Black24.02.2006, Michael Krosta
Black

Im Test:

Bereits mit der Burnout-Serie fackelten die Jungs von Criterion Games eine Zerstörungs-Orgie sondergleichen ab, doch was ihr als Black-Op-Kämpfer Jack Kellar alles in Schutt und Asche legt, würde selbst den Demolition-Man vor Neid erblassen lassen. Kann das brachiale Action-Feuerwerk über die gesamte Spielzeit hinweg überzeugen oder geht Black nach der fulminanten Anfangsphase die Hit-Munition aus?

So muss Action sein!

Tödliche Kugeln zischen von allen Seiten durch die Luft und bahnen sich ihren Weg durch die zerbrechlichen Fensterscheiben heruntergekommener Gebäude und abgestellter Autos. In einer russischen Stadt tobt ein erbitterter Krieg zwischen Terroristen und mir - der Ein-Mann-Armee Jack Kellar. Die Sonne steht tief, blendet mich und macht es mir schwer, die Gegner in der Entfernung auszumachen und mit meinem durchschlagenden Sturmgewehr zu erledigen. Langsam hechte ich im Kugelhagel zu einem Vorsprung, in der Hoffnung, Schutz zu finden. Doch die feindlichen Kugeln sind stärker und

Mit dem Sniper-Gewehr könnt ihr Gegner auch aus weiter Entfernung ausschalten.
zerfetzen den Beton in Sekundenschnelle. Puh, gerade noch rechtzeitig bis zur nächsten Hauswand geschafft. Da ich nur maximal zwei Waffen gleichzeitig mit mir tragen kann, tausche ich die schallgedämpfte Pistole gegen das Sniper-Gewehr, mit dem ich aus sicherer Entfernung einen Gegner nach dem anderen mit gezielten Kopfschüssen ausschalte. Ich stürme weiter nach vorne und es dauert nicht lange, bis die nächste Gruppe an feindlichen Kämpfern auf mich wartet und sofort das Feuer eröffnet. Ich antwortet mit einer Splittergranate, die mit einem Schlag mehrere Schützen erledigt und durch die Luft schleudert. Für den Rest lasse ich die frisch aufgesammelte Shotgun sprechen oder knocke die Kerle mit einem gezielten Schlag aus. Gerade als ich glaube, endlich mal durchatmen zu können, höre ich ein Pfeifen und sehe noch kurz den grauen Rauchschweif am Himmel, bevor die Rakete des Bazooka-Schützen in meiner Nähe einschlägt und den unmittelbar neben mir stehenden LKW auch gleich noch mit in die Luft jagt. Ein Glück, dass ich noch eines von maximal drei Heilpaketen im Inventar habe, denn ansonsten wäre ich mit meiner schwierigen Mission bereits gescheitert.

Keine Verschnaufpausen

Das ist nur ein kleines Beispiel von dem, was euch in Black erwartet. Ihr steht in den meist weitläufigen Innen- und Außenarealen ständig unter Beschuss und müsst euch ohne Verschnaufpausen mit purer Waffengewalt durch das Schlachtfeld kämpfen. Allerdings ist ein blindes Vorstürmen keine gute Idee, wollt ihr nicht wie ein Sieb durchlöchert werden. Am besten schaltet ihr die Feinde aus der Deckung heraus aus und greift dabei auch auf die Umgebung als Waffe zurück: Jagt z.B. den Tank eines Fahrzeugs in die Luft, schießt auf explodierende Fässer, löst in einem Minenfeld eine tödliche Kettenreaktion aus oder bringt eine Hausfassade zum Einsturz und begrabt die Gegner unter einem Haufen Schutt. Ihr habt oft mehrere Möglichkeiten, Probleme aus dem Weg zu räumen, also solltet ihr immer die Augen nach entsprechenden Gelegenheiten offen halten. Allerdings ist auch Vorsicht geboten: Gerade Terroristen mit einem Raketenwerfer greifen oft plötzlich und aus sicherer Entfernung an, wobei es nicht immer einfach ist, deren genaue Position auszumachen. 

