Rainbow Six: Lockdown28.09.2005, Michael Krosta
Rainbow Six: Lockdown

Im Test:

Seit vielen Jahren kommt eigentlich nur eine Spezialeinheit in Frage, wenn es um terroristische Bedrohungen geht: Rainbow Six. Egal ob auf Sonys PlayStation, PC, GameCube oder sogar Segas Dreamcast – die Truppe um Befehlshaber John Clark wusste immer zu überzeugen. Vor allem die letzten Teile der Serie waren Taktik-Shooter vom Feinsten. Doch wie schlägt sich das neue Rainbow Six Lockdown? Wird das hohe Niveau gehalten?

Einsam und doch nicht alleine

Im Gegensatz zu den älteren Vorgängern habt ihr bei Lockdown nicht die Wahl, welchen Rainbow-Kämpfer ihr übernehmen wollt. Die meiste Zeit schlagt ihr euch erneutals Ding Chavez – einem der populärsten Charaktere der Serie – in der klassischen Ego-Perspektive (mit sichtbarer Schutzbrille, die Schäden davon trägt oder z.B. in einem Gefrierhaus beschlägt) durch die Missionen, die über den gesamten Globus verteilt sind. Daneben werden euch in der Regel drei weitere Kameraden zur Seite gestellt, deren Auswahl automatisch erfolgt – lediglich die Ausrüstung erledigt ihr manuell oder belasst es bei der Standardausstattung, zu der in jedem Fall auch ein Nachtsichtgerät sowie eine Infrarotsicht gehören. Konntet ihr in der

Gemeinsam sind wir stark!
Vergangenheit noch zwischen den verschiedenen Mitgliedern hin und her wechseln, nehmen eure Mitstreiter bei Lockdown nur noch Befehle von Chavez – und damit von euch - entgegen. Visiert einfach die Stelle mit eurem Fadenkreuz an und schon marschieren sie nach eurer Anweisung los. Oder wollt ihr lieber den Leitwolf spielen, dem alle folgen?

Vor verschlossenen Türen

Kommt ihr zu einer verschlossenen Türe, habt ihr mehrere taktische Möglichkeiten: Während ihr auf der Xbox mit Hilfe des exklusiven Herzschlag-Sensors eure Feinde orten könnt, erfüllt das Infrarot-Gerät auf der PS2 die gleiche Funktion. Auf dem GameCube gehört die Infrarot-Sicht aus unerfindlichen Gründen nicht wie bei den anderen Konsolen zur Standardausstattung, sondern muss separat vor jeder Mission ausgerüstet werden. Ärgerlich, denn während auf Xbox und PS2 der Platz für weitere Granaten genutzt werden kann, wird dieser auf dem Cube folglich von dem IR-Sichtgerät beansprucht. Sowohl Herzschlagsensor als auch Infrarot verbrauchen Batterie und sollten deshalb sparsam eingesetzt werden. Befindet sich ein Gegner direkt bei der Türe, empfiehlt sich das Anbringen einer kleinen Sprengladung oder das Aufbrechen mit dem Hammer, so dass das Ziel durch die umfallende Tür sofort ausgeschaltet wird. Sind gleich mehrere Terroristen anwesend, schickt ihr gleich noch eine Splittergranate hinterher. Bei Geiselnahmen ist das natürlich keine so gute Idee, so dass ihr hier besser auf den Einsatz von Blendgranaten zurückgreift. Sind die Vorbereitungen abgeschlossen, wird die Aktion mit dem bekannten "Go"-Befehl ausgeführt. Leider ist es nicht möglich, das Team in Zweiergruppen aufzuteilen, um eure Leute z.B. an zwei Türen zu postieren und die Gegner damit in die Zange zu nehmen.

Alle Aktionen lassen sich komfortabel mit dem Controller durchschalten, doch könnt ihr natürlich auch euer Headset zur Kommunikation mit der KI verwenden: Insgesamt funktioniert die englische Spracherkennung recht ordentlich – lediglich bei längeren Phrasen wie "Shotgun Frag and Clear" kam es nicht immer gleich zum gewünschten

