IndyCar Series13.07.2003, Mathias Oertel
IndyCar Series

Im Test:

Fahrzeuge, die denen aus der Formel Eins nicht unähnlich sind, Zehntausende von Zuschauern und mehrere Hundert Runden lang im Kreis fahren: das ist die IndyCar Series, die neben der NASCAR das Herzstück amerikanischen Motorsports bildet. Und das Spiel zum Spektakel kommt von niemand anderem als den Rennspiel-Spezialisten von Codemasters. Doch kann IndyCar Series an die Erfolge von beispielsweise Colin McRae und DTM Race Driver anknüpfen? Die Antwort gibt der Test.

Indy Car Series: Nascar meets Formel Eins

Schaut man sich die amerikanische Indy Car Series an, fallen zwei Elemente auf. Ungeübte Zuschauer könnten die über 300Km/h schnellen Boliden für kleine Brüder der Geschosse halten, die derzeit in der Formel Eins ihr Unwesen treiben - wenn da nicht das dauernde im Kreis fahren wäre. Und das wiederum hat die Indy Car Series mit der Nascar gemeinsam. Denn hier wie da fahren die PS-Protze auf Ovalen, die von zehntausenden Zuschauern gesäumt werden. Doch obwohl der Popularitätsgrad der Indy-Serie in den USA immens hoch ist, haben hierzulande wohl nur hartgesottene Motorsport-Freaks etwas für die Kreisfahrer übrig. Aber vielleicht kann das Spiel ja für wachsende Popularität sorgen.

Spartanisch, aber Simulation

Bereits bei den Spielmodi kündigt sich ein, dass IndyCar Series ein Spiel für Rennspiel-Puristen sein dürfte. Neben der Teilnahme an den 16 Rennen einer Saison könnt Ihr Einzelrennen fahren, in der Meisterklasse Herausforderungen erfüllen oder mit einem weiteren Mitspieler bis zu acht CPU-Fahrer am Splitscreen herausfordern - soweit nichts Neues.

Trotzdem haben die Entwickler von Brain in a Jar darauf geachtet, den in den USA so erfolgreichen Motorsport angemessen zu simulieren - und das sowohl für Einsteiger als auch Profi-Rennfahrer.

Denn mit den drei Schwierigkeitsgraden werden nach und nach renntechnische Feinheiten wie Schäden, Reifenabnutzung, Benzinverbrauch und das Flaggenregelwerk samt der wichtigen Pacecar-Phase freigegeben.

Zudem finden Hobby-Bastler in der Garage zahlreiche Tuning-Möglichkeiten, um Ihr Fahrzeug auf die entsprechende Strecke einzustellen.

Doch so schön und lobenswert diese Ansätze auch sind, bleibt IndyCar Series letzten Endes weit hinter den Erwartungen zurück. Denn obwohl offensichtlich eine ausgefeilte Fahrphysik schlummernd ihren Dienst unter der Oberfläche verrichtet (wozu sind sonst die ganzen Tuning-Möglichkeiten da?), ist auf der Strecke relativ wenig davon zu spüren. Nur wenn man ins Schlingern gerät, oder gar vollkommen die Kontrolle über das Fahrzeug verliert, hat man Probleme, den Wagen wieder in die Spur zu bringen.

Immer an der Wand lang

Das größte Problem, dem sich IndyCar Series gegenübersehen dürfte, hat es mit den diversen Nascar-Spielen gemeinsam: das permanente im Kreis fahren. Doch genau wie bei Sierras Nascar Racing-Serie entwickelt das Runden drehen schnell seinen Reiz - insofern man sich darauf einlässt. Die im Großen und Ganzen gut reagierende KI stellt sich während der bis zu mehrere hundert Runden langen Rennen variabel auf Euch ein und sorgt so dafür, dass auf den Ovalen permanent etwas los ist und Ihr jederzeit gefordert seid.

Natürlich könnt Ihr auch kürzere Rennen fahren, die aber wenig Taktik und im Normalfall keinen Boxenstop von Euch verlangen und daher leicht in den Arcade-Bereich abrutschen. Auch die Spannung und Gefahr, mit über 300 Km/h an einer Mauer entlang zu rasen wird gut eingefangen.

Da die Steuerung jederzeit gut reagiert, könnt Ihr Euch umgehend darauf konzentrieren, die besten Einfallswinkel für jede Kurve herauszufinden, um so der Konkurrenz entscheidende Zehntelsekunden abzunehmen.

Zusätzliche freispielbare Goodies und Gimmicks sollen für die nötige Langzeitmotivation sorgen, die allerdings trotzdem nach der ersten Saison mit vollständiger Rundenzahl rapide abnimmt.

