FIFA 1328.11.2012, Jörg Luibl
FIFA 13

Im Test:

Sitzen zwei fußballverrückte Redakteure vor der Wii U. Sie spielen FIFA 13 (ab 4,71€ bei kaufen), schweigen betreten, schütteln den Kopf oder reichen stirnrunzelnd das Touchpad weiter. Fragt der eine: Soll das FIFA 12 für Arme  sein? Guck dir mal den Rasen und die Animationen an! Sagt der andere: Wenn überhaupt – ich würde lieber FIFA 11 auf PS3 oder 360 kicken. Electronic Arts lässt seine stärkste Sportspielmarke technisch und inhaltlich veraltet auf Nintendos Konsole los.

Kastrierte Fußballpremiere

Wie spielte sich FIFA im Herbst 2011, als EA das Tactical Defending einführte? Wer das erfahren will, darf auf Wii U zwei Jahre zurückreisen. Sprich: Alle spielmechanischen Verbesserungen, die FIFA 13 auf PC, PS3 und 360 aktuell auszeichnen, fehlen hier. Es gibt weder das nochmals verfeinerte taktische Abfangen, das präzisere Dribbeln noch die glaubwürdigeren Kollisionen. Und weil die neue Konsole von Nintendo theoretisch leistungsfähiger ist als aktuelle Konsolen, ruckelt dieser Rückschritt auch noch im Offlinemodus – herrlich, oder?

Zeitmaschinen sind eben tückisch und oftmals ignorieren sie Entwicklungen der

Neue Funktion: Man spielt eine Partie kooperativ; der eine aktiv, der andere als Trainer passiv.
Neue Funktion: Man spielt eine Partie kooperativ; der eine aktiv, der andere als Trainer passiv.
Gegenwart. Deshalb läuft der veraltete Kick für knapp 70 Euro nicht mal flüssig – eine Frechheit, denn die Kulisse wurde nicht etwa verfeinert. Im Gegenteil: Rasen, Figuren und Animationen sind nicht auf aktuellem Stand. Vielleicht hat John Riccitiello ja nicht gehört, was Reggie Fils-Aime posaunte: Die Hardware unterscheidet sich schon ziemlich von denaktuellen Geräten der Konkurrenz. Viel grafik-intensiver. Wenn man einen Direktvergleich macht, dann sieht man tatsächlich, dass Spiele von Drittherstellern wie Call of Duty auf unserem System deutlich besser aussehen“.

Oder ist EA mittlerweile Vierthersteller und war gar nicht gemeint? Immerhin muss man auch noch mit einigen Kollateralschäden leben, was den Umfang angeht: Ultimate Team? Virtuelle Bundesliga? Pustekuchen, nicht dabei! Warum auch, sind ja bloß die beliebtesten Modi. Und das auf einer Konsole, mit der Nintendo endlich im Online-Zeitalter ankommen will. Aber Moment, bevor das hier alles zu negativ klingt: Dafür bekommt man auf Wii U ja zusätzliche Funktionen auf dem Touchpad wie etwa "Strategische Entscheidungen in Echtzeit" oder "Präzisionsvorteile des Passens und Schiessens". Wow, wir waren als Fußballfans so richtig neugierig!

Überflüssiger Touchersatz

Obwohl Wii U technisch zumindest auf par sein sollte, ruckelt die schwächere Kulisse auch noch in Offline-Spielen.
Obwohl Wii U technisch zumindest auf par sein sollte, ruckelt die schwächere Kulisse auch noch in Offline-Spielen.
Man kann z.B. kooperativ loslegen: Der eine steuert den ruckelnden Götze am klassischen Gamepad, der andere mimt den taktischen Klopp mit Fingertippern daneben. Was kann er tun? Er kann nicht nur Spieler auswechseln oder die Formation ändern, sondern auch Spielerköpfe per Stylus antippen und dann Laufwege auf den Touchrasen zeichnen. Das funktioniert so schlecht, dass man immerhin wie in einem Rollenspiel zum Klopp’schen Brüllen animiert wird: Man kann lediglich Linien ziehen, keine Kurven; die Linien werden selten konsequent abgelaufen. Der taktische Nutzen: null! Der einzige Vorteil: Formationsänderung und Wechsel ohne Pause…

