Im Test:
Nachdem Assassin's Creed 3 (
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Gleicher Inhalt, gleiche Probleme
Inhaltlich hat sich bei der Wii U-Version von Assassin's Creed 3 (AC3) nichts im Vergleich zu den nur wenige Wochen alten Konsolen-Varianten getan. Daher möchte ich an dieser Stelle auf den umfangreichen Test verweisen. Dort werden sowohl die Vorzüge der Erzählung mit ihrer glaubwürdigen Mischung historischer Fakten und Figuren sowie fiktiver Ereignisse betrachtet als auch die spielerische Stagnation bzw. Regression eingehend besprochen. Stattdessen möchte hier auf die Eigenheiten des Touchpad-Assassinen eingehen, die sich mechanisch leider nicht so stark unterscheiden, wie ich es mir gewünscht hätte und auch das Wii U-GamePad nur rudimentär ansprechen.
Auf dem Bildschirm bekommt man über einen Großteil der Zeit eine aufgezogene Umgebungskarte eingeblendet. Der Ausschnitt ist zwar größer als auf dem TV, so dass man im Zweifelsfall Gegner und deren Routen früher erkennen kann. Doch dieses Feature ist nicht so gravierend, dass es sich positiv auf das Spielerlebnis auswirkt. Eine etwas größere Chance hat die Möglichkeit, seine Waffen und Sonderfähigkeiten wie z.B. Fallen stellen per Berührung auszuwählen, anstatt sich wie bei den anderen Plattformen durchscrollen zu müssen. Dies ist deutlich komfortabler und zeitsparender, aber auch kein Grund, die Wii U-Version im Zweifel einer anderen Fassung vorzuziehen. Denn man hat bei der Umsetzung einige wichtige Bereiche entweder vergessen oder nicht im Fokus gehabt: Es gibt haufenweise Nebenbetätigungen wie Brettspielumsetzungen (z.B. Mühle). Die werden jedoch wie gehabt über die Sticks kontrolliert. Dabei wäre es doch ebenso einfach wie intuitiv, die Steine per Touchscreen zu setzen oder zu bewegen. Der Mehrwert und die Immersion, die man hier vollkommen ungenutzt lässt, hätten zwar auch keine Wunder bewirkt. Doch der Eindruck, dass der Fokus für die Wii U-Version die Einhaltung des Launchtages war, wird dadurch verstärkt.
Das Pad dient als Karte und zum komfortablen Umschalten von Waffen. Das ist gut, aber da wäre noch mehr drin gewesen.
Als Reggie Fils-Aime, seines Zeichens Präsident von Nintendo America, nahezu beiläufig erwähnte, "dass Spiele von Drittherstellern auf unserem System deutlich besser aussehen", hat er Activisions Call of Duty Black Ops 2 und nicht Ubisofts Meuchelmörder als Beispiel genutzt. Guten Gewissens hätte er Assassin's Creed 3 auch nicht nennen können. Dazu muss man allerdings sagen, dass keine Version über grafische Defizite erhaben war, wenngleich es an einem potenten PC die wenigsten Probleme gab. Und PS3 und 360 hatten auch hin und wieder ihre liebe Mühe mit Schattendarstellung, Pop-ups von Landschaftsgeometrie oder Figuren sowie einem merkwürdigen Texturfading. Allerdings nur selten in einer Art oder Form, die einen aus der Geschichte und der aufgebauten Atmosphäre riss.
In ihren besten Momenten entspricht die Wii U-Version technisch den anderen Konsolen-Versionen. Man findet ähnliche Probleme, aber auch ähnlich beeindruckende Panoramen oder zielsicher eingesetzte Licht- bzw. Partikeleffekte.
Die Seemissionen können sich sehen lassen, beim Rest liegt die Wii U-Version oft hinter den anderen Konsolen-Fassungen.
