Marvel: Ultimate Alliance24.12.2006, Mathias Oertel
Marvel: Ultimate Alliance

Im Test:

Third-Party-Spiele auf Wii konnten bislang nur überzeugen, wenn die neue Konsolen-Hoffnung als Ursprungssystem herhalten konnte. Sobald es an die Konvertierung ging, gab es entweder Probleme mit der Kulisse oder aber die Entwickler haben es nicht geschafft, die Steuerung ansprechend auf Wii-Verhältnisse zu trimmen. In welche Kategorie reihen sich die Marvel-Helden ein, die sich mit Nunchuk und Remote an die Rettung des Universums machen?

Wieder mal umgesetzt

Da es sich bei Marvel Ultimate Alliance eine nur im Bereich der Steuerung und Kulisse geänderte Version des auf verschiedenen Systemen mit zwischen 81% und 84% ausgezeichneten Titels handelt, verweisen wir für grundsätzliche Spielinhalte, Story (ohne Spoiler) etc. auf den Test der anderen Fassungen.

Knallbunt und mit Mankos, aber dennoch kein Spielspaß-Hindernis: Die zweckmäßige Kulisse!
Angesichts der nicht überzeugenden Konvertierungen, die mit dem Kontrollchaos Call of Duty 3 gipfelten, halten wir es für sinnvoller nachzuschauen, wie und ob es das Entwickler-Team geschafft hat, die Hack&Slay-Thematik an die Wii-Steuerung anzupassne und vielleicht sogar noch das eine oder andere grafische Highlight zu setzen.

Nur so viel sei gesagt: Mit über 20 Helden (davon zwei exklusiv auf Wii), einer gut erzählten Story, einem interessanten Aufstiegssystem für Helden und Super-Teams in ihrer Gesamtheit sowie allen anderen motivierenden Mechaniken der bisher veröffentlichten Fassungen, wird die Basis für ein Abenteuer geschaffen, das mit dem Vorurteil aufräumen könnte, Multiplattform-Titel gehen auf Wii unter. Oder vielleicht doch nicht?

Wegrationalisiert

Auf den ersten Blick herrscht Enttäuschung vor: Im Vergleich zu den anderen Versionen fehlt ein Online-Modus. Sprich: ein Garant für gute Mehrspieler-Unterhaltung ist abhanden gekommen. Okay: Es gibt noch keine Online-Fähigkeit für Wii-Spiele. Trotzdem bleibt der "Das geht ja schon gut los"-Eindruck...

Auch auf Wii bieten die Marvel-Helden coole Hack&Slay-Unterhaltung mit spannenden Boss-Kämpfen!
Doch immerhin kann man (entsprechende Hardware vorausgesetzt, es geht nur mit Remote-Nunuchuk-Kombo) mit bis zu vier Spielern an einem Bildschirm antreten, um Dr. Doom und seinen Schergen in den Superschurken-Hintern zu treten. Dass es dabei zwangsläufig zu Koordinationsproblemen innerhalb der Gruppe und leichter Unübersichtlichkeit kommen kann, liegt in der Tatsache begründet, dass im Gegensatz zum Online-Spiel alle auf einem Bildschirm Platz finden müssen. Dementsprechend hält sich der Mehrspieler-Spaß auf Wii auch in überschaubaren Grenzen.

Auch in punkto Kulisse reißt die Heldentruppe auf Wii keine Superbäume aus: Auf der einen Seite ist es durchaus als positiv zu werten, dass die Remote-Helden dem Aussehen ihrer PC- und 360-Brüder nacheifern und auf den Comic-Shading-Look verzichten, der die Xbox-Version geprägt hat. Auf der anderen Seite jedoch hätte diese Comic-Variante auch Wii gut zu Gesicht gestanden. Zumal dadurch auch von den zwangsläufig im Vergleich zu PC und 360 vorkommenden Textur-Schwächen und Mankos im Bereich der Explosionen hätte abgelenkt werden können. Unter dem Strich bleibt ein technisch durchwachsener Eindruck, der Luft nach oben lässt...

  

Steuerung mit Auf und Ab

Es gibt keinen Online-Modus. Technisch wird allenfalls Durchschnitt geboten. Und doch: Die spielerische Faszination, die von Ultimate Alliance ausgeht, macht auch vor Wii nicht halt. Zum einen, weil das einfach zu lernende Hack&Slay-Prinzip (ihr vermöbelt mit eurem Superteam Hundertschaften an Doom-Schergen) ein Motivationsgarant ist. Und zum anderen, weil es das Team

Steuerung aus der Hölle? Ganz im Gegenteil: Nunchuk und Remote werden gut eingebunden, aber nicht konsequent genutzt!
tatsächlich geschafft hat, einen guten Kompromiss zwischen konventioneller Steuerung und Einbindung der Wii-Mechanismen Remote und Nunchuk zu finden. Das bedeutet, dass ihr die Aktionen jederzeit altmodisch nur über Knöpfe auslösen könnt. Diese Variante empfiehlt sich für Einsteiger bzw. für Spieler, deren Handgelenke unter Umständen schnell ermüden. Denn wenn man die Schläge, Kombos, Special-Moves etc. über die pure Remote-Bewegung abruft, artet Ultimate Alliance zum Fitness-Programm aus. Gegnerwelle nach Gegnerwelle wird geplättet, mal durch schnelle Bewegungen der Remote von rechts nach links (entspricht normalen Schlägen), dem Stoß der Remote nach vorne (starker Schlag) und auch dem schnellen Anheben (Uppercut) oder Absenken (Betäubungsschlag). Im Zusammenspiel mit der B-Taste werden Spezialaktionen abgerufen.

