NBA Inside Drive 200410.12.2003, Jörg Luibl
NBA Inside Drive 2004

Im Test:

Ihr wollt eure Xbox endlich mit Slam-Dunks und Monster-Blocks zum Glühen bringen? Und das auch noch online? Kein Problem: Microsoft hat die Rufe der Basketball-Fans endlich erhört und präsentiert mit NBA Inside Drive 2004 die erste Korbjagd, die auch über Xbox Live! spielbar ist!

Modi

Wie letztes Jahr werden Einzelspieler entweder mehrere Saisons samt Transfers, die Playoffs oder ein Einzelspiel absolvieren können. Außerdem gibt es einen Editor, mit dem ihr einen Spieler nach Wunsch basteln könnt – inklusive diverser Regler für die zahlreichen äußeren und inneren Werte. Das Sahnehäubchen dieser Auflage ist natürlich der Online-Modus über Xbox Live!. Hier könnt ihr selbst ein Match aufsetzen, schnell ein Spiel suchen sowie zum Spaß oder mit Wertung antreten. Doch bevor der Ranglisten-Ernst beginnt, solltet ihr reichlich üben.

Links oder rechts vorbei? Mit dem rechten Analogstick könnt ihr gezeilt antäuschen und den Verteidiger alt aussehen lassen.

Erst üben

Im Trainingsmodus lassen sich z.B. Freiwürfe testen, die genau so ablaufen wie letztes Jahr: Wie bei der 2-Klick-Methode im Golfen müsst ihr eine rasende Markierung zwei mal rechtzeitig stoppen, um zu punkten. Oder ihr trainiert mit eurem Team frei in der Halle das Passen, Dunken und Werfen.

Schade jedoch, dass es keinen 1-on1- oder Streetball-Modus wie in NBA 2K3 gibt. Sehr schön ist wiederum das akustische Feedback, das euch verrät, ob ihr den Ball zu früh, optimal oder zu spät Richtung Korb geschickt habt.

Wie letztes Jahr müsst ihr den Wurfknopf erst dann loslassen, wenn der steigende Balken den roten Bereich erreicht. Trotzdem geht nicht alles rein, was optimal, und geht nicht alles daneben, was schlecht getimt wurde. __NEWCOL__Statistik-Eldorado

Das ist seltsam, könnte aber an den etwa zehn individuellen Werten liegen, die auch noch ein Wörtchen zwischen Airball und Netzstreichler mitreden. Die Statistiken geben in Prozentwerten Auskunft über Fähigkeiten wie Hakenwurf, Fadeaway, Freiwurf, Dunk, Dunk-Reichweite, Dreier sowie drei Wurfdistanzen. Vor allem angehende Manager können sich hier vor Transfers einen guten Überblick verschaffen.

Aus den individuellen Fähigkeiten ergeben sich wiederum besonders talentierte Spieler für bestimmte Situationen, die durch Scharfschützen- und andere Icons markiert werden. Spieler mit Korbserien oder solche mit Fehlwurforgien werden ebenfalls mit  einem Feuer- oder Eiskreis gekennzeichnet, was eine schöne individuelle Note einfließen lässt.

Dreier verlangen eine gute Position und ein ebenso gutes Timing beim Wurf. Auch die KI wird euch hier richtig ins Schwitzen bringen.

Leider verrät das ultraknappe deutsche Handbuch auf seinen sechs mageren Seitchen keinem Einsteiger, was diese und andere Details bedeuten, sondern konzentriert sich auf die Controller-Belegung und die Xbox Live-Features.

Wer die Serie nicht kennt, ist also auf die rein englischsprachigen Hilfe-Texte im Spiel angewiesen, die jedoch nur sporadisch auftauchen – das ist ärgerlich. Dass das Kommentatoren-Trio nur auf Englisch witzelt, stichelt und analysiert, dürfte wiederum kaum stören.

Millisekundenpass

Dafür wird wenigstens die ausgefeilte Steuerung gut illustriert, die dieses Jahr etwas verfeinert wurde. Das Pass-System ermöglicht jetzt auch das blitzschnelle Weiterspielen des Balles per Doppeldruck auf die A-Taste – "Touch Passing" genannt. So lässt sich das Leder bei Fastbreaks herrlich rasant in die Spitze spielen oder beim Spielaufbau in Zehntelsekunden zum lauernden Dreierschützen jagen. Doch Vorsicht: Ab der zweiten der drei Schwierigkeitsstufen reagiert die KI des Gegners sehr gut auf oberflächliches Passen und Dribbeln. Wer blind nach vorne spielt oder einfach in die Defense hineinläuft, wird sein blaues Steal-Wunder erleben.

Je nach Spieler und Situation werden andere Dunkanimationen abgerufen. Der Korb kracht meist fulminat.

