Im Test:
Reichlich spät
Es ist eine reichlich ungewöhnliche Entscheidung. Die Wii neigt sich dem Ende ihres ungemein erfolgreichen Schaffens. Man bereitet sich eigentlich schon auf den Nachfolger vor, der bereits in den Startlöchern steht. Und dann kommt Nintendo und bringt mit der Wii-Edition von Project Zero 2 doch noch vollkommen unerwartet ein Highlight, das mich dazu zwingt, die eigentlich bereits archivierte Konsole wieder aufzubauen. Sicher: Im Kern ist der Titel bereits acht Jahre alt und ich frage mich immer noch, wieso man nicht auch noch Teil 4 der Survival Horror-Serie auf den Markt wirft (nur in Japan erhältlich), der nur über Modifikationen und dank eines Fan-Projektes mit englischen Untertiteln spielbar ist.
Andererseits können sich Wii-Fans auf ein außergewöhnliches Horror-Erlebnis freuen, dessen Atmosphäre und Spannungsaufbau bei seiner Erstveröffentlichung auf PS2 und Xbox vom Start weg begeistern konnte und auch heute noch zu den Highlights der "Last Gen"-Ära gehört.
Und ich schöpfe Hoffnung daraus, dass Nintendo mit Project Zero 2 versucht, die Wii-Spieler für die Serie zu begeistern, um dann auf WiiU mit einem fünften Teil zum Rundumschlag auszuholen. Denn aller Wahrscheinlichkeit nach dürfte das nächste Project Zero (wie übrigens auch schon Teil 4) nur auf Nintendo-Systemen erscheinen: Laut seit Ende Juni kursierenden Gerüchten halte man mindestens 50% der Namensrechte, einige
Nachholbedarf?
Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass Wii-Spieler noch nichts von der Project Zero-Serie gehört haben, die im Ausland auch als "Fatal Frame" bekannt ist. Es ist ihr zwar nie gelungen, sich wie ein Resident Evil oder Silent Hill ins Bewusstsein der Horror-Gemeinde zu setzen, doch hinsichtlich Atmosphäre, Spannungsaufbau und Schockeffekten (ohne großartigen Gore) konnte die Reihe problemlos mit den Genre-Schwergewichten mithalten und sie mitunter sogar übertreffen.
Das Geheimnis: Es wurde deutlich stärker auf subtile Spannung, eine dichte, düstere Atmosphäre sowie die Bedrohung des Spielers durch die Umgebung gesetzt. Man hatte keine starken Waffen zur Verfügung, um die Gegner in Form von (meist bösen) Geistern zu erledigen, sondern musste sich mit einem Fotoapparat behelfen. Natürlich handelt es sich dabei um keine "normale" Knippse: Hinter der so genannten "Camera Obscura" verbirgt sich ein besonderes Gerät, das die angreifenden Geister verletzen und töten kann.
Erneute Geisterjagd
Inhaltlich können sich Remote-Horrorfans auf eine akkurate Umsetzung freuen: In der Rolle der Teenagerin Mio, die von ihrer Zwillingsschwester Mayu begleitet wird, entdeckt man in einem nebligen Wald ein verlassenes Dorf und findet heraus, welche geheimnisvollen Schicksale sich hier abgespielt haben.
Behutsames Update
Nintendo und Koei haben Project Zero 2 behutsam modernisiert und an die visuellen sowie kontrolltechnischen Möglichkeiten der Wii angepasst. Das Ergebnis spielt sich gut und kann sich selbst acht Jahre nach der Erstveröffentlichung noch sehen lassen – ohne Bäume ausreißen zu können.
Zum einen: Der Titel ist dank seiner seit jeher eingesetzten Filter nicht so rapide (und damit schlecht) gealtert, wie man es sich vorgestellt hätte. Jetzt läuft die Geisterjagd in gut umgesetztem Breitbild (das Original war 4:3), überzeugt u.a. mit intensiveren Nebel- oder Lichteffekten und wurde endlich mit einer ordentlichen Schulterkamera versehen. Die Ursprungsfassung setzte in klassischer Survival Horror-Manier auf feste Perspektiven bzw. auf eine optionale Ego-Ansicht im Director's Cut.
