Eledees30.04.2007, Jörg Luibl
Eledees

Im Test:

Wann habt ihr euch das letzte Mal begeistert auf Remote und Nunchuk gestürzt? Letztes Jahr beim Tennis oder mit Schwert und Schild in Zelda? Dieses Jahr ließ die Faszination des Wii merklich nach, denn es fehlten einzigartige, auf die besonderen Stärken dieser Konsole zugeschnittene Titel - eine laue Umsetzung folgte der nächsten. Wer eine neue Generation ankündigt, muss auch für neue Spiele sorgen. Kann Konami die kreative Lücke mit Eledees (ab 12,25€ bei kaufen) füllen?

Buntes Frühlingserwachen

Was hatte Nintendo mit der New Generation versprochen? Spaß für die ganze Familie. Einfache Unterhaltung für jedermann.

Chillen im Kinderzimmer: Ein rotes Eledee ruht sich aus...
Neue Spielerfahrungen dank Bewegungssteuerung. Die Japaner wollten eine alternative Route zur Autobahn des Fotorealismus anbieten, auf der sich Microsoft und Sony heiße Rennen mit aufgemotzten Motoren liefern. Wer vom stumpfsinnigen Formel 1 der Polygone genug hatte, sollte über eine neue Landstraße der Kreativität cruisen - ein überaus idyllisches Bild.

Leider sieht die Wirklichkeit bisher anders aus: Zelda war grandios. Rayman war lustig. Wii Sports war nett. Aber wo sind die Spielspaßgranaten der neuen Generation? Wo verstecken sich kreative Ideen? Wir haben sie gefunden; bei einem Konami-Hausbesuch: In Kühlschränken. Unter dem Bett. Im Toaster. Auch in Stiefeln, unter Büchern und in Vasen. Sogar in Blumenbeeten, Kartons und Toiletten. Überall haben wir kleine Eledees entdeckt, die endlich das Frühlingserwachen der New Generation einläuten. Also entstaubt den Wii und lasst die Remote zischen!

Eine Frage der Kreativität

Was sind Eledees? Kunterbunte Stromkobolde, die sich in einem Haus samt Garten verstecken und gejagt werden müssen, wenn Staubsauger, Fernseher & Co laufen sollen. Mit Nunchuk in der linken Hand bewegt ihr euch in Egosicht durch Küche, Wohnzimmer oder Bad, um die kleinen Geister mit der Remote in der rechten Hand abzuschießen bzw. einzusammeln: Denn statt mit einer tödlichen Pistole visiert ihr sie mit einem Fangstrahler an, der bei erfolgreichem Treffer euer Konto mit wertvollen Watteinheiten klingeln lässt.

...während sich die Kollegen bei offenem Kaminfeuer mit Pizza und Torte amüsieren. So geht's nicht!
Das Schöne ist: Die Steuerung reagiert punktgenau und präzise. Gab es bisher fast immer etwas an dieser Achillesferse des Wii auszusetzen, haben wir sie hier nicht entdeckt. Trotz der Tatsache, dass viel Interieur im Weg steht, kleine Schalter gedrückt und viele Aktionen schnell hintereinander ausgeführt werden müssen, funktioniert das Duo aus Nunchuk und Remote perfekt. Spätestens nach dem ausführlichen Tutorial sollten selbst Einsteiger keine Probleme mit der bewegungssensitiven Kammerjagd haben.

Je mehr Eledees ihr fangt, desto mehr Strom steht euch zur Verfügung. Damit könnt ihr nicht nur Geräte wie Radios, CD-Player oder Waschmaschinen in Gang bringen, sondern auch Türen öffnen, um in neue Bereiche zu gelangen. Beides ist wichtig, um die Zielvorgaben des Levels zu erreichen. Am Anfang geht es darum, gegen die Zeit eine bestimmte Wattmenge einzusammeln. Was sich zunächst "nur" wie ein Lightgun-Shooter anfühlt, bei dem es nur um simples Abschießen geht, entpuppt sich ab der fünften von 29 Missionen als überaus durchdachtes und anspruchsvolles Fang- und Suchspiel.

      

Ein Schuss, viel Taktik

Das Motivierende sind die kleinen Hindernisse, die sich euch in den Weg stellen - und dabei spielt die Physik eine große

Mit dem Fangstrahler könnt ihr nicht nur Eledees jagen, sondern auch Gegenstände heben, Türen öffnen oder den Wasserhahn aufdrehen...
Rolle: Mit eurem Fangstrahl könnt ihr z.B. Türen, Wasserhähne oder Schubladen fixieren und öffnen, sogar Teller und Lampen heben, Kisten woanders absetzen oder ganze Schränke umkippen. Aber Vorsicht: In späteren Missionen wird der Lärm gezählt und es gibt ein Limit an Gegenständen, die zerbrochen werden dürfen - wer wild wühlt und ballert wird nicht ans Ziel kommen: hier ist Fingerspitzengefühl gefragt! Manchmal allerdings auch Stärke: Schränke können euch z.B. die Route in den Nebenraum versperren, denn jeder Gegenstand hat ein spezifisches Gewicht. Um ein 15 Kilo-Regal zu heben, muss eure Pistole erstmal die nötige Power haben.

