Mortal Kombat: Shaolin Monks24.09.2005, Paul Kautz
Mortal Kombat: Shaolin Monks

Im Test:

Mortal Kombat ist nicht ohne Grund eine der erfolgreichsten Prügelspielserien der Welt: Im Gegensatz zu Tekken & Co geht es hier nämlich seit 1993 ordentlich zur Sache, was die Jugendschützer in regelmäßigen Abständen auf den Plan ruft – kein Mortal Kombat ohne mindestens eine 18er-Einstufung, selbst eine Beschlagnahmung gab es schon. Shaolin Monks verfolgt zwar spielerisch einen ganz anderen Weg, allerdings mit alten Tugenden.

Aufs Maul in neu

Mortal Kombat war bislang einfach gestrickt: Seitenperspektive, einer gegen einen, eine Arena nach der anderen, Endgegner, fertig. Die letzten Teile Deception und Deadly Alliance brachen im »Konquest«-Modus leicht mit dieser Beschränkung, kämpfte man sich doch in einer Art Karriere nach oben – aber das auch wieder im a

Zwei Helden, zwei Kampfstile - Liu Kang und Kung Lao haben unterschiedliche Bewegungen drauf.
lten Muster. Die Shaolin Monks sind die Vertreter einer neuen Generation: keine reine Prügelei mehr, neue Perspektive, verändertes Spielprinzip – und Koop-Modus! Andere Entwickler haben Ähnliches auch schon versucht (man denke da nur an Namcos Death by Degrees), sind aber durch die Bank gescheitert. Was macht Shaolin Monks anders?

Es beginnt damit, dass man in ein vertrautes Szenario geworfen wird: Die Story spielt zwischen den ersten beiden MK-Teilen. Liu Kang hat gerade das Mortal Kombat gewonnen und damit das Erdreich vor einer Übernahme durch den Schreckensherrscher Shao Kahn gerettet. Dessen Vasall Shang Tsun gibt sich mit seiner Niederlage aber nicht so einfach zufrieden, verdrückt sich nach Outworld und lässt den Tempel einstürzen. Die Helden Liu Kang und Kung Lao fallen einige Meter tief in unheimliche Gewölbe und haben jetzt eine klare Mission: Lebend rauskommen und Shang Tsun den fusseligen Bart in den Hals stopfen! Das geschieht nicht wie üblich Mann gegen Mann, sondern vielmehr Mann gegen Mann gegen

Ihr kämpft meist gegen mehrere Gegner gleichzeitig.
Mann gegen Mann gegen Mann. Wie in Resident Evil oder Death by Degrees steuert ihr eure Figur durch weite 3D-Gelände, während die Kamera immer neue Perspektiven zeigt, legt euch teilweise mit sechs Gegnern gleichzeitig an und löst allerlei sehr simple Puzzles - ein prügellastiges Action-Adventure!

Was vom Fatality übrig blieb

Schon seit dem ersten Mortal Kombat dreht sich alles um die Verwendung von Kombos: alle möglichen Angriffe sind miteinander kombinierbar, fortgeschrittene Spieler geben Anfängern nicht den Hauch einer Chance. Das ist auch in Shaolin Monks so, aber hier bekommen das hauptsächlich die Gegner zu spüren: Wie in Death by Degrees oder Rise to Honour dürft und müsst ihr in alle Richtungen kämpfen, teilweise seid ihr von Gegnern regelrecht eingekreist. Ihr könnt euch entweder auf einen Feind konzentrieren oder Schläge, Kicks oder Spezialattacken in die Gruppe verteilen. Ihr könnt Feinde in die Luft befördern und dort oben weitermalträtieren, jeder einzelne Schlag wird gezählt. Je mehr Hiebe ihr kombiniert, desto mehr Erfahrungspunkte gibt es. Die tauscht ihr gegen noch mächtigere Angriffe ein, die ihrerseits mehr Punkte bringen usw. Wollt ihr euch nicht auf eure Hände, Füße oder den  rasiermesserscharfen Hut Kung Laos verlassen, könnt ihr auch

Die Umgebung kann und muss genutzt werden - der Baum im Hintergrund freut sich über einen knackigen Gegner-Snack.
gelegentlich herumliegende Schwerter, Steine oder Knochen als Waffen benutzen. Speziell die Schwerter erhöhen eure Durchschlagskraft für kurze Zeit enorm, außerdem könnt ihr damit Gegner in handliche Teile sezieren.

