Panzer Dragoon Orta19.03.2003, Mathias Oertel
Panzer Dragoon Orta

Im Test:

Retro ist in. Wo man hinschaut, tauchen Spiele-Titel auf den Release-Listen auf, die Szene-Kenner noch aus guten alten 8- oder 16-Bit-Zeiten kennen. Angefangen bei Contra über Shinobi bis Sonic reicht das Spektrum. Mit Panzer Dragoon Orta wird nun eine Saturn-Kultserie zu neuem Xbox-Leben erweckt. Und das, obwohl das Genre der Rail-Shooter eigentlich begraben schien. In unserem Test verraten wir Euch, ob das Spielprinzip heute noch genau so wirksam ist wie vor acht Jahren und ob der Drachenritt mehr bieten kann als fantastische Grafik.

Mysteriöse Orta

Obwohl ein stringenter Shooter wie Panzer Dragoon Orta eigentlich keine Story braucht und Ihr die Zwischensequenzen auch bequem wegklicken könnt, solltet Ihr Euch die Zeit nehmen und die Geschichte in aller Ruhe zu genießen. Denn das Schicksal des jungen Mädchens Orta wird wunderschön erzählt. Angefangen bei ihrer Einkerkerung über die Befreiung durch den Drachen bis hin zur Reise in ihre eigene Persönlichkeit, schwelgt die Story in dramatischen Bildern und ruhigen Erzählsequenzen. Zudem geht die Story in Sachen Tiefgang um einiges weiter, als man es aus der herkömmlichen Shooter-Ware gewöhnt ist.

Rail-Shooter par excellence

Machen wir uns nichts vor: In Zeiten, wo sich Entwickler mit immer größerer Bewegungs- und Handlungsfreiheit in ihren Spielen übertreffen wollen, scheinen die so genannten Rail-Shooter, zu denen beispielsweise Rez und auch Panzer Dragoon Orta zu zählen sind, zu einem ausgestorbenen Genre zu zählen.

Doch auch wenn Ihr (mit wenigen Ausnahmen) einem vorgegeben Weg folgen müsst und mit Eurem Drachen nur Ausweichmanöver fliegen könnt, während Ihr die Gegnerscharen ins Jenseits schickt, ist PDO weit davon entfernt, langweilig zu sein und entfaltet mit seiner permanent auf Euch einhämmernden Action sehr schnell seinen Reiz.

Denn das spätestens seit dem Ur-Panzer Dragoon bekannte Spielprinzip wird durch einige neue Features zu einem wilden Drachenritt und einer Action-Tour de Force, die einen nicht mehr loslässt, bis man das Schicksal von Orta aufgeklärt hat.

Aus Eins mach Drei

So habt Ihr beispielsweise jederzeit die Möglichkeit, die Form Eures Drachen zu wechseln. Die Standardform bietet in punkto Manövrierfähigkeit und Feuerkraft eine ausgewogene Mischung. Euer Drache kann eine passable Anzahl Ziele erfassen und Ortas Laserpistole, die hervorragend dazu geeignet ist, gegnerische Projektile vom Himmel zu holen, hat ebenfalls eine anständige Feuerrate.

Die schwere Form ist ein wahres Feuermonstrum, dessen Geschosse gegen gepanzerte Gegner wahre Wunder vollbringen. Allerdings ist es höllisch schwer, mit dieser Form Ausweichmanöver zu starten und auch Ortas Laser ist deutlich langsamer.

Der leichte Gleiter hingegen ist schnell wie der Wind und kann Raketen ausweichen wie der Teufel. Zudem hat die Laserpistole in dieser Form eine immense Feuerrate und eine automatische Zielerfassung, die sich immer das nächstliegende Ziel vornimmt.

Und obwohl es möglich ist, das Spiel mit jeder Form durchzuspielen, lernt man sehr schnell den Tiefgang zu schätzen, den der Wechsel der drei Formen mit sich bringt. So kann man beispielsweise ein gepanzertes Schiff mit der Feuerkraft der schweren Form unter Beschuss nehmen und dann bei einem Raketensturm schnell in die leichte Form schalten, um die Raketen vom Himmel zu holen.

Zusätzlich gibt es während Eures Teufelsritts immer wieder Power-Ups einzusammeln, die -entsprechend angesammelt- Euren Drachen in die nächste von insgesamt fünf Stufen aufsteigen lassen. Das wiederum ist bei allen drei Formen möglich, so dass Ihr vor der Aufnahme der Power-Ups überlegen solltet, welche Form Ihr steigern wollt.

Einfach, aber gelungen

So leicht, wie das einfache Gameplay vermuten lässt, ist der Erfolg in PDO aber nicht zu bewerkstelligen. Denn über die (leider nur) zehn Missionen werden ganze Schwadronen an Gegnern auf Euch losgelassen, die von harten Bosskämpfen ergänzt werden. Glücklicherweise macht einem die prompt reagierende und gute Steuerung dabei keinen Strich durch die Rechnung. Obwohl Euer Drache wie auf Schienen durch die Landschaft fliegt und rennt, habt Ihr genügend Spielraum für Ausweichmanöver, die schnell umgesetzt werden. Zusätzlich könnt Ihr mit den Schultertasten die Ansicht ändern, um so Feinden, die von der Seite oder von hinten angreifen, die Stirn zu bieten.__NEWCOL__Und wenn alle Stricke reißen, habt Ihr auch noch die begrenzte Möglichkeit Eurem Drachen einen kleinen Zusatzschub zu geben oder abzubremsen, damit die Projektile ohne Schaden anzurichten vorbeirasen.

