FIFA 2002 World Cup14.05.2002, Jörg Luibl
FIFA 2002 World Cup

Im Test:

Lang ist`s nicht mehr hin bis zur WM in Japan und Südkorea. Und damit die Fußballbegeisterung schon vor dem 31. Mai auch virtuell um sich greift, hat EA das offizielle WM-Spiel für fast alle Plattformen umgesetzt. Wie sich die Xbox-Version von FIFA Weltmeisterschaft 2002 schlägt, erfahrt Ihr in unserem Test!

Lang ist`s nicht mehr hin bis zur WM in Japan und Südkorea. Und damit die Fußballbegeisterung auch virtuell um sich greift, hat EA das offizielle WM-Spiel für fast alle Plattformen umgesetzt. Wie sich die Xbox-Version von FIFA Weltmeisterschaft 2002 schlägt, erfahrt Ihr in unserem Test!

Offizielles WM-Spiel

Mit FIFA World Cup 2002 präsentieren die EA-Entwickler das einzige offizielle Spiel zur WM. Das heißt: Alle Mannschaften, Namen, Trikots, das Maskottchen sowie die japanischen und koreanischen Stadien entsprechen den Originalen. Wer sich bisher noch kein Bild von den fernöstlichen Fußball-Tempeln machen konnte, kann mit diesem Spiel Stadionatmosphäre schnuppern und schon vorab einen Eindruck von der teilweise beeindruckenden Architektur gewinnen. Vier Teams kämpfen in jeweils acht Gruppen um den Einzug ins Achtelfinale. Dass man neben den qualifizierten Teilnehmern auch auf ausgeschiedene Teams wie Tschechien, Norwegen oder die Schweiz zurückgreifen kann, ist eine faire Dreingabe - nur die Niederlande sucht man vergebens; vielleicht klappt`s ja in FIFA 2006. Es gibt mit dem Freundschaftsspiel und dem WM-Turnier leider nur zwei Spielmodi:; Training ist nicht möglich.

Star-Rummel 2002

Sehr erfrischend ist der Fokus auf prominente Kicker. Die Stars der jeweiligen Mannschaft (Deutschland hat mit Deisler & Jancker gerade mal zwei; England z.B. gleich fünf) sind mit einem Sternchen gekennzeichnet und stehen im Mittelpunkt des Geschehens: Zum einen haben die Grafiker Spielern wie Beckham, Zidane oder Figo äußerst realistische Texturen und Animationen spendiert. So werden neben detaillierten Gesichtern auch individuelle Gesten und Bewegungen dargestellt, die Rivaldo & Co erst zum Leben erwecken. Zum anderen überzeugen die Star-Kicker auch spielerisch mit deutlich besseren Dribblings, Schüssen in Feuerballmanier, präzisen Kurzpässen und tödlichen Flanken - wer die Zusatzfähigkeiten nicht mag, kann den Star-Rummel auch abschalten.

Simulation oder Arcade?

EAs Fußballshow nähert sich zwar optisch immer mehr dem wahren Geschehen, aber spielerisch tendiert der Titel deutlich Richtung Arcade. Spaß am Spiel und beeindruckende Szenen stehen im Vordergrund: Wenn Stars zu Torschüssen ansetzen, flammt der Ball plötzlich auf und hinterlässt einen Schweif aus Qualm und Rauch, bevor er -vielleicht- im Netz versinkt. Natürlich werden solche Feuerbälle auch akustisch mit einem spektakulären Zischen unterlegt. Wäre EA in Sachen Arcade-Charakter konsequent gewesen, hätte man evtl. sogar eine Herzschlag-Sequenz à la NHL 2002 eingebaut, die Euren Stürmer mit erhöhtem Puls und in Zeitlupe auf den Torwart schickt. Hintertor-Kameras wiederholen brenzlige Situationen noch mal hautnah und schön langsam. Die Schüsse lassen sich mal wieder kräftig mit Effet versehen, was teilweise recht unrealistische, aber nichtsdestotrotz ansehnliche Flugkurven ermöglicht - gerade bei kurzen Distanzen fällt das ins Auge. Die Ballphysik lässt insgesamt trotzdem zu wünschen übrig, denn anstatt über den Platz zu rollen und zu holpern, gleitet der Ball eher und bleibt wie magisch einige Zentimeter vorm Spielerfuß kleben.

Ein Modus für jeden

Einsteigerfreundlichkeit stand scheinbar ganz oben auf der EA-Wunschliste: Zwar sorgt das gewöhnungsbedürftige Pass-System (Tastendruck bestimmt Pass-Länge) für Simulationscharakter, aber dafür könnt Ihr zwischen drei Flanken- (automatisch, mit Hilfe, normal) und zwei Pass-Modi (normal, mit Hilfe) wählen - so kann man Frust beim Spielaufbau schon zu Beginn etwas eindämmen. Wenn das nicht reicht, können auch gleich Spielgeschwindigkeit und Schwierigkeitsgrad (Anfänger, Amateur, Profi, Weltklasse) runtergeschraubt werden. Im Anfänger-Modus werden auch Einsteiger schnell zum Torerfolg kommen. Hier reicht es meist, einfach in den Strafraum zu spurten und abzuziehen.Trotzdem bleibt es bei einem recht zähen Spielaufbau, dem man erst mit viel Übung ansehnliche Kombinationen und Spielzüge abgewinnen kann.

