WWF Raw13.10.2002, Mathias Oertel
WWF Raw

Im Test:

In den USA durften sich Spieler bereits seit Anfang des Jahres mit den Recken der WWE (damals noch WWF) in den Ring begeben und heiße Wrestling-Matches austragen. Mehr als ein halbes Jahr später kommen auch deutsche Wrestling-Fans an die Reihe. Natürlich stellt sich die Frage, ob man dem Spiel das nach Spiele-Maßstäben hohe Alter anmerkt oder ob sich THQ vielleicht dazu hätte entschließen sollen, die WWE-Fans in Deutschland erst mit dem in Entwicklung befindlichen Teil 2 zum Xbox-Wrestling zu führen.

Spartanisch

Im Gegensatz zur erfolgreichen Smackdown!-Serie auf PSone und PS2 und den nach Meinung vieler besten Wrestling-Spielen auf dem N64, bei denen man aus zahlreichen Spielmodi und Match-Varianten auswählen konnte, beschränkt sich Raw auf das Wesentliche und ist zudem noch speziell auf die gleichnamige Fernsehsendung zugeschnitten.

Was sich größtenteils darin äußerst, dass man nur in einer Arena kämpfen kann und sogar irgendwelche Backstage-Areale der Schere zum Opfer fielen.

Auch an Spielmodi und Matchtypen wurde gespart: Neben einer teils langwierigen Serie von Matches, die zu einem von sechs Titelgürteln führen, könnt Ihr nur noch ein Turnier -den so genannten King of the Ring- und normale Matches veranstalten.

Bei den Kampftypen sucht man viele Fan-Favoriten ebenfalls vergeblich. Gerade mal acht Standard-Varianten gibt es, wobei die so genannten Gimmick-Matches wie Hell in A Cell, Käfigmatches, TLC (Tables, Ladders and Chairs) vergeblich gesucht werden.__NEWCOL__Mit Ausnahme der Battle Royal, bei der Ihr den Gegner über das oberste Seil aus dem Ring werfen müsst, sind alle Matches nur durch Pinfall (haltet den Gegner drei Sekunden lang am Boden) zu gewinnen.

Angesichts solch wenig opulenter Einstellmöglichkeiten schielen die Xbox-User natürlich unweigerlich auf die Smackdown!-Serie, die insgesamt mehr als 70 Matchtypen anbieten konnte.

Auch der so genannte "Roster", die Liste der integrierten Wrestler, ist nicht auf dem neuesten Stand. So sind zum Beispiel die nicht mehr der WWE zugehörigen Stone Cold Steve Austin und K-Kwik zu finden, während man auf neue Talente wie Brock Lesnar oder Hurricane Helms genau so verzichten muss wie auf Heimkehrer wie beispielsweise Hulk Hogan, Goldust oder Kevin Nash.

Viel von der anfänglichen Enttäuschung kann jedoch die Präsentation und das Kampfgeschehen auffangen: Denn nach der Auswahl des Matchtyps und der Wrestler findet ein fernsehreifer Einmarsch statt, der bei Fans für viel Stimmung sorgen dürfte.

Und erstmals in der Geschichte der Wrestling-Spiele ist es möglich, seinen Gegner auf dem Weg zum Ring anzugreifen. Unter Umständen lässt sich dabei sogar einer der zahlreichen Gegenstände ergattern, die Ihr auch als Waffe gebrauchen könnt.

Dass ein Stuhl dabei natürlich mehr Schaden anrichtet als eine Sonnenbrille, ist klar. Allerdings sind die Gegenstände, die man sich auch separat im Museum neben den Wrestler-Biografien anschauen kann, die einzigen freispielbaren Items.

Smackdown meets No Mercy

Wer schon einmal ein anderes Wrestling-Spiel aus dem Hause THQ gespielt hat, weiß in etwa, was ihn hinsichtlich der Steuerung erwartet. Ähnlich aufgebaut wie bei der Smackdown-Serie hat Ihr mit der einfachen Belegung keine Probleme und solltet schon nach kurzer Zeit zahlreiche Bewegungen durchführen können.

Dass man allerdings die Blocks und Konterbewegungen so stark an die WWE-Spiele auf dem N64 angelehnt hat, ist ein wenig störend. Denn egal, ob Euer Athlet einen Schlag oder Tritt blockt: Er wirft sich in Pose und lässt den Schlag im wahrsten Sinne des Wortes an sich abprallen.

Da beim Wrestling das Publikum eine entscheidende Rolle spielt, solltet Ihr darauf achten, möglichst abwechslungsreiche Moves durchzuführen und gelegentlich auch eine Geste einzubauen, die das Publikum aufputscht.__NEWCOL__Dadurch zieht Ihr die Zuschauer auf Eure Seite und die Leiste am unteren Bildschirmrand verschiebt sich zu Euren Gunsten. Denn nur wenn Ihr das Publikum auf Eurer Seite habt, könnt Ihr einen der verheerenden Finishing Moves ansetzen oder einen Pin wagen.

