Tiger Woods PGA Tour 0728.03.2007, Mathias Oertel
Tiger Woods PGA Tour 07

Im Test:

Dass sich Wii bedingt durch die frischen Steuerungsmechanismen gut für Sportspiele eignet, hat nicht nur Nintendo mit Wii Sports, sondern auch EA mit der gelungenen Umsetzung von Madden NFL 07 (4P-Wertung: 84%) bewiesen. Können die Sportexperten dieses Kunststück mit Tiger Woods und seiner PGA Tour wiederholen?

Erhörte Gebete?

Wer bereits mit der Minispiel-Sammlung Wii Sports Bälle über Netze gedroschen oder eingelocht hat, wird mir sicher zustimmen: Man will mehr. Man will ein Spiel, das die dynamische Steuerung, die in allen vertretenen Disziplinen (mit einer kleinen Einschränkung: Boxen) überzeugt, verfeinert und sich nur auf die entsprechende Sportart konzentriert. Oder anders ausgedrückt: Ich will ein Mario Tennis für Wii, das spielerisch genau da weiter macht, wo Wii Sports Tennis aufhört und dazu noch die zweckmäßige Kulisse durch Hochglanz-Optik ersetzt.

18 Kurse und haufenweise Spielmodi für bis zu vier Remote-Golfer warten auf euch!
Genau hier setzt Tiger Woods PGA Tour 07 (ab 25,99€ bei kaufen) an. Dass Golf mit Remote-Steuerung einen Haufen Spaß machen kann, hat die entsprechende Wii Sports-Variante unter Beweis gestellt. Zusammen mit aufgepeppter Grafik, der Wii-Kenntnis, die EA mit Madden NFL 07 gezeigt hat sowie dem sprichwörtlichen Tiger im Tank kann doch eigentlich nichts mehr schief gehen, oder? Oder?

Umfangreiches Golf-Erlebnis

Was den Umfang betrifft, lässt sich Electronic Arts nicht lumpen: Nahezu alles, was die bereits veröffentlichten Versionen für die Next-Gen-Konsolen veredelt hat, findet sich auch auf Wii. Dazu gehört die Möglichkeit, per GameFace-Schiebereglern ein digitales Alter Ego zu erstellen, das ihr auf 18 Kursen gegen 35 Profis antreten lassen könnt. Natürlich habt ihr nach wie vor die Möglichkeit, eure Fähigkeiten nach und nach zu verbessern. Und wie gehabt könnt ihr in haufenweise Mehrspieler-Modi mit bis zu vier Golfern (teils auch mit nur einer Remote) antreten. Insofern möchten wir an dieser Stelle auf den Test der 360-Version verweisen und an dieser Stelle auf die wesentlichen Unterschiede eingehen, die in den Bereichen Kulisse und Steuerung zu finden sind.

Analog? Digital? Egal?

Wii Sports Golf hat es gezeigt: Die Remote ist nahezu perfekt für virtuelles Golf geeignet. Leider scheinen die Entwickler beim Erstellen der Kontroll-Mechanismen für Tiger Woods nur ihr eigenes Produkt im Kopf gehabt zu haben. Schade, denn hier hätte es durchaus Wunder gewirkt, einmal über den Firmentellerrand zu schauen. Denn auch wenn die Steuerung hier um einiges weiter geht als die minimalistische Kontrolle von Wii Sports Golf, bleibt sie leider in einem Punkt deutlich hinter den Erwartungen und vor allem den Möglichkeiten zurück: Der 1:1-Übertragung meiner Bewegung. Was ich damit meine?

Dieses Bild steht sinnbildlich für das Problem der Wii-Version: Selbst bei nur kleinen Remote-Bewegungen holt der Tiger voll aus...
Ganz einfach: Bei Wii Sports Golf setzt die Figur meine Ausholbewegung komplett analog um. Soll heißen: Hebe ich den Schläger nur bis knapp über die Hüfte, um einen nicht ganz so kraftvollen Schlag durchzuführen, hebt auch die Figur auf dem Bildschirm den Schläger nur bis zur Hüfte. Gleiches gilt natürlich auch für nur minimale Bewegungen (z.B. beim Putten) oder auch den "Dreiviertel-Schwung".

Bei der Steuerung der PGA Tour hingegen gibt es nur eine weitestgehend absolute Variante: Selbst wenn ich die Remote nur ganz leicht nach hinten bewege, zieht Tiger (bzw. jeder andere ausgewählte Golfer) die Keule trotz allem bis zum Maximum durch. Der Unterschied (und damit auch die Möglichkeit), sich eventuell für "Halbschläge" etc. zu entscheiden und damit die Schlagstärke zu variieren, liegt in der Geschwindigkeit eures Schwungs. Denn geht ihr nur langsam in Schlagposition, führt auch Tiger seinen Schwung langsam durch, so dass ihr die Möglichkeit habt, nach vorne durchzuziehen, bevor er in der "Endposition" angekommen ist.

