Cranium Kabookii27.12.2007, Jens Bischoff
Cranium Kabookii

Im Test:

Kennt ihr die hierzulande von Jumbo Spiele vertriebene Brettspiel-Reihe Cranium? Da wird in geselliger Runde gemalt, geraten, geknetet, buchstabiert, gesummt und vieles mehr. Und das alles unter Zeitdruck und oft zum Vergnügen derer, die gerade nicht an der Reihe sind. Ubisoft dachte sich, dass das doch auch mit Remote und Fernseher funktionieren müsste. Wir verraten, ob dem wirklich so ist.

Vom Tisch auf die Mattscheibe

Im Prinzip hätte die Rechnung, Cranium nur mit einer Wii-Fernbedienung als Utensil zu spielen, durchaus aufgehen können. Schließlich gibt es genug Minispielsammlungen, die mehr oder weniger gut unter Beweis stellen, wie flexibel der weiße Plastikknochen sein kann.

Die Aufgaben sind ja teils ganz nett - die Bedienung lässt jedoch oftmals zu wünschen übrig...
Auch die meisten Aufgaben konnten direkt aus der beliebten Vorlage übernommen werden. Selbst mögliches Schummeln wusste man mithilfe einer simplen Decoder-Brille, die dem Spiel beiliegt und nur bestimmten Personen die Lösungseinsicht erlaubt, zu unterbinden.

In der Praxis ist man jedoch an allen Ecken und Enden kläglich gescheitert: Angefangen bei der teils unnötig fummeligen Steuerung, weiter über den unausgewogenen Schwierigkeitsgrad bis hin zur indiskutablen Bewegungserkennung. Kinder haben sich bereits nach kürzester Zeit frustriert abgewandt, ältere Spieler gar nicht verstanden, was eigentlich zu tun ist und der Rest hat sich gefragt, wozu diese Umsetzung überhaupt gut sein soll. Dabei wird auf der Packung großspurig "das ultimative Spiel für die ganze Familie - von 7 bis 77 Jahren" versprochen... Das mag vielleicht auf das Brettspiel-Original, in keinem Fall aber auf die digitale Umsetzung zutreffen - auch wenn diese noch so kindlich charmant präsentiert wird!

Dabei klingen die insgesamt 15 implementierten Aufgabenarten, bei denen bis zu vier Teams mit nur einer einzigen Remote in Wettstreit treten können, gar nicht mal so übel: Es gilt nämlich nicht nur Quizfragen zu beantworten, sondern auch eure Merkfähigkeit, Kreativität und Schnelligkeit unter Beweis zu stellen. Dazu müsst ihr Begriffe per Stift, Spraydose oder Aufkleber-Set so darstellen, dass sie eure Mitspieler erraten können, vorgegebene Bewegungsabläufe pantomimisch nachahmen, Melodien nach- oder sogar vorspielen, Buchstaben- oder Wortfetzen korrekt zusammensetzen, Länder anhand ihrer Umrisse auf dem Globus zuordnen und natürlich auch Wissens- oder Schätzfragen beantworten.

Muss das sein?

Doch warum soll man sich mit einem virtuellen Stift herumärgern, der viel zu sensibel reagiert, wenn man das gleiche auch mit Papier und Bleistift machen kann? Warum sich darüber aufregen, dass einfachste Bewegungen wie Zähne putzen vom Spiel nicht akzeptiert werden, obwohl sie für jeden Mitspieler eindeutig erkennbar sind?

Die eingeblendeten Lösungen sind nur mit der beiliegenden Decoder-Brille zu lesen.
Wie soll ich jemandem erklären, dass er null Punkte bekommt, obwohl er fünf von sechs Aufgaben korrekt gelöst hat? Und wie soll ich einem Kind erklären, dass es Dinge tun soll, die es überhaupt nicht kennt oder versteht, nur weil sich der Schwierigkeitsgrad nicht anpassen lässt? "Von 7 bis 77 Jahren" - Was für ein Blödsinn!

