Freedom Fighters11.10.2003, Mathias Oertel
Freedom Fighters

Im Test:

Bislang hat man die dänischen Entwickler von IO Interactive hauptsächlich durch ihre Killer-Serie Hitman kennen gelernt. Mit dem für EA hergestellten Freedom Fighters (ab 21,85€ bei kaufen), das seit den ersten Ursprüngen einige Namensänderungen durchmachen musste, schlägt man nun einen etwas anderen Weg ein. Zwar bleibt man der Action treu, ergänzt diese aber um einen Taktikeinschlag und eine stimmige, wenn auch zweifelhafte Story. Ob das Prinzip aufgeht, könnt Ihr im Test erfahren.

Rotes Amerika

Was die Dänen bei der Story-Entwicklung geritten hat, ist schwer nachzuvollziehen. Denn obwohl die Geschichte eine für das Spiel schlüssige Grundlage bildet, hat man Probleme, sich mit dem Szenario zu identifizieren. Die Sowjet-Armee hat den Zweiten Weltkrieg nahezu unbeschadet überstanden, ihn letzten Endes sogar zu ihren Gunsten entscheiden können und ist mittlerweile zur absoluten Super-Weltmacht herangewachsen. Ihr Eroberungsdrang macht sogar vor dem Erzfeind USA nicht halt und so kommt es wie es kommen muss: Die Russen sind da! Und sie stehen nicht nur vor den Toren - sie haben alle amerikanischen Großstädte eingenommen. Doch überall sind Anfänge einer Freiheitsbewegung spürbar.

So auch in New York, dem Hauptschauplatz von Freedom Fighters. Ihr werdet anfänglich als Klempner mit dem Einmarsch der Russen konfrontiert und wachst während des Spiels zum Anführer der Freiheitskämpfer heran.

__NEWCOL__Action, Action, Action - und Taktik gibt´s auch

So unglaubwürdig und unrealistisch wie die Story sich präsentiert, muss man zunächst Angst haben, dass IO Interactive auch beim Gameplay in Richtung unmöglich tendiert. Doch glücklicherweise ist dies nicht der Fall. Zwar hat man sich in nahezu allen Gameplay-Elementen an anderen Spielen orientiert, doch das Ergebnis ist ein netter Taktik-Action-Mix, der trotz der Story eine Menge Spaß machen kann.

Während der ersten Minuten als Klempner werdet Ihr in einem interaktiven Tutorial mit allen Feinheiten der gut belegten und ebenso anständig reagierenden Steuerung vertraut gemacht. Wobei man allerdings sagen muss, dass man bei einem Third-Person-Shooter recht wenig falsch machen kann.

Ich persönlich hätte mir zwar die Möglichkeit gewünscht, wenigstens optional in eine Ego-Perspektive schalten zu können, doch den Entwicklern war der Vergleich mit den Rainbow Six- und Ghost Recon-Spielen wohl zu gewagt. Und zugegeben: Diese Klasse erreicht Freedom Fighters auch nicht.

Doch als Third-Person-Taktik funktioniert das Prinzip ebenfalls außerordentlich gut. Einen großen Anteil am Spielspaß haben das Missionsdesign und die einfach strukturierten Taktik-Anweisungen, die Ihr Eurem ständig wachsenden Team mit auf den Weg geben könnt.

Die Qual der Wahl

Denn im Gegensatz zu vielen anderen Taktik-Spielen seid Ihr nur bedingt an einen vorgegebenen Missionsablauf gebunden. In vielen Gebieten könnt Ihr aus verschiedenen Einsatzzonen (alle mit Primär- und Sekundärzielen) wählen und manchmal auch gezwungen sein, hin und her zu wechseln.

In einem Abschnitt kommt Ihr z.B. nicht weiter, weil ein Turm mit Scharfschützen Eure Lebensenergie schnell dezimiert? Die Lösung liegt auf der Hand: Ihr verzieht Euch wieder in die Kanalisation (Eure bevorzugte Fortbewegungsweise) und legt in einem anderen Abschnitt einfach eine Sprengladung an eine an den Turm angrenzende Tankstelle, deren Explosion den Turm gleich mitreißt und Euch so den Weg ebnet.

Die meisten dieser Abschnitte sind so miteinander verknüpft und geben Euch die Möglichkeit, durch Erfüllung der diversen Sekundärziele die Hauptaufgaben zu erleichtern - so etwa, wenn Ihr Nachschublinien abschneidet oder die Landeplätze für Luftunterstützung zerstört.

Dadurch wird der Schwierigkeitsgrad stets auf einem angenehmen Niveau gehalten und höchst selten kommt man an einen Punkt, an dem man frustriert durch die Abschnitte wandert und nach einer Lösung sucht.

Charisma zählt

Für jede erfüllte Aufgabe und Hilfeleistungen wie z.B. das Versorgen von Verwundeten bekommt Ihr Charismapunkte. Diese wiederum sorgen bei entsprechender Sammlung dafür, dass Ihr auf Euren Aufträgen mehr Kämpfer rekrutieren und mit Euch nehmen könnt.

Das Befehlssystem wurde dabei erstaunlich einfach gehalten: Angreifen, Verteidigen sowie Folgen stehen auf dem Programm und reichen vollkommen aus, um den Russen den Stirn zu bieten. Denn zum einen könnt Ihr jedem Kämpfer einzeln einen Befehl zuweisen oder sie im Pulk kommandieren, zum anderen reagiert die KI ganz passabel bei dem Versuch, die Vorgaben umzusetzen.