Der Gewaltfaktor gehört von Anfang an zu Mortal Kombat, natürlich ist Shaolin Monks da keine Ausnahme: Jeder Treffer lässt das Blut ordentlich spritzen, ihr könnt eure Feinde in Stacheln katapultieren, sie eine eiserne Jungfrau von innen besichtigen lassen, sie gefräßigen Bäumen als Snack servieren oder in eine gigantische Zermatsch-Maschine werfen. Ihr könnt (und müsst teilweise) die Umgebung samt der Gegner so in die Kämpfe einbeziehen, dass euch der Weg freigemacht wird – auch eine Art Puzzle.            

Euren Wurffähigkeiten sei Dank durchbrechen also die zappelnden Feinde eine solide Mauer für euch, werden von Katapulten weit von dannen geschmissen oder von eurem Uppercut an die stachelige Decke genagelt. Besonders nett ist auch der große, scharfe Deckenventilator, in den man die Widersacher 

Schlitz dir einen: Beim Einsatz von Waffen fallen die Gegner wie die Fliegen.
reinkloppen und zusehen kann, wie ihre Einzelteile wieder runterregnen. Höhepunkt der Gewalt ist wie bei der Serie üblich der Fatality (ein sehr blutiges Manöver, welches den oder die Gegner sehr eindrucksvoll und sehr endgültig erledigt) – doch dieses Mal hat der Jugendschutz hier einen klaren Riegel vorgeschoben: Habt ihr einen Gegner in der Mangel, betäubt ihr ihn auf Knopfdruck und gebt eine (jederzeit im Menü nachlesbare) Tastenkombination ein. Normalerweise wechselt jetzt die Szenerie zu einer Einzelaufnahme, in der das bedauernswerte Opfer nach allen Regeln der Kampfkunst auseinander genommen wird – aber hierzulande bekommt man nur die Soundkulisse zu Gehör, das Bild bleibt schwarz. Der deutschen Variante (die ohnehin keine Jugendfreigabe hat) fehlt außerdem etwas Blut, und das Intro wurde an einigen Stellen mit einem verdeckenden Blur-Effekt nachbearbeitet.

Paint it black

Generell wurde munter am Fatality-System geschraubt: Das fängt damit an, dass ihr anfangs überhaupt keines der tödlichen Manöver habt. Ihr müsst die begehrten Moves aufsammeln, und ihr bekommt einen neuen Fatality, wenn ihr einen der vielen Endgegner geplättet habt. Diese Kämpfe gehen immer über mehrere Instanzen und sind mehr oder weniger anspruchsvoll. Ihr tretet z.B. gegen Baraka, Reptile (samt vorangehender Konfrontation mit seiner Riesenschlange) oder Kitana, Jade und Mileena

Outworld ist der Dreh- und Angelpunkt des Spiels.
gleichzeitig an. Am Ende müsst ihr den Feind mittels eines Fatalities besiegen, der daraufhin in euer ständiges Repertoire wandert. Außerdem gibt es noch den »Multality«, mit dem ihr mehrere Gegner auf einmal fertig machen könnt sowie den »Brutality«, in dem ihr einen überstarken Spezianlangriff eures Helden selbst steuert.

Neben den Fatalities lernt ihr mit der Zeit auch neue Möglichkeiten, in den Levels voranzukommen: Das geht bei einem extra-weiten Sprung los, später lernt ihr Statuen zu zerbersten, an Wänden zu klettern oder an ihnen entlangzulaufen und an Pfählen zu schwingen. Da bereits gemeisterte Levels jederzeit wieder besucht werden können, lohnt es sich, das mit einer neu erworbenen Fähigkeit mal auszuprobieren – mehr Gegner und noch mehr Geheimnisse warten! Ihr findet wie so oft jede Menge Bonusmaterial, seien es Artworks, Filmchen oder neue Arenen bzw. Charaktere für den Mehrspielermodus. Außerdem nützt das Hin- und Hergerenne, um euch die Position von Speicherpunkten einzuprägen, denn nur an diesen leuchtenden Altären dürft ihr den Spielstand sichern. Leider sind die sehr unregelmäßig verteilt: Mal vergehen zwischen zweien fünf Minuten, mal ist man eine gute Dreiviertelstunde ohne Speichermöglichkeit unterwegs! Geht ihr drauf, seid ihr auch von der Gnade der Rücksetzpunkte abhängig – mal fangt ihr direkt wieder im selben Raum an, mal müsst ihr komplette Abschnitte wiederholen. Besonders lästig sind in diesem Zusammenhang die teilweise

