Mario Party 1018.03.2015, Jörg Luibl
Mario Party 10

Im Test: Würfelglück & Münzenklau

Zum zehnten Mal steigt die Mario Party seit der Premiere auf dem N64. Und zum ersten Mal gibt es die Minispielsammlung mit Brettspielflair auf Wii U. Was hat sich Nintendo für die aktuelle Konsole einfallen lassen? Können Kulisse und Regelwerk überzeugen? Wir haben uns in kunterbunten Duellen ausgetobt und mit Luigi, Bowser & Co nach frischen Akzenten gesucht. Mehr dazu im Test von Mario Party 10 (ab 29,81€ bei kaufen).

Frischer Wind oder zurück zu den Wurzeln?

Was hat viele Fans an Mario Party 9 für Wii gestört? Das komplett veränderte Regelwerk, das u.a. keine einzelnen Bewegungen mehr auf den Spielbrettern erlaubte. Außerdem waren diese nicht mehr rund, sondern linear mit einem Anfang und einem Ende designt. Hinzu kamen viele Ministerne statt wenige große Sterne sowie ein neues Würfelsystem; die Münzen wurden zudem komplett gestrichen.

Mario Party erschien erstmals 1999 auf dem N64. Es wurde lange Zeit von Hudson Soft für Nintendo entwickelt; Mario Party 9 und 10 wurden von Nd Cube produziert.

Anno 2012 habe ich diesen frischen Wind begrüßt, denn die Serie stagnierte seit Jahren. Nd Cube hatte den Mut, endlich mal frische Impulse auf Wii zu setzen. Aber schon damals haben auch diese massiven Veränderungen keine neue Begeisterung auslösen können. Dem Party-Erlebnis fehlte es trotz fieser Manöver und gezielten Würfen auf lange Sicht nicht nur an Spieltiefe. Auch das Freischaltbare war trotz kunterbunter Minispielmasse mager. Mit drei Jahren Abstand kann man sagen, dass das Konzept zwar gut gemeint, aber gerade für Kenner der Serie nicht nachhaltig genug designt war.

Alle wieder in einem Boot

Wer darauf gehofft hat, dass die japanischen Entwickler, die auch Wii Party U produziert haben, vielleicht zurück zu den Wurzeln gehen, dass sie vielleicht die taktischen Defizite des neuen Regelwerks über kreative Ergänzungen ausgleichen oder dass sie die Möglichkeiten der Bewegungs- und Touchsteuerung für Wii U clever ausnutzen, wird zumindest im zentralen Party-Modus enttäuscht: Denn wie im neunten Teil sitzen alle vier Spieler wieder in einem Wagen und brauchen tatsächlich nur Remotes - weder MotionPlus noch Classic-Controller werden unterstützt. Das Gamepad dient hier nur als Bildschirm, um Bowsers drohenden Ausbruch aus dem Gefängnis anzuzeigen. Warum reduziert man die Steuerung so radikal? Klar macht ein einfaches Schnellbootrennen oder ein Ausweichen auf bröckelnde Plattformen auch so mit einem Knopf samt Steuerkreuz Spaß. Aber es hätte zumindest die Option geben können, zusätzlich komplexere Minispiele mit erweiterter Bewegungs- oder Touch-Steuerung in diesem Modus freizuschalten.

Man wählt also wie gehabt einen von zehn

Die Minispiele sind abwechslungsreich, sehen hübsch aus und werden alle mit normalen Remotes gespielt. MotionPlus, Classic-Controller & Co werden nicht unterstützt; auch das Wii U Gamepad kommt im normalen Party-Modus nur als Bildschirm für Bowsers kommenden Ausbruch vor.
verfügbaren Start-Charakteren von Yoshi über Peach bis Wario (mit Toadette und Spike sind nur zwei Figuren zusätzlich freischaltbar) und bewegt diesen immer mit den anderen in einem Wagen. Apropos: Davon kann man fast genauso viele freischalten wie überflüssige Fotos oder Musik, außerdem gibt es einen fünften Schwierigkeitsgrad für die KI-Spieler. Aber wirklich Sinnvolles sucht man vergeblich: Mehr als zwei Charaktere, mehr Spielbretter, weitere Spielmodi! So hält sich die Motivation auf lange Sicht in Grenzen. Und wer rubbelt dann tatsächlich dafür weitere Münzen frei? Pro Tag darf man das einmal mit seiner amiibo-Figur und Touchpen...öde.

