Fernbedienung aufrecht halten und krampfhaft um die eigene Achse drehen. Die mit Hund Rex spielbaren Minigames lassen sich glücklicherweise viel entspannter zocken: Steckt der kleine Kläffer in der Steuerzentrale des Anzugs, kann er mit Hilfe seiner exragroßen Ohren Tresorschlösser knacken, die Gespräche diverser Gegner ablauschen und flott durch die Levels wetzen. All das funktioniert mit Hilfe feinfühliger Stickbewegungen. Außerdem wittert er als violette Wolken dargestellte Fährten: Einfach ein paar mal auf den Schnüffelknopf drücken und schon führt ihn die Duftwolke ans Ziel. Nützlich ist auch sein Jaulen, mit welchem er die skurrilen Widersacher kurzzeitig außer Gefecht setzt.

Musikalische Bosse

Ab und zu trifft das dynamische Trio im Krank Tank übrigens auf den unterirdischen Widerstand. Die Aufständischen sind optisch kaum von ihren agressiven Mitbewohnern zu unterscheiden, tragen als Erkennungzeichen aber ein krummes Karnevals-Hütchen auf dem Kopf und stellen sich mit einer herrlich albernen Musical-Einlage vor.

Trotz hübsch verschnörkeltem Stil merkt man den Kulissen ihr Alter deutlich an.
Außerdem kann ich mir bei ihnen die für Action-Adventures typischen Sammelaufträge abholen. Zum Glück arten die Aufgaben nicht so stark aus wie in alten Rare-Jump'n'Runs und helfen mir allesamt auf meinem Weg durch den unterirdischen Riesenpanzer weiter. Das Spiel gibt sich allgemein recht linear. Wer möchte, kann allerdings ähnlich wie in Super Mario Galaxy mit der Fernbedienung leuchtende Wesen sammeln und im Hauptmenü Bonus-Artworks freischalten.

Auch die Bossgegner erweisen sich als äußerst musikalisch: Als »Hunter Bunter« auf seine im Kopf implantierte Kanone angesprochen wird, muss der eitle Oberschurke natürlich erst einmal eine ausführliche Musical-Nummer über sein Waffenarsenal zum Besten geben. Auch während gewöhnlicher Levels passt die Musikbegleitung unheimlich gut zum Thema: Wenn ich an fremdartigen Pilzen und giftigen Methanseen vorbeilaufe, gibt es geheimnisvolle Harfenklänge und andere äußerst stimmungsvolle Melodien zu hören. Weniger gelungen wirkt die deutsche Vertonung: Trotz erfahrener Sprecher wie Tetje Mierendorf (»Schillerstraße«, »Frei Schnauze XXL«) oder Robert Missler (unter anderem »Dr. James Wilson« aus »Dr. House«) klingt die Betonung der meisten Sätze nicht ideal.                

Fazit

Schön, dass The Kore Gang nach seiner neun Jahre währenden Odyssee doch noch veröffentlicht wurde. Es wäre schade gewesen, wenn das Projekt einfach im Nirvana der Spielegeschichte verschwunden wäre. Etwas mehr Feintuning hätte aber nicht geschadet: Das Hüpfabenteuer unter der Erdoberfläche wirkt immer noch schrecklich unfertig und handwerklich um Welten weniger ausgefeilt als ein Meisterwerk wie Super Mario Galaxy - und doch besitzt es einen gewissen Charme. Obwohl ich während des Spiels pausenlos über die schrecklich zickige Kamera, die hirnrissigen Gestenkontrollen und einen ganzen Haufen anderer Schwächen geschimpft habe, hatte ich meinen Spaß. Vielleicht liegt es am liebenswert skurrilen Grafikstil und dem nützlichen Multifunktionsanzug. Oder daran, dass als Ausgleich zu allen Unzulänglichkeiten die Hüpfsequenzen ein wenig entschärft und mit zahlreichen Checkpoints ausgestattet wurden. Oder dass ich als darbender Fan von 3D-Jump'n'Runs einfach nach jedem Titel lechze, in welchem ich endlich wieder über jede Menge formschön arrangierte Plattformen hüpfen darf. Wie dem auch sei: Wer sich mit all den handwerklichen Unzulänglichkeiten anfreunden kann, sollte The Kore Gang ruhig eine Chance geben - alle anderen greifen lieber zu Klempner, Igel und anderen Routiniers.

Pro

<P>
stimmungsvoller Comic-Stil
phantasievolle unterirdische Kulissen
hübsch arrangierte Plattform-Parks
geheimnisvolle Musikstücke
Freund und Feind trällern in albernen Musical-Einlagen
drei Charaktere mit praktischen Fähigkeiten
faire Checkpoints</P>

Kontra

<P>
schrecklich störrische, zu nahe Kamera
Sprung-Entfernungen schwer einzuschätzen
nur schwach sichtbare&nbsp;runde Schatten
teils nervtötend ungenaue Wiimote-Kommandos
kaum&nbsp;kreative Ideen
ständiges leichtes Ruckeln
falsch betonte Sätze in der deutschen Synchronisation</P>

Wertung

Wii

Charmantes, aber handwerklich unausgereiftes Hüpfabenteuer mit störrischer Kamera und vielen anderen Problemen.

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