Underground16.01.2015, Benjamin Schmädig

Im Test: Doktorspiele

Da sag' noch mal einer, von Videospielen könne man nichts lernen. So genannte "Serious Games" heben den Lerneffekt auf eine höhere Stufe. Denn ihr Ziel ist das Vermitteln von Wissen oder ein Training bestimmter Fertigkeiten. Und im Fall von Underground geht es um nichts Geringeres als die Laparoskopie, also chirurgische Eingriffe mithilfe optischer Instrumente. Wir machen den Test: Kann ein Spiel diese Erfahrung tatsächlich widerspiegeln? Und wie viel Spaß macht das?

Für eine gute Sache

Ja, Underground ist ein ganz normales Spiel. Seit einigen Tagen ist es im eShop für Wii U erhältlich und wird mit dem gewöhnlichen Touch-Gamepad gespielt.

Seine Geschichte ist allerdings die eines Simulators: Mithilfe von Remote und Nunchuk wollte das niederländische Studio Grendel Games jene Geräte nachahmen, an denen Ärzte laparoskopische Eingriffe üben. Die einzigartige Hardware, ursprünglich für Wii konzipiert, sollte jedoch nicht das Innere eines Körpers, sondern das eines fernen Planeten zeigen. Die Idee : Ärzte sollen Spaß am Übung haben.

Weil Underground aber nicht nur für medizinische Zwecke, sondern auch als Spiel erfolgreich sein muss,

Wie ein Arzt das Innere eines Körpers manipulieren zwei Roboterarme das Innenleben zahlreicher Höhlen.
entschied sich Grendel irgendwann, das Spiel auf Wii U zu veröffentlichen. Unabhängig davon ist der als Simulator gedachte Controller sowohl mit Wii als auch mit Wii U kompatibel.

Minenschleuser

Aber um den Simulator geht es mir nicht – darf es gar nicht, denn ich kann den Nutzen für Mediziner in keiner Weise einschätzen. Wenn ich über Underground spreche, rede ich ausschließlich über das Videospiel. Ein Spiel, in dem ich mit zwei starren metallenen Armen die Umgebung manipuliere, um ein Mädchen namens Sari sowie eine Gruppe Roboter durch zahlreiche Minen zu schleusen.

Warum sie dort sind, wird in kurzen Filmen erzählt, die ausschließlich mit Musik vertont wurden – gut, dass die Geschichte keine nennenswerte Rolle spielt.

Brücken, Schnecken und andere Hindernisse

Was muss ich tun? Mit dem linken und dem rechten Analogstick bewege ich die Arme über das gesamte Bild. Durch eine Auswahl auf dem Touchscreen aktiviere ich für beide Seiten unabhängig voneinander einen Bohrer oder einen Elektrostrahl. Mit dem ersten zerstöre ich Felsen, die Sari und den Robotern im Weg stehen, mit dem zweiten wehre ich mannshohe Schnecken ab und gebe den Robotern ein Signal zum Loslaufen.

Ich kann außerdem Objekte greifen und ablegen, um Kristalle in stillgelegte Fahrstühle einzusetzen oder nutzlose Metallreste in kleine Schmelztiegel zu werfen. Aus dem Rohmetall stelle ich z.B. Brückenteile her. So schaffe ich auf die eine oder andere Weise Sari und den Robotern einen Weg zum Ausgang – die Figuren laufen selbstständig in Richtung Ziel, sobald zumindest ein Stück des Weges frei ist.

Planlos durchs Erdreich

Mit ihrem Verhalten bin ich allerdings nicht einverstanden! Sie latschen nämlich ausschließlich aufs Ziel zu. Was sie geflissentlich ignorieren sind Wege zu Extras, die ich für den perfekten Abschluss eines Levels benötige. Tatsächlich harren die Figuren am Fleck aus, bis ihr vorgesehener Weg frei ist, anstatt einen Umweg zu laufen – selbst wenn das Extra auf dem Feld direkt nebenan liegt, gehen sie dort nicht hin. Wegpunkte darf ich "selbstverständlich" nicht setzen.

Könnte ich die Pfade vom Start weg so anlegen, dass Sari und ihre blechernen Kumpels einen Weg zum Ziel

Leider wird das sympathische Knobeln von spielerischen Unzulänglichkeiten geplagt.
finden, auf dem sich alle Extras befinden? Vielleicht. Doch die Darstellung von Wegen und Hindernissen ist so unübersichtlich, dass die Planung keinen Spaß macht.

Fehlende Rückmeldung

Ich kann die Kamera ja nicht frei bewegen; ich schalte Bildschirm für Bildscharm nach rechts oder links durch. Nicht einmal zoomen darf ich, denn das übernimmt eine unzuverlässige Automatik. Das ohnehin unpräzise Anvisieren eines Punktes wird dadurch noch ungenauer.

Dass ich wenige akustische und visuelle Rückmeldungen unmittelbar nach meinen Aktionen erhalte, verstärkt das Gefühl der Hilflosigkeit. Grundsätzlich gefällt mir z.B. die Möglichkeit, mit dem einen Arm ein im Fels steckendes Metallteil langsam herauszuziehen, während ich es mit dem Bohrer am anderen Arm lockere. Doch der wie fehlerhaft hin und her springende Greifarm verwirrt nur, bevor ein einsames Knacken irgendwann – vielleicht – vom erfolgreichen Lösen des Metalls kündet.

Fazit

Ich bin so sehr um Präzision und Übersicht bemüht, dass ich schon zufrieden weiter ziehe, wenn Sari und zumindest ein Großteil der Roboter überhaupt den Ausgang erreichen. Die Gestaltung der Rätsel sieht gegen ausgebuffte Puzzlespiele ohnehin keinen Stich – Underground ist dröges Ans-Ziel-Geleiten statt cleveres Knobeln. Es gibt nicht einmal eine weltweite Rangliste. Zu allem Überfluss funktioniert der Bau mancher Brücken oder das Aufheben einiger Gegenstände nicht wie es sollte. Das Hantieren mit den zwei Roboterarmen ist einzigartig und verlangt Fingerspitzengefühl und mit mit Sicherheit ist es eine willkommene Abwechslung in den Trainingsstunden der Mediziner. Als Spiel leistet es sich allerdings ärgerliche Kunstfehler.

Pro

Bedienen von zwei Roboterarmen
drollige Roboter, sympathische Präsentation

Kontra

ungenaue, mitunter fehlerhafte Steuerung
unübersichtliche Kamera mit automatischem Zoom
stures Ans-Ziel-Geleiten statt cleverer Rätsel
Bau eigener Wege nicht überall möglich
schwache Rückmeldung nach vielen Aktionen
Roboter laufen nicht auf Bonusgegenstände
Figuren und Roboterarme verschwinden oft in Kulisse
keine Ranglisten

Wertung

Wii_U

Der Knobelei mit zwei Roboterarmen fehlen Präzision, Übersicht und gute Rätsel.

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