Die Chroniken von Narnia: Prinz Kaspian von Narnia04.08.2008, Jens Bischoff
Die Chroniken von Narnia: Prinz Kaspian von Narnia

Im Test: Die Lizenzmaschinerie schlägt wieder zu

Pünktlich zum Start der zweiten Narnia-Verfilmung steht auch die gleichnamige Versoftung in den Läden. Ihr kämpft und rätselt euch mit dem Kaspischen Prinzen, Peter, Susan und Co durch die Schauplätze der Leinwandvorlage, genießt Original-Filmschnipsel und könnt jederzeit einen Freund als aktive Unterstützung einladen. Spaßige Fantasy-Action oder lizenzierter Schnellschuss?

Authentisch, aber lückenhaft

Prinz Kaspian von Narnia folgt weitestgehend den Ereignissen der Filmvorlage und verwendet sogar Originalausschnitte zum Vorantreiben der Story. Allerdings sind die Verkettungen nicht immer ganz nachvollziehbar und reichlich lückenhaft. Wer den Film nicht gesehen hat, wird daher einige Zusammenhänge überhaupt nicht verstehen und sich nach manchen Szenenwechseln sogar fragen, was plötzlich passiert ist.

Die großen Schlachtfelder wirken sehr lebendig, ein Mittendrin-Gefühl bleibt aufgrund kaum reagierender Gegner allerdings aus...
Eine gelungene Dramaturgie sieht jedenfalls anders aus. Nichtsdestotrotz ist der Spielverlauf selbst eigentlich ganz unterhaltsam und weitestgehend authentisch. Selbst größere Schlachtenszenen wurden ansprechend inszeniert, auch wenn ihr meist völlig unbeachtet durch die Gegnermassen pflügen könnt, ohne selbst zum Ziel zu werden.

Aber die Kämpfe sind ohnehin nicht gerade die Stärke des Spiels. Die Gegnervielfalt ist gering, eure Aktionsmöglichkeiten bescheiden, die KI mau. Zudem machen Kameraführung, Zielerfassung und Kollisionsabfrage ständig Zicken - auch abseits der Kämpfe. Trotzdem macht das Erkunden der rätselgespickten Spielwelt mit ihren atmosphärischen Schauplätzen durchaus Laune. Die kampflosen Aufgaben, die ihr dort bewältigen müsst, sind zwar nicht weltbewegend, aber immerhin abwechslungsreich. Köpfchen ist trotz zahlreicher Rätsel allerdings nur selten gefragt, da die Lösungen in der Regel auf dem Silbertablett serviert werden. So werden Objekte, mit denen ihr interagieren könnt, stets unübersehbar hervorgehoben, Aktionen die ihr mit bestimmten Charakteren ausführen müsst, haargenau eingeblendet. Wii-Spieler können optional auch etwas Bewegung ins Spiel bringen. Die Sensoren werden aber nur für simples Rütteln und Kreisen genutzt, während die allgemeine Steuerung via Wiimote und Nunchuk etwas umständlicher ausfällt als auf 360 und PS3. Dafür zickt allerdings die Zielerfassung nicht ganz so oft.

Kurz, aber unterhaltsam

Immerhin könnt ihr auf eine insgesamt recht üppige Heldenriege mit unterschiedlichen Fähigkeiten zurückgreifen. Als Zwerg oder Ratte passt ihr durch jedes Loch, mit einem Schild könnt ihr Angriffe blocken, mit Pfeil und Bogen entfernte Ziele oder Mechanismen auf Korn nehmen und mit einem Greifhaken Mauern erklimmen bzw. Abgründe überwinden. Insgesamt stehen euch je nach Schauplatz über ein Dutzend aktiver Spielfiguren zur Verfügung, die ihr auf Knopfdruck wechseln könnt. Eure Gefährten werden dann von der CPU übernommen. Es darf sich sogar jederzeit ein weiterer Mitspieler ins Geschehen einklinken und euch tatkräftig unterstützen - allerdings gibt's dieses Koop-Angebot nur offline und maximal zu zweit. Es gibt auch lediglich einen äußerst harmlosen Schwierigkeitsgrad. Selbst wenn ihr mal das Zeitliche segnen solltet, was eigentlich nur selten vorkommt, könnt ihr meist kurz vorher voll geheilt wieder ins Spiel einsteigen. Die einzig echte Herausforderung ist wohl das Auffinden aller versteckten Schatzkisten, die wie verschiedene andere Aufgaben, Zusatzinhalte wie Artworks, Videos oder Bonuslevel freischalten.

