L.A. Rush28.10.2005, Michael Krosta
L.A. Rush

Im Test:

Ihr liebt Midways Rush-Serie und steht auf flotte Arcade-Rennen? Prima, dann legt euch die aktuellen Arcade Treasures zu, in der sich u.a. San Francisco Rush: The Rock und Rush 2049 befinden. Denn L.A. Rush (ab 3,99€ bei kaufen) hat bis auf den Namen nur noch wenig gemeinsam mit den alten Hits und dürfte Fans der Serie in einen Schockzustand versetzen. Ist der neue Ansatz zum Scheitern verurteilt?

Die Stadt der Engel

Das Leben kann so schön sein: Eine Villa in Hollywood, ein schicker Pool und knackige Bunnys, bei denen selbst Hugh Hefner neidisch werden könnte. Der Street Racer Trikz (kurz T. genannt) hat es wirklich geschafft und ist stolz auf sein Anwesen, zu dem auch eine Garage mit den heißesten Schlitten gehört. Was will so ein Mann mehr? Nun, der Gewinn einer neuen Serie

Stunts und andere waghalsige Manöver werden von einer Actionkamera eingefangen.
an illegalen Straßenrennen mit einem Preisgeld von einer Million Dollar klingt nicht schlecht. Leider hat der Initiator Lydell ein persönliches Problem damit, dass T. die Kohle einstreicht, lässt ein paar Connections spielen und nimmt dem passionierten Rennfahrer das wichtigstes Erfolgsrezept: seinen Fuhrpark. Gerade mal eine schrottreife Kiste lassen die Mistkerle zurück –sie werden es aber bereuen…

Zurück auf der Straße

Denn Trikz ist kein Typ, der einfach den Kopf in den Sand steckt. Stattdessen besinnt er sich auf seine alten Tugenden und ist fest entschlossen, sich seine gestohlenen Kisten zurück zu erkämpfen, das Preisgeld abzustauben und Lydell zu zeigen, wer der König der Straße ist. Doch wie kämpft ihr euch wieder an die Spitze? Schritt für Schritt. Genau wie bei Genre-Kollegen vom Schlag eines Midnight Club oder Need for Speed Underground könnt ihr euch vollkommen frei in den insgesamt fünf großen Stadtteilen von L.A. bewegen, die allem Anschein nach akkurat umgesetzt wurden. So besucht ihr das Hollywood-Logo (und zerstört es) oder treibt euch in Santa Monica am Strand herum, wobei die Szenarien durch Passanten sowie einen dynamischen Tag- Nachtwechsel recht lebendig gestaltet wurden. Dabei wird die komplette Stadt gestreamt – Ladezeiten zwischen den Bereichen gibt es also. Leider scheint die betagte PS2-Hardware mit dieser Masse an Informationen etwas überfordert zu sein, denn sowohl beim Cruisen als auch bei den Rennen kommt es immer wieder zu derben Rucklern, von denen die Xbox-Version weitestgehend verschont bleibt. Auch sieht die Fassung für die Microsoft-Konsole insgesamt etwas detaillierter aus, doch enttäuschen auf beiden Systemen die faden Texturen, die ganz im Gegensatz zu den gelungenen Wagenmodellen stehen.

Eine Karte informiert euch über alle Events. Dann heißt es nur noch:  kurz das Navigationssystem anwerfen und schon lotst euch ein Pfeil trotz einiger kleiner Aussetzer zum gewünschten Ziel. Auf den Weg solltet ihr allerdings immer die Augen offen halten und einen Blick auf die Mini-Map werfen, die sich auf dem Spielbildschirm befindet und das Navi unterstützt. Blinkt es grün auf, befindet ihr euch in der Nähe einer Bonus-Stage, die durch eine grüne Münze gekennzeichnet ist. Sammelt ihr diese auf, wird der Verkehr komplett ausgeschaltet und ihr müsst unter Zeitdruck weitere Münzen aufsammeln und zum krönenden Abschluss meist einen atemberaubenden Stunt hinlegen. Die Spielchen haben es vom Schwierigkeitsgrad ganz schön in sich, doch winken als Belohnung nicht nur Geldscheine, sondern z.B. auch Bonuswagen sowie neue Spielmodi wie der Lowrider-Modus.

Geld muss her

Zunächst solltet ihr dafür sorgen, dass wieder Geld in eure leere Kasse kommt, denn nur mit einer z.T. saftigen Startgebühr dürft ihr an den prestigeträchtigen Crosstown-Rennen teilnehmen, in denen auch die mehr oder weniger interessante Story in ansehnlichen Zwischensequenzen weitererzählt wird. Deshalb werden eure ersten Anlaufstellen diverse Einzelrennen sein, bei denen ihr auf Rundkursen gegen drei Mitbewerber antretet und Kohle sammelt. Zwar ist auch hier in der Regel ein Startgeld fällig, doch halten sich die Verluste selbst bei einer Niederlage noch in Grenzen. Habt ihr genügend Cash zusammen, geht’s zu den Crosstown-Veranstaltungen: Hier tretet ihr nicht mehr in Rundrennen an, sondern prescht quer durch die City und nutzt dabei jede Abkürzung, die ihr finden könnt, um schneller als alle anderen zum nächsten Checkpoint zu gelangen – Midnight Club lässt grüßen! Wie in allen anderen Rennen, erweist sich hier neben euren Gegner auch der Verkehr als Herausforderung und nicht selten als Zünglein an der Waage.