  

Dieses fast digitale System ist umso bedauerlicher, da ihr auch die Möglichkeit habt, komplett analoge Schwünge über Nunchuk-Stick durchzuführen! Dies ist ein inhaltlicher Faux Pas, der einige wertvolle Punkte kostet. Zumal der Rest der Steuerung nahezu perfekt arbeitet: Kleine Korrekturen der angepeilten Zielposition lassen sich z.B. einfach durchführen. Die Umstellung von "Chip" und "Punch" (ergibt Unterschiede in der Flugkurve) läuft ebenso unkompliziert. Und wer nach dem Abschlag noch Spin hinzufügen möchte, kann dies über Digi-Pad-Eingaben problemlos arrangieren.

Hinsichtlich der Kulisse wäre auf Wii sicherlich mehr möglich gewesen...
Da zusätzlich (natürlich auch abschaltbar) auch die Haltung eures Handgelenks beim Abschlag über Spin und Hook entscheiden kann, und die Bälle bei unvorsichtigen Schlägen richtig böse abdriften können, böte die Steuerung eigentlich alles, was man sich wünschen würde.

Mit Ausnahme der 1:1-Übernahme meiner Bewegung beim Abschlag. An dieses Manko gewöhnt man sich zwar nach relativ kurzer Zeit, doch da man ständig im Hinterkopf hat, dass es auch anders gehen kann, ärgert man sich ebenso häufig wie man sich über einen gelungenen Annäherungsschlag oder einen 15-Meter-Putt freut.

Aus alt mach neu

Während sich die Spielinhalte als gelungener Mix aus den Varianten für die alten Systeme und den Next-Gen-Versionen darstellt, geht man hinsichtlich der Kulisse deutlich eine leicht altbackene Richtung. Klar: Auf Wii erwarte ich nicht die Optik, wie sie mir von PlayStation 3 oder Xbox 360 hoch aufgelöst angeboten wird. Doch da auch der GameCube schon bewiesen hat, dass grafisch einiges aus Nintendo-Konsolen herauszuholen ist und Wii unter dem Strich auch mehr zu leisten imstande ist als sein Ruf hergibt, hatte ich gehofft, mehr bestaunen zu können als Kulissen auf PS2-Niveau. Das schließt zwar saubere Animationen mit ein, doch New-Generation hin, Next-Generation-Grafikpomp her: Tiger Woods ist hinsichtlich der Kulisse nicht mehr als ein erster Schritt in die richtige Richtung.  Gleiches gilt für die Akustik: Unspektakuläre, aber wenigstens auch nicht nervende Musik untermalt die Jagd nach Birdies, während Kommentatoren halbwegs erfolgreich versuchen, mit ihren Redewendungen für so etwas wie Atmosphäre zu sorgen.

Die Zuschauer melden sich mit ihrem Applaus sowie ihren "Ooohs" und "Aaahs" bei knappen Schlägen oder gelungenen Aktionen zwar zu häufig und zu gleichförmig zu Wort, dafür jedoch begeistert mich das "Plock" aus dem Remote-Lautsprecher bei jedem Abschlag - selbst nach der x-ten Runde. 

Fazit

Wie kann man bei EA diesen Spiel beeinflussenden Fehler übersehen haben? Wii Sports Golf macht es doch richtig: Die akkurate 1:1-Umsetzung meiner Ausholbewegung. Ausgerechnet das A und O dieser Sportart ist beim Vorzeigespiel auf Wii leicht verhunzt worden. Das ist um so bedauerlicher, da über Nunchuk-Stick alles wunderbar funktioniert und alle anderen Funktionen wie Spin usw. vorbildlich umgesetzt wurden. Auch der Umfang mit über 30 Golfern, 18 Kursen und haufenweise Modi für bis zu vier Spieler sorgt für glückliche Gesichter im weiten Rund. Und wenn die Steuerung von Anfang bis Ende ein ebensolcher Freudenspender wäre, könnte ich auch über die schlussendlich spröde Kulisse hinweg sehen, die sich in etwa auf PS2-Niveau befindet. Versteht mich nicht falsch: Hat man sich an die Steuerung mit ihren Vor- und vor allem Nachteilen gewöhnt, macht Tiger Woods PGA Tour 07 auch auf Wii einen Heidenspaß. Doch trotzdem vergeht keine Minute, in der man nicht die berühmte "Was wäre wenn?"-Frage stellt. Denn Umfang hin, Kulisse her: EA kratzt nur am Potenzial, das sich in der Remote-Steuerung verbirgt.

Pro

gute Ballphysik
umfangreiche Spieler-Erstellung
ansprechende Mischung aus Arcade und Simulation
18 Kurse
über 30 Golfer
für bis zu vier Spieler

Kontra

grafisch insgesamt eher spröde
keine analoge Remote-Schwung-Simulation
Kommentar lässt auf Dauer zu wünschen übrig

Wertung

Wii

Gewohnt gutes Golf-Vergnügen, dessen Remote-Mankos höhere Wertungen verhindern.

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