Diese bekommt ihr nur dann, wenn ihr die gelben oder rosa Eledees einfangt. Und diese wiederum verstecken sich liebend gerne in Elektrogeräten. Erst, wenn ihr sie einschalten könnt, werden sie geweckt und purzeln im Dutzendpack heraus - dann heißt es: Augen auf und Feuer frei! Jetzt kommt ein Schuss Taktik ins Spiel: Habt ihr vor dem Einschalten eine blaue Kapsel gefunden, solltet ihr sie kurz danach benutzen, um mehrere Ziele automatisch ins Visier nehmen zu können. Oder ihr nutzt den Keks, der die Kobolde wie magisch anzieht. Oder den Schockball, der sie kurz lähmt.

Es gibt zig dieser Power-Ups, die man gezielt nutzen sollte, um möglichst effektiv zu jagen.

Der Radar hilft bei der Ortung, die Superkraft lässt euch alles heben. Es gibt nicht nur räumliche, sondern auch die erwähnten akustische Hindernisse: Irgendwann werden die Dezibel gezählt und da ist ein Schalldämpfer nützlich. Irgendwann schießen fies platzierte Geschütze auf euch und da ist eine kurzfristige Unbesiegbarkeit nützlich. Irgendwann müsst ihr unheimlich viele Eledees auf einmal fangen und da ist der Vakuumlaser nützlich. Man muss seinen Abschnitt immer gut analysieren und entsprechend reagieren.

Lebendige Spielwelt

Ein Keks zur rechten Zeit macht Eledees glücklich und damit wertvoller: Je ruhiger sie sind, desto mehr Watt wandert auf euer Konto.
Aber nicht nur hier wächst Eledees über den Charakter eines einfachen Shooters hinaus: Man merkt, dass Konami eine lebendige Spielwelt erschaffen wollte, die in ihrem Stil und ihrem putzigen Art & Design ein wenig an Nintendos Pikmins erinnert. Es gibt zum einen über ein Dutzend Eledees, die je nach Farbe und Form spezielle Eigenschaften haben: Die einen können schnell verschwinden, die anderen können fliegen, bestimmte Arten rotten sich zusammen und wachsen, andere lösen sich wie Geister auf oder verstecken sich am liebsten in ganz entfernten Winkeln - einmal entdeckt, lassen sich die Eigenschaften in der ständig aktualisierten Enzyklopädie nachlesen.

Diese Vielfalt alleine sorgt noch nicht für Lebendigkeit. Es ist das Verhalten der Kobolde: Da gibt es z.B. vier Zustände wie betäubt, schlafend, ausgeknockt oder überrascht, die sich sogar auf die Anzahl an Watt auswirken. Hebt ihr einen Topf, erschreckt sich ein Eledee und rennt panisch davon - dargestellt durch ein Ausrufezeichen über dem Kopf. Fangt ihr ihn sofort, bekommt ihr nur 100 Watt gutgeschrieben. Lasst ihr ihn erst laufen und lockt ihn später mit einem Keks, bekommt ihr 150 Watt. Wenn ihr das im großen Stil eines Rattenfängers mit Dutzenden auf einmal betreibt, könnt ihr die Zielvorgabe viel eher erreichen.

Lebendigkeit entsteht aber auch durch Interaktion - und davon gibt es genug: Ihr könnt quasi die gesamte Einrichtung des Hauses nutzen. Dabei geht es nicht nur um Schubladen und Türen, die man öffnen kann: Da liegt Wäsche? Luke auf und ab in die Waschmaschine! Da ist ein Wasserhahn oder ein Sprenkler? Aufdrehen und das Nass fließt! Da liegt ein Hähnchen? Ofen an! Ein CD-Player? Disc rein und spielen! Ein Schredder? Müll rein und kleinmachen! Eine Karotte im Beet? Rausziehen! Jede erfolgreiche Aktion beschert euch meist auch versteckte Eledees.

     

Schwarze Bösewichte

Ganz wichtig für die Motivation sind die kleinen Bosskämpfe und die schwarzen Kobolde. In der siebten Mission habt ihr es

Endlich: Jetzt kann man 2,5 Kilo heben und lästige Hindernisse aus dem Weg räumen!
erstmals mit den Meeres-Eledees zu tun: Drei davon gilt es zu jagen, aber bei jedem Treffer teilen sich die flinken Feinde. Hier muss man seinen Shooter-Instinkten freien Lauf lassen, sich bei gezücktem Fangstrahler schnell bewegen und drehen - dank der präzisen Steuerung kein Problem. Aber wenn die schwarzen Eledees auftauchen, muss man seine Schussfrequenz zügeln: Trifft man die stachligen Quälgeister, rauben sie wertvolle Kraftpunkte. Ist man zu laut, springen sie auf euch zu und ihr müsst ihnen ausweichen oder euch abducken. Außerdem sind sie wichtig für die Spielbalance: Wenn man zu wüst in den Räumen agiert, tauchen sie auf!

