Teslagrad28.10.2014, Jan Wöbbeking

Im Test: Ein Spiel mit enormer Anziehungskraft

Ein Knistern liegt in der Luft: Der norwegische Indie-Entwickler Rain erforscht die wundersame Welt von Nikola Tesla. Der von Legenden umrankte Erfinder des Zweiphasenwechselstroms driftete bekanntlich gerne ins Esoterische ab. Was wäre, wenn er noch mehr bizarre Dinge und Wesen erschaffen hätte als in den wildesten metaphysischen Fantasien?

Elektromagnetische Wunderwelt

Die Antwort auf diese Frage gibt das Spiel Teslagrad (ab 9,94€ bei kaufen): Dort schlüpft man in die Rolle eines jungen Jump-n-Run-Helden. In Kriegszeiten flieht er in eine Festung voller seltsamer elektromagnetischer Maschinen, Pflanzen und Wesen. Die Geschichte hält sich im Hintergrund und kommt komplett ohne Worte aus: Ab und zu geben kleine animierte Sequenzen oder Plakate Hinweise auf die Hintergründe der Handlung. Ähnlich wie in Polarity dreht sich fast alles um das Spiel mit Elektromagneten in den zwei Pol-Farben Blau und Rot: Der Held hüpft über Simse, tiefe Abgründe und erzeugt mit kleinen Hilfsmitteln eigene schwebende Plattformen. Nach einem Schlag mit dem roten Handschuh beginnt der Metallbalken unter ihm in der gleichen Farbe zu glühen, wird vom Magneten darunter abgestoßen und gleitet langsam darüber durch die Luft.

Die Bosskämpfe sind spannend aufgebaut und gestalten sich durch die etwas präzisere Steuerung weniger fummelig als auf dem PC.
Später kommen eine Hand voll Spezialfähigkeiten dazu, mit denen man sich immer höhere Räume erschließt. Ein Blitz teleportiert die Figur z.B. durch schmale Wände oder zu entfernten Plattformen, eine glühende Kapuze magnetisiert ihn dauerhaft, so dass er sich an aufgeladenen Decken entlanghangeln kann. Der Turm, seine hübsch gezeichneten Säle, Gärten und Industrielabore lassen sich frei erforschen. Trotzdem bleibt das Spiel meist übersichtlich, da die Festung bei weitem nicht so verzweigt aufgebaut ist wie ein Metroid.

Schöne Rätsel, mäßiger Plattformer

Am meisten Spaß macht es, mit in den Gängen verstreuten Magnet-Würfeln zu experimentieren: Einfach an die gewünschte Stelle bugsieren, draufspringen, ein Hieb mit dem Farbhandschuh und schon wird man von den umliegenden Magneten in die Höhe oder zu versteckten Grotten geschleudert. Bevölkert wird die Welt von teils finsteren, teils faszinierend glühenden Magnetwesen und Robotern, welche den kleinen Helden bei Berührung entweder töten oder aufladen. Immer wieder müssen auf Metallstelzen trippelnde Krebse durch Schalter und Tore an die richtige Stelle geleitet werden.

Willkommen in der elektromagnetischen Wunderwelt!
All zu schwer fallen die Puzzles zwar nicht aus, sie sind aber schön in die Jump-n-Run-Abschnitte eingebunden. Schade, dass das Hüpfen weniger Spaß macht: Nicht immer macht der Held das, was man sich vorgestellt hat. Die Steuerung fühlt sich einfach nicht so griffig und verlässlich an wie in Rayman Legends oder Super Meat Boy. In einem Labyrinth voller auf Schienen rasender Todesblöcke hatte ich den richtigen Weg relativ schnell erschlossen. Trotzdem dauerte es fünf Anläufe, bis meine Figur sich so an den Ranken festhielt, wie ich es mir vorgestellt hatte. Im Gegensatz zum alten Polarity gibt es nur eine rein digitale Steuerung per Stick oder Digikreuz. Auf Wii U reagiert sie aber immerhin etwas direkter als auf dem PC, was vor allem einige Bosskämpfe eine ganze Ecke angenehmer gestaltet. Die Übersichtskarte lag auf dem PC natürlich auch nicht direkt auf dem Gamepad, sondern musste per Knopfdruck aufgerufen werden. Wer möchte, kann auch das Spielgeschehen auf den Touchscreen verlegen. Berührungs-Funktionen wurden aber nicht integriert und auch davon abgesehen gleicht die Umsetzung dem Vorbild beinahe komplett.

Fazit

Schon wieder ein gelungener und sehr stimmungsvoller Indie-Plattformknobler. Wer nach The Swapper Bedarf an neuen atmosphärischen Rätseln verspürt, sollte unbedingt in Teslagrad hineinschnuppern. Der Ambient-Soundtrack hat mich mit all seinen rauschenden Metallklängen sofort in eine andere Welt versetzt und auch die knisternden Magnetwesen im hübsch gezeichneten Turm wirken angenehm mysteriös. Die Experimente mit magnetischem Gerümpel passen ebenfalls prima in die Welt und sind gut ausbalanciert. Schade, dass die Steuerung mich ab und zu aus dem Spiel gerissen hat: Sie ist einfach nicht griffig genug für die mitunter kniffligen Sprungpassagen, reagiert auf Wii U aber immerhin präziser als auf PC. Trotz kleiner Mankos habe ich den Ausflug in die Welt knisternder Elektromagnete und metaphysischer Technologie genossen.

Pro

faszinierende, vor Strom knisternde Welt
toll miteinander verflochtene Rätsel
mystische Apparate, Wesen und Vorrichtungen
geheimnisvoller, toll abgemischter Soundtrack

Kontra

rein digitale Steuerung nicht immer griffig genug
ein paar nervige Hüpfpassagen und Bosskämpfe

Wertung

Wii_U

Stimmungsvoller Rätsel-Plattformer in einer elektromagnetischen Teslapunk-Welt.

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