Unreal Championship 2: The Liandri Conflict28.04.2005, Michael Krosta
Unreal Championship 2: The Liandri Conflict

Im Test:

Fragt man passionierte PC-Spieler nach gelungenen Ego-Shootern für Online-Duelle oder LAN-Partys, fällt mit Sicherheit auch der Name Unreal Tournament. Epics Vorzeige-Ballerei und deren Fortsetzungen stehen schon seit ein paar Jahren für nervenaufreibende Action und heiße Duelle. Mit der Umsetzung Unreal Championship kamen auch Xbox-Spieler in den Genuss des PC-Vorbilds und hatten damit einen überzeugenden Grund zur Anschaffung von Xbox Live. Wird auch die Fortsetzung die Leitungen zum Glühen bringen?

Auf Konsole getrimmt

Im Gegensatz zum Vorgänger handelt es sich bei Unreal Championship 2 nicht um eine PC-Umsetzung, sondern um ein eigenständiges Spiel, das nur auf der Xbox erscheint und perfekt auf die Leistungsfähigkeiten der Konsole zugeschnitten ist. Kaum seid ihr in einer der über vierzig abwechslungsreichen Arenen gelandet, springt euch schon die deutlich verbesserte Grafik ins Auge, die den Nvidia-Chip ganz schön ins Schwitzen bringt: Die detaillierte Architektur mit ihren großartigen, ägyptisch 

Im Multiplayer geht es explosiv zur Sache.
angehauchten Bauwerken, schneebedeckten Felsformationen und eindrucksvollen Außenarealen besticht durch herrliche Texturen und eine enorme Weitsicht. Einzig das Verschieben der Bildzeile ("Tearing") trübt die Präsentation und sorgt sehr oft für Verzerrungen. Insgesamt läuft das Geschehen überwiegend flüssig über den Bildschirm und es kommt nur sehr selten zu kleinen Rucklern.

Hektische Action

Viel Zeit werdet ihr zum Bewundern der Grafik allerdings eh nicht haben, denn in den Matches werdet ihr von der Non-Stop-Action ständig auf Trab gehalten. Dabei gibt es beim Gameplay einige grundlegende Neuerungen: Die wichtigste Veränderung betrifft die Perspektive und den damit verbundenen Nahkampf. Ihr seid nicht mehr wie gewohnt ausschließlich in der Ego-Perspektive unterwegs, sondern könnt bzw. müsst in diesen Duellen auf eine 3rd-Person-Ansicht umschalten. Da es sehr oft zu Nahkämpfen kommt, werdet ihr wohl die meiste Zeit mit der neuen Sicht spielen, die natürlich auch den Kampf mit Fernwaffen erlaubt. Allerdings erfordert dieser neue Schwerpunkt eine deutliche Umstellung für Fans der Vorgänger und es braucht schon eine Weile, bis man sich daran gewöhnt hat. Zwar ist die Verbindung von Ego-Shooter und 3rd-Person-Nahkämpfen prinzipiell eine interessante Idee, doch geht dieses Konzept bei Unreal Championship 2 nicht wirklich auf. Schuld daran sind die viel zu hektischen Kämpfe, bei denen euch die Gegner wie verrückt um den Kopf springen, bis ihr vollkommen die Orientierung verliert oder aber das Zeitliche segnet. Logisch, dass die Schusswaffen ihr Ziel dabei mehr verfehlen als treffen und auch bei den Nahkämpfen zieht ihr trotz einer Anvisierungs-Funktion oft den Kürzeren. Schon in den niedrigsten der insgesamt fünf Schwierigkeitsgrade werdet ihr euch an der Konkurrenz  die Zähne ausbeißen und der Frust-Faktor steigt recht schnell in die Höhe. Ihr müsst ständig zwischen euren Fernwaffen und dem Nahkampf-Modus umschalten, während euch die Gegner die Hölle heiß machen. Und ganz

