X-Men: Legends 2 - Rise of Apocalypse24.10.2005, Mathias Oertel
X-Men: Legends 2 - Rise of Apocalypse

Im Test:

Vor gut einem Jahr hat Raven Software für Activision das scheinbar Unmögliche geschafft: Ein hervorragendes Spiel rund um die X-Men aus dem Marvel-Universum zu kreieren: X-Men Legends. Ein Action-RPG im Baldur’s Gate Dark Alliance-Stil. Und wo Erfolg ist, ist auch die Fortsetzung nicht weit: Ein Jahr später kehren Wolverine & Co. mit X-Men Legends II: Rise of the Apocalypse zurück, um die Fans erneut zu begeistern. Ein geglücktes Unterfangen?

Neues Jahr, neue X-Men…

Ich kann mich noch gut erinnern: Als ich letztes Jahr den Test zu X-Men Legends anfertigen durfte, hatte Activision bereits die Fortsetzung angekündigt. Dementsprechend gespannt war ich dieses Jahr, als die X-Men zu ihrem zweiten Abenteuer in den Laufwerksschacht wanderten:

Um Apocalypse die Stirn bieten zu können, sind die X-Men diesmal auf die Hilfe der Bruderschaft um Magneto angewiesen!
Verlässt sich das Team von Raven Soft auf den Erfolg des Vorgängers und liefert quasi ein Add-On? Wurden die Kritikpunkte der letztjährigen Ausgabe adressiert? Was bringt die Fassung für den PC? Taugt der Online-Modus? Fragen über Fragen, die wir eine nach der anderen aufzuschlüsseln werden.

Add-On oder eigenständig?

Dass Raven Soft am erfolgreichen Grundprinzip des Vorgängers festhalten würde, war klar. Dementsprechend wartet auf euch schnell zugängliche Dungeon-Hack-Action mit gewaltigem Comic-Flair, einer durchdachten Steuerung und umfangreicher Charakter-Entwicklung.

Also ein Add-On? Könnte man meinen, wenn da nicht ein paar Kleinigkeiten wären: Denn diesmal seid ihr nicht nur mit den Mutanten rund um Professor Xavier unterwegs. Die 16 spielbaren Figuren (auf PC warten sogar 18 Charaktere) setzen sich nur zu gut 70 Prozent aus Mitgliedern des X-Men-Teams zusammen. Die restlichen Helden entstammen den Erzfeinden von Magnetos Bruderschaft, die gezwungen ist, mit den X-Men zusammen zu arbeiten, um Obermotz Apocalypse den Garaus zu machen.

Dass durch die Zusammenlegung von X-Men und Bruderschaft einige Mutanten wie Magma der Schere zum Opfer fielen, dürfte nur Hardcore-Fans stören, denn dafür könnt ihr erstmals mit Juggernaut antreten und dürft selbst Magneto durch die groß angelegten Gebiete steuern.

Da das Charaktersystem ebenfalls modifiziert wurde und mit seinen erweiterten Fähigkeitsbäumen neue Herausforderungen bietet, wirkt Raven auch von dieser Seite dem Add-On-Gespenst vor.

Die Grafik mit ihrem Comic-Shading überzeugt nicht nur mit den feinen Effekten.
Aber es können z.B. alle, die mehr auf Action als auf akribische Verteilung der bei jedem Aufstieg gewonnenen Skillpunkte stehen, einen automatischen Levelaufstieg nach bestimmten Parametern einstellen. Da die KI hier einen recht guten Job macht, kann man sich voll und ganz auf die teambasierte Action (ihr seid zu viert unterwegs) konzentrieren. Und auch hier merkt man, dass das Verhalten der CPU-gesteuerten Mitläufer intelligenter geworden ist und die spektakulären Kombos, die beim geschickten Zusammenspiel aller vier Team-Mitglieder möglich sind, deutlich leichter von der Hand gehen als im Vorgänger.

Kleines Gimmick am Rande: Bei vielen Charakteren steht ein Haufen an Outfits zur Verfügung, die nicht nur ein Schmankerl für X-Men-Freaks darstellen, sondern auch einen spielerischen Zweck erfüllen – natürlich rein optional. Denn wenn ihr die richtige Kombination von Team-Mitgliedern und Kostümen findet, winken euch Boni wie Steigerung der Defensive, Angriff usw. – eine klasse Idee!

   

Kritik ausgeräumt?

Die KI wurde also verbessert. Doch wie sieht es mit den anderen Kritikpunkten des letzten Jahres aus? Zwei davon (Ruckler, Kameraprobleme) hingen mit der Optik zusammen. Zumindest vom stotternden Grafikmotor ist nichts mehr zu spüren.

Ob on- oder offline: Fans von Action-RPGs kommen dieses Jahr nicht um die X-Men herum.
Die Abschnitte, die im Vergleich zum ersten Teil größer geworden sind und zum Stöbern einladen, können aber nicht nur durch flüssiges Scrollen überzeugen, sondern auch durch Variantenreichtum.

Angesichts der größeren Levels ist es allerdings bedauerlich, dass die Kamera immer noch Probleme hat, die Action so im Blickfeld zu behalten, dass man ohne Orientierungsschwierigkeiten aus einem Gefecht kommt. Doch nach wie vor ist dies ein Manko, das man verschmerzen kann. Denn der Comic-Stil sorgt nicht nur für Atmosphäre, sondern bietet darüber hinaus noch genügend Effekte, um auch das Auge bei Laune zu halten.

