Tennis Masters Series 200309.12.2002, Jens Bischoff
Tennis Masters Series 2003

Im Test:

Was in letzter Zeit auf der Xbox an Tennisspielen veröffentlicht wurde, dient wohl eher der sportlichen Abschreckung statt Unterhaltung. Dabei fing der virtuelle Filzballauftakt auf Microsofts Flaggschiff mit Slam Tennis gar nicht so übel an. Mit Tennis Masters Series 2003 (ab 44,95€ bei kaufen) schickt nun auch Vivendi Universal eine Tennis-Sim ins Rennen.

Spiel, Satz, Sieg Stoltenberg

Dank offizieller ATP-Lizenz dürft Ihr zwar auf den Original-Courts der diesjährigen Tennis-Masters-Serie spielen und auch das Finale in Shanghai bestreiten (auch wenn der Titelzusatz "2003" etwas anderes vermuten lässt), aber anstelle von Hewitt oder Agassi tragen die Protagonisten in Microids Versoftung solch skurrile Namen wie Bierling, Hogan, Weltmann oder Stoltenberg. Reale Spieler waren von den Lizenzvereinbarungen wohl offensichtlich nicht betroffen und Tennisdamen werdet Ihr ebenfalls vergeblich suchen.

Die Qual der Wahl

Aber was soll`s, immerhin stehen Euch satte 67 Fantasiespieler mit acht individuellen Attributen wie Tempo, Ausdauer, Aufschlag oder Spielanlage zur Verfügung, die Ihr im Einzel oder Doppel über insgesamt zehn mehr oder weniger bekannte Courts in Hamburg, Paris, Miami oder Toronto scheuchen dürft. Ein Editor erlaubt Euch sogar den Spielern neue Schläger und Klamotten zu verpassen - was spielerisch jedoch keinerlei Auswirkungen hat. Eine Änderung der Spielereigenschaften bleibt leider außen vor und das Erstellen eigener Profis ist ebenfalls tabu.__NEWCOL__Dreiste Sparpackung

Ist das Fehlen eines vernünftigen Spielereditors noch verschmerzbar, könnte man bei einem Blick auf die Spielmodi jedoch vermuten, eine Demo in den Händen zu halten. Dem ist aber leider nicht so, Freundschaftsspiel und Meisterschaft sind tatsächlich alles, was Microids erwartungsvollen Tennisfans anzubieten hat. Ach ja, ein paar Spieloptionen wie Spiellänge, Schwierigkeitsgrad oder Konditionsabbau darf man natürlich auch noch einstellen oder sich die Credits anzeigen lassen, aber damit hat sich`s dann wirklich.

Allein auf Welttournee

Während sich an einem Freundschaftsspiel bis zu vier menschliche Racketschwinger beteiligen können, bleibt eine Teilnahme an der Meisterschaft hingegen Solisten vorbehalten. Diese müssen sich vor jedem Turnier zudem erst qualifizieren und nur, wer nach neun bestrittenen Turnieren unter den besten acht rangiert, darf zum Finale nach Shanghai reisen. Egal, ob Ihr dabei auf zwei oder drei Siegsätze spielen wollt, bis zum Cupsieg ist es ein langer Weg. Zwar lassen sich Begegnungen nach erfolgreicher Qualifikation auch simulieren, aber dann kann man ja gleich Fernsehen schauen.

Licht und Schatten

Bei Freundschaftsspielen hat man hingegen gleich zu Beginn die Wahl zwischen neun Hallen- und Freiluft-Courts, die jeweils individuelle Sand-, Hartplatz- oder Teppichbeläge bieten. Sogar die Tageszeit kann nach Belieben verändert werden, was allerdings nur Einfluss auf die wirklich sehenswerten realistischen Licht- und Schatteneffekte hat. Die Motion-Capturing-Animationen der Spieler wirken dagegen zum Teil vergleichsweise unnatürlich und steif - gehen im Großen und Ganzen jedoch in Ordnung. Auch kleine Details wie die Messung der Ballgeschwindigkeit oder bleibende Abdrücke auf Sandplätzen sorgen für Authentizität.

