Lotus Challenge05.05.2003, Jens Bischoff
Lotus Challenge

Im Test:

Lieber spät als nie, haben sich die Entwickler von Lotus Challenge (ab 45,89€ bei kaufen) wohl gedacht, als sie ihren mittlerweile anderthalb Jahre alten PS2-Racer endlich auch auf der Xbox fahrtüchtig gekriegt haben. Zwar haben die britischen Nobelkarossen aus Hethel in dieser Zeit kaum an Anziehungskraft verloren, aber ob das auch auf die lizenzierte Versoftung zutrifft, kann nur eine erneute Probefahrt auf unserem Testgelände klären.

Edler Fuhrpark

Einen Lotus-Racer gab es mit Lotus Turbo Challenge schon auf dem guten alten Amiga. Mit diesem hat Kujus Lotus Challenge allerdings nicht mehr viel gemein. Der Fuhrpark umfasst insgesamt 38 Modelle und Prototypen, welche über fünfzig Jahre Automobilgeschichte made by Lotus repräsentieren - von der Le-Mans-Legende Eleven S2 über die Toppseller Esprit und Elise bis hin zu modernen Formel-1-Boliden oder dem schnittigen Exige.

Schade nur, dass sich an keinem der Fahrzeuge selbst Hand anlegen lässt, denn weder Tuning-Kits noch Setup-Einstellungen lassen sich vom Spieler verändern. Einzig bei der Lackierung darf man ein Wörtchen mitreden. Dafür bietet Lotus Challenge ein für einen Lizenz-Racer immer noch recht ungewöhnliches Feature: ein realistisches Schadensmodell, das selbst bei Überschlägen nicht die Handbremse zieht.

Angestaubte Technik

Auch wenn die Grafik-Engine einem Face-Lifting unterzogen wurde, ist sie noch weit davon entfernt, spektakulär zu wirken.__NEWCOL__Vor allem die triste Streckengrafik ist trotz dezent überarbeiteter Texturen alles andere als zeitgemäß. Die Boliden selbst können sich hingegen durchaus sehen lassen - das Schadensmodell kommt optisch gut rüber und wirkt sich auf Wunsch auch auf das Fahrverhalten aus. Dank hübscher Reflexionen machen die Lotus-Schlitten selbst im verbeulten Zustand noch eine gute Figur.

Allgemein ist die Optik jedoch eher schlicht und unspektakulär. Vor allem der trotz 60Hz-Modus nach wie vor recht zähe Spielfluss kostet in diesem Bereich wertvolle Punkte. Dafür sind bei den Rennen nun neun statt fünf CPU-Kontrahenten am Start und das lästige Interlace-Flimmern des Originals ist Schnee von gestern. Ansonsten muss man optische Unterschiede zur PS2-Fassung mit der Lupe suchen, wobei nicht alles auch wirklich verbessert wurde. So wirkt manch grafische Spielerei einfach schlechter oder fiel gar ganz der Schere zum Opfer...

Akustisch kocht das Geschehen auch eher auf Sparflamme. Zwar können die authentischen Motorengeräusche prinzipiell überzeugen, aber irgendwie fehlt ihnen der letzte Biss, denn selbst in der Cockpit-Perspektive eines Wagens ohne Verdeck klingt der Motor noch meilenweit entfernt.

Die musikalischen Trance- und Ambient-Klänge von Hybrid sind ebenfalls viel zu zahm, um stimmige Renn-Atmosphäre aufkommen zu lassen und die deutschen Synchronstimmen wirken auch nicht gerade professionell.

Originelle Features

Beim Gameplay feiert Lotus Challenge dafür auch auf der Xbox eine Premiere: die zirkuläre Pad-Steuerung. Wie bei einem Lenkrad müsst Ihr, wenn Ihr diese Konfiguration wählt, den linken Analogstick bei Lenkmanövern kreisförmig bewegen. Dadurch lassen sich die Boliden nicht nur realistischer, sondern auch gefühlvoller steuern. Insgesamt ist die Handhabung der Vehikel aber trotz einstellbarer Lenkempfindlichkeit leider ziemlich schwammig und träge und kein wirklicher Ersatz für ein Lenkrad.

