Kung Fu Chaos27.03.2003, Jens Bischoff
Kung Fu Chaos

Im Test:

Anfang der 70er Jahre wurden die Kinos von fernöstlichen Martial-Arts-Filmen geradezu überschwemmt, Schauspieler und Kampfkünstler wie Bruce Lee oder Jackie Chan avancierten zu Weltstars und Lieder wie "Kung Fu Fighting" dominierten die Charts. Mit Kung Fu Chaos will Microsoft diese Ära auf der Xbox zumindest teilweise wieder aufleben lassen. Ob man damit mehr Erfolg haben wird, als zuletzt Vivendi mit der virtuellen Wiederbelebung von Bruce Lee, untersucht unser Testbericht.

Ein Ninja kommt selten allein

Für das große Kung-Fu-Comeback scheucht Euch Regisseur Shao Ting von den Golden Marvellous Productions quer über die Sets bekannter Filmklassiker, um den besten Martial-Arts-Streifen aller Zeiten zu drehen. Die Handlung: Während der Titelheld in einem Lokal einem Blind Date entgegenfiebert, kommt eine Bande raufwütiger Ninjas, schlägt alles kurz und klein und entführt obendrein Eure Verabredung, die in Wirklichkeit eine hübsche Prinzessin sein soll. Die Polizei verdächtigt jedoch Euch und zwingt Euch zur Flucht. Diese führt durch einen Wald, wo Ihr erneut auf die Ninja-Bande trefft, ihrem Anführer die Prinzessin entreißt und feststellt, dass diese eigentlich potthässlich ist.

Nach diesem Schrecken hört Ihr von einem Grab voller Schätze, mit deren Erlös Ihr Euch bei der Polizei freikaufen könntet. Doch nach einem erneuten Kampf gegen die Ninja-Brut entscheidet Ihr Euch, das Gold doch lieber zu behalten und eine Kreuzfahrt zu machen. Natürlich wird das Schiff schon bald geentert, gegen einen Eisberg gesteuert und sinkt. Gestrandet auf einer abgelegenen Insel kämpft Ihr einmal mehr gegen jede Menge Ninjas, flieht vor einem Dinosaurier, verprügelt einen Affen und segelt mit einem selbstgebauten Boot in die große Stadt, wo weitere Ninjas bereits auf Euch warten, die Ihr jedoch ebenso bezwingt wie eine plötzliche UFO-Invasion. Welt gerettet, alle Ninjas besiegt, Film aus.__NEWCOL__Chaotisches Handgemenge

Wenn Euch das Drehbuch nicht gefällt, könnt Ihr auch ein paar Freunde einladen und Euch einfach nur die Birne weich klopfen. Neben dem Solisten vorbehaltenen Storymodus mit seinen insgesamt 27 Filmszenen gibt es nämlich auch die Möglichkeit in Teams organisiert oder jeder einzeln für sich um Sieg und Ruhm zu kämpfen. Wer Power Stone kennt, weiß was ihn in etwa erwartet. Allerdings verzichtet Kung Fu Chaos dabei komplett auf Extrawaffen oder Power-Ups. Zwar haben manche Charaktere spezielle Schlag-, Stich- oder auch Schusswaffen, aber diese kommen entweder nur bei Superangriffen zum Einsatz oder haben gegenüber einer einfachen Handkante zwecks Chancengleichheit keinerlei Vorteil.

Trotzdem geht es gerade zu viert auch ohne Extrawaffen und Power-Ups ziemlich chaotisch zu. Die Figuren lassen sich im Nahkampf-Getümmel nämlich teils sehr schlecht voneinander unterscheiden, Objekte und Effekte versperren hin und wieder die Sicht und die insgesamt 13 interaktiven Schauplätze sind fast ständig in Bewegung. Da ist es wirklich hilfreich, dass sich Team-Kameraden wenigstens untereinander nicht verletzen können, wenn je nach Spielmodus darum gerungen wird, wer am Ende am seltensten gestorben ist, die meisten Gegner erledigt hat, die höchste Stilwertung für sich verbuchen konnte oder am längsten im Besitz eines heiß umkämpften Glücksbringers gewesen ist.

Freispielbare Alternativen

Wer will, kann sich auch ganz ohne Regeln in der Freistil-Arena prügeln, ein einführendes Tutorial durchlaufen, eine Charakter bezogene Mini-Serie bestreiten oder sich mit anderen Teilnehmern in einem Kurzfilm um die Titelrolle prügeln. Wer keine Mitspieler findet, kann natürlich auch jederzeit auf CPU-gesteuerte Partner oder Kontrahenten zurückgreifen. Doch auch wenn die in drei Stufen anpassbaren KI-Routinen recht ordentlich sind, erreichen Spielspaß und Schadenfreude natürlich nicht annähernd das Niveau einer Partie mit Freunden. Zuvor sollte man aber bereits im Alleingang die wichtigsten anfangs noch gesperrten Spielmodi, Charaktere, Schauplätze, etc. freigespielt haben, was fast genauso unterhaltsam sein kann.

Willkommene Abwechslung

Zwar ist der Schwierigkeitsgrad im Storymodus etwas durchwachsen und manche Fallen oder Ereignisse sind nicht gerade fair platziert, aber dafür wird das ansonsten eher monotone Gameplay hier durch gelungen eingeflochtene Minispiele angenehm aufgelockert. So muss man in den Prügelpausen zum Beispiel abstürzende oder ertrinkende Stuntmen retten ohne sich dabei von Kühen oder Seehunden stören zu lassen. Ein anderes Mal sollen Schauspielkollegen von einer Eisscholle geschubst werden, ohne dass man dabei selbst ins kalte Nass stürzt. Aber auch eine Runde Ninja-Pacman, Fußfeger-Roulette oder Wirf-die-Prinzessin-weg wollen auf dem Weg zum Filmstar bestritten werden.