Doppelte Spielerzahl, doppelter Spaß - der Koop-Modus decke zusätzliche Geheimnisse auf und macht sehr viel Laune.
nicht abbrechbaren Zwischensequenzen, die man auf diese Weise wieder und wieder zu sehen bekommt. Außerdem müsst ihr euch, speziell an der PS2, auf den Anblick vieler Ladebalken einstellen: Zwar dauert der Vorgang an sich nicht sehr lang, passiert dafür aber sehr oft – speziell in ladetechnisch getrennten Räumen, die logisch miteinander verbunden sind, ist das besonders nervend.

Gute alte Zeit

Eine der wichtigsten Neuerungen der Shaolin Monks ist der Koop-Modus: Hier dürft ihr zu zweit als Liu Kang und Kung Lao (bzw. als eine der freispielbaren Bonusfiguren) gegen die Gegnerhorden antreten. Jeder der beiden hat andere Grund- und Spezialmanöver, die sich aber wunderbar kombinieren lassen. Es gibt sogar spezielle Team-Manöver und Puzzles, die nur zu zweit gelöst werden können – laut Entwickler sind 30% des rund zehn Stunden langen Spiels versteckt und nur durch Team-Manöver zu entdecken!                  

Leider ist der Koop-Modus strikt von der Einzelspielervariante getrennt, man kann also nicht einfach in ein laufendes Spiel einsteigen. Das wirkt besonders angesichts der vielen Zwischensequenzen inkonsequent, bei denen

Von der Decke ragende Spitzen + ein mächtiger Uppercut = ein Problem weniger.
jederzeit alle beide Helden zu sehen sind, auch wenn man nur allein unterwegs ist. Wer lieber gegeneinander statt zusammen antreten will, findet natürlich auch das klassische Mann gegen Mann – allerdings nicht im normalen MK-Stil, sondern auch mit frei begehbarer 3D-Arena und Waffen; ganz wie die Solovariante, nur auf ein Areal begrenzt.

Fans der Serie werden in Shaolin Monks mehr Déjà-vus haben, als Fehler in der Matrix existieren können: Ihr trefft auf bekannte Charaktere wie Sonja Blade, Jonny Cage, Barakka, Sub-Zero, Scorpion, Reptile, Kitana, Rayden oder Kintaro - teils als Freund, teils als Feind. Manche kämpfen an eurer Seite oder brauchen eure Hilfe, anderen begegnet ihr nur in Zwischensequenzen. Durch die Story entfalten sich einige interessante Hintergrundinfos für Kenner: Man erfährt, warum Sonja in MK2 gefangen war, wo Sub-Zero seine Narbe her hat und man sieht Shao Kahn mal ohne seinen Helm. Außerdem wurden die Levels aus den ersten beiden Spielen recycelt und entfalten in 3D eine ganz neue Wirkung: Goros Grube, Outworld, der lebende Wald oder der berüchtigte Raum mit den vielen, vielen Spitzen an der Decke – alle sind vorhanden. Und nicht zuletzt warten die altbekannten »Test your might!«-Reaktionstests, bei denen ihr wie wild auf eine Taste hämmern müsst, um Bretter zu zerschlagen oder eine Kraftprobe mit Baraka zu

Viele bekannte MK-Figuren kreuzen euren Weg - sowohl als Freund als auch als Feind.
bestehen. All das wird begleitet von dramatischer Tribal-Musik, mehr Kampfgekreische als Bruce Lee zu Lebzeiten hinbekommen hätte und Gestöhne – auf Wunsch in Dolby Surround bzw. Digital. Dazu gibt es während der Zwischensequenzen sehr viel englische oder deutsche Sprachausgabe ohne Untertitel.