Fünf hübsche, aber überschaubare Spielbretter

Zurück zur bekannten Struktur des Party-Modus: Man kämpft erneut zusammen gegen die beiden Bosse in der Mitte sowie am Ende einer linearen von lediglich fünf verfügbaren Karten als Team - das Ziel erreicht man manchmal in fünfzehn, wenn es hoch kommt in dreißig Minuten. Die vorhandenen Spielbretter sind ja toll designt, widmen sich Themen wie Freizeitpark oder Spuklandschaft, aber sie sind trotz einiger Abzweigungen auch sehr überschaubar. Die Minispiele sind erneut die

Mario Party 10 wurde ansehnlich ins HD-Zeitalter gehievt.
Motivationsgaranten, denn es geht angenehm abwechslungsreich zur Sache: man rennt, klettert, rast, fliegt, schätzt, zählt, blufft, kämpft und sammelt, was das Zeug hält.

Auf dem Weg ins Ziel muss man den anderen natürlich eins auswischen, indem man als Spielführer die Route zu seinen Gunsten festlegt - man kann sich bequem anzeigen lassen, wohin einen bestimmte Würfe bringen würden. Nur der aktive Spieler bekommt dann auch die Sterne und kann seinen Nachfolger gezielt mit seinem Wurf in die Bredouille bringen. Der Nachteil: Nur er bekommt auch die Abzüge auf den dunklen Pech-, Unglücks- oder Bowserfeldern. Der normale Wurf reicht von eins bis sechs; es gibt  aber spezielle Würfel, die u.a. nur eine null oder eins, eine eins bis drei oder eine vier bis sechs werfen können. Aber unterm Strich werden wirklich gute Minispieler oder Würfelplaner nicht automatisch belohnt, denn Glück und Zufall spielen weiter eine große Rolle.

Neuer Spielmodus 1: amiibo Party

Nintendo hat mit der "amiibo Party" für bis zu vier Spieler einen neuen Modus in petto, der den Wettbewerb auf sehr kleinen Karten mit Oldschool-Flair inszeniert. Dort kommen dann tatsächlich einige Elemente des alten Regelwerks vor: Die Spielbretter sind kreisförmig angelegt, jeder ist alleine unterwegs und man sammelt wieder die klassischen Münzen, mit denen man pro 20 Stück dann Sterne kaufen kann. KI-Teilnehmer lassen sich in vier oder fünf Stufen hinzuschalten, die Minispiele stehen im Vordergrund. Gute Idee: Die amiibo-Figuren schalten Spielbretter mit ihren Themen frei - wer Mario einsetzt, bekommt also auch Marioflair. Und man kann mit seinen amiibos

Es gibt fünf Spielbretter: Mushroom Park, Haunted Trail, Whimsical Waters, Airship Central und Chaos Castle. Warum kann man nicht mehr freischalten?
zusätzlich Marken für seine Figur gewinnen, die einem z.B. fünf Würfel spendieren - fühlt sich wie exklusive Ausrüstung an, die man auch langfristig an seinen amiibo binden kann. Blöd ist nur, dass man dafür evtl. vorhandene Softwaredaten von anderen Spielen wie etwa Super Smash. Bros. löschen muss, wenn man z.B. mit Mario spielt.

Zwar stecken interessante Ideen in "amiibo Party", aber letztlich ist das nur ein Snack, der auf zehn Runden begrenzt ist und lediglich Parcours' von unter 30 Feldern ohne Abzweigungen anbietet - das fühlt sich alles viel zu winzig an! Es gibt keinerlei Optionen, das Ganze komplexer zu gestalten. Hinzu kommen einige seltsame bis nervige Designentscheidungen: Warum reserviert man gerade diese klassischen Regeln, die viele vermist haben, überhaupt für amiibo? Und warum dann für nur neun Figuren (Mario, Luigi, Toad, Peach, Yoshi, Wario, Donkey Kong, Bowser, Rosaline)? Unterstützt werden z.B. weder Link noch Kirby oder andere. Hier wird natürlich das Wii U Gamepad benötigt, um seine Figuren zu registrieren. So weit, so gut, aber dann muss man tatsächlich jedesmal (!) seinen amiibo auf den Sensor stellen, wenn man würfeln oder andere Aktionen wie Zufallsauswahlen treffen muss. Das ist gerade zu viert unheimlich nervig, weil man das Wii U Gamepad ständig als Plattform in der Mitte braucht - auf einer Couch eine wacklige Sache, am Boden zu unbequem, also muss ein Tisch her.

Neuer Spielmodus 2: Bowser Party

In "Bowser Party" verfolgt der Bösewicht die Helden. Kann er sie einholen, kommt es zum Gefecht.
Zum ersten Mal kann ein Spieler auch in den Panzer von Bowser schlüpfen, um vier Helden einzuheizen. Ziel ist es, die in einem Wagen sitzenden Helden mit hohen Würfen einzuholen und so oft zum Gefecht zu zwingen, bis sie ihre Lebenspunkte verloren haben und bevor sie das Ende des Spielbrettes erreichen. Statt Münzen sammeln die Verfolgten die wichtigen Herzen, die ihr Leben immer wieder erhöhen. Aber wenn sie die Linie überqueren, wo der Superstern wartet, haben sie noch nicht gewonnen - Bowser darf den Stern dann unter einer von drei Figuren verstecken. Raten sie die richtige Position nicht, werden sie wieder ein Stück des Weges zurückgeworfen.

