Hyrule Warriors18.09.2014, Mathias Oertel
Hyrule Warriors

Im Test: Massenschlachten mit Link und Zelda

Hyrule, der Schauplatz der Abenteuer eines zipfelmützigen Spitzohrs namens Link, steht für Fantasie. Für Spannung. Für Rätsel. Für stimmungsvoll erzählte Geschichten. Für Massenkämpfe. Öhem, Moment mal? Für Massenkämpfe? Richtig: Denn mit Hyrule Warriors (ab 26,71€ bei kaufen) versuchen Nintendo und Tecmo Koei, die besten Elemente der Zelda-Spiele sowie der Warriors-Massenprügler zu verbinden. Was bietet diese seltsam anmutende Mischung?

Noch nicht abgeerntet

Spieler mit Nintendo-Systemen können die polarisierenden Diskussionen um die Warriors-Massenprügler von Tecmo Koei kaum nachvollziehen. Denn dort gibt es im Gegensatz zu den anderen Konsolen, wo mittlerweile weit über 30 Ableger ihr Zuhause gefunden haben, nur gut eine Hand voll Titel. Und die verteilen sich auf den DS, den 3DS, Wii und Wii U. Und selbst dort liegt die Hyper-Edition von Warriors Orochi 3 schon beinahe zwei Jahre zurück - eine Ewigkeit in der sich immer schneller drehenden Videospielwelt. Insofern ist die Chance relativ groß, dass Wii-U-Besitzer noch nichts von der simplen, aber dennoch motivierenden Mechanik gehört haben, die eigentlich seit ihrem ersten Auftritt auf der PlayStation 2 im Jahr 2000 nur minimale Änderungen erfahren hat und wie ein Diablo ohne Beute wirkt. Oder von den Klongegnern, die sich nicht nur das Aussehen, sondern auch einen meist einstelligen Intelligenzquotient teilen, wenn es darum geht, den Helden effektiv anzugreifen und in Bedrängnis zu bringen.

Auch Prinzessin Zelda greift zu den Waffen.
Und in bester (?) Tradition der Koei-Serie wird sich an diesen Punkten auch in Hyrule nichts ändern: Mit einem von einem guten Dutzend Helden (darunter z.B.  Link, Zelda, Midna, Sheik) pflügt man sich dank einfacher Steuerung in der Story durch Hundertschaften an Gegnern, die nur selten zu einer ernsthaften Gefahr werden, nimmt Stützpunkte ein, sammelt Erfahrung sowie neue Waffen und kämpft schließlich gegen die von den bisherigen Zelda-Abenteuern inspirierten Bosse. Soweit also nichts Neues im Warriors-Land. Mit zwei Knöpfen erschafft man Komboketten, die Gegner in Mitleidenschaft ziehen und eine Leiste für Spezialattacken auffüllen. Mit einem weiteren Knopf kann man Feinden per Ausweichbewegung aus dem Weg gehen. Die Einfachheit des Kampfsystems ist Fluch und Segen zugleich für Hyrule Warriors: Man kommt unheimlich schnell rein, feiert sofort Erfolgserlebnisse. Und wenn man die besonderen Angriffe (das Gegenstück der Musou-Attacken der Dynasty Warriors) aktiviert, die meist in einem Effektspektakel enden und den K.O.-Zähler rasend schnell nach oben schrauben, fühlt man sich in der Tat wie ein mächtiger Krieger.

Zelda im Herzen?