Die Crash-Sequenzen sind zwar gut inszeniert, nerven aber schnell, weil sie nicht abbrechbar sind.
Ich garantiere euch: Ihr werdet die Schnarchnasen mehr als einmal verfluchen, wenn kurz vor dem Ziel unbedingt noch ein Truck in eure Seite donnern muss! Dabei werden die Crashes ähnlich eindrucksvoll inszeniert wie in Burnout, ohne jedoch dessen Klasse zu erreichen. Und spätestens nach dem zehnten Unfall werdet ihr die Sequenzen hassen, da sie leider nicht abbrechbar sind. Schäden müsst ihr Gott sei Dank nicht bezahlen und auch euer fahrbarer Untersatz steht nach einer Karambolage wieder wie neu auf der Strecke. Auch die Umgebung scheint über die Fähigkeit zu verfügen, sich selbst wieder in Ordnung zu bringen. Fahrt ihr z.B. in einer Runde sämtliche Zäune über den Haufen, könnt ihr in der nächsten Runde wieder von vorne los legen, denn alles befindet sich im Handumdrehen wieder in einem tadellosen Zustand. Auch Leistungsboni wie den Nitro werdet ihr Runde für Runde an der gleichen Stelle vorfinden, um eurer Karre einen kurzzeitigen Schub zu bescheren. Das Fahrverhalten ist auf Aracde ausgelegt und sollte auch Anfängern einen guten Einstieg ermöglichen.    

Dumme Cops

Als extrem nervig entpuppen sich schon nach kurzer Zeit die Cops, die euch zwar mit mehreren Streifenwagen verfolgen, aber sich dabei entweder richtig blöd oder rabiat verhalten, wobei das eine das andere nicht unbedingt ausschließen muss. Ein Beispiel: Ihr fahrt direkt neben einem Cop mit überhöhter Geschwindigkeit über eine rote Ampel. Keine Reaktion. An der nächsten Ampel beschließt ihr, brav anzuhalten, stoßt dabei aber minimal an der Stoßstange eures Vordermanns an. Ein Kapitalverbrechen – so scheint es – denn innerhalb kürzester Zeit kleben euch mehrere Polizeischleudern am Heck. Fahren sie euch zunächst nur gemütlich hinterher oder fahren selbst aus

Bei den Cops ist von dumm bis rabiat alles vertreten.
unerfindlichen Gründen gegen die Wand, packen sie schon bald die Brechstange aus und rammen euch voll in die Seite. Und was habt ihr davon? Eine neue, nicht abbrechbare Crash-Sequenz - hurra! Aber falls ihr jetzt glaubt, damit hätten euch die Gesetzeshüter festgenagelt, könnt ihr durchatmen: Euer Bolide kommt vollkommen neu lackiert und ausgebeult auf die Strecke zurück und von den ganzen Polizeiautos fehlt plötzlich jede Spur. Seltsam… 

Ich will mein Auto zurück! 

Schließt ihr ein Crosstown-Rennen auf den ersten drei Plätzen ab, bekommt ihr nicht nur ein schönes Preisgeld, sondern meist auch einen Anruf von Lydells Freundin Lana, die ein Auge auf euch geworfen hat. Sie verrät euch nach und nach die Standorte von den Fahrzeugen, die euch der Bad Boy gestohlen hat. Jetzt liegt es an euch, euer Eigentum wieder zurück zu stehlen. Dazu müsst ihr einfach den entsprechenden Flitzer möglichst heil zu eurer Villa kutschieren. Klingt einfach, ist es aber nicht! Denn Lydells Schlägertrupps hängen euch im Nacken und versuchen mit allen Mitteln, euch mit ihren Kisten abzudrängen und dabei euer Schmuckstück in ein schrottreifes Wrack zu verwandeln. Und im Gegensatz zu normalen Crashes müsst ihr hier die Schäden aus eigener Tasche zahlen, was schnell ins Geld gehen kann. Aber was tut man nicht alles, um seinen Fuhrpark aus über 35 lizenzierten Fahrzeugen zu sichern, der von normalen Standardfahrzeugen bis hin zu Pick-Ups, Muscle-Cars und Rennmaschinen reicht?

