World of Goo05.09.2008, Julian Dasgupta
World of Goo

Vorschau:

Es begann mit einem kleinen Download: Knapp 120 KB wog ein Spiel namens Bridge Builder , welches vor knapp acht Jahren erschien. Die Aufgabe des Spielers war ebenso simpel wie fordernd: Er sollte in mehreren Levels eine Brücke bauen, um einem Zug die Überquerung einer Schlucht zu ermöglichen. Der Titel wartete mit einer ausgefuchsten Physik auf, die Hobbyarchitekten dazu animierte, möglichst viele Lösungen für ein Problem zu finden. Was hat das mit World of Goo (ab 2,70€ bei kaufen) zu tun?

Vom Brückenbau zum Goo-Konzept

Auch wenn Stahlkonstrukteure mit dem Kopf schütteln werden: Das schleimige Goo eignet sich hervorragend für die strapazierfähige Brückenbildung.
Bridge Builder entwickelte sich schnell zu einem Geheimtipp, der über Mundpropaganda binnen kürzester Zeit eine kleine Fangemeinde um sich scharte. Der rege Zuspruch blieb den Machern nicht verborgen, also bauten die Mannen um Alex Austin das Konzept weiter aus und veröffentlichten es in Form eines kommerziellen Produkts namens Pontifex. Einige Zeit später folgte schließlich eine weitere Fortsetzung, die auch unter dem Namen Bridge Construction Set geläufig ist. Alle Spiele verkauften sich recht gut, laut Herstellerangaben ist die Serie besonders in Deutschland beliebt.

Austin, der später noch das Jump'n Run Gish entwickeln sollte, hat sich mittlerweile von Chronic Logic losgesagt und ein neues Studio namens Cryptic Sea gegründet. Dort werkelt er neben Gish 2 auch an Bridge Builder 2. Wer allerdings nicht so lange auf Nachschub warten möchte, der sollte einen Blick auf World of Goo werfen.

Schleim als Baumaterial

Die World of Goo steckt voller Überraschungen: Auch rosa Schönheiten tauchen hin und wieder auf.
Das Puzzlespiel wird von einer kleinen Spieleschmiede namens 2d Boy produziert, die im wesentlichen aus Kyle Gabler und Ron Carmel besteht. Das Projekt begann ebenfalls einst als Freeware-Projekt namens Tower of Goo , soll nun aber gehörig ausgebaut werden. Die Wurzeln des Konzepts werden dabei keineswegs verleugnet, heißt ein Level im ersten Kapitel doch passenderweise "Ode to the Bridge Builder".

Im Zentrum des Spiels stehen kleine Schleimpropfen, der Goo, welche die Grundlage einer jeden Konstruktion bilden. Um das eigene Werk auszubauen, muss man sich einfach einen der Tropfen schnappen und per Drag&Drop in die Nähe anderer Knotenpunkte ziehen. Die wichtigste Grundlage des Spiels ist so binnen weniger Sekunden erlernt. Die schleimige Natur des Baumaterials ist Teil der Herausforderung - je ausufernder ein Gebilde wird, desto wabbeliger wird das Gesamtkonstrukt, wenn man es nicht an den entscheidenden Stellen verstärkt. Wer unbedacht in die Höhe baut, sieht sich recht fix mit einem eher instabilen Wackelpudding konfrontiert.

Die vielen Wege zum Rohr

Das große Wackeln in der Dämmerung: Das soll halten? Die kleinen Goos schauen noch recht nervös...
Damit das Ganze nicht allzu eintönig wird, bekommt man es im Verlauf des Spiels mit verschiedenen Goo-Sorten zu tun, die, jawohl, mit verschiedenen Eigenschaften aufwarten. So gibt es beispielsweise grüne Goos, die man jederzeit rearrangieren kann, oder rote, die als Lunte fungieren. Mit Hilfsmitteln wie Ballons kann zudem eigene Gebilde komplett anheben oder an entsprechenden Stellen entlasten. Ziel eines jeden Levels ist es, Hindernisse zu überwinden, um ein Rohr zu erreichen. Dort werden alle übrig gebliebenen Goo-Bälle abgesaugt. Eine Mindestanzahl gilt es zu schaffen, außerdem werden die Anzahl der durchgeführten Schritte sowie die Gesamtzeit erfasst - man wird also durchaus angehalten, einen Level mehrfach anzugehen.

Die Kampagne wartet tatsächlich mit einer Story auf, jedes der Kapitel hat einen inhaltlichen und visuellen Fokus. So weht z.B. in einer Welt ständig ein starker Wind, was sich wiederum bei den Herausforderungen bemerkbar macht. Die in der Kampagne eingesammelten Goo-Bälle kommen übrigens im World of Goo Corporation-Modus wieder ins Spiel - dort muss man wie in Tower of Goo einen möglichst hohen Turm bauen. Dank einer Onlinerangliste kann man sich hier bzgl. der erreichten Höhenmeter mit anderen Spielern messen.

Wir konnten sowohl die PC- als auch die Wii-Fassung des Titels antesten - große Unterschiede waren nicht festzustellen. Die PC-Version wartet mit einer etwas höher aufgelösten Grafik auf und wird per Maus gesteuert, auf der Nintendo-Konsole wird das Geschehen erwartungsgemäß per Wiimote gesteuert. Der Konsolenfassung bis dato vorbehalten ist die Option, mit bis zu drei weiteren Mitspielern anzutreten. Einige Äußerungen Kyle Gablers legen allerdings nahe, dass man derzeit über einen Patch für die PC-Version nachdenkt, der die Unterstützung mehrerer Mäuse ermöglichen würde.Der Koop-Modus wirkt familientauglich, allerdings scheinen manche Probleme mehr, andere Probleme weniger geeignet für gemeinsame Basteleien zu sein. Ob bei vier Spielern nicht gar zu viele Köche den Brei verderben, ließ sich mangels geeigneter Mitspieler nicht sagen. World of Goo wird m Internet direkt von 2D Boy vertrieben, RTL Games hat sich hierzulande der physischen Distribution angenommen. Das gilt auch für die Wii-Version, die in Europa nur im Laden erhältlich sein wird, während der Titel in Nordamerika via WiiWare veröffentlicht werden soll.  

Ausblick

World of Goo beweist einmal mehr, dass man die Indie-Szene stets im Blick behalten sollte. Statt eines kreativen Paradigmenbruchs, wie ihn Braid zelebrierte, bekommt man hier die konsequente Evolution eines Spielprinzips. Man ist stets motiviert, einen Level mehrfach zu spielen, bis man endlich die maximal mögliche Anzahl der Goo-Bälle gerettet hat. Die Art-Direction gefällt durch ein skuriles Design, die Musik ist stimmungsvoll und passt bestens zum Geschehen. Die bisher gespielten Levels wirkten sehr abwechslungsreich - nie hatte man das Gefühl, dass sich irgendetwas wiederholt. Wer physiklastige Puzzlespiele à la Bridge Builder mag, dürfte kaum an World of Goo vorbeikommen.


Ersteindruck: sehr gut

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