Beim Öffnen von Türen könnt ihr taktisch vorgehen.
Erfolg. Auch habe ich es trotz einiger Anläufe nie hinbekommen, eine Öffnungsanweisung mit dem Hammer bzw. der Ramme korrekt über das Headset zu übermitteln – obwohl es über den Controller möglich gewesen wäre. Leider wurde eine deutsche Spracherkennung nicht integriert, so dass ihr die Befehle in englischer Sprache ausführen müsst. Als Hilfe enthält das Handbuch aber eine phonetische Auflistung aller Phrasen, so dass auch Spieler ohne Englischkenntnisse eine Idee von der Aussprache bekommen. Der Einsatz mit dem Headset sorgt für eine deutlich bessere und authentischere Atmosphäre, da ihr sämtliche Dialoge von den Hauptlautsprechern bzw. dem Fernseher komplett auf den Kopfhörer verlagern könnt. Während ihr auf der Xbox einfach losplappern könnt, zeigt sich der PS2-Spracheinsatz weniger komfortabel, denn hier müsst ihr vor jeder Headset-Anweisung die Kreis-Taste gedrückt halten – warum auch immer. Das Nachsehen haben einmal mehr GameCube-Besitzer, die komplett auf eine Headset-Kommunikation und damit auf ein Plus an Atmosphäre verzichten müssen.

  

Kaum vorhandene KI

An unübersichtlichen Ecken empfiehlt es sich, zunächst die Gegend ausspähen zu lassen. Dabei gehen eure Kameraden vor allem bei der PS2 ziemlich dämlich vor und präsentieren sich oft als lebendige Zielscheibe oder verpeilen es schlichtweg, euch über anwesende Terroristen zu informieren. Wundert euch also nicht, wenn ihr ins offene Feuer rennt. Auch scheinen eure Mitstreiter in manchen Situationen gleichzeitig blind, taub und schmerzfrei zu sein: So konnten wir immer wieder beobachten, dass die Kameraden-KI selbst Terroristen in der Nähe nicht angreift – selbst wenn sie das Feuer eröffnen! Die Gegner sind allerdings auch nicht viel intelligenter: Entweder laufen sie dem Kugelhagel fast schon entgegen oder verfehlen selbst aus nächster Nähe oft das Ziel. Auch kommt es vor, dass Terroristen einfach an euch vorbei laufen – sogar fast schon berühren – und euch trotzdem nicht beachten. Ein taktischen Vorgehen vermisst man bei den bösen Schergen ebenso wie die Treffsicherheit und so zählt diese KI von mit zum Schlechtesten, was ich in letzter Zeit erlebt habe – eine herbe Enttäuschung und

Jeder Schuss ein tödlicher Treffer?
Schande für die Serie. Da macht es kaum noch einen Unterschied zu erwähnen, dass die KI auf der PS2 und dem Cube minimal besser gelungen ist als auf der Xbox, denn unterm Strich mangelt es ihr in allen drei Fassungen am wichtigsten Element: der Intelligenz.

Technische Mängel

Auch technisch kann Lockdown nur bedingt überzeugen: Zwar glänzen manche Umgebungen mit detaillierten Texturen und eindrucksvollen Grafikeffekten, doch geht dafür auf allen Konsolen das Geschehen sehr oft in die Knie. Wenn ihr dann mit Ruckeln und Zuckeln einen Raum voller Terroristen stürmt, werden nicht nur eure Gegner, sondern auch der Spielspaß abgemurkst. Gelungen sind dagegen die Figuren sowie die Animationen von Freunden und Feinden – vor allem das Rag Doll-Modell lässt so manchen Terroristen grafisch eindrucksvoll ableben, doch werden die Leichen ebenso schnell ausgeblendet wie ihr die Feinde ausschaltet. Gerade in der Anfangsphase reicht oft schon ein einziger Schuss, um einen Gegner aus dem Weg zu räumen. Die Trefferzone ist dabei übrigens vollkommen egal – die Terroristen in Lockdown würden vermutlich selbst innerhalb von einer Sekunde sterben, wenn man ihnen den kleinen Zeh wegschießt. In Verbindung mit der peinlichen KI entsteht so alles andere als eine realistische Atmosphäre. Wenigstens lockern die Entwickler das Geschehen immer wieder durch kleine Scharfschützeneinlagen auf, die ihr in der Rolle von Dieter Weber absolviert. So nehmt ihr die Feinde z.B. aus einem fliegenden Hubschrauber oder von Häuserdächern aus sicherer Entfernung auf’s Korn und schießt damit dem Rainbow-Team den Weg in Gebäude frei. Habt ihr eine Mission geschafft, könnt ihr diese außerdem in verschiedenen Spielmodi erneut durchspielen.