Neben den Minispielen in den drei Modi kann man auch separat Bonusspiele wie Badminton starten.
Immerhin kommt hier auch mal das Wii U Gamepad für Bowser aktiv zum Einsatz, über das er die Angriffe koordinieren kann: Zum Feuer spucken kann man z.B. damit zielen, man kann es für Feuerwalzen neigen oder zum Würfeln in die Höhe schnellen lassen. Je nach Minispiel kann er Helden zerquetschen oder zerstampfen. Zwar wird Bowsers Jagd auf den Wagen sehr ansehnlich inszeniert, indem er wie ein Godzilla durch den Park stampft und dabei auch die Anlage teilweise zerstört. Aber auch diese "Bowser Party" ist auf Dauer kein Brüller, weil sie viel zu schnell vorbei ist und in acht von zehn Spielen die Helden viel zu leicht gewinnen.

Was überraschend Spaß gemacht hat, waren einige der Bonusspiele, die man unabhängig von den drei Modi (Party, amiibo, Bowser) starten kann: Badminton lässt sich z.B. im Einzel oder Doppel austragen und macht richtig Laune, weil man mit Stopps und Schmetterbällen sowie kleinen Richtungs- und Laufmanövern taktisch agieren kann. Und wie unterhaltsam wäre das erst, wenn Nintendo das noch mit präziserer MotionPlus-Steuerung inklusive Bewegungserkennung inszeniert hätte? Das ging ja mal vor Urzeiten auf Wii mit diesem Tennis...vielleicht eine Idee für eine Auskopplung im eShop?

Fazit

Das Beste an Mario Party 10 ist Badminton! Und der kleine Bonussport ist vielleicht auch ein Symbol für die vergebenen Chancen: Macht kurzfristig Laune, aber bleibt hinsichtlich der simplen Steuerung sogar unter Wii-Niveau. Von der Premiere auf Wii U habe ich mir jedenfalls viel mehr versprochen. Nintendo hat Mario Party 10 zwar grafisch ins HD-Zeitalter katapultiert, aber spielerisch sowie hinsichtlich der Regeln hat man sich gegenüber dem neunten Teil kaum entwickelt. Besonders schade ist, dass man die Steuerungsmöglichkeiten des Wii U Gamepads nur in einem Sondermodus mit Bowser nutzt; ansonsten bewegt man alles mit Remotes - selbst MotionPlus ist nicht nötig. Trotzdem kann die Sternejagd durchaus unterhalten, weil die vielen Minispiele angenehm abwechslungsreich sind. Die amiibo-Unterstützung schwankt allerdings zwischen nett und nervig: Vor allem die exklusive Anbindung des klassischen Regelwerks an die Zusatzfiguren ist unverständlich. Auf Dauer vermisse ich einfach mehr Spieltiefe, mehr Spielbretter und Sinnvolleres zum Freischalten. Das fühlt sich alles an wie ein kunterbunter Snack, den man viel zu schnell verdaut hat - dabei könnte man doch zumindest optional komplexere Karten und mehr Regeloptionen für alle anbieten. Online? Gibt's natürlich nicht.

Pro

Badminton - toll!
sympathisches Brettspielflair
fünf ansehnliche Spielbretter von Spuk bis Park
zehn Startcharaktere, neun amiibos einsetzbar
große Vielfalt an Minispielen
Bowser-Modus mit Gamepad-Unterstützung
amiibo-Modus mit eigenen Karten/Fähigkeiten
Wagen, Musik, Fotos und KI-Stufe freischaltbar

Kontra

amiibo-Platzierung beim Würfeln
nervig!
zu wenig Spieltiefe und taktische Planung
keine zusätzlichen Spielbretter freischaltbar
klassische Regeln nur im amiibo-Modus
nur Remote-Steuerung ohne MotionPlus
zu wenig kreativer Gamepad-Einsatz
teilweise extrem kleine Karten (amiibo-Party)
Helden klar im Vorteil (Bowser-Party)
nur zwei Zusatzcharaktere freischaltbar
kein Online-Modus

Wertung

Wii_U

Sieht hübsch aus, ist kurzfristig unterhaltsam, aber von der Premiere auf Wii U habe ich hinsichtlich Spieltiefe, Steuerung & Co mehr erwartet als einen kunterbunten Snack.

0
Kommentare

Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.

Es gibt noch keine Beiträge. Erstelle den ersten Beitrag und hole Dir einen 4Players Erfolg.