Tales of Symphonia: Dawn of the New World11.12.2009, Jens Bischoff
Tales of Symphonia: Dawn of the New World

Im Test:

Während sich japanische Wii-Besitzer bereits mit Tales of Graces vergnügen, ist hierzulande gerade erst der Nachfolger zum GameCube-Hit Tales of Symphonia erschienen. Angesichts der Tatsache, dass fernöstliche Rollenspiele auf Nintendos Konsole nach wie vor ein Schattendasein führen, ist die Freude dennoch groß. Doch werden die im Hinblick auf den famosen Vorgänger gehegten Erwartungen auch erfüllt?

Das Ende der Durststrecke?

Wii-Besitzer mit einem Faible für japanische Rollenspiele haben wahrlich keinen leichten Stand. Umso erfreulicher, dass mit Dawn of the New World nicht nur eine der beliebtesten Traditionsserien ihr Debüt auf Nintendos Konsole gibt, sondern gleichzeitig auch eins der besten Rollenspielabenteuer der GameCube-Ära fortgesetzt wird. Wer noch eine Speicherkarte mit Spieldaten des Vorgängers besitzt, bekommt sogar einen kleinen Startbonus in Form verschiedener Items spendiert.

Video: Fast alle Tugenden der Tales-Saga finden sich auch im Wii-Debüt der Serie wieder.Zudem wartet die PAL-Version mit ein paar exklusiven Kopfbedeckungen und nach Spielende einsehbaren Artworks auf.

Zeitlich setzt das neue Tales of Symphonia zwei Jahre nach den Ereignissen des Originals an: Die Wiedervereinigung der beiden Welten Sylverant und Tethe'alla brachte nicht die erhoffte Einheit, sondern chaotische Zustände. Die Natur spielt verrückt, Kirche, Rebellen und andere Gruppierungen liegen im Clinch und der einstige Held Lloyd Irving scheint sich in einen skrupellosen Massenmörder verwandelt zu haben. Doch was ist schief gelaufen und wie kann man die Welt wieder ins Gleichgewicht bringen?

Diese Frage stellt sich auch Außenseiter Emil, der durch Lloyds Schwert seine Eltern verloren hat und trotz seiner jämmerlichen Erscheinung nach Rache sinnt. Eigentlich ein hoffnungsloses Unterfangen für einen Jungen, der weder Kampferfahrung, Mut noch Freunde hat. Doch als er eines Tages auf Rauhbein Richter trifft, überschlagen sich die Ereignisse. Am Ende schließt Emil sogar einen Pakt mit einer finsteren Macht, um das Leben eines Mädchens namens Marta zu retten, mit dem er fortan durch die Lande zieht, um Lloyds Machenschaften ein Ende zu setzen und die Welt wieder in Einklang zu bringen.

Alte Bekannte

Dabei treffen die beiden nicht nur auf zahlreiche Monster, die Emil durch seinen geschlossenen Pakt zu Verbündeten machen kann, an bestimmten Stellen gesellen sich auch menschliche Mitstreiter an ihre Seite,

Man trifft auf viele bekannte Gesichter, doch der einstige Protagonist Lloyd Irving scheint ein völlig anderer Mensch geworden zu sein.
mit denen Kenner des Vorgängers schon einmal ausgezogen sind, um die Welt zu retten. Doch obwohl einige Seitenhiebe oder Querverweise nur Veteranen auffallen, werden auch Spieler ohne Vorkenntnisse ausreichend darüber aufgeklärt, mit wem sie sich jeweils einlassen und was sie vor zwei Jahren mit Lloyd zusammen erlebt haben, dem natürlich niemand eine solche Wandlung zugetraut hätte.

Die Rückkehr bekannter Gesichter ist an und für sich sehr erfreulich. Allerdings misfällt, dass keiner eurer menschlichen Weggefährten Erfahrungspunkte erhält, neue Fertigkeiten lernt oder euch seine Ausrüstung ändern lässt. Zwar begleiten sie euch meist ohnehin nicht allzu lange, aber diese völlig starren Vorgaben wirken bei einem Rollenspiel natürlich ziemlich deplatziert. Erst recht, wenn ihr und eure rekrutierten Monster längst viel stärker seid und eigentlich gar keine Verwendung für die Pflichtcharaktere habt und sie daher nur passiv im Schlepptau spazieren führt.      

