Hyrule wächst und wächst
Zwar ist die Welt keine offene wie etwa die von Oblivion, aber man wird an einer immer locker werdenden Leine von einem verdammt guten Regisseur geführt: Hyrule öffnet sich, die Karte wird immer umfangreicher. Irgendwann hat man die Wahl, welche Orte man noch mal besuchen möchte. Und plötzlich findet man sich auf weitläufigen Ebenen und riesigen Brücken
|
Obwohl die Texturqualität zu wünschen übrig lässt, sehen manche Schauplätze hervorragend aus: Lava wabert und die Luft flirrt in Hitze. |
wieder, die einen monumentalen Hauch von Shadow of the Colossus versprühen; man kann seinem Pferd die Sporen geben und seine Feinde bis zum Horizont jagen. Und der sieht richtig gut aus: Die Konturen eines Schlosses flimmern im Hintergrund, die Luft schwelt und der Himmel krönt eine Kulisse, die mal verbrannte Erde, stolze Ruinen oder weite Steppen zeigt.
Spieldesigner Miyamoto versteht sein Handwerk nicht nur, er hat auch die Konkurrenz studiert: Man findet Elemente aus den erfolgreichsten Konsolenspielen der letzten Zeit in Zelda. Hinzu kommt Miyamotos eigener Sinn für Liebevolles, für Tempowechsel und packende Momentaufnahmen: Da wird mal eben eine gigantische Holzbrücke verlegt, man springt hunderte Meter in die Tiefe oder erklimmt einen einsamen Berggipfel mit einem See voller Erfrorener. Der Weg ist relativ linear, so lange man der Spur der entführten Kinder folgt. Erst später, wenn man die Stadt Hyrule selbst erkundet, öffnen sich die Pfade ein wenig. Trotzdem bleibt immer eine Illusion der Weite, denn es gibt so viele Schauplätze und eine temporeiche Regie.
Nicht zu vergessen der typisch japanische Humor, der Pathos und Heldenmut immer wieder unterbricht: Da schwenkt ein Affenrüpel seinen roten Hintern in die Kamera oder ein Postbote rennt mit Fahne und weißer Unterwäsche über die Ebene von Hyrule - abgefahren, witzig oder daneben? Auf jeden Fall stört es die Atmosphäre nicht, die ein paar Sekunden später wieder traurig oder tragisch sein kann. Doch so düster ein Landstrich auch wirken mag, auf den schwarzer Schnee zu fallen scheint, gibt es immer wieder Lichtblicke. Und sei es nur Midnas keckes Lachen, das euch meist einen Hinweis gibt, wo es weiter geht, wo geklettert werden kann. Der kleine dämonische Sidekick ist unheimlich wichtig für das Spiel, denn er hält die Neugier wach und bildet einen Gegenpol zur lichten Welt: Was will Midna eigentlich mit den Teilen der Schattenmaske? Wieso hilft sie euch überhaupt? Und warum macht sie Prinzessin Zelda für das Unheil verantwortlich?
|
Nach den Ausflügen in die von Schatten zerfressenen Bereiche kehrt Link immer wieder an idyllische Schauplätze zurück. |
Ja, es gibt verdammt matschige Texturen. Ja, viele Sounds scheinen direkt aus einem Keyboard der 80er zu kommen. Ja, selbst nach dem Betreten von kleinen Räumen wird nachgeladen. Aber: Die Fantasie schlägt das Detail, die Kreativität schlägt die Technik. Was stört mich die platte Wand in einem Spiel, das mich immer wieder überrascht, das mich immer wieder in einem Fluss aus Action, Rätseln und Erkunden mitreißt? Zelda ist fordernd, nie frustrierend, Zelda ist logisch, nie verworren. Und: Es gibt verdammt große Dungeons, die in ihrer Mitte interessante Aufgaben bergen und an ihrem Ende packende Bosskämpfe servieren. Außerdem gibt es gerade im späteren Verlauf auch technisch Hervorragendes: Der Flug auf dem Rücken eines schwarzen Vogels durch die engen Schneisen eines Berges, der von einbrechenden Felstürmen und Lichtpunkten begleitet wird, ist erstklassig - und gut zu steuern!
Intuitive Steuerung
Nunchuk und Remote sind perfekt belegt worden; ich hatte keine einzige hakelige Stelle; egal ob mit Bogen, Bumerang oder Schwert. Das Kampferlebnis ist ein höchst intuitives, da man mit dem Nunchuk später auch seinen Schild aktiv zum Block oder Wegdrücken des Gegners nutzen kann. Neigt man ihn rechtzeitig in einer Stoßbewegung nach vorne, kann man sogar Feuerbälle auf den Feind zurückschleudern - eine klasse Sache! Denn das simuliert beim gleichzeitigen Gebrauch von Remote als Schwert wunderbar die Beidhändigkeit des Kampfes. Auch die Hiebe vom Pferderücken aus sind schnell verinnerlicht. Das lieg auch daran, dass man sowohl die Feinde auf einen Klick fixieren und im Auge behalten kann, z.B. um sich mit einem Rückwärtssalto oder Seitwärtshüpfer elegant aus dem Angriffsradius zu bewegen, als auch die Kamera schnell in ihre Normalposition bringen kann. Ein Druck auf die Z-Taste und schon hat man die Blickrichtung wieder frei.
Und man darf nicht vergessen, dass das Wort Epos hier gerechtfertigt ist: Da, wo manche Spiele schon den Abspann zeigen, gibt Zelda erst richtig Gas. Hab ich schon erwähnt, dass man in Wolfsgestalt ein Heulen in drei Tonlagen nachahmen kann? Hab ich schon erzählt, dass es auch im Kanu reißende Flüsse hinab geht? Oder dass man seltene Insekten sammeln kann und dass die Fischfänge archiviert werden? Dass man in einer Art Tjost gegen Orkreiter antritt? Mit diesem Spiel kann man sich nicht nur ein Wochenende, sondern einen Monat Lebenszeit versüßen - wie viele gibt es davon?