Rodea: The Sky Soldier13.11.2015, Jan Wöbbeking

Im Test: Absturz ins Bodenlose?

Sonic-Erfinder Yuji Naka begibt sich wieder in die Luft: In Rodea the Sky Soldier düst der Spieler mit einer sehr eigenwilligen Steuerung zwischen schwebenden Inseln und bewaffneten Flugwalen umher. Hat sich der Mut gelohnt oder fällt das Konzept fünf Jahre nach dem Start der Entwicklung auf die Nase?

Die meinen das tatsächlich ernst…

Wirklich wahr haben will ich es noch immer nicht. Ich sitze schon ein paar Stunden vor der Wii U und kann es noch immer nicht fassen. Hinter diesem Unfall steckt tatsächlich Yuji Naka? Mit Nights hatte ich früher doch so viel Spaß – und er zischte doch so flüssig durch seine zauberhafte Traumwelt. Ganz anders bei Rodea the Sky Soldier: Auch nach Stunden krampfhafter Gewöhnungsversuche will kein Spielfluss aufkommen. Stattdessen dreht sich die widerborstige Kamera noch immer wild weg und auch die hakelige Flugsteuerung ist alles andere als intuitiv. Wie konnte das passieren? Vermutlich wurde das ursprünglich für Wii entwickelte Spiel nicht vernünftig für die Gamepad-Steuerung angepasst. Naka und sein Team bei Kadokawa haben sich nämlich für ein sehr ungewöhnliches Konzept entschieden. Man bewegt sich zwar wie in vielen Action-Adventures mit voller Bewegungsfreiheit durch mehr oder weniger schmale 3D-Levels. Statt direkt durch die Luft zu fliegen, peilt man aber mit dem Fadenkreuz ein Ziel an, drückt auf den Knopf und schon düst man automatisch dorthin. Auch das kerzengerade Aufsteigen und kleine Ausweichrollen beherrscht Rodea. Unterwegs zielt man auf schwebende Bomber-Wale, krabbelnde Panzer-Krabben und andere Biester, um sie mit einem Dash oder einer Energiekanone auszuschalten.

Gestatten: Rodea und seine neue Mechanikerin Ion.
Für die Wii-Fernbedienung klingt das Schema durchaus sinnvoll - doch wenn man mit dem Stick des Gamepads herumwurschtelt und gleichzeitig die Kamera wilde Pirouetten dreht, werden selbst einfache Manöver zur Qual. Die ursprüngliche Steuerung per Fernbedienung ist in unserer Download-Fassung übrigens nicht enthalten – auch nicht als alternative Option. Nur wer  sich für die Disk-Version entscheidet, bekommt zusätzlich auch die Wii-Fassung des Spiels mit ihrer Wiimote-Steuerung.

Krampf am Himmel

Auch die Entwickler haben offenbar erkannt, wie nervig die Handhabung im finalen Spiel ist. Vermutlich sind daher die Kämpfe gegen fliegende Fische so einfach gestrickt. Sogar Bosse wie ein Mechanik-Titan lassen sich lächerlich einfach ausschalten – es sei denn, die nervöse Kamera dreht sich mal wieder ungünstig weg. Und selbst wenn das Schauspiel korrekt eingefangen wird, sieht es bemerkenswert hässlich aus. Im Grunde gefällt mir ja der Ansatz der fliegenden Inseln und der leichte Steampunk-Einschlag beim Design, doch die Texturen sind derart grob aufgelöst, dass man das Spiel vermutlich problemlos auf Dreamcast umsetzen könnte. Kein Scherz. Bei manchen Flächen bekommt man sogar ein hässliches Texturflimmern zu Gesicht. Oder handelt es sich um einen absichtlichen Effekt, um der Kulisse eine Comic-Look zu verpassen? Wirklich beantworten kann ich die Frage nicht. Ein Rätsel ist mir außerdem, wie es bei einer derartigen Grafik und nur 30 Bildern pro Sekunde noch zu massiven Ruckel-Attacken kommen kann. Wenigstens halbwegs modern wirkt nur das Upgrade-System, mit dem ich ein paar Statuswerte wie Geschwindigkeit oder Kraft der Attacken aufpäppeln kann. Ab und zu lernt Rodea auch neue Tricks wie das Festhalten an steilen Wänden. Während des Gleitens sollte man übrigens die selbstaufladende Flugenergie im Auge behalten, damit man nicht ins Bodenlose fällt.

Sonic und Nights lassen grüßen: Beim Express-Flug durch Portale und Edelsteine wird Nakas Handschrift erkennbar. Auch Project-Zero-Entwickler Zin Hasegawa war beteiligt.
Auch die Story kann das Spiel nicht vorm Absturz retten: Nachdem der Roboter Rodea 1000 Jahre unter der Erde schlummerte, wird er von der aufgekratzten Mechanikerin Ion in einer Ruine ausgegraben und muss erneut das Himmelskönigreich Garuda vor den Naga-Invasoren schützen. Die meiste Zeit über beschränken sich die Dialoge allerdings auf platte Witzeleien zwischen Rodea und seiner Mechanikerin. Wer seine Mitbewohner nicht mit dem überdrehten Gekreische der japanischen Synchro nerven will, kann auch auf Englisch mit deutschen Untertiteln spielen oder das Spiel komplett aufs Gamepad verlegen. Eine 3DS-Version ist heute übrigens ebenfalls erschienen.

Fazit

Wow. Eine derartige Gurke hätte ich von Yuji Naka nicht erwartet. Selbst Sonics schwächere Titel der letzten Jahre wirken noch richtig solide im Vergleich zu dem, was sein Erfinder und Kadokawa hier abliefern. Wurde das ursprünglich für Wii entwickelte Spiel nur mit minimalem Aufwand für die Wii U konvertiert? Es spricht einiges dafür: Mit einer derart fummeligen Handhabung und der schrecklich nervösen Kamera will selbst nach mehreren Stunden kein echter Spielfluss aufkommen. Auch die potthässlichen Kulissen sind selbst für Wii-U-Verhältnisse ein Witz. Schade – eigentlich hatte ich mich auf unkomplizierte Arcade-Action am Himmel gefreut, bei der ich auch eine etwas schlichtere Grafik in Kauf genommen hätte – aber das hier ist weit davon entfernt.

Pro

theoretisch interessantes, eigenwilliges Spielprinzip
schwebende Inseln zumindest vom Konzept her idyllisch

Kontra

schrecklich hakelige Steuerung
nervöse Kamera stört ständig die Übersicht
potthässliche Steinzeit-Grafik
flimmernde Texturen
gelegentliches Ruckeln
Soundtrack und Stimmen klingen überdreht und kitschig
fade Story und platte Dialoge

Wertung

Wii_U

Eine schrecklich hakelige Steuerung und potthässliche Grafik machen die ungewöhnliche Flug-Action zum Frusterlebnis.

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