Um den Wiederspielwert zu erhöhen, bieten die meisten Abschnitte alternative Wege, die Euch durch neue Landstriche führen. Das Problem ist nur, dass die Wege nicht angezeigt werden. Stattdessen müsst Ihr entweder eine gute Level-Kenntnis beweisen und wissen, wo die neuen Routen liegen oder einfach Glück haben und im richtigen Moment nach rechts oder links ziehen. Dies hätte sicherlich besser gelöst werden können, doch im Endeffekt schadet dieses kleine Manko dem Spielspaß nur unwesentlich.

Extras für alle

Da die Entwickler von Smilebit vermutlich schon geahnt haben, dass die zehn Abschnitte -so intensiv sie auch sein mögen- wahrlich nicht für die Ewigkeit reichen, haben sie noch einen ganzen Haufen Extras integriert. Neben dem original Panzer Dragoon (stilecht in Saturn-Grafik) warten Artworks, Trailer, eine Enzyklopädie und Bonus-Levels darauf, freigespielt zu werden.

Einige dieser Bonus-Abschnitte drehen sich um Orta und ihren Drachen, doch die meisten sind auf zwei andere Charaktere abgestimmt, die der interessanten Geschichte neue Facetten hinzufügen.

Trotzdem sind die Bonuslevels nur als nette Dreingabe und willkommene Verlängerung der Spieldauer zu sehen, denn die Intensität der Hauptkampagne wird nie erreicht.

Schöne neue Welt

Panzer Dragoon Orta ist schlichtweg das schönste Spiel, das derzeit auf Next-Generation-Konsolen zu haben ist. Und das, obwohl die Landschaftstexturen hin und wieder an den Rand der Durchschnittlichkeit geraten.

Doch die surreale und bizzare Welt, die Orta mit ihrem Drachen kennen lernt, ist als Gesamtbild äußerst stimmig und bietet in jedem Abschnitt zahlreiche Momente, in denen man die Zeit anhalten und das Kunstwerk Panzer Dragoon Orta einfach nur stillschweigend genießen möchte.

Egal, wohin man schaut: Animationen, sorgsam designte Gegner, aufwändige Spezialeffekte, Wetter, Umgebungen und und und passen wunderbar zusammen und machen PDO zu einem wahren Grafikvergnügen, das zudem noch jederzeit flüssig an Euch vorbei zieht. Dabei muss man das Ganze jedoch in Bewegung gesehen haben, um es zu glauben, denn die Screenshots geben nur eine bruchstückhafte Momentaufnahme wieder.

Panzerese und Schuss-Stakkato

Im Soundbereich hat sich Smilebit entschlossen, sich thematisch nicht all zu weit von den bisher veröffentlichten Teilen der Kult-Serie zu entfernen und spendiert dem Action-Spektakel pompöse Melodien und gewaltige Explosionen. Abgerundet wird die Akustikabteilung durch die den Fans bekannte Kunstsprache Panzerese, die sich für fremde Ohren jedoch nicht sonderlich vom Japanischen unterscheidet, aber dank der guten deutschen Untertitel für alle verständlich gemacht wird.

Mit dem Ergebnis, dass in der Summe aller Enzelteile ein absolut stimmiger Soundteppich gewoben wird, der vor allem mit einem 5.1-System seine Pracht entfaltet.

Doch so gelungen die akustische Kulisse insgesamt auch ist, kann sie einige kleine Schwächen nicht verheimlichen.

So zum Beispiel die geringe Variation im Bereich der Schuss- und Explosionseffekte.

Und obwohl die Komposition der Musiken über jeden Zweifel erhaben ist und sich stark an die alten Panzer Dragoon-Titel anlehnt, bleibt die technische Umsetzung hin und wieder hinter den Erwartungen zurück. Das betrifft weniger die orchestralen Stücke als vielmehr die Synthesizer-Melodien, die Euch hin und wieder begegnen.

Zudem verwischt der Sound an einem normalen Fernseher zu einem nicht gerade beeindruckenden Gemisch ohne irgendwelche Akzentuierungen - wohl dem, der eine 5.1-Anlage zu Hause hat.

Fazit


Obwohl Panzer Dragoon Orta "nur" ein Rail-Shooter ist und damit ein Relikt aus vergangenen Software-Zeiten zu sein scheint, sollten Action-Fans nicht an dem Titel vorbei gehen. Denn so simpel das Spielprinzip auch ist, so sehr fasziniert es auch. Zudem findet Ihr derzeit auf keinem System eine derart opulente und darüber hinaus in sich absolut stimmige Grafik, die zusammen mit der stets passenden Sounduntermalung immer wieder für Freude sorgt. Dass das Vergnügen mit nur zehn Missionen recht kurz geraten ist, wird durch die zahlreichen verschiedenen Wege, die Ihr in den Abschnitten finden könnt, wieder etwas abgemildert und reizt so zu einem nochmaligen Durchspielen - vom original Panzer Dragoon ganz zu schweigen. Panzer Dragoon Orta ist schlichtweg ein kurzes, aber intensives Action-Vergnügen, das auf den zweiten Blick einen für das Genre immensen Tiefgang und eine fantastisch eingebundene Story offenbart. Wer nach purer Action ohne Kompromisse in einer grafisch imposanten Umgebung sucht, ist mit Orta und ihrem Drachen bestens aufgehoben.

Pro

<li>fantastisches Grafik-Design</li><li>einfache Steuerung</li><li>stimmige Soundkulisse</li><li>überraschend gute Story</li><li>zahlreiche Secrets und Gimmicks</li><li>original Panzer Dragoon als Bonus</li>

Kontra

<li>nur zehn Missionen</li><li>verschiedene Routen werden nicht angezeigt</li><li>wenig Soundeffekt-Variation</li>

Wertung

XBox

0
Kommentare

Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.

Es gibt noch keine Beiträge. Erstelle den ersten Beitrag und hole Dir einen 4Players Erfolg.