The Bigs06.12.2007, Mathias Oertel
The Bigs

Im Test:

Es gibt Spiele, auf die wartet man hierzulande vergeblich. All-Pro Football 2K8 zum Beispiel. Oder auch die MLB-Spiele von 2K Sports. Und dann gibt es Titel, die doch vollkommen überraschend den Weg nach Deutschland finden. Wie 2K Sports´ Arcade-Baseball The Bigs - allerdings wiederum mit Einschränkungen, denn wo in den USA auf nahezu allen Systemen die Home Run-Jagd stattfindet, werden hierzulande nur die Wii-User bedacht. Zahlt sich die Exklusivität aus?

Nur für Kenner?

Wir werden hier nicht anfangen, die Baseball-Regeln zu erklären. Denn wir halten es hier wie 2K Sports. Ausgehend von der Annahme, dass sich sowieso nur Leute zu einem Baseball-Test durchklicken oder im Spielshop für diesen Titel entscheiden, die sich mit der Materie zumindest ansatzweise auskennen, verzichten wir auf weiter führende Erklärungen. 2K Sports hingegen hätte es allerdings nicht geschadet, dem vergleichsweise umfangreichen Handbuch, das lang und breit auf die nicht gerade üppigen Spielmodi eingeht, einen kleinen Absatz über die Grundregeln beizufügen.

Andererseits ist Baseball in seiner Grundform und dem deutlich arcadigen Ansatz, den The Bigs verfolgt, sehr einfach zu

Pitching und Batting sind gut gelungen, das Feldspiel ist mit Vorsicht zu genießen...
erklären. Ich möchte hier James Gammon in der Rolle des bärbeißigen Trainers Trey Wilson im 1988 erschienenen Hollywood-Film Bull Durham (Annies Männer) zitieren: "Ihr werft den Ball. Ihr schlagt den Ball. Ihr fangt den Ball."

Dabei wollen wir es hier auch belassen. Denn immerhin bekommen auch Frischlinge mit dem umfangreichen und auf alle Steuerungsfinessen eingehenden Tutorial ein Gefühl für das Spiel, das in den Monaten März bis Oktober Millionen von Amerikanern mit Teams mitfiebern lässt, die auf illustre Namen wie Indians, Red Sox, Mariners und nicht zu vergessen Yankees hören.

Lust oder Frust?

Wieso hat 2K Sports nur die Wii-Version hier veröffentlicht, obwohl 360 und PS3 mit weitaus besserer Grafik protzen könnten? Die Gründe werden wohl immer ein Geheimnis bleiben. Wir vermuten aber, weil bereits die Baseball-Variante in Wii Sports zeigte, dass die deutschen Sofazocker bewaffnet mit Remote und Nunchuk auch an Sportarten Spaß haben, die sie nur rudimentär verstehen. Und natürlich auch, weil diese Steuerungsmechaniken wie geschaffen für Baseball sind.

Dieses Konzept würde auch trotz rudimentärer Spielmodi-Auswahl (Freundschaftsspiel, Home Run Derby, Rookie Challenge als Karrieremodus) aufgehen. Wenn, ja wenn die Kontrollmechanismen durch die Bank stimmig wären. Sind sie aber nicht.

Das Pitchen, also das Werfen des auf dem Wurfhügel (Pitchers Mound) postierten Spielers auf den am Schlagmal postierten Gegner (Batter), ist gut umgesetzt. Euch stehen bei jedem Pitcher eures Teams vier verschiedene Würfe zur Verfügung. Diese lassen sich je nach Typ über Wurfbewegung samt Knopf-Kombination und eventueller Drehung des Handgelenks abrufen. Zusätzlich könnt ihr über den Nunchuk-Stick die Position in der so genannten Strike Zone (oder auch außerhalb) festlegen, an der der Ball die Home Plate überqueren soll. Das funktioniert in der Praxis richtig gut und nur in Ausnahmefällen kommt es zu einem Wurf, den man überhaupt nicht geplant hat - Fehlwürfe aufgrund mangelhaftem Timings oder Selbstüberschätzung inklusive. Auch das Schlagen des Balles funktioniert so gut und präzise wie ich es mir mit der Remote vorgestellt habe.