Monster vs. Multiplayer

Immerhin könnt ihr Menschen im Gegensatz zu Monstern im Kampf direkt steuern, was zumindest für Abwechslung sorgt. Wer mit ein paar Freunden losziehen will, ist sogar gezwungen, eine möglichst, zu viert sogar gänzlich monsterfreie Party zu führen. Dennoch kommt es immer wieder vor, dass nicht immer jeder mitmischen kann, da oftmals gar nicht so viele menschliche Figuren zur Verfügung stehen. Zudem muss man nehmen, was man gerade kriegt ohne Aussicht auf persönliche Verbesserungen.

Der Kampfeinsatz gezüchteter Monster ist durchaus motivierend, aber spätestens im Mehrspielermodus ein riesen Handicap.
Das nimmt dem an sich spaßigen Multiplayer natürlich jede Menge Luft aus den Segeln, denn wer will schon gerne ein Spiel spielen, bei dem er teils stundenlang zum passiven Zuschauer degradiert wird und sich in keiner Weise weiter entwickeln kann? Zudem ist die Übersicht bei mehreren Kampfteilnehmern nicht immer optimal und abseits der Schlachtfelder kann sowieso immer nur einer spielen.

Trotzdem ist das Koop-Angebot generell noch immer ein sehr nettes Feature - vor allem, weil man sich dann nicht mehr mit der KI herum ärgern muss. Insgesamt agieren eure computergesteuerten Mitstreiter zwar ganz passabel, aber die zuweisbaren Verhaltensmuster sind einfach viel zu mickrig, um nicht immer wieder Kindermädchen spielen zu müssen. Zwar kann man auf Knopfdruck die Spielfigur jederzeit wechseln oder zu bestimmten Aktionen veranlassen, aber die Möglichkeiten sind einfach sehr begrenzt und Monster lassen sich wie erwähnt überhaupt nicht direkt kontrollieren. Immerhin kann man bestimmte Angriffe und Zauber vorübergehend verbieten oder aktive Fertigkeiten nach persönlichen Vorlieben zusammenstellen. Zudem kann man auch durch das Wechseln erworbener Titel Einfluss auf die Charakterentwicklung nehmen und Monster lassen sich sogar züchten.

Wer Gegner durch passende Elementarzauber und -angriffe in seinen Bann zieht, kann sie nach einem Sieg nicht nur versuchen zu rekrutieren, sondern mit verschiedenen Speisen auch ihre Statuswerte und Verbundenheit beeinflussen. Lässt man sie lange genug an seiner Seite kämpfen, können sie sich sogar in noch stärkere Kreaturen verwandeln. Zudem erhalten auch Monster Erfahrungspunkte und lernen neue Angriffe, Zauber und Fertigkeiten. Durch bestimmte Bücher kann man ihnen sogar artfremde Fähigkeiten beibringen oder ihre Entwicklung beschleunigen. Für Genrefans ist das natürlich nichts Neues, aber die Möglichkeiten sind bei über 200 Gegnerarten angenehm vielfältig und motivierend.

Auf in die Schlacht

Die Kämpfe selbst laufen wie gewohnt in Echtzeit ab, lassen sich aber jederzeit durch einen Aufruf des Kampfmenüs, über das Items eingesetzt, Zauber angewiesen, Ausrüstung gewechselt oder Verhaltensmuster geändert werden können, pausieren. Aktive Spielfigur und anvisierter Gegner können auf Knopfdruck gewechselt, die Steuerungsmethode im Menü von automatisch, über halbautomatisch bis hin zu manuell geändert werden.

Die Echtzeitkämpfe gehen gut von der Hand und bieten mit der Zeit immer mehr Facetten.
Wer alle Kombattanten auf automatisch stellt, kann sich bei einfachen Gegnern sogar genüsslich zurücklehnen und nur im Notfall eingreifen. Bei halb-automatisch wird euch die Lauf- und Blockarbeit abgenommen und bei manuell habt ihr die volle Kontrolle über die Spielfigur. Allerdings kann man sich auch im halbautomatischen Modus bei Bedarf frei übers Schlachtfeld bewegen oder gezielt Angriffe abwehren. Das ist vor allem bei Bosskämpfen oder vielen Gegnern wichtig, da man sonst schnell aufgerieben werden kann - das Wirken von (Heil-)zaubern kostet nämlich viel Zeit.