Doch trotz aller taktischen Finessen, die sich selbst aus nur drei Befehlen ergeben können, spielen sich die meisten Missionen nach Schema F: Das Team losschicken, ggf. folgen, die Waffen der Gegner aufsammeln und am Ende der Mission die amerikanische Flagge auf dem entsprechenden Gebäude hissen.

Als ob die Entwickler mit dieser Kritik gerechnet hätten, tauchen aber im Spielverlauf immer wieder zur richtigen Zeit kleine Überraschungen und Missionsänderungen auf, die die etwas gesunkene Motivation wieder ansteigen lassen. Snipermissionen beispielsweise gehören zum Freiheitskämpfer-Alltag oder die vollkommen überraschende Stürmung Eures Basisverstecks, aus dem Ihr nun auf Euch allein gestellt erst einmal entkommen müsst.

Unter dem Strich ist Freedom Fighters sicherlich kein Spiel für die Ewigkeit, doch für eine kleine Spielesitzung gefüllt mit unkomplizierter und ansprechend inszenierter Action kann man sich wahrlich schlechtere Spiele vorstellen - trotz der erschreckend plakativen Story.

Und wenn alle Motivations-Stricke reißen, kann man immer noch seine Freunde zu Duellen herausfordern. Allerdings nur in einem Spielmodus, der angesichts der Flaggenhisserei im Spiel nicht gerade ungewöhnlich ist: Capture the Flag. Doch da man hier ebenfalls Kämpfer rekrutieren und zusätzlich strategisch wichtige Punkte auf der Karte einnehmen kann, weiß die Flaggenjagd ebenfalls zu überzeugen - wenn auch nicht so stark wie die Einzelspielerkampagne.

Nett, aber nicht außergewöhnlich

Freedom Fighters ist nichts für Grafikfetischisten. Die Umgebungen sind in sich zwar stimmig und präsentieren ein passendes Bild des zerstörten New Yorks, doch im Detail gibt es wenig Feinheiten, an denen man sich erfreuen könnte.

Die Animationen der Figuren gehen in Ordnung, sind aber ebenfalls nicht über dem Durchschnitt anzusiedeln. Dass allerdings in manchen Cut-Scenes die Gesichter nicht einmal die kleinste Animation zeigen, verdirbt die Laune ein wenig.

__NEWCOL__Gut gelungen wiederum sind die zahlreichen Spezialeffekte: Imposante Explosionen, Wettereffekte wie treibender Schnee und weitere kleinere grafische Highlights können etwas dafür entschädigen, dass Freedom Fighters im Großen und Ganzen nicht den technischen Status Quo widerspiegelt.

Dabei ist es auch vollkommen gleichgültig, welche Konsole Ihr zu Hause stehen habt - keine wird auch nur ansatzweise ausgenutzt und abgesehen von weicheren Texturen hier und schöneren Partikel-Effekten da nehmen sich die Versionen nichts.

Besonders bedauerlich scheint dies für die GameCube- und Xbox-User zu sein, deren Technikvorsprung bei den Freiheitskämpfern vollkommen untergeht.

Gelungene Akustik

So sehr man bei der Grafik Schwierigkeiten hat, zu schwärmen, so sehr hat man Freude an der akustischen Untermalung. Gute deutsche Sprachausgabe -bei der allerdings der russische Akzent mancher Sprecher zu gekünstelt wirkt-, passende Soundeffekte und feine Musik sorgen für eine stimmige Kulisse. Allerdings muss man sagen, dass in punkto Melodie-Variation durchaus mehr Arbeit hätte geleistet werden können.

Denn so nett die Stücke auch komponiert wurden und sich ab und an auch dynamisch an das Spielgeschehen anpassen: irgendwann hat man sich satt gehört.

Fazit


In Freedom Fighters steckt mehr, als man auf Anhieb wahrhaben will. Die Action ist unkompliziert, der Taktikeinschlag reicht genau aus und zusammen mit dem angenehmen und stets schaffbaren Schwierigkeitsgrad bietet das neue Werk von Io Interactive unter dem Strich angenehme Unterhaltung. Dass die Story dabei genau so an den Haaren herbeigezogen wie unrealistisch ist, dürfte einige abschrecken, doch innerhalb des Gameplays hat man die sich bietenden Möglichkeiten gut ausgenutzt, so dass die Geschichte in diesem fast schon wieder plausibel wirkt. Grafisch auf allen Konsolen gut, ohne wirklich glänzen zu können (mit Ausnahme der klasse Spezialeffekte) wird die Xbox am wenigsten ausgenutzt, obwohl auch PS2 und GameCube nicht wirklich an ihre Grenzen gebracht werden. Zwar lässt einen das Gefühl nicht los, dass Freedom Fighters in Ego-Perspektive noch etwas mehr Spaß machen würde, doch die Entscheidung, einen Taktik-Shooter in der dritten Person zu präsentieren, geht letzten Endes wenigstens nicht nach hinten los. Kein Spiel, das man unbedingt haben muss, doch Anhänger von nett inszenierter Action mit taktischen Ansätzen werden voll und ganz zufrieden sein.

Pro

<li>unkomplizierte Action</li><li>gute Steuerung</li><li>nette Grafikeffekte</li><li>leichter Taktikeinschlag</li><li>angenehmer Schwierigkeitsgrad</li><li>gute Lokalisation</li><li>gutes Missionsdesign</li><li>atmosphärisch dichte Soundkulisse</li>

Kontra

<li>hanebüchene Story</li><li>auf Dauer zu wenig Abwechslung</li><li>grafisch im Detail nur Durchschnitt</li>

Wertung

XBox

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