Nightcaster01.08.2002, Jens Bischoff
Nightcaster

Im Test:

Rollenspieler gingen auf der Xbox bisher leider leer aus und auch im Action-Adventure-Bereich ist das derzeitige Angebot alles andere als hochkarätig. Grund genug den ehemaligen Starttitel und mittlerweile preislich reduzierten RPG-Adventure-Mix Nightcaster - Kampf gegen die Finsternis endlich einmal auf unseren Prüfstand zu nehmen: Ob empfehlenswerter Schnäppchen-Schmaus für ausgehungerte Fantasy-Fans oder abgelaufener Billigfraß, klärt unser nachgeschobener Haltbarkeitstest…

Licht ins Dunkel

In einer in endloser Nacht versunkenen Fantasy-Welt wählt das Schicksal den jungen Arran dazu aus, gegen die alles Leben verzehrende Dunkelheit in den Kampf zu ziehen. Grund für die ständige Finsternis ist nämlich kein zyklisches Naturereignis wie der arktische Winter, sondern ein vom Nightcaster heraufbeschworener böser Zauber. Doch um diesem üblen Burschen die Stirn bieten zu können, muss Arran erst einmal zum Magier umschulen und Jahre lang von Familie und Heimatdorf getrennt trainieren.

Nach seiner Rückkehr gibt es jedoch keinen Anlass sein erworbenes Magiediplom ausgiebig zu feiern, denn seine Eltern sind mittlerweile tot, das Dorf verwüstet und seine Freunde in Kämpfe mit Nightcasters Schergen verstrickt. So weit, so dumm gelaufen, doch nun will Arran den Verantwortlichen erst recht zur Rechenschaft ziehen. Bewaffnet mit einem alten Zauberbuch und einem magischen Eibenstab muss es der Spieler mal wieder richten, die vier Essenzen der Magie wieder zu vereinen und den Nightcaster zur Strecke zu bringen.

Geleitet von einer sprechenden Kristallkugel, steht zunächst jedoch ein kleines Tutorial auf dem Plan, dass einen mit Steuerung und Gameplay vertraut macht - erste Feindkontakte inklusive. Auch im weiteren Spielverlauf erteilt Euch die aufdringliche Kugel ständig weise Ratschläge und neue Marschbefehle, denen Ihr wie ein Hund folgt, denn Euer Weg ist von Beginn an fest vorgegeben. Abstand von dieser Fessel sowie der lauen Story, den seichten Dialogen und banalen Rätseln findet Ihr jedenfalls nur in den zahlreichen Kämpfen mit befremdlich bunten Spinnen, Wölfen, Pfützen oder Zombies.

Heilloses Durcheinander

Die wie in Farbtöpfe gefallenen Gegner sollen durch ihr expressionistisches Aussehen allerdings ihre Elementarzugehörigkeit (Feuer, Wasser, Licht und Schatten) verraten, damit man sie mit den jeweils entgegengesetzten Elementarzaubern schnell und gezielt bearbeiten kann, denn gegen Angriffszauber derselben Elementarklasse sind die Biester unangenehmer Weise immun. Eine nette, wenn auch bereits aus Azurik bekannte, Idee, die Nightcaster in der Praxis allerdings zum tödlichen Verhängnis wird. Denn wenn von allen Seiten Gauntlet-mäßige Monstergeneratoren kunterbunte Widersacher ins Getümmel spucken, kann von gezielten Treffern keine Rede sein. Mischen dann auch noch verbündete NPCs mit, sind zivile Opfer fast unvermeidbar, was die Überlebende auch noch mit Angriffen gegen Arran quittieren.

Hinzu kommen optisch zwar teils beeindruckende Zaubereffekte, die aber letztendlich nur dafür sorgen, auch das letzte Bisschen Übersicht im Farbenchaos zu verlieren. So verpuffen sämtliche taktischen Überlegungen bereits im Ansatz und man läuft meist völlig orientierungslos in der Gegend herum und schaltet wahllos zwischen den einzelnen Zauberklassen umher - nach dem Motto: irgendwen wird es schon treffen. Der Leidtragende ist neben dem Spielspaß aber auch oft der Spieler selbst, denn die mickrige Lebensenergie ist rasch aufgebraucht und heilende Items findet man nur selten und dann werden sie auch noch umgehend benutzt - ein Inventar besitzt Bücherwurm Arran nämlich nicht.

Nerven- und Geduldsfrage

Dafür gibt es neben 16 verstärkbaren Zaubern und vier aktivierbaren Power-Up-Runen mit diversen Schutzfunktionen auch eine Automap, welche Eure Fortschritte in den ohnehin überschaubaren Spielabschnitten zusätzlich festhält. Diese müssen teilweise sogar mehrfach besucht werden, der insgesamt recht magere Spielumfang wird dadurch aber nur unwesentlich gestreckt. Speichern kann man übrigens nur an speziellen Pilzringen, die zu allem Überfluss nach einmaligem Aktivieren auch noch verschwinden. Aufgrund des teils recht happigen Schwierigkeitsgrads sowie fieser Hinterhalte ohne Fluchtmöglichkeit, ein wirklich frustrierendes Ärgernis. Fast genau so ärgerlich sind auch die schier ewigen Ladezeiten und die ständig ruckelnde Grafik.

Zwar schaffen die Szenarien durch liebevolle Details wie sich im Wind wiegende Baumwipfel oder mit dem eigenen Kopf Fussball spielende Zombies eine gelungene Atmosphäre und auch die hübschen Licht- und Schatteneffekte wissen zu gefallen, aber wirklich beeindrucken kann die ansonsten eher schlichte Optik auf der Xbox nicht. Auch die mickrigen Zwischensequenzen sind eher zweckmäßig als imposant. Akustisch sieht es nicht viel anders aus: Die deutschen Synchronsprecher machen ihre Arbeit gut und auch die Ambient-FX können sich hören lassen, während der interaktive Soundtrack und die restlichen Soundeffekte eher belanglos aus den Boxen quillen.

Fazit

Abenteuerlustige Xbox-Besitzer müssen weiterhin schmachten, denn auch Nightcaster ist trotz des ermäßigten Preises sein Geld nicht wert. Selbst geschenkt, müsste man sich überlegen, ob man sich das chaotische Gameplay, die flache Handlung sowie die nervigen technischen und spielerischen Ungereimtheiten freiwillig geben will. Mit etwas Geduld und Nachsicht wird man teilweise zwar dennoch halbwegs passabel unterhalten, aber selbst dann ist ein Griff zur zwar ebenfalls nicht überragenden, aber definitiv spielbareren Genre-Konkurrenz mit Sicherheit die bessere Wahl. Schade um ein an sich interessantes Konzept, das mal wieder nur halbgar serviert und mit der wichtigsten Zutat - nämlich dem Spielspaß - lediglich beiläufig gewürzt wurde.

Pro

<li>nette Grundidee</li><li>hübsche Spezialeffekte</li><li>atmosphärische Locations</li><li>überzeugende Synchronsprecher</li>

Kontra

<li>banale Rätsel</li><li>ruckelnde Grafik</li><li>endlose Ladezeiten</li><li>laue Story und Dialoge</li><li>geringer Spielumfang</li><li>extrem chaotisches Gameplay</li><li>eingeschränktes Speichersystem</li>

Wertung

XBox

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