Die Mischung aus Massenschlachten und Hyrule-Mythologie geht trotz anfänglicher Skepsis auf.
Das Problem: Auch an die Hauptserie entliehene Sonderwaffen wie Bogen, Bumerang oder Bombe können nicht verschleiern, dass diese Mechanik auf Dauer weder Anspruch noch Tiefgang aufweisen kann. Dass Tecmo Koei innerhalb der "eigenen" Serien zögerlich mit Innovationen oder Ergänzungen der Kernmechanik umgeht, habe ich mittlerweile akzeptiert. Doch mit dem Legend-of-Zelda-Universum in der Hinterhand hätte man durchaus mehr Risiko gehen dürfen. Immerhin: Die Geschichte ist für ein Warriors-Spiel gut gelungen. Zwar verzichtet man abseits der Ladebildschirme auf Sprachausgabe, so dass die Figuren im Spiel nur guttural jammern, stöhnen oder einsilbig lachen und damit viel Atmosphäre verschenken. Dennoch ist die Geschichte um die dunkle Magierin Cia, die Hyrule und Zelda aus Eifersucht in den Ruin zu ziehen versucht, interessant und vielschichtig erzählt. Auch, weil sie erfolgreich versucht, Figuren, Storylines und Gebiete, die man als Zelda-Fan bereits in Ocarina of Time, Skyward Sword oder Twilight Princess kennengelernt hat, unter einen Warriors-Hut zu bringen.

Eine der großen Stärken ist das Artdesign: Vor allem die Bewohner Hyrules, die Bosse (darunter viele bekannte Gesichter) und vor allem die Helden wurden trotz Klon-Manko mit viel Liebe zum Detail gestaltet.  Allerdings fielen die relativ großen, weitgehend offenen Umgebungen dem Warriors-Fluch zum Opfer - sie hätten aufwändiger ausfallen dürfen. Immerhin: Die Bildrate geht nur selten bei großem Gegneraufkommen mit gleichzeitigem Effektgroßeinsatz in die Knie und der Grafikstil ist insgesamt deutlich bunter, als man es von den bisherigen Koei-Schlachten gewohnt ist. Die Lebensleiste besteht aus Herzchen und wenn man viele Gegner gleichzeitig oder einen Boss in die ewigen Jagdgründe schickt, wird der Bildschirm von einem Rubinregen gefüllt. Wenn man eine Kiste öffnet, wird die bekannte Kameraperspektive verwendet und der entsprechende Musik-Jingle eingespielt. Man gibt sich viel Mühe, sowohl visuell als auch akustisch die Welt von Hyrule zum Leben zu erwecken. Dies gelingt mit wechselndem Erfolg. So hat die knapp bekleidete und mit ihrer Oberweite eher an Soul Caliburs Ivy erinnernde Cia z.B. ebenso viel Mühe, in ihr Kleid zu passen wie in diese Welt. Zudem geht immer dann ein Teil der aufgebauten Stimmung flöten, wenn die Variationen der Zelda-Themen von den Warriors-typischen harten Gitarren-Riffs ersetzt werden. Der Effekt wäre ähnlich, wenn bei "Der Herr der Ringe" die Schlacht um Helms Klamm nicht durch den Soundtrack von Howard Shore, sondern durch Musik von Pierce The Veil oder Asking Alexandria unterstützt würde - es passt einfach nicht.

Nach der Geschichte kommt das Abenteuer

Die Spezialangriffe bringen in schöner Regelmäßigkeit den Bildschirm zum Glühen.
Dass die Geschichte mit etwa acht bis zehn Stunden im Rahmen der Warriors-Serie vergleichsweise kurz ausgefallen ist, versucht der Abenteuer-Modus aufzufangen. Hier muss man versuchen, auf einem 128 Felder großen Raster im 8Bit-Retro-Look, Aufgaben zu erfüllen. Allerdings hat man anfänglich nur Zugang zu einer Hand voll Abschnitte. Weitere daran angrenzende werden je nach Endbewertung der Schlacht freigeschaltet, die allerdings nicht im 8-Bit-Grafikstil, sondern im "normalen" Kampfmodus dargestellt wird. Motivierend in diesem Modus: Mitunter ist die Figur, mit der man der Herausforderung begegnen muss, vorgegeben. Und die Aufgaben variieren: Von einem Bosskampf-Marathon à la "Besiege fünf große Gegner in zehn Minuten"  bis hin zu "Töte nur diesen oder jenen Feind". Allerdings bleibt man mechanisch immer auf vertrautem Boden. Rätsel- oder puzzlelastige Dungeonausflüge wird man auch hier nicht antreffen. Dennoch zieht mich vor allem dieser Modus immer wieder zu einem Gefecht nach Hyrule. Man kann in den Gebieten zahlreiche, mitunter figurenspezifische Geheimnisse entdecken. Und mit den freigeschalteten Kerzen oder Kompassen kann man auf der Übersichtskarte das eine oder andere Licht ins Dunkel bringen und neue Zugänge freischalten.