Fern- gegen Nahkampfwaffe: Wer hat die besseren Karten?
nebenbei stehen auch noch eure Spezialfähigkeiten (z.B. Geschwindigkeits-Boost oder Heilen) auf dem Programm, die ihr durch ein Menü während der Matches aktivieren könnt (natürlich ohne Spielpause!) und ohne die ihr eh kaum eine Chance habt, das Gemetzel zu überleben. Bei einem solch hohen Spieltempo ist der durchschnittliche Shooter-Fan schlichtweg überfordert. Wie man bei all der Hektik auch noch die Zeit haben soll, die neuen Finishing-Moves auszuführen, ist mir ebenfalls ein Rätsel. Schade, denn insgesamt ist die Steuerung sehr gut gelungen und reagiert äußerst präzise und schnell. Aber was nützt die beste Steuerung, wenn man die viel zu flinken Gegner einfach nicht trifft?

Beschränktes Waffenarsenal

Bei der Waffenauswahl hat Epic versucht, den Spieler etwas zu entlasten. Damit ihr während der Kämpfe nicht auch noch ständig durch ein ganzes Arsenal schalten müsst, legt ihr euch vor dem Match einfach auf zwei Schusswummen fest, die neben eurer Nahkampfwaffe zum Einsatz kommen. Die Auswahl erstreckt sich dabei von Laserwaffen über Elektroschocker bis hin zu Raketenwerfern und Scharfschützengewehren. 

              

In den Leveln findet ihr lediglich die Munition für eure Ballermänner, Health-Packs und Energie für die Spezialfähigkeiten. Eure Nahkampfwaffe hängt von der Wahl der Figur ab, mit dem ihr das Match bestreiten wollt. Zwar stehen euch zunächst lediglich sechs Recken zur Auswahl, doch könnt ihr im Story-Modus weitere Charaktere freispielen, darunter auch prominente Vertreter von Midways Mortal Kombat-Reihe. Apropos Mortal Kombat: Auch der markante Sprecher wurde von der Prügel- Serie übernommen und heizt mit klassischen Sprüchen wie "Finish Him" die Atmosphäre an, genau wie die ständigen Schreie und Schüsse,

Da kündigt sich doch ein Head-Shot an...
die multidirektional aus euren Boxen schallen. Die Musik hält sich dagegen etwas zurück und fällt kaum auf. Lediglich das Titelthema hinterlässt einen bleiben Eindruck, das es fast 1:1 der von Jerry Goldsmith komponierten Einleitung zum Film "Die Mumie" entspricht. Die deutsche Fassung wurde (bis auf den zuschaltbaren MK-Sprecher) komplett lokalisiert. Während vor allem die Zwischensequenzen mit guten Übersetzungen und professionellen Sprechern glänzen, ist die Sprachausgabe während der Matches nicht ganz so glücklich gelungen. So werdet ihr euch ein Schmunzeln nicht verkneifen können, wenn die nette Dame beispielsweise für "One Kill Remaining" die deutsche Übersetzung "Noch ein Mal töten" von sich gibt.

Die Rache des Anubis

Hatte der Vorgänger für Solospieler nicht gerade viel zu bieten, fällt der neue Story-Modus nun wesentlich motivierender und abwechslungsreicher aus. In der Rolle des jungen Kämpfers Anubis nehmt ihr an dem von Liandri ausgerichteten Turnier teil, um eure Ex-Freundin Selket daran zu hindern, die neue Kaiserin des Landes zu werden. Nicht gerade einfallsreich, doch hat man sich wenigstens darum bemüht, die 08/15-Geschichte in ansehnlichen Zwischensequenzen zu erzählen - aus unerklärlichen Gründen wurden die Videos allerdings in einer sehr groben Auflösung auf die Scheibe gepackt. Die Level sorgen nicht nur aufgrund der unterschiedlichen Locations für Abwechslung, auch die verschiedenen Spielmodi kommen kontinuierlich zum Einsatz: Neben dem klassischen Deathmatch müsst ihr z.B. auch eine Runde Capture The Flag oder ein InstaGib-Match überstehen. Leider ist der Storymodus mit Anubis sehr kurz ausgefallen, so dass schon nach wenigen Stunden der Abspann über den Bildschirm flimmert. Zwar seid ihr auch noch einige Zeit mit dem ähnlich aufgebauten Tournament-Modus und dem damit verbundenen Freispielen neuer Charaktere beschäftigt, doch müsst ihr hier auf eine zusammenhängende Story und Zwischensequenzen verzichten. Jeder Kämpfer verfügt über Stärken und Schwächen: Seid ihr z.B. stark gepanzert, mangelt es euch an Beweglichkeit, während euch z.B. die kaum gepanzerte Selket flink durch die Landschaft 