All das sorgt für sehr viel Abwechslung im Kammerjägeralltag, der auch nach dem ersten Durchspielen, das je nach Herangehensweise knapp oder deutlich unter zehn Stunden liegt, nicht langweilig ist: Zu den normalen Missionen gesellen sich zum einen die knackigen Herausforderungen, in denen ihr z.B. in 20 Sekunden 1500 Watt einsammeln müsst - hier kommt es auf das perfekte Timing an; das ist ideal für kunterbunte Hektik zwischendurch. Und wer alle drei rosa Eledees eines Abschnittes findet, darf jede Mission gemütlich ohne Zeitdruck oder Vorgaben spielen. Übrigens: Gegen den Trend der eintönigen Fahrstuhlmusik made in Japan setzt Konami auf die Auswahl von Songs vor jedem Level - vorbildlich! Nach zehn Missionen habt ihr auch zehn Songs zur Verfügung.

Multiplayer, Editor & Story

Auch der Multiplayermodus ist für einen Kampf zwischendurch interessant: Bis zu vier Leute können gegeneinander auf die Jagd gehen - jeder Teilnehmer braucht dafür eine Remote. Hier geht es natürlich weniger um Taktik, sondern mehr um Schnelligkeit und Reflexe. Das kann unübersichtlich sein, denn der Sieger wird nur nach erreichter Wattzahl ermittelt - es gibt leider keine speziellen Aufgaben. Auf lange Sicht interessanter wären hier spezielle Suchspiele oder gar kooperative Modi gewesen.

Im Multiplayermodus kämpfen bis zu vier Kammerjäger gleichzeitig um Punkte.
Wer sich dennoch mit den Eledees und seinen Freunden beschäftigen will, kann sich im Editor austoben: Hier könnt ihr jeden Raum nach eigenem Ermessen mit Eledees, Interieur und Zielvorgaben ausstatten, um die Mission euren Freunden per WiiConnect24 zu schicken. Selbst Details wie die Lampenhöhe, den Zustand der Kobolde oder die Schrankposition lassen sich hier festlegen. Die Bedienung ist so einfach, dass eine Mission schnell gestrickt ist. Schön ist, dass man diese Kreation auch im Multiplayer testen kann.

Der Schwachpunkt von Eledees ist die Story, die sehr oberflächlich in statischen Bildern erzählt wird - hier hätte man gerade für die jüngeren Spieler mehr rausholen können. Die Geschichte um den kleinen Kai, der einsam im Elternhaus zurückbleibt, um die Eledees zu jagen und den Grund ihres Stromterrors zu ergründen, wird nicht gut genug inszeniert. Schade ist auch, dass Konami keine deutsche Sprachausgabe anbietet. Gerade angesichts der Tatsache, dass das ein wunderbares Familienspiel ist, bei dem Papa die Remote an Sohnemann oder Tochter weiterreichen kann, wäre das sinnvoll gewesen.

   

Fazit

Endlich. Genau so. Das ist New Generation. Mit Eledees beginnt das Frühlingserwachen auf Nintendos Konsole. Wir fordern seit Wochen, dass der Wii besondere Spiele braucht, die auf seinen Charakter zugeschnitten sind - jetzt ist eins da! Wir meckern seit Wochen über das Fehlen präziser und intuitiver Steuerungen - jetzt ist eine da! Konami serviert euch eine kreative und exklusiv für den Wii konzipierte Kammerjagd, die in ihrem kunterbunten Charme, dank der lebendigen Spielwelt sowie ihrer winzigen Bewohner angenehm an die Pikmins erinnert. Alles dreht sich um das geschickte Suchen und Fangen von kleinen Kobolden. Und das ist nicht nur putzig und spannend, sondern auch überraschend fordernd. Denn das Gespenst des simplen Lightgun-Shooters wird von taktischen und physikalischen Finessen vertrieben, die kluge Planung verlangen. Schade ist, dass es für ein Spiel mit Freunden nur einen Modus gibt. Und die kleinen Kammerjäger werden beklagen, dass die Story so schwach und dann lediglich auf Englisch inszeniert wird. Aber dafür darf man sich mit dem Editor austoben und eigene Missionen an Freunde schicken. Unterm Strich ist das ein Familienspiel im besten Sinne: Ob Anfänger oder Veteran, ob Kind oder Spielepapa - Eledees ist für alle da!

Pro

lebendige Spielwelt
putziges Art & Design
mehr als ein Lightgun-Shooter
taktische Finessen durch Power-Ups
räumliche & akustische Herausforderungen
punktgenaue Steuerung
erfrischendes Spielprinzip
hervorragende Lernkurve
interessante Spezialgegenstände
guter Physik-Einsatz
Multiplayermodus
Editor für eigene Missionen

Kontra

statische Pseudo-Story
nur englische Sprachausgabe
nur ein Multiplayer-Modus

Wertung

Wii

Eine kunterbunte Kammerjagd mit taktischen Finessen - witzig, spannend, amüsant!

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