In den weniger schönen Momenten (von denen es leider deutlich mehr und insgesamt zu viele gibt), bleibt die Wii U allerdings deutlich hinter den anderen HD-Konsolen zurück: Die allgemeine Sichtweite ist nicht mehr so hoch, die Schatten krümeln teilweise noch mehr, in einer Szene der 2. Sequenz wurden die scharf gezeichneten Texturen für Tische, Schatten usw. teilweise erst in etwa zwei Metern Entfernung von Connor eingeblendet. Zusätzlich wird in den meisten Zwischensequenzen eine stärkere Tiefenunschärfe eingesetzt, die häufig eine falsche Perspektive vermittelt. Es passt alles nicht mehr so harmonisch zusammen wie auf 360 oder PS3 - den PC lasse ich hier bewusst außen vor.
Summierende Kleinigkeiten
Doch selbst mit diesen Problemen könnte ich noch klar kommen, ohne die Punktabzugskarte zu zücken. Wenn nicht noch neue Bugs auftauchen würden, die man in den anderen Versionen wenn überhaupt nur vereinzelt zu Gesicht bekam. NPCs mit deutlich niedrigeren Texturdetails z.B. tauchen in einer Sequenz unvermittelt auf und stolzieren in einem Laufschritt an Connor vorbei, bevor sie so schnell verschwinden wie sie gekommen sind. Dafür jedoch sind die Einbrüche in der Bildrate umso deutlich zu spüren. Wenn viel auf dem Bildschirm los ist, geht die Engine deutlich in die Knie. Manchmal geht die Geschwindigkeit jedoch auch ohne sichtbare Gründe (sprich: entsprechende Action oder viele Effekte) bei Bewegungen nach rechts oder links nach unten. Das und die Summe der kleinen oder größeren Mankos führt jedoch zu einer eingeschränkten Atmosphäre - und die war für mich seit Teil 1 einer der Hauptmotivations-Punkte. Interessanterweise zeigen die Abschnitte auf hoher See viel weniger Auffälligkeiten und entsprechen im Wesentlichen den anderen Fassungen.
Die Atmosphäre wird immer wieder durch grafische Mankos bis hin zu Bildrateneinbrüchen gestört.
Dass es derzeit kaum Mitspieler im Online-Modus gibt, ist schade. Mitunter muss man verteufelt lange warten, bis sich Spieler in die übersichtlichen Lobbys verirren. Und dann wartet man noch länger, bis endlich die erforderliche Mindestspielerzahl erreicht ist - es sei dann, einer verliert die Geduld und geht vorher, womit das Warten wiederum verlängert wird. Kommt es schlussendlich zu einem Spiel, lassen sich bislang in den angenehm kleinen Abschnitten keine Defizite im Vergleich zu den anderen Fassungen ausmachen. Allerdings sage ich dies unter Vorbehalt. Wie es sich mit erhöhter oder gar maximierter Serverlast spielt und ob man dann z.B. mit Lags oder Geschwindigkeits-Einbußen rechnen muss, konnten wir seit Release nicht ausreichend überprüfen. Dennoch helfen die nach wie vor spannenden Online-Matches mit ihren Personalisierungsoptionen, Freischaltmöglichkeiten sowie dem allgemeinen Umfang (Modi, Karten), die Enttäuschung über die technischen Probleme für Solisten zu verkleinern.