          

Multiplayer-Kracher

Während die Solo-Kampagne nicht gerade überzeugen kann, stellt sich natürlich die Frage nach dem Multiplayer-Modus. Wird es hier ebenfalls so öde zugehen? Nein. Denn zwischen Solo- und Multiplayer besteht bei Rainbow Six Lockdown zumindest auf Xbox und PS2 ein Unterschied wie bei Tag und Nacht. Hier habt ihr es nicht mit einer total verblödeten KI zu tun, sondern müsst euch mit anderen Spielern auseinandersetzen, die nicht nach einem Schuss ins Knie tot umfallen und auch wissen, wie man ordentlich zielt. Ihr habt zunächst die Wahl, ob ihr lieber kooperativ oder gegeneinander zocken wollt. Bei Ersterem trainiert ihr mit bis zu vier (auf der PS mit maximal zwei) Spielern eine Mission oder begebt euch auf Terroristenjagd, ohne euch über Geiseln oder Einsatzziele Gedanken machen zu müssen. Leider sind auch hier eure Gegner von der Intelligenz keinen Deut besser als im Solospiel und sterben nach einem Treffer – allerdings gleichen sie hier ihre Dummheit durch massenhaftes Auftreten aus und sind deshalb nicht ungefährlich. Online stürzt ihr euch dann mit bis zu 16 Teilnehmern in die

Nicht nur online, sondern auch im Splitscreen liefert ihr euch (Team-)Duelle.
Action und tretet entweder in Deathmatch-Modi oder teambasierten Spielen an, unter denen sich u.a. Variationen von "Capture The Flag" und "Domination" befinden. Natürlich könnt ihr in der Online-Community auch eigene Teams sowie Charaktere erstellen und Nachrichten austauschen.

Online-Karriere auf der Xbox

Exklusiv auf der Xbox gibt es zudem einen gelungenen Karrieremodus, bei dem ihr euch zunächst auf eines von vier Aufgabenfeldern festlegt. Entscheidet ihr euch für Kommando, tragt ihr schwere Waffen sowie eine starke Panzerung mit euch herum und seid hauptsächlich für grobe Angelegenheiten zuständig. Als Angehöriger einer Spezialeinheit geht ihr dagegen unauffällig vor und erledigt Feinde vornehmlich schnell und leise im Nahkampf. Wollt ihr Karriere als Pionier machen, sind Elektronik und Computer euer Fachgebiet, mit deren Hilfe ihr das Leben eurer Kameraden erleichtern könnt. Auch der Aufgabenbereich eines Sanitäters ist alles andere als langweilig und geht über die medizinische Versorgung verletzter Team-Mitglieder hinaus, denn mit Nervengas-Angriffen können auch Sanitäter den Feind das Fürchten lehren. Gerade durch die unterschiedlichen Fähigkeiten, erhalten die Matches im Karrieremodus einen starken taktischen Touch und zwingen regelrecht zum spannenden Teamplay. Nach jedem Einsatz erhaltet ihr sowohl Erfahrungspunkte als auch Credits. Während ihr Erstere in eure Fähigkeiten wie Zielgenauigkeit etc. investiert, stockt ihr mit den Credits eure Ausrüstung auf. Leider findet sich dieser ungemein motivierende Modus nicht auf der PS2. Auf der Sony-Konsole beschränkt sich die Erstellung eines Charakters lediglich auf sein Aussehen, die Bewaffnung und das Outfit – eine Weiterentwicklung oder Aufteilung von Fähigkeiten wie auf der Xbox ist nicht möglich. Auch bietet die PS2-Fassung lediglich sechs Multiplayer-Maps während auf der schwarzen Box acht Karten gespielt werden können. Leider kommt es auch online neben den sporadisch auftauchenden Lags hin und wieder zu kleinen Rucklern, doch sind die Online-Scharmützel auf beiden Konsolen insgesamt gut spielbar und bereiten besonders auf der Xbox einen enormen Spaß. Der GameCube bleibt dagegen wie gehabt offline und erlaubt lediglich Splitscreen-Matches mit gerade mal zwei Spielern. Dabei absolviert ihr entweder im Koop-Modus die Missionen der Kampagne oder begebt euch gemeinsam mit einem Kameraden auf Terroristenjagd, bei der es nur darauf ankommt, alle Feinde im Level zu eliminieren. Extra angefertigte Multiplayer-Karten gibt es hier genau so wenig wie eine Deathmatch- oder Capture the Flag-Partie. Aber warum auch, wenn eh nur maximal zwei Spieler teilnehmen können?!     