Die schwankenden Sprecher-Leistungen der deutschen Lokalisierung des Vorgängers gehören ebenfalls der Vergangenheit an. Was allerdings nicht positiv sein muss, da sich das Niveau aller Sprecher mittlerweile etwas gesenkt hat. Und wieder sind die PC-User im Vorteil, da diese auch Zugriff auf die englische Original-Version haben, in der z.B. Patrick Stewart Professor X seine Stimme leiht.

Klasse Balancing

Da das Spiel mit mehreren Schwierigkeitsgraden und dementsprechend angepassten, teilweise exorbitanten Charakterlevels ausgestattet ist, stellt sich natürlich die Frage, wie Nahkämpfer und Magiebegabte im Vergleich abschneiden. In der ersten Hälfte des Spieles verhält sich X-Men Legends II ähnlich dem Vorgänger. Sprich: Die Nahkämpfer sind leicht überlegen und gegenüber den reinen Magienutzern im Vorteil. Doch nach etwa sieben bis acht Stunden Spielzeit (bzw. wenn man mit seinen Figuren bei etwa Level 20 angekommen ist), werden auch bei Magneto, Cyclops & Co., also denen, die erfahrungsgemäß ihre Stärken aus der zweiten Reihe ausspielen, mächtige Fähigkeiten freigeschaltet.

Und ab diesem Moment sind sogar reine Teams mit den so genannten "Unterstützungs-Charakteren" möglich. Doch dies allein macht das Balancing in X-Men Legends II nicht so überzeugend. Denn gleichzeitig wird der Schwierigkeitsgrad etwas angehoben – ohne jedoch ins Unfaire abzugleiten.

Die Umgebung kann häufig in die Action einbezogen werden.
Online-X-Men

Gerade dieses Balancing ist es, das die Mehrspieler-Partien so interessant macht. Dabei ist es weniger der Skirmish-Modus (simple Prügel-Duelle für bis zu 16 Spieler), der mich angesprochen hat, sondern die Möglichkeit, mit vier menschlichen Teilnehmern kooperativ die Story zu verfolgen, wobei der Startpunkt und die Fortführung der Story abhängig vom jeweiligen Host sind. Und wenn keine drei Mitspieler zur Hand sind, werden die leeren Plätze von der KI aufgefüllt, bis sich jemand in euer Spiel einklinkt.

Von kleinen Diskussionen  wie "Ich will mit Magneto spielen" abgesehen, machen die Online-Partien mit Fremden (natürlich noch mehr mit Freunden) einen Heidenspaß.

Das Gameplay bleibt dabei mit wenigen Ausnahmen flüssig und auf der PS2 sorgen einzig die etwas längeren Ladezeiten beim Online-Spiel für kleines Stirnrunzeln.

GameCube-User hingegen schauen wieder einmal in die Röhre und müssen auf den kooperativen Offline-Modus bauen (natürlich auch bei den anderen Konsolen vorhanden), der seine Qualität ja bereits letztes Jahr unter Beweis gestellt hat.  

Fazit

X-Men Legends II macht genau da weiter, wo die ersten Legenden aufgehört haben – und setzt noch eins drauf: Nahezu alle Kritikpunkte des Vorgängers (mit Ausnahme der Kameraführung) wurden ausgemerzt und die paar neuen Mini-Mankos schaffen es nicht ernsthaft, den Spielspaß ins Wanken zu bringen. Grafisch gelungen, spielerisch durchdacht, mit einer satten Story unterlegt und mit Ausnahme des GameCube endlich auch online spielbar, können sich alle Fans der X-Men auf ein forderndes und stets motivierendes Action-RPG freuen, das nahezu konkurrenzlos an die Spitze stürmt. Vor allem für PC-User ist der Kampf gegen Apocalypse mehr als interessant, da sie zum einen den ersten Ausflug der X-Men noch aussitzen mussten und zum anderen zusätzliche Inhalte bekommen. Egal ob solo oder zu viert, ob off- oder online: X-Men Legends II ist ein Freudenfest für Fans unkomplizierter, aber durchweg motivierender Dungeon-Hacks.

Pro

online spielbar (PC, PS2, Xbox)
gute Steuerung
stimmiger Comic-Grafik-Stil
umfangreiche Charakter-Entwicklung
vorbildliches Figuren-Balancing
abwechslungsreiche Umgebungen
16 spielbare Figuren
Bonus-Charaktere und –Missionen (PC)
motivierender Dungeon-Hack
Koop-Modus für bis zu vier Spieler
gute KI
automatisierter Level-Aufstieg möglich
diverse Geheimnisse
Multilingual (PC)

Kontra

zu kleine Schrift im 16:9 Modus (Xbox)
ab und an Kamera-Probleme
Ladezeiten beim Online-Spiel (PS2)
kein Online-Spiel (GameCube)
Maus-/Tastatur-Steuerung suboptimal
grobe CG-Sequenzen (PC)
deutsche Sprachausgabe nicht immer überzeugend

Wertung

XBox

GameCube

PlayStation2

PC

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