Aber dann kommt ja die Halbzeit, da darf man eine „Ansprache“ halten – was so viel heißt, dass man zwei, drei schnöde Menüs durchklickt. Man wählt zwischen Lob, Kritik und Motivation, legt einen Fokus auf Defensive oder Offensive und bekommt Meldungen wie: „Der Versuch zu motivieren ist bei 9 Spielern gelungen. Bei 0 nicht“ Danach kann man noch einzelne Spieler anwählen, um ihre schlechte Moral (rote Gesichter) in bessere (gelb bis grün) zu verwandeln. Der psychologische Mehrwert: null! Der taktische Nutzen: null! Selbst der demoralisierte Götze macht sein Tor.

Grausige Touchsteuerung

Die Lizenz ist drin, der aktuelle Fußballspaß nicht.
Die Lizenz ist drin, der aktuelle Fußballspaß nicht.
Wer den neuen Controller richtig ins Fußballerherz schließen will, sollte nur mit ihm loskicken. Da gibt es innovative Features: Wer während des Laufs R3 drückt oder das Gamepad kurz schüttelt (!), bekommt ein übergroßes Tor über das Spielfeld eingeblendet und kann mit dem Finger genau da hin zeigen, wo das Leder landen soll – je länger der Druck desto fester der Schuss. Zwar landet der Ball mit etwas Übung auch da, aber man kann auf diese Art nicht schlenzen und muss je nach anvisierter Ecke mit dem linken oder rechten Daumen vom Analogstick weg. Spielmechanischer Nutzen: nullkommaeins!

Neben dem Fingerschuss gibt es auch noch Fingerpässe: Einfach doppelt auf den Spielerkopf des Touchscreens tippen und die Kugel wird kurz gepasst; etwas länger und sie fliegt hoch. Das funktioniert so lange wie man sich die Pille hinten zuspielt, aber in schnellen und hektischen Situationen vermisst man Präzision und Passvariation. Spielmechanischer Nutzen: null! Egal, was euch die Verpackung vorgaukelt: Wer Fußball flüssig und intuitiv genießen will, macht einen großen Bogen um Wii U und kickt auf PS3 oder 360.

Fazit

Electronic Arts, was soll das? Mal eben mit der starken Lizenz ein paar Euros zum Start einer neuen Konsole abgreifen? Wer dieses Spiel mit Messi auf dem Cover kauft und vielleicht mal mit Kumpels auf der PlayStation 3 gekickt hat, wird sein böses Fußballwunder erleben. Auf der Verpackung steht zwar FIFA 13, aber drin steckt irgendeine schnell zusammen geschluderte, um ein paar überflüssige Touch- und Koopfunktionen ergänzte sowie tatsächlich offline ruckelnde (!) Variante von maximal FIFA 12 – das geht gar nicht! Weder Physik, Animationen noch taktische Verteidigung befinden sich auf aktuellem Stand. Dieses FIFA 13, das man besser FIFA-Especially-4-U-Castrated genannt hätte, kann nicht mal mit FIFA 12 auf PS3 und 360 mithalten, was Kulisse und Spielgefühl angeht. Nicht nur angesichts der theoretischen Leistungsfähigkeit der Wii U ist diese schlampige Premiere eine Frechheit. Vollpreis verlangen, aber auch noch Modi streichen? Nur das solide Fundament rettet die Wertung auf ausreichendes Niveau. Aber wer Lust auf Fußball mit Taktik und Touch auf Nintendos neuer  Konsole hat, sollte zu Pro Evolution Soccer für Wii greifen. Da reicht übrigens PES 2008 oder 2009 – das bekommt ihr für zehn Euro und Messi ist auch aufm Cover.

Pro

kooperatives Spiel möglich
alle Wii-Eingabegeräte verwendbar

Kontra

keine aktuelle FIFA 13-Spielmechanik
Offline-Partien ruckeln
technisch veraltete Kulisse & Animationen
kastrierte Spielmodi
überflüssige, unpräzise Touchfunktionen
oberflächliche Teamgespräche

Wertung

Wii_U

Eine Mogelpackung namens FIFA 13: Veraltete Spielmechanik, Offline-Ruckler und gestrichene Spielmodi - so nicht, EA!

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