Versionsunterschiede

Die Hintergrundgeschichte ist auf beiden

Mit dem Scharfschützen Dieter Weber schaltet ihr Gegner aus sicherer Entfernung aus.
Konsolen identisch, doch gibt es beim Leveldesign einige Unterschiede: Insgesamt sind die Karten der Xbox-Version umfangreicher und größer ausgefallen als auf der PS2 und dem GameCube. Wo die PS2 neue Daten in den Speicher laden muss, marschiert ihr auf der Microsoft-Konsole und dem Cube einfach weiter. Dafür bietet die Sony- und Nintendo-Variante zwei Missionen mehr als das Xbox-Pendant, das mit nur 14 Aufträgen auskommen muss. Weitere Unterschiede betreffen den Zoom-Modus der Waffen, der grafisch unterschiedlich realisiert wird sowie minimale Veränderungen beim Missions-Design: So kommt es z.B. vor, dass ihr auf der Xbox den Anfang einer Mission im Alleingang durchstehen müsst, während ihr auf der PS2 und dem Cube sofort gemeinsam mit den Kameraden auf Terroristenjagd geht. Zudem fällt auf, dass ihr auf der Microsoft-Konsole vermehrt eure Sichtgeräte einsetzen müsst und sich die Grundausstattung eures Helden von den PS2- und GC-Missionen unterscheidet. Grafisch wirken die Xbox- und GameCube-Fassungen dank schärferer Texturen einen Tick detaillierter.     

Fazit

Was ist nur mit dem gefeierten Rainbow Six passiert? Der Taktik-Anteil wurde auf ein Minimum zurückgeschraubt und so erinnert der Titel fast schon an einen klassischen Ego-Shooter, der allerdings nicht über das Mittelmaß hinaus kommt. Nicht nur, dass sich die Gegner oft nach einem Treffer ins Jenseits verabschieden – die Kerle verfügen zudem über eine quasi nicht vorhandene KI und selbst eure Kameraden lassen euch oft im Stich. Auch technisch kann die Spezialeinheit auf beiden Konsolen durch Ruckeleinlagen nicht überzeugen und kommt bei weitem nicht an die Klasse des Vorgängers heran. Erst im Multiplayer entfaltet Rainbow Six: Lockdown seine wahre Klasse und sorgt vor allem dank des motivierenden Karrieremodus für Onlinespaß, welcher der PS2 leider verwährt bleibt. Doch auch auf Sonys Konsole gleichen die spannenden Kämpfe über’s Netz die enttäuschenden Solo-Missionen aus, auch wenn die Xbox hier eindeutig die Nase vorne hat. Die größte Enttäuschung stellt dagegen die GameCube-Fassung dar: An einen fehlenden Onlinemodus und das nicht vorhandene Headset haben sich Würfelanhänger ja mittlerweile gewöhnt, aber warum die Infrarotsicht nicht mehr als Standardausstattung zur Verfügung steht und der Multiplayer-Part via Splitscreen dermaßen öde und abwechslungsarm gestaltet wurde, ist und bleibt mir ein Rätsel. Insgesamt kann man Rainbow Six: Lockdown nur Spielern empfehlen, die vornehmlich online auf Terroristenjagd gehen. Fans der Vorgänger machen dagegen einen großen Bogen um Lockdown, das offline weder die taktische Tiefe noch die eindrucksvolle Technik der Vorgänger bieten kann.

Pro

schneller Zugang
gut inszenierte Zwischensequenzen
Ansicht durch Schutzbrille
viele freischaltbare Extras
cooler Herzschlag-Sensor (Xbox)
z.T. schicke Texturen und Außenareale
gute Steuerung
Sniper-Missionen bringen Abwechslung
spaßiger Onlinemodus
gelungene Online-Karriere (Xbox)
insgesamt gute Spracherkennung

Kontra

kaum taktische Tiefe
teilweise extrem dumme Gegner
und Kameraden-KI
Slowdowns online+offline
keine Treffer-Zonen
fast jeder Schuss tödlich
Figuren können nicht springen
Leichen werden sofort ausgeblendet
keine Team-Aufteilung
nur sechs (PS2) bzw acht (Xbox) Multiplayer-Maps
keine Online-Karriere (PS2)
kleine Probleme bei der Spracherkennung
teilweise sterile Innen-Levels
keine Infrarotsicht in der Standardausstattung (GC)
kein Headset (GC)
öder Multiplayermodus für maximal zwei Mitspieler (GC)

Wertung

PlayStation2

GameCube

XBox

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