Offensive für Profis

Doch ein geregelter Spielaufbau ist auch dank des Icon-Pass-Systems kein Problem. Über jedem Teammitglied erscheint auf Wunsch ein Button, den ihr für ein Zuspiel bedienen müsst. Zwar zu Beginn etwas gewöhnungsbedürftig, zeigt sich später die Effizienz der direkten Pässe auf bestimmte Spieler – vor allem, wenn man Alley-Oops einleiten will. Diese sehen fantastisch aus und sind eine echte Belohnung, denn sie verlangen wesentlich mehr Übung und Vorbereitung als in NBA Live 2004 .

Auch das sensitive Passen wird fortgeschrittene Spieler freuen: Denn so könnt ihr per Knopfdruck bestimmen, ob der Ball einfach in Brusthöhe oder über Kopf und direkt zum Center gespielt wird.

Überhaupt wird die Offensive dank angetäuschter Bewegungen und Würfe, dank Crossover-Dribblings und Geschiebe beim Aufposten unter dem Korb sehr gut inszeniert. Allerdings fehlen coole Ballhalte-Provokationen à la NBA 2K3  oder eine taktische Schrittfolge à la NBA Live 2004  - man vermisst den letzten Kick individueller Moves.__NEWCOL__Immerhin liefern die schnellen Strategiewechsel innerhalb des Spiels viel gestalterischen Freiraum: Ihr könnt gezielt auf Dreier gehen, die Power Forwards bedienen, den Center ins Rampenlicht beordern oder die ausführlichen Playbooks nach taktischen Finessen durchforsten.

In der Defense bleibt es bei wenigen Alternativen, darunter die übliche Mann- oder Zonendeckung. Leider reagiert das Digipad während  des Spiels seltsam spröde auf die Eingaben, die ab und zu gar nicht befolgt werden. Schade ist auch, dass das Handbuch das Thema Taktik und Aufstellung komplett übergeht – wer weiß schon, was Pick&Roll bedeutet? Basketballkenner sind klar im Vorteil.

Ein Wermutstropfen ist zudem die Rudelbildung nach Steals oder Fastbreaks: Hier stehen sich sowohl Verteidiger als auch Angreifer teilweise so im Weg, dass sich ein unansehnlicher Pulk bildet und Spieler wie Bots auflaufen. Das zeugt von guter Kollisionsabfrage, aber auch von dürftigen KI-Routinen und wirkt einfach unnatürlich.

Defensive für Nervenstarke

Viel schwerer als offensiv zu glänzen ist es, eine befriedigende Defense aufzubauen. In unseren ersten Matches gab es eine wahre "Shooting Foul"-Orgie, denn die Schiedsrichter haben wirklich alles gepfiffen, was auch nur ansatzweise Richtung ballführenden Spieler ging.

 

Schon wieder gefoult! Das Blocken wird euch aufgrund der übersensiblen Schiris und des Timings sehr schwer gemacht.

Leider haben manche Zeitlupen nicht nur einige Clipping-Probleme, sondern auch abstruse Fehlpfiffe entlarvt, wo absolut kein Körperkontakt sichtbar war und Shaqs Pranke durch "nothing but air" zischte. Das Hauptproblem ist einfach, dass selbst die meisten geraden Sprünge zu einem Block als Foul interpretiert werden – also nicht die verständlichen Regelwidrigkeiten wie Sprünge von hinten oder der Seite in den Mann.

Das führt dazu, dass es unverhältnismäßig viele Freiwürfe und nur ab und zu erfolgreiche Blocks gibt. Realismus hin oder her: Für den Spielspaß ist eine komfortabel zu inszenierende Defense genau so wichtig wie die Offense! Das hat NBA 2K3 eindrucksvoll bewiesen.

Von hinten sollte man nie attackieren, denn hier wird gnadenlos gepfiffen - manchmal auch zu Unrecht.

Aber auch hinten gibt es Lichtblicke: Dass die Verteidigung nicht ganz verkorkst wurde, liegt daran, dass man per Knopfdruck schnell einen gut postierten Schirm aufbauen kann, und dass die eigenen Spieler je nach Steal-Wert schon mal automatisch zugreifen. Trotzdem muss man noch viel zu viel manuell übernehmen, um effektiv zu sein - auf die defensive KI kann man sich nicht verlassen.

Ich will`s aber einfacher!

Euch nerven die Seitenlinie, die Fehlwürfe und die Turnovers? Kein Problem: Wer es weniger realistisch mag, kann dank der vielen Optionen zahlreiche Erleichterungen aktivieren.

Egal ob Wurfsystem, Ermüdung, Verletzungen, Freiwürfe, Regeln oder Pässe – fast alles lässt sich so vereinfachen, dass auf Kosten der Authentizität etwas mehr Arcadeflair und Rasanz aufkommen.