Ansonsten führt man verschiedene Standardattacken, Kombos, Zauber oder Spezialangriffe aus, springt, blockt, weicht aus oder lässt verheerende Teamattacken vom Stapel. Die Handhabung ist sehr einfach, aber facettenreich und die Aktionsmöglichkeiten wachsen stetig an. Bis zu zwölf Aktionen lassen sich direkt via Tastenkombination, Steuerkreuz oder Handbewegungen ausführen - vier davon pro Spielfigur, der Rest frei verteilbar. Die Bewegungssensoren werden sonst aber kaum genutzt und kommen eigentlich nur bei simplen Minispielen wie dem Angeln zum Einsatz. Okay, die Remote dient hin und wieder auch als Cursor-Steuerung, wenn man z. B. mit dem Ring des Hexers elementare Energiesalven verschießt, um Rätsel zu lösen oder Gegner zu traktieren. Potentielle Widersacher sind nämlich stets sichtbar und können durch Schüsse aus eurem Ring kurzzeitig gelähmt oder gereizt werden. Viel wichtiger ist der Ring allerdings zum Entzünden von Fackeln, Gießen von Blumen, Bewegen von Windrädern oder Aktivieren von Schaltern.        

Bewährte Knobelkost

Rätselfreunde kommen in Dawn of the New World jedenfalls gut auf ihre Kosten, auch wenn sich die meisten Aufgaben auf eher traditionelle Schalter- und Schiebepuzzles beschränken. Dafür sind diese jedoch meist gut in die jeweilige Spielumgebung eingeflochten und manchmal sogar durchaus knifflig.

Die im Original noch erkundbare Oberwelt fiel der Schere zum Opfer - auf einer Landkarte geht's direkt von Ort zu Ort.
Lästige Zufallskämpfe gibt es zwar keine, aber da besiegte Gegner meist schon nach wenigen Sekunden wieder entstehen und man ihnen teils nur schlecht aus dem Weg gehen kann, wird der Spielfluss dennoch immer wieder gestört. Negativ aufstoßen könnte manchem auch die im Gegensatz zum Vorgänger nur noch symbolisch vorhandene Oberwelt, durch die man zwar schnell von Ort zu Ort kommt, die aber natürlich keinerlei Erkundungsreize mehr bietet. Dadurch besteht die Spielwelt eigentlich nur noch aus Städten und Dungeons.

Eine Kartenfunktion gibt es auch keine, was aufgrund der meist sehr kompakten Schauplätze aber nicht weiter tragisch ist. Schade ist nur, dass es abseits der Haupthandlung nur wenig zu entdecken gibt: Sidequests und Nebenbeschäftigungen machen sich rar, die Story verläuft extrem linear und die Zuteilung der menschlichen Partymitglieder ist strikt vorgegeben. Über die so genannte Katz-Gilde kann man sich zwar für diverse Missionen verpflichten, allerdings haben diese nur wenig bis gar nichts mit dem eigentlichen Spielverlauf zu tun und wirken daher aufgesetzt. Spaß machen die verschiedenen Kampf- und Suchaufträge trotzdem. Die Beschaffung wichtiger Crafting-Materialien zur Herstellung neuer Waffen, Rüstungen und anderer Gegenstände ist allerdings motivierender, weil sie Spiel begleitend funktioniert - ebenso wie das Aufspüren des so genannten Wunderkochs, der einem nach jeder Enttarnung ein neues Kochrezept für die Monsterzucht verrät.

Viel zu tun

Darüber hinaus gibt es auch praktische Nachschlagewerke wie ein Reisetagebuch, das die wichtigsten Ereignisse festhält, ein Handbuch mit Erklärungen zum Spiel selbst oder eine Monsterenzyklopädie, falls man mal nicht mehr weiß, bei welchem Gegner welche Beute zu holen ist. Wer gerne viel Zeit mit Crafting, Monsterzucht und Nebenmissionen verbringt, wird jedenfalls gut und lange bei Laune gehalten. Wer hingegen wenig Lust hat, sich damit zu beschäftigen, wird schnell merken, dass die Spielbalance irgendwann ziemlich in Schieflage gerät, weil die Gegner rasch und oft sogar sprunghaft stärker werden, während man selbst kaum nennenswerte Fortschritte macht. Das ist zwar eigentlich normal, aber die Balance hätte trotzdem etwas ausgeglichener sein können. Gerade finanzielle Belohnungen sind sehr durchwachsen: Mal bekommt man unzählige Kämpfe lang keinen müden Cent und dann plötzlich ein kleines Vermögen auf einen Schlag. Meistens ist die Portokasse aber eher leer.

Aber egal, Profis dürfen sogar gleich zu Beginn einen höheren Schwierigkeitsgrad wählen und können später sogar noch einen weiteren freischalten. Der Wiederspielwert ist auch in Ordnung. Es gibt verschiedene Enden, transferierbare Daten sowie andere Boni.