Die nur minimal justierbare Schulterkamera auf Wii (bei den Foto-Kämpfen geht es in die Ego-Sicht) sorgt für eine zusätzliche Spannung, da das Sichtfeld relativ klein ist. Allerdings hat sie Probleme, sich in engen Räumen optimal zu positionieren, was zu unschönen "Sprüngen" führen kann.
Die Steuerung, die leider weder Classic- noch GameCube-Controller unterstützt, sondern pur auf Remote und Nunchuk setzt, ist vor allem in der häufig genutzten Kamerasucher-Sicht etwas gewöhnungsbedürftig. Mit ihrer mitunter störrisch wirkenden Reaktion (die jedoch eher durch die aufkommende Panik meinerseits entstand) unterstützt sie merkwürdigerweise aber die beständig hohe Atmosphäre und Spannung.
Verschenkte Liebesmüh
Auch für die Möglichkeit, mit einer zweiten Remote einen Freund an den Schockmomenten teilhaben zu lassen, hätte man sich sparen können. In der Geschichte kann man zwar sogar noch einen gewissen Nutzen daraus ziehen, zusammen mit dem Spielpartner einen mehr Schaden zufügenden "Synchro-Schuss" vom Stapel zu lassen. Doch es kommt nicht von ungefähr, dass Tecmo das Spiel seinerzeit als Solo-Erfahrung konzipiert hat - und es dabei belassen sollte. Während der Geisterhaus-Ausflüge hingegen kann der zweite Spieler über die Remote versuchen, seinem "Freund" Streiche zu spielen - gähn!
Fazit
Wer seinerzeit auf PS2 oder Xbox noch nicht das Vergnügen hatte, sich dem atmosphärisch dichten und hochspannenden Survival Horror mit Kamera-Kämpfen zu stellen, bekommt jetzt eine zweite Chance. Acht Jahre nach seiner Premiere merkt man Project Zero 2 sein Alter hinsichtlich der Kulisse zwar durchaus an, doch mit behutsamen Modernisierungen wie einer gelungenen Breitbild-Unterstützung, optimierten Effekten sowie der clever eingesetzten Filter des Originals fällt dies nicht so sehr ins Gewicht. Denn viel wichtiger ist, dass auch mit Remote und Nunchuk (andere Controller werden nicht unterstützt) Spannung und Atmosphäre nach wie vor zum Besten gehören, was man in diesem Bereich geboten bekommt. Jedes Öffnen einer Tür, jede neue Begegnung mit einem Geist, jeder Kampf mit der mitunter störrisch zu kontrollierenden Kamera wird zu einem Nerven aufreibenden Erlebnis. Ja: Man hätte bei der neuen Schulterkamera darauf achten sollen, dass sie in engen Räumen nicht ihre Mitarbeit verweigert. Und man hätte auch getrost den Geisterhaus-Modus weglassen können, der dem Spielerlebnis keine neue Facette hinzufügt. Doch auch mit diesen Mankos ist Project Zero 2 das beste Beispiel dafür, dass überzeugende Konzepte nahezu zeitlos sind. Der Veröffentlichungszeitpunkt zum nahenden Ende der Wii-Ära ist zwar ungewöhnlich. Doch die gelungene Umsetzung eines Klassikers des auf dieser Konsole wenig beachteten Survival Horrors wertet Nintendos Remote-Konsole nochmals auf und ebnet hoffentlich den Weg für eine echte Fortsetzung der Serie auf WiiU.
Pro
Kontra
Wertung
Wii
Ein Klassiker des modernen Survival Horrors erlebt seine Renaissance. Acht Jahre nach der Premiere haben Spannung und Atmosphäre nichts eingebüßt.
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