Und was bis hierhin gut funktioniert (wenn auch nach einer kleinen Gewöhnungszeit), wird den Wii-Helden zum leichten Verhängnis. Denn gerade weil das Team beweist, dass auch dieses Spielprinzip gut mit den speziellen Kontrollmechanismen funktioniert, gerät man immer wieder an Punkte, an denen man sich wünscht, dass die Entwickler noch mehr Mut zum Risiko gezeigt hätten: Wie schön wäre es gewesen, wenn man den Schild von Captain America tatsächlich durch eine kleine Ausholbewegung auf die Reise schicken könnte?

Zu viert an einem Schirm ist die einzige Möglichkeit, mit anderen Spielern auf Tour zu gehen.
Oder aber Spider-Mans Netzangriffe durch eine Drehung des Handgelenks (und der Remote) auslösen? Oder Blades Schwertattacken ähnlich Red Steel starten könnte. Mir geht es dabei nicht einmal um eine Komplett-Umarbeitung - auch wenn mir diese Vorstellung das Wasser im Munde zusammen laufen lässt. In diesem Fall würde mir die bloße Initiierung des Special Moves schon reichen. Mit einem kleinen Stilmittel würde es nicht nur Unterschiede bei den für jeden Helden generell gleich bleibenden Steuerungsmechanismen geben - auch die Immersion des Spielers in die heroische Marvel-Welt wäre ungleich größer. Ich gehe sogar so weit zu sagen, dass eine solche Einbindung dafür hätte sorgen können, die New-Gen-Helden an ihren Next-Gen-Kollegen vorbei zu schieben und sämtliche technischen Mankos vergessen zu lassen.

Doch auch im gegenwärtigen Stadium ist Marvel Ultimate Alliance ein positives Beispiel dafür, dass Multi-Plattform-Umsetzungen auf Wii nicht zwangsläufig eine Bauchlandung erleben müssen. Besonders der Einsatz des Nunchuk ist positiv hervorzuheben. Neben dem Öffnen von Türen und dem Greifen von Gegnern (beides mit einer kleinen Bewegung nach vorne bzw. zur Seite zu bewerkstelligen, wurde auch Bewegung von Figur und Kamera auf die Zusatzhardware gepackt. Und dies funktioniert beispielhaft gut: Während man mit dem Stick die Figur durch die Abschnitte manövriert, sorgt ein leichtes Kippen des Nunchuk nach links oder rechts für eine entsprechende Drehung der Kamera. Einfach, intuitiv, genial und eine Kamera-Option, die ich häufiger wiedersehen möchte. 

Fazit

Nach Konvertierungs-Desastern wie Call of Duty 3 oder Splinter Cell Double Agent ist die Ultimative Allianz der Marvel-Helden ein Hoffnung gebender Lichtblick. Das im Kern unangetastete Hack&Slay-Konzept sorgt nach wie vor für eine Menge Spaß und kann wahlweise mit herkömmlicher Knopfsteuerung als auch mit gut integrierter, aber hin und wieder sensibel reagierender Bewegungserkennung gesteuert werden. Hierbei sticht vor allem die Bewegung der Kamera heraus, die über Nunchuk so intutiv wie nie zuvor vonstatten geht. Allerdings hätte ich mir gewünscht, dass die Entwickler die sich anbietenden Möglichkeiten noch stärker genutzt hätten. Die Einbindung des Spielers und vor allem die Identifikation mit den einzelnen Helden würde noch stärker stattfinden, wenn man jeweilige Spezial-Bewegungen mit bestimmten Gesten an Remote und/oder Nunchuk hätte initiieren können. Dass sich trotz aller Vorzüge und der an sich vorbildlichen Umsetzung die Wii-Variante als letztlich schwächster, aber immer noch empfehlenswerter Vertreter der Ultimate Alliance-Familie präsentiert, ist weniger der eher durchschnittlichen Kulisse zuzuschreiben, sondern in erster Linie dem fehlenden Online-Modus. Spieler, die Wii als Primär-System nutzen, haben die Gewissheit, dass es noch Entwickler gibt, die sich zumindest bemühen, ein neues Spielgefühl entstehen zu lassen. Zocker, die mit Wolverine, Spider-Man & Co. bereits auf einem anderen System durch das Marvel-Universum gezogen sind, werden allerdings angesichts der Optik und des wilden Gefuchtels nur müde lächeln...

Pro

über 20 Marvel-Helden zur Auswahl
zwei Wii-exklusive Superhelden
klasse Render-Sequenzen
eigene Superhelden-Teams erstell- und aufrüstbar
bestimmte Teams (z.B. X-Men, Fantastischen Vier) mit Boni
diverse Kostüme mit aufrüstbaren Eigenschaften
eingängiges Kampfsystem
bis zu vier Spieler kooperativ oder kompetitiv
zahlreiche Nebenmissionen
Quicktime-Reactions
unterhaltsame Story
gute Ideen bei der Remote-Nunchuk-Steuerung

Kontra

Defizite in der Helden-Balance
nur auf Englisch
weitestgehend linear
schwache, sich schnell wiederholende Sprachausgabe
unübersichtlich sowie eingeschränkte Bewegungsfreiheit im lokalen Vier-Spieler-Modus
unspektakuläre Rätsel
kein Online-Spiel
mäßige Kulisse
Steuerungs-Möglichkeiten nicht vollends ausgeschöpft
nur eine Zoom-Stufe

Wertung

Wii

Ein hervorragendes Beispiel für eine gut umgesetzte Multiplattform-Wii-Steuerung.

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