Fazit
Hmm. Auf dem PC habe ich trotz verbesserter Kulisse nicht aufgewertet. Also sollte ich doch auf Wii U wegen eines schlechteren visuellen Gesamteindrucks als auf den anderen Konsolensystemen nicht abwerten? In der Theorie würde ich dies bejahen. Doch die deutlich niedrigere Sichtweite, die dadurch noch stärker ins Gewicht fallenden und damit störenden Pop-ups von Levelgeometrie oder Figuren und vor allem den neuen Bugs sowie die unstabilen Bildrate gehen zu Lasten der Atmosphäre - und damit einem wichtigen Teil meiner Motivation. Dies bezieht sich jedoch hauptsächlich auf die Landausflüge. Zu Wasser sind die Unterschiede zu den anderen Fassungen geringer. Und es gibt auch noch genug der magischen Story-Momente, in denen die Technik kaum eine Rolle spielt. Wer als Nintendo-Fan bislang noch nicht mit der Welt der Assassinen-Welt konfrontiert wurde, kann ungeachtet der für Neueinsteiger nur unzureichend erklärten Vorgeschichte zu großen Teilen die Faszination der Serie nachempfinden. Wer allerdings auch ein Alternativsystem zur Auswahl hat und vielleicht hoffnungsvoll auf die Wii U-Version gewartet hat, sollte lieber auf PS3, 360 oder PC meuchelnd morden und den Templern den Kampf ansagen. Die minimalen Ergänzungen oder Vorteile der GamePad-Touchkontrolle können die technischen Mankos leider nicht aufwiegen.
Pro
add_circle_outline die neue Anvil Next-Engine liefert eine ansehnliche Kulisse mit zahlreichen Details...
add_circle_outline pompös inszenierte Seeschlachten
add_circle_outline haufenweise Nebenmissionen...
add_circle_outline gelungene Weiterführung der Desmond-Geschichte in der Gegenwart
add_circle_outline eingängige Steuerung
add_circle_outline sehenswerte Mimik der Hauptfiguren
add_circle_outline Gegner-KI zeigt sich beharrlicher bei der Suche und ist allgemein aufmerksam...
add_circle_outline optionale Nebenziele jeder Mission sorgen gelegentlich für einen Hauch von Anspruch
add_circle_outline gelungene Einbindung historischer Figuren und Ereignisse
add_circle_outline Kletter-Automatismen sorgen in der Horizontalen für einen passenden Spielfluss
add_circle_outline ' sehr gute deutsche Lokalisierung
add_circle_outline teilweise im "indianischen" Original mit Untertiteln
add_circle_outline stimmungsvolle, dynamische Musik
add_circle_outline überzeugende Architektur, stimmiges Artdesign
add_circle_outline große Spielwelt (Boston, New York, Wildnis, Landsitz)
add_circle_outline komfortables Teleport-System
add_circle_outline viele "Teleport"-Stationen müssen erst in einem Untergrund-Labyrinth gefunden werden
add_circle_outline passables Schlossknack-System
add_circle_outline Jahreszeiten (Sommer, Winter), Wetter, Tag-/Nachtwechsel
add_circle_outline spannender Mehrspieler-Modus mit umfangreichen Aufstiegssystem und interessanten Spielarten
add_circle_outline umfangreiche Animus-Enzyklopädie
Kontra
remove_circle_outline ... die allerdings auch an Kinderkrankheiten leidet (Pop-ups, Fade-ins, Clipping, Krümelschatten)
remove_circle_outline spielerischer Kern hat sich nur minimal weiterentwickelt
remove_circle_outline ... von denen die meisten nur statistischen Wert haben
remove_circle_outline der Wildnis geht nach intensiver Anfangsfaszination die Spannung verloren
remove_circle_outline Handel und Handwerk sind sehr oberflächlich
remove_circle_outline Kampf ist viel zu leicht, fordert kein bisschen
remove_circle_outline ... leistet sich aber in der Verfolgung sowie im Kampf böse Aussetzern und alte Fehler
remove_circle_outline Connor entwickelt sich spielmechanisch nicht weiter und ist sehr übermächtig
remove_circle_outline Klettern auf Schienen in der Vertikalen unpassender denn je
remove_circle_outline viele Inhalte wurden gar nicht oder nur unzureichend miteinander verbunden
remove_circle_outline Wii U GamePad nur oberflächlich eingebunden
remove_circle_outline technisch insgesamt schwächer als auf anderen Konsolen
Wertung