Tank! Tank! Tank!28.11.2012, Mathias Oertel
Tank! Tank! Tank!

Im Test:

Was ist bloß mit Nintendos Qualitätskontrolle los? Dürstet man so sehr nach exklusiven Titeln zum Wii U-Launch, dass man quasi alles durchwinkt? Und was bitte geht bei Namco vor? Als Download-Spiel wäre die Umsetzung des 2009er Spielhallen-Titels Tank! Tank! Tank! vielleicht noch halbwegs vertretbar. Doch als physisches Medium mit einem Preisschild von etwa 40 Euro muss man den Kopf schütteln.

Aus der Spielhalle auf das Gamepad

Als ich Tank! Tank! Tank! (TTT) das erste Mal gestartet hatte, dachte ich mir "Das gibt es doch nicht!" Doch, gibt es - leider! Zu Beginn von Nintendos HD-Ära kommt von Namco ein Exklusiv-Titel auf den Markt, der es tatsächlich schafft, schlechter auszusehen als viele PlayStation 2- oder Dreamcast-Spiele. Doch nur daran, dass die Basis ein Spielhallen-Titel aus dem Jahre 2009 war, kann es nicht liegen. Man hätte doch dieses Grundgerüst nehmen und zumindest halbwegs schicke Texturen tapezieren können. Stattdessen gibt es übermäßig grelle Farben, schwammige Effekte bzw. Explosionen und zu allem Überfluss kommt die Engine in den klein gehaltenen Arealen immer wieder ins Stocken.

Dabei ist die Action weder aufwändig noch kompliziert: In der über 30 Missionen umfassenden Kampagne ist man solo bzw. zu zweit (alternativ auch mit einem CPU-Kollegen) unterwegs, um robotischen Monsterhorden Einhalt zu gebieten. Zusammen mit der unspektakulär in sich zusammenfallenden zerstörbaren Umgebung könnte man bei einem flüchtigen Blick den Eindruck bekommen, dass es sich hier um eine fahrzeugbasierte Mini-Variante der Earth Defense Force-Spiele handelt. Und anfänglich entwickelt sich hier tatsächlich ein ähnlicher Trash-Unterhaltungsfaktor. Doch so schnell, wie er aufkommt, verschwindet er auch wieder.

In die Länge gezogene Monotonie

Auch mechanische Dinosaurier gehören zu den Gegnern...
Auch mechanische Dinosaurier gehören zu den Gegnern...
Die Missionen der Kampagne gliedern sich in zwei Typen: Vernichte innerhalb eines Zeitlimits eine bestimmte Anzahl Gegner sowie Bosskämpfe. Am Ende bekommt man für den Panzer, mit dem man die Aufgabe bewältigt hat, zum einen eine Medaille, zum anderen Erfahrungspunkte, deren Höhe von der erreichten Bewertung abhängt. Steigt man eine Stufe auf, bekommt das Gefährt automatisch einen Bonus z.B. für Mobilität, Lebenspunkte oder Durchschlagskraft. Klingt theoretisch kurzweilig? Ja, theoretisch. Doch bereits nach einer Hand voll Missionen werden die Schwächen allzu deutlich: Die Gebiete sind zu klein, die Missionseinführungen für die Katz, die Gegner zu doof, die Mechanik ist zu eintönig. Abgesehen von den Bosskämpfen, die zumindest etwas fordernder sind und bei denen man auch mal knopfhämmernd aus dem Würgegriff der Viecher entkommen muss, rauscht man meist ohne Probleme durch die Gegner hindurch.  Teils schuld daran ist die automatische Zielerfassung: Bringt man das Fadenkreuz der Kanone ungefähr in die Nähe eines Gegners, richtet sich das Geschütz aus und man kann wie wild feuern, was die Rohre bzw. die aufzusammelnden vom jeweiligen Panzer abhängigen Sonderangriffe hergeben.

Dass der Spielverlauf derart monoton ist, scheint den Entwicklern entgangen zu sein. Anders kann ich es mir nicht vorstellen, dass einige der Missionen nicht freigeschaltet werden, wenn die vorher gehende erledigt ist, sondern erst dann, wenn eine bestimmte Anzahl von Medaillen erreicht ist. Denn dadurch wird man gezwungen, mit einem anderen Panzer in einen bereits bewältigten Abschnitt zurückzukehren, nur damit man dort eine weitere Medaille einheimsen kann. Und das nicht nur ein- oder zweimal, sondern häufig. Es gab einen Moment in der Anfangsphase, in dem ich 19 Medaillen auf dem Konto hatte und der nächste reguläre Abschnitt erst mit 30 Münzen geöffnet wurde. Ganz ehrlich: Ein schlechter Witz wird auch nicht besser, wenn man ihn zum zehnten Mal hört und die Betonung bei der Pointe ändert. Dabei deuten die Panzer mit ihren einfallsreichen Bewaffnungen von konventionellen Sprengkörpern bis hin zu Elektroattacken und dem Verschießen von Musiknoten das Potenzial an, das in dem Titel schlummert, aber leider nie geweckt wird.