Das Öffnen der Kisten setzt dabei ähnlich wie bei Gauntlet eine bestimmte Anzahl erbeuteter Schlüssel voraus, doch da man einzelne Spielabschnitte beliebig oft wiederholen kann und jedes mal bereits zuvor aufgesammelte Schlüssel erneut serviert bekommt, ist diese Barriere kein wirkliches Hindernis. Darüber hinaus könnt ihr auch gelegentlich durchschlagskräftigere Waffen oder Rüstung stärkende Metallscherben einsammeln, die ihr u. a. durch das Zerstören von Umgebungsobjekten zum Vorschein bringt.

Huckepack: Zwar gibt es zahlreiche Helden und Aktionsmöglichkeiten, die öden Kämpfe werden dadurch aber kaum aufgewertet.
Nicht viel, aber genug, um euch während der gerade mal sechs kurzen Story-Kapitel ausreichend auf Trab zu halten. Zudem gibt es eigentlich immer etwas zu tun: Mal müsst ihr mit Fackeln Fledermäuse oder Kakerlaken vertreiben, mal Bären in Fallen locken, Katapulte bedienen, Steinbrücken bauen, auf Riesen reiten, Apparaturen in Gang setzen und vieles mehr. Langweilig wird es eigentlich nie.

Auch taktisch angehauchte Bossfights müssen gemeistert, Sperrfeuer erteilende Fahnenträger ausgeschaltet oder Wachen am Alarm schlagen gehindert werden. Schade nur, dass geübte Spieler kaum gefordert werden und nach wenigen Stunden schon der Abspann über den Bildschirm flimmert. Auch an der Präsentation hätte man noch feilen können: Die Texturen wirken oft detailarm, die Bildrate kommt gerade bei Kameraschwenks schnell ins Stottern und Sprachausgabe - der Titel wurde im Übrigen komplett eingedeutscht - gibt es abseits der Story-Sequenzen so gut wie keine. Am ärgerlichsten sind jedoch die technischen Mängel bei Kameraführung, Zielerfassung und Kollisionsabfrage, die euch oft unnötig aufhalten, in Schwierigkeiten bringen oder für sonstigen Ärger sorgen. Wenn ein offensichtliches Ziel einfach nicht anvisiert, euer Protagonist abseits des Bildschirms in Kämpfe verstrickt oder ein Gegenstand weggeworfen statt eingesetzt wird, ist das jedenfalls ziemlich nervig. Schade, denn viele Ansätze sind eigentlich recht ordentlich, die Umsetzung jedoch oft ziemlich schlampig, egal auf welcher Plattform - wobei die Wii-Grafik nur unwesentlich schwächer ausfällt als auf den HD-Konsolen. 

Fazit

Der Kaspische Prinz ist eigentlich ein ganz unterhaltsames Fantasy-Abenteuer für nicht allzu anspruchsvolle Fans der Leinwand- bzw. Buchvorlage. Der Spielverlauf ist simpel, aber abwechslungsreich, die Schauplätze und Schlachten sind hübsch inszeniert, der Koop-Modus durchaus spaßig. Dennoch merkt man dem Titel einfach an, dass die Entwickler wie so oft bei Filmumsetzungen unter Zeitdruck standen, das Spiel rechtzeitig zum Kinostart fertig zu bekommen. Der Umfang ist nicht sonderlich üppig, die Präsentation durchwachsen und die Technik unausgereift. Vor allem Kameraführung, Zielerfassung und Kollisionsabfrage bergen unnötiges Nervpotential. Zudem sind die Kämpfe öde, die Lösung der an sich netten Rätseleinlagen wird euch stets vorgekaut und die Story-Sequenzen sind teils völlig aus dem Zusammenhang gerissen. Wer die Vorlage nicht kennt, weiß oft überhaupt nicht, was los ist. Immerhin bekommt ihr viele Original-Filmausschnitte serviert, dürft in die Haut von über einem Dutzend sehr unterschiedlicher Protagonisten schlüpfen und massenhaft Bonusmaterial freispielen, indem ihr versteckte Schatztruhen ausfindig macht, spezielle Aufgaben löst oder optionale Bonuslevel meistert. Echte Herausforderungen sucht ihr jedoch vergeblich. Jüngere und unerfahrene Spieler werden aber dennoch ganz passabel unterhalten, egal für welche Version ihr euch entscheidet.

Pro

kurzweiliger Koop-Modus
atmosphärische Schauplätze
nette, aber simple Rätseleinlagen
viele unterschiedliche Spielfiguren

Kontra

öde Kämpfe
miese Kamera
geringer Umfang
durchwachsene Präsentation
teils fehlende Story-Zusammenhänge
hakelige Zielerfassung & Kollisionsabfrage

Wertung

360

Spielerisch solide Filmadaption mit Mängeln bei Technik, Umfang und Präsentation.

Wii

Technisch und inhaltlich durchwachsenes Koop-Abenteuer mit optionaler Bewegungssteuerung.

PlayStation3

Auch auf Sonys Konsole zehren mäßige Technik, Dramaturgie und Umfang am Spielspaß.

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