Wii Play15.12.2006, Jens Bischoff
Wii Play

Im Test:

Mit Wii Sports lag dem Wii ja schon beim Kauf eine recht spaßige Sammlung an simplen, bewegungsgesteuerten Sportspielen bei. Wem Tennis, Baseball, Bowling, Golf und Boxen jedoch auf Dauer zu wenig sind, der wird früher oder später vermutlich auch den Kauf von Wii Play (ab 39,90€ bei kaufen) in Erwägung ziehen. Schließlich gibt's hier neun weitere auf den neuen Controller zugeschnittenen Minispiele inklusive zusätzlicher Wii-Fernbedienung für einen fairen Preis. Doch wie sieht's bezüglich des Spielspaßes aus?

Neun Schüsse in den Ofen?

Wii Play bietet insgesamt neun Minispiele für bis zu zwei Spieler, die einzeln angewählt werden. Eine Turnierfunktion gibt es genau so wenig wie die Wahl eines Schwierigkeitsgrades bzw. Handicaps oder das Zusammenstellen eines individuellen Minispielmarathons.

Dröges Zielscheibenschießen: Dem Schützenfest mangelt es an Umfang, Abwechslung.
 Es sind nicht einmal Änderungen an der Steuerung möglich, so dass zumindest eins der Minispiele für Linkshänder von vorn herein flach fällt. Die Präsentation ist ähnlich wie bei Wii Sports äußerst zweckmäßig, wobei eure selbst erstellten Miis auch hier als Spielfiguren herhalten. Allerdings erfüllen diese eher repräsentative Zwecke, da in den Spielen selbst eigentlich immer nur Hände, Fadenkreuze oder Ähnliches zum Einsatz kommen.

Das erste Minispiel nennt sich Schützenfest und ist quasi nicht mehr als ein billiger Lightgun-Shooter-Abklatsch, den ein Point Blank zum Frühstück verspeist. Ihr schießt dabei mit Hilfe eines Fadenkreuzes auf eine Hand voll statischer und beweglicher Ziele, während ihr für erfolgreiche Trefferfolgen Extrapunkte kassiert. Wer will kann auch beide Wii-Fernbedieungen im John Woo-Stil benutzen oder einen weiteren Spieler zum direkten Punkteduell herausfordern. Mangels Umfang und Abwechslung verliert die dröge Ballerei jedoch schnell an Reiz.

Such Miich, dreh miich!

Die nächste Disziplin ist das so genannte Mii-Gewimmel, bei dem man aus einer Gruppe unterschiedlicher Miis unter Zeitdruck gesuchte Figuren wie Zwillinge, Außenseiter oder ähnliches herauspicken muss.

Formensuche: Das Mii-Posenspiel erinnert an Schablonendrückereien für Kleinkinder.
Das hört sich allerdings leichter an als es ist, da die Unterschiede bzw. Gemeinsamkeiten nicht allzu offensichtlich sind. Manchmal gibt es sogar zusätzliche Handicaps wie sich bewegende Miis oder Dunkelkammern, bei denen die Fernbedienung nicht nur als Cursor, sondern auch als Taschenlampe fungiert, die nur jeweils einen bestimmten Bereich des Bildschirms erhellt - zu zweit kurzzeitig ganz nett, aber nichts Weltbewegendes.

Nahezu spaßfrei gibt sich hingegen das so genannte Mii-Posenspiel, bei dem man Mii-Figuren per Knopfdruck und Kippen der Fernbedienung korrekt ausrichten muss, damit sie in vorgegebene Schablonen passen - eigentlich etwas, womit sich sonst nur Ein- bis Zweijährige beschäftigen. Zwar geht es hier auf Schnelligkeit, um möglichst viele Punkte zu erhaschen, aber selbst im direkten Duell mit einem weitern Mitspieler dauert es nicht lange bis man sich gelangweilt der nächsten Disziplin zuwendet.

Spaß am Schläger?

Beim Tischtennis hatte ich durchaus Hoffnungen, dass das Spielen mit der Wii-Fernbedienung eine ähnliche Faszination wie das Wii Sports-Tennis erzeugen könnte. Ich habe mich schon hart schmetternd und gefühlvoll anschneidend vor dem Fernseher ausholen gesehen. Doch leider ist das Ganze bei Wii Play nicht mehr als ein simples Stellungsspiel, bei dem man einfach nur seinen starren Schläger positionieren muss, während das Schlagen automatisch ausgeführt wird. Zwar lässt sich die Flugbahn des Balles beim Aufprall durchaus beeinflussen, aber von einem authentischen Spielerlebnis kann hier keine Rede sein.              

Dann schon lieber eine Runde Laser-Hockey. Das ist zwar eigentlich nichts anderes als Tischtennis in der Draufsicht bzw. ein Pong-Klon bei dem man seinen Schläger nicht nur vertikal, sondern auch horizontal bewegen und sogar drehen kann.