Pimp My Ride

Gerade in den späteren KO- und Ausdauerrennen muss allerdings mehr her als die normale Standardausstattung. Was für ein Glück, dass euch die Jungs von West Coast Customs (bekannt aus der MTV-Serie Pimp My Ride) im Kampf gegen Lydell hilfreich zur Seite stehen. Mit dem entsprechenden Kleingeld motzen euch die Tuner eure Kiste mit den edelsten Teilen und Upgrades ordentlich auf, genau wie man es aus der TV-Show kennt. Auch wenn die Flitzer danach extrem cool aussehen, gibt es jedoch einen großen Nachteil: Ihr habt keinerlei Einfluss auf’s Tuning. West Coast Customs verbastelt das Fahrzeug nach den eigenen Vorstellungen und ihr könnt nichts dagegen machen. Das ist schade, denn damit fällt der Tuning-Aspekt trotz hohem Coolness-Faktor deutlich schwächer aus als bei Konkurrenten wie Midnight Club 3 oder NFSU 2. Auch in Sachen Abwechslung mangelt es dem Midway-Racer: Landet ihr bei den Rennen

Die Jungs von West Coast Customs motzen eure Karren ordentlich auf - leider voll automatisch.
nur auf dem vierten und damit letzten Platz, heißt es im Extremfall wieder sparen, bis man erneut das Startgeld zusammen hat. So fährt man manche Rennen immer und immer wieder, wobei sich die Einzelrennen bis auf die Locations kaum unterscheiden. Wie man es anders machen kann, zeigt die Konkurrenz: Wo sind z.B. Drift-Wettbewerbe, Drag-Rennen oder Low-Rider-Meisterschaften? Ironischerweise steht Letztere ja als Bonusspiel zur Verfügung, doch hätte sich ein solcher Modus auch gut im Hauptspiel gemacht. So aber klappert ihr ein Rennen nach dem anderen ab, was nach ein paar Stunden schnell langweilig werden kann. Nur gut, dass es die Wiederbeschaffungs- und Rache-Missionen gibt, in denen ihr eurem Erzfeind durch eine Zerstörungsorgie die Geschäfte versaut, denn so wird L.A. Rush vor der totalen Monotonie bewahrt.

Noch mehr?

Hat L.A. Rush neben dem Storymodus denn noch mehr zu bieten? Ja, aber nicht viel. Gerade mal Einzelrennen, Cruisen oder die bereits erwähnten Lowrider-Wettbewerbe sind noch drin, sofern man diese freigespielt hat. Ganz übel erwischt hat es den Multiplayer-Teil, es sei denn, ihr gebt euch mit Einzelrennen im Splitscreen zufrieden. Onlinerennen sucht ihr auf beiden Systemen vergebens. Lediglich Freundeslisten und Statistiken sind via Xbox Live zugänglich. Ein bisschen wenig, oder?!

   

Fazit

L.A. Rush hat ein großes Problem: die Konkurrenten, an denen sich Midway offenbar reichlich bedient hat. So sind die Anleihen aus Midnight Club 3 unverkennbar, doch kommt L.A. Rush weder an die brachiale Geschwindigkeit noch den Umfang oder die Klasse des Rockstar-Titels heran. Und auch der Tuning-Bereich fällt enttäuschend aus. Okay, West Coast Customs hat einen gewissen Kultstatus, doch ist es auf Dauer ziemlich unbefriedigend, keinerlei Einfluss auf die Tuning-Maßnahmen nehmen zu können. Auch hier haben Titel wie Midnight Club oder Need for Speed Underground eindeutig die Nase vorn. Selbst im Audiobereich kann man mit insgesamt schwachen Songs der Genres Hip Hop, Techno und Rock nicht mithalten und auch die Motorengeräusche kommen trotz einer guten Abmischung nicht an die Vorbilder heran. So hart es auch klingt, muss man die Frage stellen: Wer braucht L.A. Rush überhaupt? Fans der Serie könnten durch das neue, vollkommen andere Konzept abgeschreckt werden, während alle anderen zu wesentlich besseren und abwechslungsreicheren Alternativen greifen. Wäre L.A. Rush der einzige Titel seiner Art, wären sicher ein paar Prozentpunkte mehr drin gewesen. So aber fährt man der Konkurrenz hinterher und bleibt dabei leider im Mittelfeld stecken.

Pro

riesiges Areal
dynamische Tag-/Nachtwechsel
ausreichend großer Fuhrpark
Coolness-Faktor West Coast Customs
gelungene Zwischensequenzen
lebendiges Szenario
freischaltbare Bonusspiele
schöne Wagenmodelle
gute Steuerung (vor allem Xbox)
gute englische Sprecher

Kontra

schwache Texturen
starke Slowdowns (PS2)
gewöhnungsbedürftiger Soundtrack
mitunter starkes Flimmern
dürftige Story
teilweise schwammige Steuerung (PS2)
immer gleiche Rennveranstaltungen
Gummiband-KI
dämliche Cops
Crash-Sequenzen nicht abbrechbar
z.T. unfaire Rennen
kein individuelles Tuning
keine Onlinerennen 

Wertung

PlayStation2

XBox

0
Kommentare

Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.

Es gibt noch keine Beiträge. Erstelle den ersten Beitrag und hole Dir einen 4Players Erfolg.