The Great Escape - Gesprengte Ketten28.09.2003, Jens Bischoff
The Great Escape - Gesprengte Ketten

Im Test:

Shooter, die im Zweiten Weltkrieg spielen, gibt es zuhauf. Unzählige Helden sind mittlerweile sieg- und ruhmreich von ihren virtuellen Einsätzen an der Front oder hinter feindlichen Linien zurückgekehrt. Doch was ist mit denen, die in Gefangenschaft geraten sind? The Great Escape - Gesprengte Ketten (ab 19,89€ bei kaufen) liefert die Antwort und das sogar mit Starbesetzung. Mehr über Steve McQueens, James Garners, Gordon Jacksons und James Coburns legendären Fluchtversuch erfahrt Ihr in unserem Test.

Zeitlose Lizenz

Da die Gesprengte-Ketten-Lizenz zeitlos spannende Unterhaltung verspricht, muss man den gleichnamigen Film nicht unbedingt gesehen haben, um Spaß am virtuellen Nachspielen der zum Teil legendären Fluchtszenen zu haben. Auch Captain Hilts alias Steve McQueen und seine Leidensgenossen machen vierzig Jahre nach der Leinwandpremiere noch eine gute Figur als waghalsige Ausbruchskönige.

Schwache Zweitbesetzung

Die Lizenz wurde im Spiel jedenfalls erstklassig verarbeitet. Lediglich der Wiedererkennungswert der Protagonisten lässt etwas zu wünschen übrig. Zwar hat man die insgesamt vier spielbaren Helden in die Original-Garderobe von 1963 gesteckt und ihnen halbwegs authentische Gesichtstexturen aufgeklebt, aber die starre Mimik und die meist zweitklassigen Stimmen machen die Illusion kaputt, bevor sie sich überhaupt entfaltet hat.__NEWCOL__Authentische Kulissen

Dafür dürfen sich Fans jedoch über die Einbindung des Original-Soundtracks von Elmer Bernstein freuen und auch die übrige Dolby-Digital-Soundkulisse wirkt bis auf die durchwachsene deutsche Synchro sehr authentisch - wer will kann den Dialogen aber auch auf englisch lauschen. Vertraut werden Cineasten bestimmt auch die Umgebungen, Storysequenzen und Spielszenen vorkommen, die man während der insgesamt 18 Spielabschnitte zu Gesicht bekommt.

Sinnvolle Erweiterung

Inhaltlich wurde die Handlung des Films zwar zu Beginn etwas erweitert, um mehr Abwechslung ins Spiel zu bringen und die vier Hauptfiguren auf spannendere Weise zusammenzuführen, doch die zusätzlichen Szenen fügen sich stimmig in die Gesamthandlung ein und werten den Spielverlauf mit MacDonalds winterlicher Odyssee durch Norddeutschland und Sedgwicks dreistem Spähpanzerklau in Südfrankreich deutlich auf.

Holpriger Schleicher

Bei der Steuerung müssen jedoch teils deutliche Einbußen gemacht werden. Vor allem das Steuern von Fahrzeugen gestaltet sich extrem bockig und unrealistisch. Aber auch zu Fuß hat man immer wieder mit unnötigen Schwierigkeiten zu kämpfen. Die verschiedenen Stealth- und situationsabhängigen Aktionsmöglichkeiten gehen hingegen locker von der Hand. So schleicht Ihr wie auf Samtpfoten, linst vorsichtig durch Schlüssellöcher, robbt durchs Unterholz, erwürgt hinterrücks lästige Wachen oder greift gar zu stationären oder mobilen Schusswaffen.

Fraglicher Sichtkontakt

Ein praktischer Kompass weist Euch stets die Richtung zum nächsten Zielpunkt und visualisiert aufmerksam gewordenen Wachen und deren Alarmbereitschaft. Feindliche Sichtkegel werden hingegen überhaupt nicht dargestellt, was das Einschätzen von sicherem und unsicherem Terrain äußerst schwierig gestaltet. Auch das Erledigen bestimmter Aufgaben unter Zeitdruck sowie die vom Schwierigkeitsgrad abhängige Anzahl an zulässigen Spielstandsicherungen erschwert Eure Ausbruchsversuche. Wann und wo gespeichert werden soll, entscheidet jedoch Ihr.__NEWCOL__Optisches Blendwerk

Nicht zu kümmern braucht Ihr Euch hingegen um verdächtige Blut- oder Fußspuren, denn die fallen Außer Euch niemandem sonst auf. Auch das Beseitigen von verräterischen Leichen oder Schließen von Verdacht erregenden Türen macht nur wenig Sinn, da sich leblose Körper schon nach kurzer Zeit in Luft auflösen und offen gelassenen Türe nach ein paar Schritten wie von Geisterhand geschlossen werden. Auch gespannte Stolperdrähte sind nicht mehr als optisches Beiwerk und werden auch von den unachtsamsten Schritten nicht ausgelöst.

