Destroy All Humans! - Big Willy Entfesselt13.03.2008, Mathias Oertel
Destroy All Humans! - Big Willy Entfesselt

Im Test:

Seit nunmehr fast drei Jahren ist der stets griesgrämige Außerirdische Crypto auf der Erde unterwegs, um die Menschheit zu zerstören. Und jetzt springt er sogar auf den Wii-Zug auf und sorgt mit Remote und Nunchuk für eine Vernichtungsorgie, die Nintendos Fuchtelkonsole bis in die Grundfesten erschüttern soll. Allerdings konnte er schon mit Destroy All Humans 2 nicht mehr an die glorreiche Zeit seiner Premiere anknüpfen. Finden  Crypto und sein Big Willy wieder zu alter Stärke zurück?

Im Ansatz Kult

Ständig schlecht gelaunt, immer einen zynischen Spruch auf den schmalen Lippen und der Menschenhasser schlechthin: So hat sich der Außerirdische Crypto im Jahr 2005 mit seinem ersten Abenteuer "Destroy All Humans!" (DaH) etabliert. Mit einem frischen Open World-Szenario, einem coolen Soundtrack, guten Sprechern (sowohl im englischen Original als auch in der deutschen Lokalisierung) sowie einer Menge Humor und viel Action  hat sich Pandemic seinerzeit der Pop-Kultur der 50er Jahre angenommen. Dabei ging es nicht nur Science Fiction im Allgemeinen, sondern auch den Kalten Krieg, Nierentische und alles, was man üblicherweise mit dieser Zeit assoziiert. Das Ergebnis: Eine Wertung von 79% - nicht schlecht für eine neue Franchise!

Etwas über ein Jahr später kehrte Crypto mit seinem Hologramm-Anführer Pox zurück - immer noch unter der Regie von Pandemic. Dieses Mal waren die 60er Jahre an der Reihe, die "DaH"-Behandlung zu bekommen. Das Ergebnis war durch die

Der stets mürrische Crypto ist zurück - mit solider Action und abgestandenem Humor.
etwas zurückgeschraubte Story und die in den Mittelpunkt gerückte Action zwar nicht mehr ganz so erfrischend und auch nicht so witzig wie Teil 1, aber dennoch eine gelungene Fortsetzung - und belohnt mit 77%.

Und jetzt? Mittlerweile ist Crypto in den Siebzigern (und auf Wii) angekommen, die sexuelle Revolution ist in vollem Gange und verantwortlich für sein neues Abenteuer ist nicht mehr Pandemic, sondern Locomotive Games.

Mit Volldampf voraus?

Das neue Team hat sich die ersten beiden DaH genau angeschaut und versucht, die Erfolgsessenz auch bei Cryptos Wii-Einsatz zünden zu lassen: Humor, viel Action, eine (halbwegs) offene Welt und ein Zerstörungspotenzial sondergleichen.

Eines jedoch lassen sie vermissen. Die Seele! Dabei sind die Grundvoraussetzungen gar nicht so schlecht. Die Siebziger Jahre mit ihrer "Sex, Drugs and Rock ´N´ Roll"-Attitüde geben viel Stoff her für Punchlines, Gags und subtilen Humor.

Die Hot Dog-Kette "Big Willy", die Alien-Chef Pox leitet und die sich als beste Recycling-Station für die Körper der von Crypto getöteten Erdbevölkerung präsentiert, böte auch eine solide Grundlage für Zynismus, augenzwinkernden Humor und simple Blödeleien.

Wenn "Big Willy" mit seinem Wiener Würstchen spielt, müssen sich alle in Acht nehmen... Leider bleibt der Humor meist auf diesem Niveau...
Doch gute Ansätze hin oder her: Mehr als ein leichtes Lächeln zwischendurch nötigt mir Crypto nicht mehr ab. Zu trocken, zu offensichtlich wird auf der Welle der Schlüpfrigkeit rumgeritten. Und irgendwann ist der x-te Witz über "Big Willy"  beim Beginn eines Auftrages und dass man sich ja vor Cryptos "Big Willy" in Acht nehmen muss oder seinen "Big Willy" ja nicht anfassen soll, nicht mehr komisch.

Erschwerend kommt in der englischen Version hinzu, dass für DaH auf Wii die Sprecher von Crypto und Pox ausgewechselt wurden und die beiden Neuen nur noch eine Parodie ihrer Vorbilder darstellen.

Die deutsche Version hingegen zeigt mit guten Sprechern etwas mehr Wortwitz und verzichtet auf manch unnötigen und vor allem unkomischen Gag unterhalb der Gürtelline, bleibt aber insgesamt trotz aller löblichen Ansätze hinter den Erwartungen und vor allem den Ansprüchen zurück.

Und dann gibt es sie wider Erwarten doch noch: Klänge erfrischenden Lachens. So z.B. sogar in der Anfangsphase, als Crypto mit seinem Raumschiff passend zu den Klängen von Disco Inferno ("Burn Baby Burn") die halbe Stadt in Flammen aufgehen lässt& Leider bleiben diese Momente zu spärlich gesät, um das Vakuum zu füllen, das Pandemic hinterlassen hat.