Gelungene Präsentation

Doch auch im Studio kommen Humor und Abwechlung nicht zu kurz. Zwar ist der Ablauf an jedem Kampf-Set prinzipiell gleich: Ninjas vermöbeln, Hindernissen ausweichen, Zielpunkt erreichen, Showdown. Aber die sich ständig verändernden oder bewegenden Schauplätze haben dennoch einiges zu bieten. So brechen Stockwerke ineinander zusammen, Kulissen fallen um, Luxusliner versinken spektakulär im Eismeer oder Dinosaurier stellen Euch bissfreudig nach.__NEWCOL__Grafisch wird das Ganze ordentlich und flüssig präsentiert, wobei besonders die eingestreuten Zeitlupeneffekte und nachbearbeiteten Komplettwiederholungen was fürs Auge sind. Letztere lassen sich übrigens auch speichern und mit einem individuellen Soundtrack unterlegen.

Wer keine eigenen Songs importieren möchte, kann jedoch auch auf den Original-Soundtrack zurückgreifen, der zwar nicht gerade umfangreich ist, aber dank Titeln wie "Kung Fu Fighting" oder "Enter The Dragon" grundsätzlich wie die Faust aufs Auge passt. Auch die deutsche Synchro weiß dank erstklassiger Sprecher und engagierter Übersetzung zu gefallen. Hinzu kommen angenehm kurze Ladezeiten, ein 60Hz-Modus und zahlreiche Extras wie Trailer, spielbare Demos und mehr.

Alles im Griff

Die Steuerung ist simpel, aber facettenreich: Sechs Tasten reichen jedenfalls aus, um zu springen, zu schlagen, zu treten, zu greifen, zu werfen, zu blocken, zu kontern, zu verhöhnen sowie diverse Kombos und Spezialangriffe auszuführen. Vor allem das Verspotten eines zu Boden geschickten Gegners ist ein zugleich schadenfrohes als auch effektives Unterfangen, denn nur so lassen sich die wirklich verheerenden Superangriffe heraufbeschwören, vor denen es kaum ein Entrinnen gibt.

Insgesamt ist die Steuerung auf jeden Fall einfach genug, um als chaotischer Partyspaß zu taugen, aber auch facettenreich genug, um halbwegs spannende Zweikämpfe zu ermöglichen. Gerade im Storymodus hat man ohne die richtige Technik gegen manche der leider etwas eintönigen Angreifer jedenfalls keine Chance. Meistens herrscht allerdings gepflegtes Chaos vor, Gegenstände fliegen und rutschen durch die Gegend, Kulissen zerbersten unter Euren Füßen oder über Euren Köpfen und alles scheint wie wild um sich zu schlagen. Und trotzdem macht es eine Menge Spaß, sich solo oder in geselliger Runde durch parodierte Hollywood-Produktionen zu prügeln - vor allem, wenn man das zerbröselte Set am Ende als Sieger verlässt.

Fazit


Ähnlich wie in Infogrames` eher mäßig spannendem Loons - Das Höllische Casting können sich auch in Microsofts Kung Fu Chaos bis zu vier Spieler durch interaktive Film-Sets prügeln. Was in ähnlicher Form schon zu Dreamcast-Zeiten mit Power Stone 1 & 2 für hektischen Spielspaß sorgte, scheint nun auch auf der Xbox immer besser zu funktionieren. Die vermeintliche Vorlage wird dabei zwar erneut nicht erreicht, aber trotzdem machen die chaotischen, wenn auch etwas monotonen, Massenkeilereien irgendwie Laune. Zudem hält Kung Fu Chaos einige unterhaltsame Herausforderungen und Minispiele parat, die für willkommene Abwechslung sorgen. Oder wer schleudert nicht gerne mal in der Kampfpause hässliche Prinzessinnen durchs Dickicht? Besonders Lob verdient auch die gelungene Lokalisierung, die den trashigen Humor gut rüber bringt, sowie die stylische Präsentation, die neben den teils fast schon zu spektakulären Film-Sets vor allem mit atmosphärischer Kamera- und Schnitttechnik punktet. Schade nur, dass die Gegner-Vielfalt etwas zu wünschen übrig lässt. Außerdem gibt es keinerlei Power-Ups oder Ähnliches, um dem Gameplay mehr Dynamik einzuhauchen und im Hadgemenge verliert man einfach zu schnell die Übersicht. Für zwischendurch aber trotzdem immer wieder ein durchschlagendes Vergnügen.

Pro

<li>stylische Präsentation</li><li>chaotischer Partyspaß</li><li>auflockernde Mini-Spiele</li><li>hervorragende Lokalisierung</li><li>tolle Replays & Kamera-Effekte</li><li>dynamische & interaktive Levels</li><li>eigene Soundtracks importierbar</li>

Kontra

<li>keine Power-Ups</li><li>oft sehr unübersichtlich</li><li>eintöniges Gegner-Design</li><li>teils fiese Fallen & Ereignisse</li><li>auf Dauer zu monotones Gameplay</li><li>durchwachsener Schwierigkeitsgrad</li>

Wertung

XBox

Spaßige Prügelduelle für ungezwungene Mehrspieler-Unterhaltung!

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