Eine Runde Laser-Hockey kann ganz amüsant sein - aber nur wenn keine Linkshänder am Start sind.
 Aber so simpel das Spielprinzip auch sein mag, es macht durchaus Spaß. Vor allem zu zweit. Allerdings sollte euer Gegner kein Linkshänder sein, denn sonst seid ihr der einzige, der Spaß hat, während euer Gegenüber krampfhaft versucht die Fernbedienung durch Drehen und Wenden in den Griff zu bekommen. Warum es hier keine Linkshänderoption gibt, weiß wohl nur Nintendo.

Queue oder Route

Kommen wir zwischendurch einmal zu etwas positivem: Billard. Zwar beschränkt sich die Bewegungserfassung auch hier auf zweidimensionales Stoßen, aber wer Billard mag und gerade einen Kumpel zur Hand hat, wird hier vermutlich trotz simplem Arcade-Gameplay mehr Spaß haben als in allen anderen Minispielen zusammen. Zwar gibt es nur einen Spielmodus, bei dem man die Kugeln in numerischer Reihenfolge versenken muss und auch Kameraführung und Physik lassen teils zu wünschen übrig, aber für ein Minispiel ist es dennoch ganz ordentlich.

Auch das simple Angelspiel ist kurze Zeit ganz unterhaltsam. Zwar handelt es sich dabei eher um eine virtuelle Form des Magnetangelns, wie man es vielleicht noch aus der Kindheit kennt, aber zu zweit vergisst man im Kampf um die dicksten Fische schon mal das primitive Umfeld. Auf Dauer gibt die Steuerung aber viel zu wenig her.

Das Arcade-Billard macht am meisten Spaß, obwohl auch hier jede Menge Potential verschenkt wurde.
Einfach nur die Angel über den gewünschten Fisch halten und sie rechtzeitig anheben, ist alles, was man machen muss. Für ganz kleine Wii-Zocker aber definitiv der zugänglichste Titel.

Muh und Kabumm

Beim Hindernislauf Wilde Kuh fragt man sich hingegen ernsthaft, warum man überhaupt mit einer Fernbedienung spielt. Lenken, Gas geben und hüpfen sind eindeutig Dinge, die mit einem herkömmlichen Pad weit besser von der Hand gehen und so wirkt die Umsetzung eher erzwungen als dass sie einen von den Vorteilen der Wii-Steuerung überzeugt. Abgesehen davon wäre das Spiel aber auch konventionell gesteuert alles andere als eine Spaßgranate. Mit einer rasenden Kuh Vogelscheuchen umrennen und Bäumen ausweichen, dürfte den meisten wohl nur ein müdes Gähnen entlocken. Selbst zu zweit hat es sich hier schnell ausgemuht.

Ähnliches gilt für Panzerkiste, das letzte Spiel der überschaubaren Sammlung. Hier dirigiert ihr aus der Vogelperspektive einen Panzer über den Bildschirm, legt Minen und deckt eure Gegner mit Kanonenfeuer ein. Die Steuerung mit Steuerkreuz und Fernbedienung ist aber alles andere als intuitiv. Auch das Anstöpseln der Nunchuck-Erweiterung bringt keine wirkliche Besserung. Nach einer Weile wünscht man sich sogar, man hätte einen gewöhnlichen Controller mit zwei Analogsticks zur Verfügung. Allerdings nicht lange, denn kurze Zeit später fühlt man sich eher versucht, die Auswurftaste zu drücken, um dieser vorsintflutlichen Baller-Action im Stil von Ataris Tank-Serie den Laufpass zu geben. Eine Spielmechanik von vor 30 Jahren und eine Präsentation von vor 15 Jahren - hm, dafür brauche ich keinen Wii! Ein Satz, der leider auf fast alle Wii Play-Titel zutrifft...        

Fazit

Die spielerische Faszination eines Wii Sports kann Wii Play leider nicht bieten. Dazu sind die Minispiele zu altbacken und nutzen den neuen Controller kaum aus. Gerade beim Angeln oder Tischtennis hätte ich weit mehr erwartet als simple Steuerkreuz-Emulationen. Für Mii-Gewimmel oder Mii-Posenspiel braucht man ebenfalls keinen Wii, während Wilde Kuh und Panzerkiste mit einem Standard-Controller sogar deutlich effizienter und einfacher zu bedienen gewesen wären. Laser-Hockey ist nur was für Rechtshänder und Schützenfest ein Lightgun-Shooter-Klon für Arme. Einzig das Arcade-Billard hebt sich positiv vom öden Minispieleinerlei ab, aber auch hier hat man viel Potential verschenkt und hinkt der Konkurrenz meilenweit hinterher. Schade, denn so verbannt man Wii Play sehr schnell wieder aus dem Laufwerk und fragt sich, ob es den Aufpreis für eine zweite Fernbedienung überhaupt wert war - schließlich hätte man die zehn Euro Mehrkosten ja auch in ein, zwei Virtual Console-Klassiker investieren können, mit denen man sicher deutlich mehr und länger Spaß gehabt hätte...

Pro

passables Arcade-Billard
inklusive Wii-Fernbedienung

Kontra

geringer Umfang
mickrige Präsentation
maximal zu zweit spielbar
vorsintflutliche Spielkonzepte
nur bedingt linkshändertauglich

Wertung

Wii

Altbackene Minispielsammlung, die den neuen Wii-Controller kaum fordert.

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