Kartenschock

Optisch folgt Shaolin Monks der gängigen Action-Adventure-Tradition und bietet ansehnliche Umgebungen samt gut animierter Figuren. Da ihr schnell in alle Richtungen kämpfen müsst, sind die Bewegungen natürlich beim schnellen Wechsel etwas abgehackt, was man aber im Laufe der Zeit gar nicht mehr wahrnimmt. Schöne Effekte wie Bodenspiegelungen, wabernder Nebel, plätscherndes Wasser oder durch Tore und Fenster scheinende Lichtstrahlen hinterlassen einen guten Eindruck; gelegentliche Ruckel- und Tearing-Sperenzchen trüben den etwas. Außerdem, und das ist ein Fluch aller 3D-Adventures, ist die Kameraperspektive nicht immer optimal: Beim Kampf gegen die drei Ninja-Frauen etwa zoomt die Ansicht derart weit raus, dass man sich selbst kaum noch erkennt. Gelegentlich muss man auch blind in den Bildschirmrand hineinkämpfen, weil man die  Kamera kaum nach links und rechts schwenken darf.

Die leicht trashige Story wird in Renderfilmen weitergesponnen.
Meist dürft ihr zwischen drei Ansichten durchschalten (normal, nah und Panorama), gelegentlich ist diese Funktion aber auch gesperrt.

Die nette, aber natürlich etwas trashige Story wird in brauchbaren Renderfilmen vorangetrieben. »Nur« brauchbar deswegen, weil die Animationen zwar fantastisch, das Design der Plastikmännchen aber teilweise sehr lächerlich ist. Im Spiel bekommt ihr von der Geschichte nicht viel mit, außerdem lässt euch das Programm in Sachen Quest-Beschreibungen ziemlich allein: Ihr bekommt in einer Zwischensequenz gesagt, wo ihr als nächstes hin müsst, das war’s. Hört ihr nicht genau zu oder macht eine Spielpause, steht ihr danach ziemlich hilflos da – die einblendbare Karte ist vollkommen unnütz.              

Fazit

Shaolin Monks ist ein Hoch und Runter der Gefühle, eine Prügel-Action-Adventure-Achterbahnfahrt: Einige Abschnitte sind brillant designt, andere gingen mir von der ersten Minute an auf die Nerven. Einige Bosskämpfe machen verdammt viel Laune, andere sind einfach nur unfair. Ich habe zwar prinzipiell eine große, frei erkundbare Welt, die mich aber a.) keinen Millimeter links und rechts vom vorgeschriebenen Weg laufen und b.) die meisten Abschnitte erst erkunden lässt, wenn ich aufgrund eines gefundenen Upgrades ohnehin da hin müsste. Und das Speichersystem ist in Verbindung mit den teilweise fiesen Rücksetzpunkten wirklich ein Krampf. Aber das Spiel an sich: super! Gewöhnt man sich an die Steuerung, sind herrliche Kombinationen möglich, der Koop-Modus ist ein großartiger Spaß für zwei Prügelfreunde. Das Wiedersehen mit allen lieb gewonnenen Mortal Kombat-Charakteren ist super gelöst, die Story trotz aller Plastikmännchen und Trash-Abgründe ein motivierendes Spielerlebnis. Nicht zuletzt ist der Wiederspielwert dank mehrerer Charaktere und vieler Geheimnisse nicht zu verachten. Insofern (und trotz der beachtlichen Kürzungen für die hiesige Version) eine klare Empfehlung an alle MK- und Beat-em-Up-Fans. Shaolin Monks ist das erste Spin-Off seiner Art, das seinen Job richtig gut macht!

Pro

intelligentes Kampfsystem mit langen Kombos
toll animierte Renderfilme
gute Grafik
Koop-Modus
massig freispielbares Material
spaßiger Mehrspielermodus
aufregende Bosskämpfe
aufrüstbare Figuren
erlernbare Fatalities
versteckte Charaktere
lohnende Team-Aktionen
gut getarnte Puzzles
guter Wiederspielwert

Kontra

dt. Version erheblich geschnitten
spät oder gar nicht abbrechbare Zwischensequenzen
hässliche Renderfiguren
teilweise sehr lange Laufwege
knappe Speichermöglichkeiten
problematische Kamera
viele und lange Ladezeiten (PS2)
gelegentliches Ruckeln und Tearing (PS2)
strikte Einzelspieler
und Koop-Trennung

Wertung

PlayStation2

XBox

Mortal Kombat als Action-Adventure - verdammt coole Idee!

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