Bei den Spielmodi habt Ihr die Wahl zwischen Zeitfahren, Einzelrennen, Meisterschaft und Herausforderung. Einzelrennen können auch zu zweit via Splitscreen ausgetragen werden - auf zusätzliche CPU-Fahrer muss man dann allerdings genauso verzichten wie auf einen Vier-Spieler-Modus.__NEWCOL__Solisten freuen sich hingegen über sieben verschiedene Meisterschaftsklassen und den abwechslungsreichen Herausforderungsmodus, wo man eine Karriere als Lotus-Testfahrer durchläuft und neben Wettkämpfen auch witzige Einlagen wie die Aufnahme von Werbespots, ein unorthodoxes Elfmeterschießen oder das Auslösen von Radarfallen auf der Tagesordnung stehen.

Fast alles wie gehabt

Ansonsten freuen sich Anfänger über zuschaltbare Fahrhilfen wie ABS, eine Traktionskontrolle oder den Lenkassistenten und selbst die KI der CPU-Fahrer lässt sich an die eigenen Fahrkünste anpassen. Negativ machen sich hingegen die unterschlagenen Angaben der Fahrzeugeigenschaften bemerkbar. An ein aktives Streckenradar sowie einen eingeblendeten Rückspiegel (nur in der Cockpit-Perspektive) haben die Entwickler diese Mal allerdings gedacht - ebenso wie an eine größere Fahrzeugauswahl zu Beginn des Spiels. Zusätzliche Modelle oder Strecken werdet Ihr jedoch vergeblich suchen und auch sonst hat sich in den anderthalb Jahren seit der PS2-Premiere nichts getan. Enttäuschend ist auch die nach wie vor mickrige Lotus-Chronik, die lieblos und aufgesetzt wirkt, was der edle Traditionshersteller in dieser Form wirklich nicht verdient hat.

Fazit


Irgendwie fragt man sich schon, warum die Entwickler so lange gebraucht haben, um Lotus Challenge auch für Xbox-Besitzer startklar zu machen. Die grafischen Verbesserungen bewegen sich in dem Rahmen, den man nach anderthalb Jahren erwartet hätte und wären in dieser Form wohl inzwischen auch auf der PS2 möglich gewesen. Spielerisch hat sich so gut wie nichts verändert - Extras wie ein Streckenradar oder ein üppigerer Anfangsführpark sind zwar nett, aber haben kaum Einfluss auf den Spielspaß. Auch die originelle Pad-Steuerung ist im Prinzip überflüssig, es sei denn, man kann sich kein Lenkrad leisten. Letztendlich besitzt Lotus Challenge bis auf die schicke Lotus-Lizenz und die unkonventionelle Testfahrer-Karriere quasi nichts, was andere Rennspiele nicht auch bieten und das was geboten wird, wirkt technisch und spielerisch einfach überholt. So mangelt es der Steuerung an Präzision, dem Spielfluss an Dynamik, dem Gameplay an Tiefgang und der Präsentation an Liebe. Zudem ist der karge Mehrspielermodus für heutige Maßstäbe ein Trauerspiel. Investiert Euer Geld also lieber in einen Racer ohne solche Mangelerscheinungen.

Pro

<li>60Hz-Modus</li><li>38 Originalboliden</li><li>zuschaltbare Fahrhilfen</li><li>originelle Pad-Steuerung</li><li>realistisches Schadensmodell</li><li>recht ansehnliche Fahrzeugmodelle</li><li>abwechslungsreicher Karrieremodus</li>

Kontra

<li>zäher Spielfluss</li><li>dürftige Präsentation</li><li>schwache Streckenoptik</li><li>nur wenige Verbesserungen</li><li>keine Tuning
oder Setup-Möglichkeiten</li><li>keine Angaben zu Fahrzeugeigenschaften</li>

Wertung

XBox

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