Dubioses Gegnerverhalten

Weitaus schwieriger ist es da schon, einmal alarmierte Wachen abzuschütteln bzw. sich vor ihnen zu verstecken. Überhaupt ist es schwer, das gegnerische Verhalten richtig einzuschätzen, denn die KI-Routinen sind äußerst dubios: So könnt Ihr einerseits manchmal an Soldaten unentdeckt vorbeilaufen, obwohl Euch selbst ein Blinder bemerken müsste und andererseits könnt Ihr selbst im besten Versteck plötzlich von einem dahergelaufenen Gefreiten entdeckt werden. Na ja, immerhin könnt Ihr Euer Heil dann immer noch im Faustkampf suchen.

Auf den Hund gekommen

Selbst Wachhunde könnt Ihr bewusstlos prügeln. Aber eleganter sind natürlich Ablenkungsmanöver mit einem Stück Fleisch. Menschliche Patrouillen lenkt Ihr hingegen mit Flaschen oder gefakten Lautsprecherdurchsagen ab. Am besten eignen sich jedoch deutsche Uniformen und gefälschte Papiere, mit denen Ihr unbehelligt durchs ganze Lager spazieren könnt, so lange Ihr Euch unauffällig verhaltet und nicht vor den Augen Eurer Kameraden Schießeisen mopst, Telefonleitungen kappt oder kriechend unter Baracken verschwindet.

Reine Routine

Im Prinzip müsst Ihr bei Euren Ausbruchsversuchen nämlich immer ein paar vorgegebene Gegenstände einheimsen, die im Verlauf des Spiels natürlich variieren und immer schwerer zu beschaffen sind, diese dann an einem bestimmten Ort einsetzen und dann möglichst unentdeckt eine Schwalbe machen. Hin und wieder werden die an sich immer nach dem gleichen Schema ablaufenden Fluchtversuche jedoch von draufgängerische Fahreinlagen , plötzlichen Ereignissen, die rasches Umdenken erfordern, sowie unvermeintlichen Schießerein aufgelockert.__NEWCOL__Riskante Schusswechsel

Bei letzteren geht es sogar recht blutig zu, während eine automatische Zielhilfe für möglichst wenige Fehlschüsse sorgt. Scharfschützen dürfen ihre Opfer natürlich auch manuelle aufs Korn nehmen und an ihre Ziele heranzoomen. Schusswaffen fallen Euch aber nur selten in die Hände und Aufmerksamkeit erregen ist fast nie eine gute Idee. Zudem ist die Kollisionsabfrage etwas ungenau und oft ist Euch Euer eigener Körper im Weg, der sich nur im Stand ausblenden lässt. Doch immerhin werden alle aufnehmbare Objekte und möglichen Interaktionen unübersehbar angezeigt.

Laue Technik

Unübersehbar ist aber leider auch die eher zweckmäßige Grafik mit ihren relativ klobigen Charaktermodellen und unspektakulären Texturen. Zwar ist die Framerate auf der Xbox wesentlich stabiler als auf der PS2 und auch die Sichtweite ist etwas höher, aber dafür sind die Animationen aus unerklärlichen Gründen mit Dauergeruckel behaftet. Gelegentliche Clipping-Fehler plagen hingegen beide Versionen, während den kürzeren Ladezeiten ein stellenweise höheres Gegneraufkommen und damit happigerer Schwierigkeitsgrad gegenübersteht.

Fazit


The Great Escape wird der großen Filmvorlage leider nur teilweise gerecht. Während die virtuellen Protagonisten im Vergleich zu ihren Schauspieler-Kollegen blass und ausdruckslos bleiben, kommen Spannung, Action und Nervenkitzel auf der Xbox nicht zu kurz. Vor allem der Original-Soundtrack und die vielen bekannten Szenen, die es nun selbst zu meistern gilt, verdichten die Atmosphäre. Schade nur, dass die deutsche Synchro recht durchwachsen und die Präsentation weitestgehend unspektakulär ausgefallen ist. Wirklich ärgerlich sind hingegen die hakelige Steuerung und die teilweise fast schon peinliche KI. Durch die begrenzten Speichermöglichkeiten, gelegentlichen Zeitlimits und schwer einzuschätzenden Sichtkreise der Wachen, sind die ansonsten eher simpel gestrickten Ausbruchsversuche zudem relativ knifflig. Wer Spaß an Prisoner of War oder Chicken Run hatte, wird sicher auch seine Freude mit The Great Escape haben, aber letztendlich wäre sowohl spielerisch als auch technisch weit mehr möglich gewesen.

Pro

<li>zeitlose Lizenz</li><li>spannende Atmosphäre</li><li>variabler Schwierigkeitsgrad</li><li>stimmungsvolle Soundkulisse</li><li>relativ flexibles Speichersystem</li><li>meist authentischer Spielverlauf</li>

Kontra

<li>peinliche KI</li><li>schwache Technik</li><li>hakelige Steuerung</li><li>keine Sichtfeldanzeigen</li><li>ungenaue Kollisionsabfrage</li><li>durchwachsene Lokalisierung</li>

Wertung

XBox

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