     

Action wie gehabt

Okay: Auf den Humor der ersten DaHs muss man weitestgehend verzichten. Doch wie sieht es mit dem Rest aus? Was ist mit der Action? Mit der Möglichkeit, größtmögliche Zerstörung anzurichten? Hier bleibt der Remote-Crypto seinen Brüdern aus vergangenen Jahren treu und bietet ein offenes Szenario, in dem ihr meist frei aus Kampagnen- und optionalen Missionen wählen könnt. Allerdings wirken die Abschnitte kleiner als seinerzeit auf PS2 oder Xbox und sind auch nicht so stark bevölkert.

Big Willy kann auch mit chemischer Kriegsführung auf Zerstörungstour gehen...
Das behindert den Spaß allerdings nicht, wenn man mit dem umfangreichen Waffenarsenal (zu dem natürlich auch wieder die Analsonde gehört) oder dem Ufo die Erdbevölkerung samt Polizei und Armee ärgert, einäschert und versucht, dem Titel des Spieles gerecht zu werden. 

Und: Mit dem Mechroboter "Big Willy" gibt es sogar ein neues Gefährt im DaH-Universum, das vom Zerstörungsfaktor selbst die fliegende Untertasse locker in den Schatten stellt, sich aber letztlich sehr ähnlich steuert.

Apropos Kontrolle: Sowohl Crypto als auch seine Fahrzeuge lassen sich sehr einfach über die Remote-/Nunchuk-Kombo lenken, wobei nur die Kamerapositionierung ab und an negativ aus dem Rahmen fällt. Allerdings reißt sich Locomotive auch nicht gerade ein Bein aus, um den Wii-Fuchtelmechanismus zu unterstützen. Sprich: Abgesehen von einem kleinen Mini-Spielchen, bei dem ihr Symbole auf dem Bildschirm abschießen müsst, hätte man die gesamte Steuerung auch auf den Classic Controller bzw. ein GameCube-Pad packen können.

Vollkommen sparen können hätte man sich auf jeden Fall den aufgesetzt wirkenden Mehrspieler-Modus, der euch wahlweise kooperativ oder im Wettbewerb durch vollkommen belanglose Splitscreen-Action zu lotsen versucht.

Auch das UFO ist wieder mit von der Partie.
Technisch dröge

Was nutzt der spärlich durchscheinende Humor, was nützen alle Waffen und alle Möglichkeiten, seine Schießprügel sowie seine Vehikel mit Verbesserungen auszustatten, wenn die Technik nicht mitspielt? Richtig: Nix! Versteht mich nicht falsch: Auch auf Wii hat die mittlerweile in den 70ern angesiedelte Kulisse nichts von ihrer grundsätzlichen Faszination eingebüßt und wird stets flüssig präsentiert.

Doch auch so sorgen die leider zu häufig matschig wirkenden Texturen, die Passanten, Soldaten und Polizisten aus dem Klonlabor und die nur selten spektakulären Explosionseffekte immer wieder für Missstimmung. Alles wirkt altbacken, angestaubt und zieht Cryptos Wii-Abstecher unnötig nach unten.

Auch die Soundeffekte bieten wenig Mitreißendes. Die Musik hat außer ein paar kaum auffallenden Nuancen fast gar nichts mehr mit dem mächtigen und wunderbar passenden Soundtrack des allerersten DaH zu tun.   

Fazit

Liegt es daran, dass nicht mehr Pandemic das Zepter bzw. die Crypto-Remote schwingt? Schwer zu sagen. Fest steht, dass die Fußstapfen, in denen sich das Team von Locomotive zu bewegen versucht, groß sind. Zu groß! Die wesentlichen und vor allem allen Widrigkeiten trotzenden Elemente haben sich von den ersten Destroy All Humans!-Teilen auch in die Wii-Variante "Big Willy entfesselt" gerettet: Humor, Erforschen, viel Action und Zerstörung stehen auch im Fuchtelzeitalter der Siebziger auf dem Programm - nur alles zahmer. Die Witze zünden nur selten, an der Action hat man sich irgendwann satt gesehen und die Soundkulisse ist nur noch ein Schatten früherer Zeiten. Dennoch: In kleinerer Dosierung weiß Crypto zu gefallen. Die Missionsstruktur und die offene (wenngleich kleine) Welt gehen in Ordnung, die Steuerung passt und für ein bisschen Zerstörung ist immer Zeit. Jetzt hoffen wir allerdings, dass Crypto wenigstens mit dem HD-Ableger "Der Weg des Furons" zu alter Qualität zurückkehren kann...

Pro

gute Steuerung
unkaputtbares Spielprinzip
zahlreiche Waffensysteme
interessante Missionen

Kontra

Humor weitestgehend Fehlanzeige
Figuren aus dem Klonlabor
KI? Ist aus, kriegen wir auch nicht mehr...
immer wieder matschige Texturen
magere Musikuntermalung

Wertung

Wii

Cryptos Wii-Abenteuer bietet solide Action, aber deutlich abgeflauten Humor und eine altbackene Technik!

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