Star Wars, oder was? Manche Nahkampfwaffen erinnern stark an Lichtschwerter.
wuseln lässt. Wer in den knallharten Kämpfen noch nicht genug gefordert wird, kann sich zusätzlich an speziellen Herausforderungen versuchen, die euch wirklich alles abverlangen, da ihr der Konkurrenz in der Regel weit unterlegen seid.

Gefangen im Netz

Auch wenn die Modi für Solospieler den Adrenalinspiegel schon in die Höhe steigen lassen, liegt auch bei Unreal Championship 2 die wahre Stärke im Multiplayer-Modus, in dem ihr euch mit bis zu acht Spielern über LAN oder Internet durch die Maps jagen und ballern könnt. Neben bekannten Modi wie (Team-)Deathmatch, Capture The Flag und Survival haben die Entwickler auch zwei neue Spielarten integriert: Beim NaliSlaughter punktet ihr nicht nur durch das Eliminieren eurer Mitspieler, sondern in erster Linie durch das Abschlachten der wehrlosen Nali, die sich in den Leveln herumtreiben. Moralisch verwerflich? Ja, aber trotzdem irgendwo spaßig. Ebenfalls neu ist der Spielmodus "Overdose", bei dem man nach einer Überdosis mit radioaktivem Material kurzzeitig zur Killer-Maschine mutiert. Die Maps sind nach den Spielmodi angeordnet und damit in der Regel perfekt für das jeweilige Match ausgelegt.

        

Fazit

Mit Unreal Championship 2 hat Epic das altbekannte Ego-Shooter-Konzept gründlich überarbeitet und auch technisch merkt man dem Titel an, dass er auf die Fähigkeiten der Xbox zugeschnitten wurde. Leider sorgt die gewagte Mischung aus Ego-Shooter und 3rd-Person-Action nicht für das geniale Spielerlebnis, wie man es sich gewünscht oder erhofft hat: Während sich Shooter-Fans mit der neuen Perspektive und der schwachen Trefferquote bei Schusswaffen schwer tun werden, verzweifeln Nahkämpfer am viel zu hektischen Gemetzel sowie dem zu hoch angesetzten Schwierigkeitsgrad, bei dem Anfänger nur als Kanonenfutter für die flinken Bots herhalten können. Auch ist der Storymodus zu kurz. Gelungen ist hingegen erneut der Multiplayer-Part, der mit vielen Modi stellenweise wieder das alte UT-Feeling aufkommen lässt, aber auch hier durch die neuen Elemente nicht ganz mit den Vorgängern mithalten kann. In Deutschland ist der Titel übrigens nur in einer geschnittenen Fassung (USK: ab 16) erhältlich, in der sämtliches Blut entfernt und einige Textstellen angepasst wurden. Wer’s blutig mag, sollte daher auf die UK-Version zurückgreifen.

Pro

Exzellente Grafik
Klasse Sound
sehr gute Steuerung
Online-Matches
viele Spielmodi
reichhaltiges Waffenarsenal
MK-Sprecher
Verbesserter Story-Modus
gut inszenierte Zwischensequenzen
Spezial-Fähigkeiten
viele Charaktere

Kontra

zu hektisches Gameplay
Schwerpunkt auf Nahkämpfen
Schusswaffen nur zweitrangig
hoher Schwierigkeitsgrad
Tearing
Storymodus zu kurz
Videos grob aufgelöst
Standard-Story
Keine Vehikel

Wertung

XBox

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