Trotzdem hätte die Spielbalance auch unter den Bedingungen des aktuellen Regelwerks besser ausfallen müssen, denn die Ranglistenkämpfe über Xbox Live finden unter solchen statt.__NEWCOL__Hochglanz mit Dämpfern

Auf den ersten Blick wirkt NBA Inside Drive wie aus dem Goldei gepellt: Das Publikum besteht nicht aus Pappaufstellern, sondern animierten Polygonen, die Spieler bewegen sich elegant, retten sogar im Hechtsprung Bälle vor dem Aus, die Hallen wurden authentisch und klasse designt, das Parkett glänzt mit Echtzeit-Spiegelungen und der Korb erzittert famos bei jedem fetten Dunk - begleitet von einem schmatzendem Sound.

Aber auf den zweiten Blick fehlt es überall an Feinschliff: Die Zuschauer bleiben auf Dauer immer dieselbe bunte Konfettimasse, und sind auch aufgrund der mageren Fanakustik eher ein mittelprächtiges als präsentationsstarkes Beiwerk –

irgendwie will keine Gänsehautatmosphäre aufkommen; NBA Live 2004 ist da wesentlich packender.

Stadien und Spieler werden sehr gut dargestellt. Doch irgendwie fehlt der letzte Feinschliff, denn so manche Animation wirkt zittrig.

Und so grazil manches Dribbling auch wirken mag, so herrlich mancher Dunk aussieht: die Spieler enttäuschen auch mit einigen zittrigen und vielen roboterhaften Szenen - vor allem ohne Ball. Und in der Zeitlupe erinnern manche eher an Droiden als an Menschen. Hier hätten die Grafiker noch viel mehr Bewegungsphasen einsetzen müssen. Genau so wie die Programmierer, die einige Slowdowns und Ruckler über Xbox Live! nicht verhindern konnten.

Fazit

NBA Inside Drive gehörte vor zwei Jahren zu den Überraschungstiteln in der von EA und Sega dominierten Basketballwelt, und hatte nicht nur dank seines Simulationsflairs genug Power für die Genre-Spitze: Ansehnliche Grafik, intuitives Spiel, viele taktische Optionen. Doch schon letztes Jahr ließ Microsofts Xbox-exklusive Korbjagd Federn, weil es spielerisch und optisch zu wenig Neues gab. Diesmal dürft ihr euch zwar über einen kompletten Online-Modus freuen, der für viele schon aufgrund der ständigen Spieler-Aktualisierungen als Kaufgrund ausreichen wird. Und das Ganze sorgt ja über Xbox Live trotz einiger Slowdowns für Nervenkitzel – vor allem, weil das ausgefeilte Pass-System überzeugt. Aber im Kern wurde einfach zu wenig Herzblut in Technik, Kulisse und Spielmechanik investiert, um richtig zu begeistern. Manche Bewegungen wirken besonders in der Zeitlupe roboterhaft und in den Arenen wird trotz Hochglanzparkett akustisch kein packendes Mittendringefühl entfacht. Viel schwerer wiegt, dass die Defense ihre Blocks nur mit viel Übung effektiv einsetzen kann, dass fast jeder Steal-Versuch gepfiffen wird und dass es ab störende Rudelbildungen gibt. Klar entschädigen einige klasse Animationen und herrlich krachende Dunks dafür, und in den Optionen lässt sich mit Feintuning noch einiges ausgleichen. Aber insgesamt fehlt einfach der letzte Schliff, um NBA Inside Drive 2004 ganz oben mitspielen zu lassen. Unterm Strich bleibt ein gutes Spiel, das es sich zwischen der Konkurrenz bequem, vielleicht zu bequem gemacht hat: Im Ansatz fast so realistisch wie NBA2K3, aber weniger befriedigend. Wesentlich authentischer als NBA Live 2004, aber weniger ansehnlich.

Pro

<P>
Online-Modus
freies Training
gute Gegner-KI
inkl. Spieler-Editor
gutes Hallendesign
sehr viele Optionen
einige elegante Moves
ausgefeiltes Pass-System
knackige Korbgeräusche
drei Schwierigkeitsgrade
neues blitzschnelles Passen
viele offensive Spielzüge wählbar
abwechslungsreiche Animationen
akustisches Feedback beim Training
Spieler-Updates über Xbox Live!</P>

Kontra

des Öfteren Rudelbildung
viele unverständliche Pfiffe
Slowdowns im Online-Spiel
Publikum akustisch schwach
zu wenig individuelle Dribblings
teils roboterhafte Bewegungen
unverschämt knappes Handbuch
alle Texte &amp; Kommentare Englisch
schwer zu inszenierende Defense
Digipad reagiert spröde auf Eingaben

Wertung

XBox

0
Kommentare

Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.

Es gibt noch keine Beiträge. Erstelle den ersten Beitrag und hole Dir einen 4Players Erfolg.