Wer will, kann viel Zeit mit der Herstellung von Gegenständen, dem Absolvieren spezieller Missionen oder der Aufzucht von Monstern verbringen. Der Spielverlauf ist sonst jedoch sehr linear, die Schauplätze sehr kompakt.
Der Umfang kann sich aber auch ohne erneutes Durchspielen sehen lassen, während die Story trotz Leerlaufphasen aufwändig und spannend inszeniert wird. Neben den obligatorischen Story-Sequenzen gibt es auch wieder die serientypischen Plaudereien, bei denen man auf Knopfdruck Party-Gespräche belauschen kann, die oft interessante Hintergrundinformationen ans Tageslicht bringen oder einfach nur zum Schmunzeln anregen. Der Humor wirkt zwar teils etwas bemüht und abgedroschen, aber der ein oder andere Lacher ist dennoch garantiert.

Viel zu erzählen

Erfreulich ist auch, dass fast jeder Dialog mit Sprachausgabe unterlegt ist, auch die rein optionalen Plaudereien. Die englischen Sprecher machen dabei eine meist gute Figur, auch wenn GameCube-Veteranen damit leben müssen, dass nicht alle wiederkehrenden Charaktere mit denselben Synchronstimmen wie im Original aufwarten. Japanischen Originalton oder gar eine deutsche Tonspur gibt es nicht. Deutsche Untertitel sind hingegen mit an Bord, wobei die Übersetzung teils angenehm frei, teils aber auch etwas unbeholfen wirkt. Insgesamt ist die Lokalisierung aber recht solide, genauso wie die mit meist passenden Kompositionen und Effekten aufwartende Soundkulisse.

Selbst grafisch kann sich das zweite Tales of Symphonia trotz Abkehr vom vertrauten Cel-Shading-Look sehen lassen. Die Texturen sind zwar mitunter etwas matschig, aber Schauplätze, Charaktermodelle und Animationen machen eine gute Figur mit malerischem Flair. Selbst Menüdesign und Weltkarte wurden ansprechend gestaltet. Was allerdings manchmal stört sind die übertrieben plakativen Stimmungssymbole wie Herzchen, Glühbirnen oder Grummelwolken, die trotz eines generellen Comic-Flairs oft völlig unpassend und kindisch wirken. Aber das ist wohl eher Geschmackssache. Nicht schön zu reden sind hingegen die häufigen und teils recht langen Ladeunterbrechungen, die an jeder Ecke lauern. Da hätten sich sicher einige vermeiden oder zumindest besser kaschieren lassen.     

Fazit

Dawn of the New World ist eigentlich eine würdige Fortsetzung des gefeierten GameCube-Vorgängers. Es gibt viel zu tun und zu entdecken, Kämpfe sowie Charakterentwicklung machen Laune und die Story wird spannend erzählt. Allerdings verlässt man sich teils zu sehr auf alte Tugenden. Man macht zwar einiges anders, aber nichts wirklich neu oder besser. Was vor fünf Jahren noch für Freudensprünge sorgte, wirkt mittlerweile wesentlich unspektakulärer. Selbst dem hauseigenen Tales of Vesperia hinkt man in vielen Belangen deutlich hinterher: Die Charaktere sind uninteressanter, der Humor erzwungener, das Kampfsystem unflexibler und auch der kooperative Mehrspielermodus unterliegt durch die neuen Monstergefährten ärgerlichen Einschränkungen. Aber keine Sorge: Die Kämpfe sind nach wie vor sehr facettenreich, die Charaktere sympathisch, einige Dialoge wirklich witzig, die Monsteraufzucht ungemein motivierend und bei den Rätseleinlagen hat man sogar die Nase vorn. Darüber, ob der Wegfall der erkundbaren Oberwelt Fluch oder Segen ist, kann man sich durchaus streiten. Und dass vertraute Charaktere neue Synchronsprecher zugeteilt bekamen, wird lediglich Veteranen stören. Dass man aber das ganze Spiel über nur zwei vollwertige Partymitglieder hat und nur geringfügig Einfluss auf KI und Storyverlauf nehmen kann, ist ziemlich schade. Doch auch wenn Award-Regionen dadurch verwehrt bleiben, wird man insgesamt trotzdem gut und erfreulich lange bei Laune gehalten.

Pro

üppiger Umfang
spannende Story
jederzeit sichtbare Gegner
motivierende Monsterzucht
facettenreiche Echtzeitkämpfe
auflockernde Rätsel & Nebenaufgaben
individualisierbare Fertigkeiten & Kampfkünste

Kontra

sehr linearer Spielverlauf
teils unausgewogene Spielbalance
nur zwei vollwertige Partymitglieder
angestaubte Technik & Spielmechanik
eingeschränkte KI-Vorgaben & Multiplayer-Tauglichkeit

Wertung

Wii

Die Fortsetzung des GameCube-Hits weiß zu unterhalten, wirkt jedoch oft zu starr und angestaubt.

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