Im Test: Das Gamepad als Cockpit
Weltraumreisen für Jedermann!
Seltsam, dass nicht früher jemand drauf gekommen ist: Der Touchscreen der Wii U ist schließlich wie gemacht für ein virtuelles Cockpit voller Regler. Allzu viele sind es zwar nicht – im Gegensatz zum Mech-Klassiker Steel Battalion besitzen aber alle davon eine wichtige Funktion. Nach einer kurzen Gewöhnungsphase fühlt es sich richtig natürlich an, das kleine Touristen-Raumschiff mit Hilfe virtueller Knöpfe durch außerirdische Grotten zu navigieren. Ich drehe den Schubregler voll auf, um mit Schmackes eine Barriere aus dem Weg zu stupsen. Nur nicht zu viel Power, sonst überhitzt der kleine Verbrennungsmotor und Flammen züngeln aus dem Maschinenraum. Im Wasserbecken dahinter muss ich die Maschine ohnehin deaktivieren; stattdessen drehe ich den Massegenerator auf, sinke wie ein Stein zu Boden und rutsche mit einem kratzenden Schleifgeräusch eine Schräge hinab. Na also: Nachdem ich die Masse wieder verringert habe, tauche ich am anderen Ende des Beckens auf – und schlüpfe durch den Ausgang des kleinen Levels. Jedes davon ist nur wenige Minuten kurz, so dass sich die Wunderwelt unter der Erde in gut verdaulichen Häppchen erkunden lässt.
Fingerspitzengefühl gefragt
Auch das vergilbte Retro-Handbuch des Vehikels wurde charmant gestaltet, davon abgesehen begrenzt sich die Rahmenhandlung leider auf das Nötigste: Als Weltraumtourist habe ich mir ein robustes kleines Ausflugsschiff gemietet, um eine außerirdische Höhlenwelt zu erkunden. Laut Broschüre ist sie natürlich völlig sicher, in Wahrheit spuken aber allerlei fiese Wachroboter in den Grotten herum, die von einem vor Urzeiten abgestürzten Alien-Schiff stammen sollen. Im Gegensatz zu Pixeljunk Shooter oder Metroid: Prime wird das Thema aber kaum vertieft. Stattdessen konzentriert sich das Spiel auf die Erkundung, Rätsel und geschickte Manöver. Um z.B. einen Schalter zu erreichen, muss ich mit dem robusten Schiffchen coole akrobatische Manöver meistern: Ich fahre das rutschige Fahrgestell aus und gebe ordentlich Schub, damit das Vehikel über eine Schiene schliddert und schließlich in die Höhe zum Schalter geschleudert wird.
Erhebende Experimente
Wenn es klappt, sorgen die Berechnungen für richtig schöne Erfolgserlebnisse. Mit der Zeit habe ich mein kleines robustes Schiffchen richtig lieb gewonnen, weil sich so viel damit anstellen lässt. Fahre ich das klebende Fahrgestell aus, reise ich auch über Kopf an beweglichen Teilen mit. Hitzeempfindliche Gegner lassen sich mit dem Verbrennungsmotor austricksen. Da sie oft zusätzlich auf Lärm reagieren, muss ich den Schub trotzdem vorsichtig dosieren. Manchmal deaktiviere ich sogar das Stabilisierungs-System und ruckle dementsprechend wild eiernd durch die Luft – anderswo schlüpfe ich durch Portale oder kippe ich das Gamepad, um mein Raumschiff auszurichten und durch eine schmale Lücke zu passen. Die Entwickler beweisen viel Fingerspitzengefühl dafür, wie man Nintendos Controller sinnvoll mit dezenten Bewegungen in ein Spiel einbindet. Auch die mysteriöse Höhlenwelt trägt ihren Teil zur Faszination bei, z.B. mit fiesen Fallen wie den ledrig quietschenden Greifarmen. Sie strecken sich erbarmungslos in die Richtung des Schiffes aus, um ihn schließlich wie eine fleischfressende Pflanze zu zerquetschen. Durch den gekonnt ausbalancierten Wechsel zwischen Puzzles und Geschicklichkeitsabschnitten ergibt sich ein schöner Spielfluss.
Fast wie auf der Brücke
Sehr gelungen wirkt dagegen der ruhig und geheimnisvoll gehaltene Soundtrack. Nur ab und zu durchsticht ein fremdartiges Klingeln oder Quietschen die ruhigen Akkorde und das Rauschen des Windes. Einen Online-Koop haben sich die Entwickler gespart – lokal gibt es aber eine schöne Möglichkeit, den Piloten zu unterstützen:
Fazit
Affordable Space Adventures beweist, wie sinnvoll sich das Gamepad der Wii U einsetzen lässt. Das Hantieren mit zahlreichen Reglern, Antriebs- und Stabilisationssystemen erzeugt ein cooles Spielgefühl, welches das klassische Arcade-Prinzip deutlich aufwertet. Nur wenn ich im passenden Moment Schub gebe, zwischen Elektro- und Verbrennungsmotor wechsle und feinfühlig an den Reglern spiele, gelingen die akrobatischen Manöver zum Austricksen von Schwerkraft und außerirdischen Fallen. Der lokale Koop ist ebenfalls gelungen, da sich Steuerfunktionen wie bei einer echten Crew aufteilen lassen. Schade, dass man nicht auch online zusammenarbeiten darf. Außerdem wirken die Story und einige Kulissen etwas trist. Davon abgesehen steckt aber ein faszinierender Mix aus Puzzles und Geschicklichkeit im Spiel, der das Gamepad so gut ausnutzt wie kaum ein anderer Titel!
Pro
Kontra
Wertung
Wii_U
Cleveres Navigations-Spiel in fallengespickten Höhlen, welches die Möglichkeiten des Gamepads vorbildlich ausnutzt.
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