Wie in Zeitlupe

Die originalgetreuen Tennisplätze bestehen laut Hersteller aus 25000 und die Spieler jeweils aus 6000 Polygonen. Gespart hat man allerdings wieder einmal beim Publikum, das spärlich animiert als Papptapete auf den Tribünen klebt. Dafür habt Ihr die Wahl zwischen insgesamt sieben Kameraperspektiven und dürft zudem über die Replay-Häufigkeit entscheiden. Das alles kann jedoch nicht vertuschen, dass das allgemeine Spieltempo äußerst träge ist. Ein Heraufschrauben des Schwierigkeitsgrads beschleunigt den Ablauf zwar geringfügig, aber viele Animationen und Ballwechsel laufen dennoch wie in Zeitlupe ab.__NEWCOL__Facettenreiches Schlagspiel

Hinzu kommt, dass die Spieler sehr behäbig auf plötzliche Richtungswechsel reagieren und erst noch ein Stück in die entgegengesetzte Richtung rutschen, was zwar teilweise realistisch sein mag, den ohnehin nicht gerade flotten Spielfluss allerdings nur noch zusätzlich hemmt. Hat man sich jedoch erst einmal daran gewöhnt, offenbart das Gameplay aber auch seine Stärken. Vor allem das intuitive und facettenreiche Schlagspiel weiß dabei zu gefallen. So lassen sich aus den vier Grundschlägen Topspin, Slice, Drive und Lob über 60 verschiedene Schlagmanöver herauskitzeln, die zudem recht zielgenau platziert werden können.

Fortgeschrittene Ballbeherrschung

Mit etwas Übung gelingen akkurate Stoppbälle, spektakuläre Hechtrollen und Returns hinter dem Rücken oder durch die Beine immer besser, wobei sich das gemächliche Tempo sogar als sehr hilfreich erweist. CPU-Partnern darf man beim Doppel auch taktische Anweisungen geben und die KI gibt sich je nach Spielerstärke und Schwierigkeitsgrad nur wenige Blößen. Etwas enttäuschend ist hingegen die bescheidene Soundkulisse: Das Publikum wirkt emotionslos, die englische bzw. französische Sprachausgabe beschränkt sich auf das Wesentlichste und die Sound-FX bieten wie auch die gesamte Präsentation nicht mehr als Standardkost.

Fazit


Eigentlich wäre Microids Tennis Masters Series 2003 eine durchaus gelungene Tennis-Sim. Das gemächliche Spieltempo und die zögerlichen Spielerbewegungen sind zwar etwas gewöhnungsbedürftig, aber das facettenreiche Gameplay braucht sich nicht zu verstecken. Die Rasanz und Dynamik von realem Tennis wird zwar nicht annähernd erreicht, aber die Spielbarkeit ist durchaus gelungen. Der akute Mangel an Spielmodi und Optionen drückt allerdings gewaltig auf den Spielspaß - hier hat die Konkurrenz eindeutig mehr zu bieten. Zu zweit oder zu viert kommt zwar dennoch Wettkampfstimmung auf, aber gegenüber Segas Platzhirsch Virtua Tennis 2 muss man sich in jeder Hinsicht klar geschlagen geben. Und wer lediglich eine Xbox sein Eigen nennt, ist mit Slam Tennis nach wie vor am besten beraten, was virtuelle Filzballschlachten betrifft.

Pro

<li>67 Tenniscracks</li><li>zehn reale Courts</li><li>gute Schlagsteuerung</li><li>über 60 Schlagvarianten</li><li>variabler Schwierigkeitsgrad</li><li>realistischer Konditionsverlust</li><li>sieben unterschiedliche Spielperspektiven</li>

Kontra

<li>träges Gameplay</li><li>nur zwei Spielmodi</li><li>keine realen Spieler</li><li>nur männliche Spieler</li><li>spärliche Soundkulisse</li><li>unveränderliche Spielerstatistiken</li><li>teils unnatürlich steife Animationen</li>

Wertung

XBox

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