Insofern ist IndyCar Series nur den Rennspielfans zu empfehlen, die bislang immer neidisch auf den PC und die dazugehörigen Nascar-Spiele geschaut haben. Gelegenheitsspieler, die auf eine Alternative zur Formel Eins hoffen, werden von der scheinbar unspektakulären Hochgeschwindigkeitsverfolgung vermutlich weniger angetan sein.

Xbox-Power?

Eines kann man der Grafikengine nicht absprechen: Das Geschwindigkeitsgefühl wird gnadenlos gut transportiert. Doch der Rest vom Optik-Fest schafft es mit Müh und Not gerade mal auf Durchschnittswerte zu kommen.

Zwar sehen die Fahrzeuge, von denen sich bis über 20 auf der Strecke tummeln, einigermaßen gut aus, doch im Detailgrad bleiben die Boliden weit hinter den Konkurrenten aktueller Formel Eins-Spiele zurück.

Doch viel enttäuschender ist das Umfeld. Zugegeben: die Original-Kurse der IndyCar-Series

geben nicht gerade viel her, doch das die Geschwindigkeit zu Lasten eines mageren Detailgerades und dem Fehlen jeglicher Echtzeitschatten geht, muss heutzutage (und vor allem auf der Xbox) nicht mehr sein. Stattdessen sind die Schatten, die von den Zäunen auf die Fahrbahn geworfen werden, als feste Texturen Bestandteil der Umgebung und sind demzufolge auch nicht auf den Fahrzeugen zu finden.

Auch bei den Vehikeln wurde schattentechnisch gemogelt. Anstatt wie eigentlich üblich echtzeitberechnete Schatten zu modellieren, klebt unter jedem Fahrzeug ein festes Schattenmodell, das vermutlich nur da ist, damit die Autos nicht den Eindruck erwecken, dass sie über dem Boden schweben.

Ein wenig Milderung schaffen nur die gut in Szene gesetzten Unfälle und die schon erwähnte Geschwindigkeit. Denn die Cut-Scenes nach den Rennen, die Euch die Emotionen des Fahrers nahe bringen möchten, spotten jeder Beschreibung. Schwach animierte Figuren, die aus groben Polygonmodellen bestehen, bieten keinerlei optische Highlights.

Sound wie gehabt

Wie bei zahlreichen Kollegen der Formel Eins-Schiene sucht man Kommentar während der Rennen vergebens. Stattdessen gibt es satte Motorengeräusche, die aber durchaus mehr Variation vertragen hätten und Südstaaten-Rock, der sicherlich nicht jedermanns Sache ist, aber ganz passabel zum Spiel passt. So ganz auf Sprachausgabe verzichten müsst Ihr aber auch nicht. Über den Boxenfunk erhaltet Ihr in unregelmäßigen Abständen Informationen zu Eurer Position, den Abständen zur Konkurrenz sowie besondere Ereignisse. Allerdings ist die Lokalisierung etwas lustlos ausgefallen. Im Vergleich zum englischen Sprecher wirken die deutschen Samples fade und teilweise sogar langweilig.

Fazit


Auch wenn das ständige Im-Kreis-Fahren nicht unbedingt den Geschmack der Formel Eins-verwöhnten Raser treffen dürfte, sollten Rennspiel-Fans mit Hang zum Exotischen einen Blick auf die IndyCar Series werfen. Denn ähnlich wie bei der NASCAR-Serie und den dazugehörigen Spielen entwickeln die Rennen auf den Ovalen einen eigenen Reiz, dem man sich als PS-Anhänger nicht so einfach entziehen kann. Spannung, Geschwindigkeit und die Gefahr der echten IndyCar-Serie wurden gut eingefangen und mit einem alles Wichtige umfassenden Tuning-System unterlegt. Schade ist allerdings, dass bei der Grafik nur auf Geschwindigkeit geachtet wurde. Das Speed-Gefühl, das die Engine zweifellos auf den Bildschirm zaubert, ist aber nur ein schwacher Ersatz für fehlende Echtzeitschatten und detaillose Umgebungen. Wer Spaß an den NASCAR-Spielen hat, wird sicherlich auch mit IndyCar-Series glücklich werden. Wer allerdings schon beim Gedanken, 200 Runden im Kreis zu fahren, Herzrhythmus-Störungen bekommt, sollte einen weiten Bogen um das Spiel machen.

Pro

<li>gutes Geschwindigkeitsgefühl</li><li>zahlreiche Tuning-Optionen</li><li>gut reagierende Steuerung</li><li>stimmige Soundkulisse</li><li>spannende Rennen</li><li>passable KI</li><li>diverse freispielbare Goodies und Features</li><li>sehr gute Simulation des IndyCar-Sports</li>

Kontra

<li>detaillose Umgebungen</li><li>Grafik ohne jegliche Highlights</li> <li>lustloser deutscher Kommentar</li><li>„Im-Kreis-fahren“ nicht jedermanns Sache</li>

Wertung

XBox

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