Seit wann müssen Siebenjährige wissen, welche Form Burundi hat, mit welcher Währung man in Pakistan bezahlt oder was obsolet bedeutet? Manche der Aufgaben bringen ja selbst Erwachsene in Verlegenheit - oder habt ihr schon mal probiert nur mit einer Spraydose bewaffnet Efeu darzustellen? Und zwar so, dass es jemand in weniger als einer Minute erraten kann! Der Versuch sorgt jedenfalls eher für Frust als für Spaß und die Mitspieler reagieren eher mit Kopfschütteln als mit Amüsement. Man kann aber nichts dagegen tun. Wer nicht malen kann, muss trotzdem an den Stift, wer noch nie Geografie hatte, muss dennoch exotische Länder erkennen und wer keine Noten kennt, trotzdem Lieder spielen, deren korrekte Wiedergabe nicht einmal aufgelöst wird - Lerneffekt also gleich null.

Es gibt nämlich keinerlei Anpassungsmöglichkeiten! Keine Alterseinstellungen, keine persönlichen Aufgabenzusammenstellungen, keine individuellen Bewertungskriterien, nichts! Man kann ja nicht mal die Anzahl der Runden oder das Zeitlimit ändern. Die einzige Möglichkeit, die man hat, ist, zwischen neun regionalen Fragenkatalogen zu wählen. Allerdings müsst ihr dazu fließend die jeweilige Landessprache sprechen sowie euch mit deren Prominenz, Liedern und Kultur auskennen. Für Spieler ohne Fremdsprachenkenntnisse bleibt somit ohnehin nur ein Aufgabenkatalog übrig, nämlich der deutsche, da selbst der internationale Katalog nur auf englisch verfügbar ist. Kein Wunder, dass sich einige Fragestellungen bereits in der dritten Partie zu wiederholen beginnen...    

Fazit

Das virtuelle Cranium kommt an die reale Brettspielvorlage leider nicht annähernd heran. Die Aufgaben sind zwar mitunter dieselben oder zumindest sehr ähnlich, bei der Bedienung hapert es aber teils gewaltig. Die Bewegungserkennung ist oft mehr als fragwürdig, die Handhabung unnötig umständlich und schon nach kürzester Zeit kommt es zu ersten Wiederholungen. Selbst die Idee, verschiedene regionale Fragenkataloge zu implementieren geht nach hinten los, da nur eines der Sets auch auf deutsch spielbar ist - selbst das internationale Set gibt's nur auf englisch. Zudem gibt es keinerlei Konfigurationsmöglichkeiten, um das Spiel an unterschiedliche Altersgruppen, Vorlieben, Bewertungsmuster o. ä. anzupassen. Gerade bei jüngeren Spielern kommt dadurch rasch Frust auf, da sie Dinge malen, darstellen oder erraten müssen, von denen sie noch nie gehört haben. Aber auch Erwachsene dürften sich bei manchen Aufgaben extrem schwer tun oder schon an der fummeligen Steuerung scheitern... Der Packungsaufdruck "Das ultimative Spiel für die ganze Familie" ist jedenfalls eine Farce sondergleichen. Die einzige Daseinsberechtigung hätte Kabookii vielleicht für Solisten, denen es oftmals an Mitspielern für das Original mangelt. Aber auch hier versagt der Titel komplett: Mit weniger als vier menschlichen Teilnehmern braucht man erst gar nicht anzufangen, KI-Rivalen oder Solo-Herausforderungen Fehlanzeige. Haltet euch lieber an die Brettspielvorlage. Die kostet nur einen Bruchteil, ist einfacher zu handhaben und macht deutlich mehr Spaß!

Pro

teils kurzweilige Rate- & Aktionsspiele

Kontra

fragwürdige Bewegungserkennung
keinerlei Konfigurationsmöglichkeiten
zweifelhaftes Preis-/Leistungsverhältnis
schon nach kürzester Zeit erste Wiederholungen

Wertung

Wii

Umsetzung der beliebten Brettspielvolage, die leider mehr falsch als richtig macht.

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