Offen aber storylastig
Allzu lange suchen musste ich bisher nie, da wichtige Gegenstände und nützlicher Kleinkram im Dunkeln blinken. Ganz gefahrlos ist das Aufheben übrigens nicht: Je mehr Yuris Kleider mit dem verwunschenen Wasser des Berges durchtränkt wurden, desto eher lockt sie angriffslustige Geister an, die etwa am Rand eines Tümpels lauern. Dann kommt es auch mal mitten auf dem Weg zu einem Gefecht. Vor einem gruseligen Puppen-Schrein spukt z.B. ein Grüppchen von Kindern herum, die eigentlich nur Fangen spielen und eine Umarmung von mir wollen. Wie rührend – aber da sie mir Energie abziehen, muss ich ihre Seelen trotzdem auf meinen Film bannen. Wenn sie mich beim Herumtollen schnell umkreisen, werden die Probleme der Steuerung deutlich. Immer wieder reagiert das hektische Fokussieren per Gamepad-Bewegung nicht so wie erwartet, oder der Rest der Steuerung funkt dazwischen. Mit B kann ich z.B. ausweichen, andererseits lege ich mit der gleichen Taste aber auch die Kamera weg.
Verflixte Kiste!
Die Laufsteuerung wirkt ebenfalls ein wenig steif und träge. So ähnlich wie man es eben von alten japanischen Horror-Spielen gewöhnt ist, doch im Jahr 2015 könnten die Entwickler die Bewegungen ruhig ein wenig geschmeidiger umsetzen. Durch gut platzierte Schnappschüsse verdiene ich übrigens Punkte hinzu, die ich in effektivere Filme mit kurzer Nachladezeit oder Verbesserungen an der Kamera investieren kann. Besonders gut gelingen die Foto-Attacken, wen ich z.B. fünf herumschwirrende Schwachstellen gleichzeitig im Fokus habe – oder wenn ich erst kurz vorm Angriff des schrill kreischenden Gegners abdrücke.
Fiese Filmchen
Zum Schluss berühre ich idealerweise noch einmal die verfließende Seele, um ihre Geschichte zu erfahren. In wichtigen Story-Momenten gibt es richtig schön unbehagliche Zwischensequenzen zu sehen. Mal marschiert ein Grüppchen Selbstmörderinnen langsam und Händchen haltend in den Tümpel. Später hat der männliche Protagonist Ren fiese Alpträume, in denen er als Kind an tödlichen Ritualen teilnimmt – stilecht verzerrt durch jede Menge Bildfilter und Fiepstöne. Handelt es sich tatsächlich nur um Träume oder um eine verdrängte Erinnerung aus der Kindheit? Dieser Frage gehe ich in einem späteren Kapitel auf den Grund, denn auch Ren begibt sich zum mysteriösen Berg.
Hübsch gruselig: Grafisch gehört das Spiel zu den Highlights auf der Wii U.
Auch mitten im Spiel zaubern Tecmo und Nintendo richtig ansehnliche Szenen aus der Wii U. Von den etwas steifen Animationen abgesehen wirkt alles hübsch bedrohlich und auch technisch stark: Von Feinheiten in den altmodischen japanischen Häusern bis hin zu Details auf der Haut, die mal von feinen Schatten oder auch von eklig dickflüssigen Blutströmen bedeckt wird. Ich saß zwar bei weitem nicht so angespannt vorm Fernseher wie bei P.T., trotzdem herrscht eine ungute Atmosphäre. Die Geschichte wird vor allem durch eine Neugier nach morbiden Geschichten vorangetrieben, denn erst nach und nach erfahre ich immer mehr über die anfangs noch etwas gesichtslosen und klischeehaften Hauptfiguren. Vor allem die Hintergrundgeschichten über die Geister machen mich neugierig. Sie werden oft nur in Schriftform auf kleinen Kärtchen erzählt, verleihen der finsteren Region um den Selbstmord-Berg aber viel Persönlichkeit.
Kurzes Glück
Offenbar kam es in der abergläubischen Region bereits vor langer Zeit kam zu grausamen Vorfällen, bei denen auch einige Priesterinnen eine wichtige Rolle spielten. Im Wandel der Moderne wurde die finstere Vorgeschichte verdrängt und er Ort zu einem Ausflugsziel für Touristen ausgebaut, doch ein fataler Erdrutsch beendete die nur kurz währende Blütezeit. Viele Gebäude und Straßen landeten unter Geröll und Matsch, so dass das schwer zugängliche Gebiet aufgegeben wurde und wieder zur Hochburg des Okkulten avancierte. In den letzten Jahren zog es zahlreiche Selbstmörder an. Die Hintergrundgeschichte um die Naturkatastrophe und abgeschnittene Wege macht die Abgeschiedenheit glaubwürdig. Bei einigen ehemaligen Bewohner kann man sich vorstellen, dass sie allein schon der plötzliche Ruin zum Äußersten getrieben hat – aber auch hier könnten die bösen Geister ihre Finger im Spiel gehabt haben.