Schwaches Feldspiel

Aber der große Knackpunkt, der vollkommen ungewohnte Schwächen offenbart, ist das Feldspiel. Also der Moment, in dem der Ball den Schläger verlässt und es die verteidigenden Spieler schaffen müssen, das Spielgerät so schnell wie möglich wieder zu den entsprechenden Bases zurück zu werfen.

Die Kulisse geht für ein Arcade-Spiel vollkommen in Ordnung.
Es ist eine klasse Idee, dass man den ausgewählten Spieler (egal ob Verteidigung oder Angriff) durch Remote-Trommeln schneller laufen lassen kann - The Bigs ist eben keine Simulation, sondern gibt vor, unkomplizierter Arcade-Spaß zu sein. Allerdings hat irgendjemand bei 2K Sports den Begriff "unkompliziert" mit "ungenau" verwechselt. Denn sobald man anfängt, wie wild mit der Remote zu wirbeln, um so schnell wie möglich zu einem Ball im Halbfeld zu gelangen, kann es passieren, dass man den Ball aufnimmt, aber die Laufbewegung noch minimal weiterführt. Das Ergebnis: Der Ball wird willkürlich zu irgendeinem Base geschmissen - im Normalfall natürlich zu genau dem, das so unpassend wie nur irgend möglich ist.

Doch selbst, wenn man Zeit hat, um den Wurf zu planen und abzupassen, kommt es immer wieder vor, dass der Ball die Wurfhand in eine vollkommen unvorhersehbare Richtung verlässt.

Da aber für jede gelungene Aktion, für jedes Erreichen der Bases usw. Punkte verteilt werden und diese entsprechend akkumuliert sowohl in der Verteidigung als auch im Angriff verheerende Sonderaktionen einleiten können, fühlt man sich irgendwann benachteiligt. Das ist sehr schade, denn unter dem Strich wäre hier viel viel mehr drin gewesen.

Lizenzierte Teams und Stadien

Übrigens auch bei der Kulisse, die dank Original MLB-Lizenz (Major League Baseball) mit deutlich erkennbaren Stadien ausgestattet ist und hin und wieder sogar den einen oder anderen Starspieler identifizieren lässt.

Ironischerweise finden sich hier die gleichen Probleme wie bei den Spielmechaniken: Die Animationen der Pitcher und Batter gehen in Ordnung. Sie reißen keine Bäume aus (auch bzw. schon gar nicht auf Wii), passen aber. Die Feldspieler hingegen schaffen es vor allem bei etwas komplizierteren Abläufen wie dem Fangen eines Balles in der Luft, dem Abrollen danach mit folgendem Sprungwurf zum zweiten Base nicht, die entsprechende Dynamik aufzubauen. Die Bewegungsphasen geraten ins Stocken, passen teils nicht zueinander und zerstören viel von dem, was die Hauptdarsteller in der Batters Box und auf dem Pitchers Mound aufgebaut haben.

 

Fazit

Baseball in Verbindung mit Remote und Nunchuk scheint ein himmlisches Paar zu sein. Dieser Meinung von 2K Sports, die der ausschließliche Grund für die Entscheidung gewesen sein muss, diesen Titel in Deutschland wenigstens auf Wii zu veröffentlichen, schließen wir uns an. Dennoch würden wir trotz einiger guter Ansätze empfehlen, auf das bereits angekündigte Mario Baseball von Nintendo zu warten, das ebenfalls deutlich Richtung Arcade tendiert. Versteht mich nicht falsch: Die Kulisse könnte besser sein, geht aber unter dem Strich in Ordnung. Auch die Pitching- und Batting-Mechaniken sind intuitiv und gleichzeitig mit vielen Möglichkeiten ausgestattet. Doch das alles entscheidende Feldspiel sorgt immer wieder für Missmut: Eigentlich geklärte Situationen, laufen  plötzlich dank der vollkommen übersensiblen und ungenau reagierenden Wurfmechanik aus dem Ruder. Angesichts der sparsamen, aber grundsätzlich unterhaltenden Modi frage ich mich, wieso das sportspielerfahrene 2K Studio diese Probleme nicht in den Griff bekommen hat. Chance vertan - leider...

Pro

inklusiver offizieller Lizenz
gute Schlag- und Pitch-Kontrolle
umfassendes Tutorial

Kontra

Feldspiel ungenau
wenige Spielmodi
mitunter schwache Feldspieler-Animationen

Wertung

Wii

Starkes Pitching, starkes Batting, aber dafür auch ganz schwaches Fielding... Das geht auch besser...

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