Die nur leicht bekleidete Cia möchte Hyrule in die Dunkelheit stürzen.
Trotz aller Vorzüge und trotz des auch mittelfristig motivierenden Abenteuer-Modus schaffen es die Hyrule Warriors nicht, Orochi 3 als meinen momentanen Warriors-Favoriten abzulösen. Grund dafür ist das in vielen Bereichen nicht genutzte Potenzial. Dass z.B. die Fähigkeiten der einzelnen Figuren über die Kombination aufgesammelter Materialien erweitert und verbessert werden können, ist eine gute Idee. Dass die resultierende Entwicklung bei nahezu jeder Figur identisch abläuft (auch wenn die benötigten Zutaten variieren), ist schade. Wie auch das weiterhin beinahe komplette Fehlen von Sprachausgabe. In den Ladeschirmen der Story bekommt man zwar einen erzählten Rückblick, doch sobald es ins eigentliche Spiel geht, sind Untertitel und einfache Stöhn-, Schluchz- oder Lachlaute das Maß aller Dinge. Das ist besonders bedauerlich, da die anderen Warriors-Spiele zumeist über umfangreiche Sprachausgabe auch während der Gefechte verfügen. Zwar bleibt man mit dieser Sprachlosigkeit der Zelda-Tradition treu, doch im Jahr 2014 hätte es mehr sein dürfen.

Fazit

Allen Vorbehalten zum Trotz geht die scheinbar unheilige Verbindung aus Hyrule-Mythologie und Warriors-Kampftechnik auf. Zwar nutzt Koei nicht die Chance, die seit Jahren still stehenden Massenschlachten um mehr Anspruch, Rätsel oder Herausforderungen aufzuwerten. Doch mit den altbekannten Elementen der Orochi- oder Gundam-Prügeleien wird man in kleinen Dosen solide unterhalten. Der Story-Modus verbindet nicht nur Artdesign und viele akustische Versatzstücke der Zelda-Serie mit den typischen Klonarmeen der Warriors-Reihe. Er verbindet auch drei bekannte Zeitlinien aus Twilight Princess, Ocarina of Time und Skyward Sword in einer durchaus interessanten Rachegeschichte. Im Vergleich zu Warriors Orochi 3 ist die Erzählung mit etwa acht bis zehn Stunden zwar sehr knapp ausgefallen, kommt aber gut auf den Punkt. Danach lockt der Abenteuer-Modus, um mit dem guten Dutzend Figuren über 120 Missionen mit teils knackigen Aufgabenstellungen zu erleben sowie zahlreiche Geheimnisse auf der schicken 8-Bit-Karte zu entschlüsseln. Auch wenn der mechanische Fortschritt mit der Lupe gesucht werden muss, zeigt Tecmo Koei eine interessante Facette von Link, Zelda & Co.

Pro

eingängige Kampfmechanik...
Art- und Sounddesign nutzen bekannte Elemente zum Aufbau von Atmosphäre
Story-Modus verbindet Zeitlinien von drei Zelda-Abenteuern
Waffen können aufgerüstet, Figuren verbessert werden...
ein gutes Dutzend spielbarer Figuren
passable Bosskämpfe
Abenteuer-Modus ist eine interessante Ergänzung des Warriors-Prinzips
ordentliche Sprachausgabe in den Zwischensequenzen

Kontra

... die aber in jedem Modus schnell an ihre Grenzen stößt
haufenweise Klongegner
schwache KI
... Entwicklung läuft bei allen Figuren weitgehend identisch
keinerlei Sprachausgabe in der Spielwelt
Gitarren-Variationen des Zelda-Themas zerstören Atmosphäre

Wertung

Wii_U

Nicht so schlimm wie befürchtet: Trotz mechanischer Redundanz sowie technischer Makel zeigen die Massenschlachten eine interessante Facette von Link, Zelda & Co.

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