Geteiltes Leid ist halbes Leid

Die Kulisse als sparsam zu bezeichnen, wäre eine Übertreibung.
Die Kulisse als unzeitgemäß zu bezeichnen, wäre eine Übertreibung.
Bis zu vier Spieler können gemeinsam bzw. gegeneinander antreten, wobei fehlende Panzerpiloten durch relativ clever agierende KI-Fahrer ersetzt werden. Doch sowohl die Monsterjagd (man kämpft gemeinsam in Kampagnenabschnitten gegen Standardgegner und -Bosse) als auch das Deathmatch (wahlweise solo oder im Team) faszinieren für maximal zwei bis drei Minuten. Was in der Spielhalle dank massivem Force Feedback (siehe Trailer) bei Explosionen usw. vielleicht noch unterhaltsam scheint, verliert im heimischen Wohnzimmer sehr schnell seinen Reiz. Bei unseren Testsessions war die Freude über die „Noch 30 Sekunden“-Durchsage auf jeden Fall höher als die Aussicht, nochmal in den virtuellen Ring steigen zu müssen und sich Geschosse um die Ohren zu jagen. Wenigstens hier hätte man auf die automatische Zielerfassung verzichten können, so dass Positionierung der Vehikel sowie akkurates Anvisieren für den Hauch von Spannung gesorgt hätten. Aber: Fehlanzeige!

Einzig "Der Kong bin ich" ist etwas unterhaltsamer. Allerdings eher im Sinne von "eine Wurzelbehandlung mit Betäubung ist unterhaltsamer als eine Wurzelbehandlung ohne": Der Spieler mit dem Wii U-Gamepad schlüpft hier in die Rolle eines riesigen Mechaffen (einer der Bosse der Kampagne) und nutzt brachiale Angriffe sowie eine Superspezialattacke, bei der er eine Flammenwand aus seinem Allerwertesten bläst, um die drei Panzer auszuschalten. Die wiederum versuchen alles, um den Riesenprimaten auszuschalten, bevor die Zeit verstreicht.

Doch unter dem Strich hilft alles nichts: Tank! Tank! Tank! macht einfach auf zu vielen Ebenen Fehler oder ist unzureichend. Selbst als niedrigpreisigen Download-Titel würde ich von einer Anschaffung abraten.

Fazit

Glücklicherweise ist das Startlineup der Wii U so umfangreich, dass man getrost den einen oder anderen Titel links liegen lassen kann - auch wenn es sich um ein exklusives Spiel wie Tank! Tank! Tank! handelt. Der unzeitgemäßen Kulisse merkt man sowohl das Alter als auch den Ursprung der 2009 erschienenen Spielhallen-Fassung an. Sprich: Als Grafikdemo für die HD-Premiere von Nintendo-Konsolen ist der Titel unbrauchbar. Das Wii U-Gamepad wird ebenfalls nicht ausreichend repräsentiert, sondern nur als Kamera für die Pilotenbilder genutzt. Bleibt noch das Spiel an sich. Und dort ebbt der Spaß ebenso schnell ab wie er aufkommt. Für Solisten wird alles schnell redundant, monoton und unnötig in die Länge gezogen. Abgesehen vom kurzzeitig motivierenden Mehrspielermodus sowie sporadischem Unterhaltungswert in der Kampagne gibt es eigentlich keinen Grund, sich die Panzer-Action zuzulegen. Doch selbst und gerade wenn man häufig mit Freunden spielt, gibt es im Launchfenster der Wii U zahlreiche Titel, die besser dafür geeignet sind. Als Reggie Fils-Aime und Satoru Iwata von der Überlegenheit der Konsole gesprochen bzw. andere Hersteller für ihre "kleinen" Downloadtitel angegriffen haben, haben sie Tank! Tank! Tank! vermutlich verdrängt. Und das solltet ihr auch!

Pro

einsteigerfreundliche Action
bis zu vier Spieler
20 Panzer stehen zur Verfügung

Kontra

vorsintflutliche Kulisse
schwache Präsentation
monotoner Spielverlauf
Gegner
und Levelrecycling
Kampagne wird unnötig gestreckt
unspannende Mehrspieler-Modi
Wii U-Gamepad wird nur für Kamerafunktion genutzt
inkonsequentes Erfahrungspunkt-System

Wertung

Wii_U

Monotone Panzer-Action mit vorsintflutlicher Kulisse, die kein Aushängeschild für die Fähigkeiten von Nintendos HD-Konsole darstellt.

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