Voll belegtes Pad

Xbox-Kicker müssen sich in Sachen Steuerung auf ein voll belegtes Pad gefasst machen, das zwar zu Beginn etwas überfordert, aber später einige schöne Feinheiten offenbart. Die Kopfbälle lassen sich hinsichtlich Richtung und Stärke ebenso modifizieren wie Bodenpässe. Und in Volleyschuss-Position kann man sich jetzt einfach per Tastendruck bringen. Mit vier verschiedenen Dribbling-Tasteen lässt sich der Ball jetzt beliebig oft hoch halten: vom Fuß auf den Oberschenkel bis zur Schulter(!) - ein nettes Feature. Leider gibt es in Sachen Abwehrverhalten weniger Vielfalt: Im Gegensatz zu anderen Spielen, wo Ihr per Tastendruck Abseitsfallen, Pressing oder Attacken auf den ballführenden Gegner auslösen könnt, bleibt hier alles bei Grätsche oder Tackling. Das führt dazu, dass man recht schnell mit seinen Stürmer-Stars durch die überforderte Abwehr jagt und zum Torerfolg kommt.

Gänsehaut-Kulisse

Wenn man sich beim Einmarsch der Mannschaften wie in einer Gladiatoren-Arena fühlt und eine leichte Gänsehaut den Rücken hochschleicht, müssen die Entwickler einen besonderen Atmosphäre-Cocktail gebraut haben - und das haben sie: Das Vancouver Symphonie-Orchester sorgt für eine packend-heroische Stimmung à la Braveheart. Für manche vielleicht zu pathetisch, wird diese Musikuntermalung dem WM-Ereignis jedoch mehr als gerecht. Schlüsselmomente wie Spielereinlauf, Anpfiff, Halbzeit und natürlich Tore werden optisch und akustisch im wahrsten Sinne des Wortes zelebriert: Die Stadien brodeln, Laser-Strahlen malen Figuren aufs Feld, Konfetti fliegt durch die Luft und Fotografen sorgen für Blitzgewitter. Allerdings kann die Xbox nicht ganz an die Präsentationsstärke der PC-Version herankommen - irgendwie wirkt alles weniger spektakulär. Vor allem die graue Masse der jubelnden Zuschauer hat wenig Next-Generation-Charakter. Und auch wenn die Fan-Gesänge für ein weiteres Maß an Motivation sorgen, sind sie nicht ganz auf die jeweilige Mannschaft abgestimmt; so dass Ihr in einer Begegnung zwischen England und Argentinien schon mal typisch deutsche Fanchöre hört - das muss nicht sein.

Animationen vom Feinsten

Man kann EA für die erschreckend realistischen Bewegungsabläufe nur loben. Die Spieler zelebrieren den Kampf um den Ball, die zähen Zweikämpfe, den Ellbogeneinsatz, Tacklings oder den Luftkampf absolut authentisch. Schon verloren geglaubte Bälle werden z.B. elegant von der Seitenlinie gegrätscht, Bälle werden zum Volleyschuss hochgedribbelt oder wuchtig weggeköpft, während der Verlierer zu Boden geht oder erst mal wieder torkelnd das Gleichgewicht finden muss - sehr schön! Auch die kleinen Clippingfehler, die hier und da für Texturüberschneidungen bei Trikots und Gesichtern sorgen, können am hervorragenden Gesamtbild nichts ändern. Und dass man selbst den hässlichen grauen Haarkranz der PC-Kicker auf die Xbox übertragen hat, zeigt, dass die Umsetzung nicht unbedingt alle Stärken der Konsole anspricht.

Kompetentes Sprecher-Duo

Aber was wäre die Präsentation ohne Kommentatoren? In vielen Spielen schnell beliebtes Abschalt-Feature, zeigt EA dass es auch anders geht: Wolf Dieter Poschmann überzeugt mit stimmungsvollen und abwechslungsreichen Statements, die dem Ganzen das nötige TV-Flair verleihen. Unterstützt wird er von Jörg Dahlmann, dessen Stimme zwar weniger begeistert, aber dafür kann der Fußballexperte mit interessanten Hintergrundinfos zu Stadien, Teams und Profi-Karrieren aufwarten - eine wahre Fundgrube an Daten und Details.

Pro:

  • prächtige Stadien
  • offizielles WM-Spiel
  • neues Jonglier-Feature
  • acht Kameraperspektiven
  • Animationen vom Feinsten
  • realistische Gesichtstexturen
  • packende Stadionatmosphäre
  • professionelle Kommentatoren
  • Einsteiger-freundliche Pass-Modi
  • hervorragende Musikuntermalung
  • mehr Arcade-Charakter dank Feuerschuss
  • überzeugende Integration von Star-Kickern
  • Kontra:

  • zäher Spielaufbau
  • zu wenig Spielmodi
  • kein Training möglich
  • unschöne Clippingfehler
  • dürftige Abwehr-Optionen
  • teils unpassende Fan-Gesänge
  • verbesserungswürdige Ballphysik
  • Vergleichbar mit:

    FIFA-Reihe; ISS 2; Pro Evolution Soccer

    Fazit

    Mit FIFA Weltmeisterschaft 2002 präsentiert EA einen Grafik- und vor allem Akustikleckerbissen, der Euch eine packende Fußballshow auf die Mattscheibe bringt. Wer schon jetzt das Flair der kommenden WM genießen will, sollte sofort zugreifen. Allerdings bleibt das eigentliche Fußballspiel trotz netter Arcade-Features und vieler Top-Animationen auf lange Sicht wenig befriedigend: zäher Spielaufbau, zu wenig Spielmodi, eine kritikwürdige Ballphysik und schnell einstudierte Standard-Tore dämpfen Motivation und Spielspaß auf die Dauer. Insgesamt hinterlässt der Kick zwar einen guten Eindruck, aber noch keine Next-Generation-Begeisterung.

    Wertung

    XBox

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