Neu ist auch die Energieleiste, die angibt, wie es um die momentane Kondition Eures Wrestlers bestellt ist. Mit jeder Aktion nimmt sie ab, woraufhin die folgenden Aktionen deutlich schwächer ausfallen und den Gegner weitaus weniger schwächen. Doch lasst Ihr Euren Kämpfer ein wenig ausruhen, füllt sich die Anzeige schnell wieder auf und Ihr könnt mit neuer Kraft angreifen.

Aber obwohl dadurch ein schönes taktisches Element ins Spiel eingebracht wird, wirken die Kämpfe auf Dauer fade. Vielleicht liegt es daran, dass der ganze Ablauf sich weitaus langsamer gestaltet, als man es aus den Wrestling-Spielen auf anderen Systemen kennt. Doch auch die nicht immer überzeugende Kollisionsabfrage trägt mit dazu bei, dass an WWE Raw vermutlich nur Hardcore-Fans ihre Freude haben werden.

Wrestler im Selberbau

Wie es sich für ein WWE-Spiel gehört, habt Ihr natürlich auch die Möglichkeit, einen eigenen Wrestler zu erstellen und ihn dann gegen die Größen des Sports Entertainment antreten zu lassen.

Die Bauteile und Optionen, die Euch dazu zur Verfügung stehen, sind zwar ganz passabel, kommen aber nicht an die Vielfalt der Smackdown-Serie heran und nutzen die Fähigkeiten der Xbox nicht mal ansatzweise.

Was nützt es mir, wenn ich die Lichter beim Einmarsch so einrichten kann, wie ich will, wenn ich mir nicht einmal eine eigene Musik auf die Festplatte bannen kann, die dann dazu eingespielt wird?

Besser geht´s nur im TV

Was die grafische Präsentation betrifft, gibt man sich wenig Blößen: Die Menüs sind übersichtlich und die Entwickler haben sich redlich und erfolgreich bemüht, das Flair der TV-Show einzufangen.

Die Einmärsche der Wrestler sind schlichtweg gigantisch - allerdings nur, wenn man eine Kleinigkeit außen vor lässt: Egal, wer die Rampe herunter marschiert, alle bewegen sich etwas steif und sind ein gutes Stück davon entfernt, lebensnah zu sein. Dafür jedoch sind die Wrestler-eigenen Charakteristika und Gesten sehr gut eingefangen.__NEWCOL__Trotz aller kleinen Mankos sind die Animationen und auch Texturen der Wrestler zu einem Großteil gelungen und schaffen auch meist nahtlose Übergänge der einzelnen Bewegungsphasen.

Im Zusammenspiel mit der schon angesprochenen Kollisionsabfrage sorgen aber diverse Clipping-Fehler für Miss-Stimmung.

Es sieht einfach nicht schön aus, wenn die Athleten ineinander verschmelzen. Da ist auf der Xbox sicherlich mehr möglich.

Dass die Zuschauer wie bei allen Spielen dieser Art aus übel animierten Papp-Kameraden bestehen, sorgt auch nicht gerade für eine optische Auffrischung.

Schweigen im Walde

Zwar hat man zu den Einmärschen die Original-Musiken zur Verfügung, doch abgesehen davon kann der Sound nicht gerade überzeugen. Der Kommentar in Smackdown 3 war ja auch nicht gerade das Gelbe vom Ei, im Nachhinein jedoch wesentlich stimmiger als die sprachliche Stille, die einem in Raw entgegenschlägt: Keine Kommentare, keine Sprachsamples der Wrestler - einzig die Ringankündigungen und kleine Sprachsamples in den Menüs sorgen in diesem Bereich für Auflockerung.

Während der Matches gibt es die handelsüblichen Aufprallgeräusche sowie auf Dauer nervige Musik, die man schnell abschaltet.

Fazit

Das größte Manko von Raw liegt am Alter. Die mehr als acht Monate Unterschied zwischen US- und Deutschland-Release merkt man dabei vor allem der Grafik an, die abgesehen von den stimmigen Einmärschen der Athleten und der TV-Präsentation gerade mal durchschnittliche Animationen bietet. Spielerisch zwischen der Smackdown!-Serie und den hervorragenden N64-Wrestlern angesiedelt, haben die Entwickler mit den Energie- und Zuschauerleisten zwei schöne neue Elemente eingebaut. Da es aber deutlich an Matchtypen und Variationsmöglichkeiten mangelt und auch aktuelle Top-Wrestler nicht vertreten sind, sollten sich nur eingefleischte WWE-Fans an Raw versuchen. Trotzdem wird man das Gefühl nicht los (vor allem wenn man über die Schulter auf Smackdown! 3 und das demnächst erscheinende Smackdown! 4 schaut), dass bei Raw viel zu viele Ideen verschenkt oder nur angekratzt wurden.

Pro

<li>mehr als 40 Wrestler</li><li>sehr gute Präsentation</li><li>variantenreiche, gute Steuerung</li><li>TV-reife Einmärsche</li><li>passabler Editor</li><li>lizenzierte Original-Musiken und -Videos</li><li>gelungenes Energie- und Zuschauerreaktions-System</li>

Kontra

<li>veralteter Roster</li><li>wenig Matchtypen</li><li>nur eine Arena</li><li>schwache Soundeffekte</li><li>veraltete Grafik</li><li>keine eigenen Musiken möglich</li><li>nur für Fans</li>

Wertung

XBox

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