Harter Einsatz

Ballert ihr euch auf dem einfachsten Schwierigkeitsgrad noch ohne große Gegenwehr durch die Abschnitte, zeigt Black allerdings schon auf der normalen Stufe, dass das Leben als Einzelkämpfer alles andere als einfach ist: Ihr müsst euch teilweise mit über zehn Gegnern gleichzeitig herumschlagen, die euch von allen Seiten die Hölle heiß machen. Dabei hinterlässt die KI leider nur einen zwiespältigen Eindruck: Während sich die feindlichen Soldaten in manchen Abschnitten intelligent gruppieren und klug nach Deckungsmöglichkeiten Ausschau halten, rennen sie auch oft genug ohne nachzudenken ins offene Feuer oder bemerken selbst dann nichts von eurer Anwesenheit, wenn ihr

Ruhe in Frieden? Von wegen: Bei Black wird auch auf dem Friedhof geballert!
schon fast neben ihnen steht. Nach der überzeugenden Preview hätte man hier mehr erwarten können. Ein weiteres Problem stellen das Speichersystem sowie die Kontrollpunkte dar: Die meisten Abschnitte in Black sind riesig und ihr benötigt oft mehr als eine Stunde, um eine Mission zu beenden. Solltet ihr sterben, dürft ihr bei einem Checkpoint einen neuen Versuch starten. Diese sind allerdings so rar gesät, dass ihr oft sehr lange und schwierige Passagen erneut in Angriff nehmen müsst, was auf Dauer sehr frustrierend sein kann. Wollt ihr dagegen die Mission abbrechen und z.B. am nächsten Tag weiter machen, kommt es noch dicker, denn ihr müsst das komplette Level wieder von vorne beginnen, da die Checkpoints nicht wie bei Halo abgespeichert werden. Auch hat man es beim großen Finale selbst auf der normalen Stufe mit dem Schwierigkeitsgrad übertrieben, denn hier beißt man sich an der ständig heran stürmenden Gegner-Schar wirklich die Zähne aus und weiß dabei gar nicht so genau, was eigentlich zu tun ist.

         

Grandiose Technik

Wer Black das erste Mal zu Gesicht bekommt, wird von der bombastischen Präsentation regelrecht erschlagen: die großen Außenareale glänzen mit einer phänomenalen Weitsicht und werden in atmosphärische Lichteffekte getaucht, die mit zum Besten gehören, was man auf der aktuellen Konsolengeneration zu Gesicht bekommt. Seien es die Sonnenstrahlen, die die Baumkronen im Waldabschnitt durchdringen, die blendenden Scheinwerfer einer Fabrikanlage, das Mündungsfeuer eurer Waffe oder der aufgewirbelte Staub nach den heftigen Schusswechseln: Was Criterion PS2 und Xbox an grandiosen Licht- und Partikeleffekten entlocken, ist allererste Sahne und würde selbst einer Next-Generation-Konsole gut zu Gesicht stehen,

Die Umgebung lässt sich fast komplett demolieren.
selbst wenn in manchen weitläufigen Abschnitten ein minimaler Grafikaufbau zu erkennen ist. Ein kleines Highlight sind zudem die detailverliebten Nachladesequenzen, die eindrucksvoll zeigen, dass hier echte Waffen-Freaks am Werk gewesen sind. Dabei wird der Hintergrund unscharf dargestellt und rückt die ohnehin auf dem Bildschirm dominierende Waffe noch weiter in den Mittelpunkt. Die einzelnen Waffen von der Pistole über Shotguns bis hin zu MPs, MGs, Bazookas und Scharfschützengewehren sehen nicht nur phantastisch aus, sondern überzeugen auch durch ihre unverwechselbaren Klangcharakteristika, die für einen ordentlichen Wumms in der Lautsprecheranlage sorgen. Überhaupt ist der Audiobereich hervorragend gelungen: Aus allen Kanälen fliegen euch Kugeln entgegen, während der Subwoofer bei den druckvollen Explosionen ins Schwitzen gerät und euer Wohnzimmer in einen Kriegsschauplatz verwandelt. Zwischendurch wird die Action in manchen Abschnitten zusätzlich von passenden, heroischen Soundtracks aus der Feder von Michael Giacchino begleitet, der bereits in der erfolgreichen US-Serie Lost für die passenden Töne sorgte. Auch die mit realen Schauspielern gedrehten Zwischensequenzen können mit ihrem ungewöhnlichen Stil bezüglich Farbgebung und Schnitt überzeugen und unterstützen das Film-Flair, das Black von Anfang bis Ende durchströmt. Die nicht sonderlich einfallsreiche Story dreht sich um ein Verhör, in dem Jack vorangegangene Einsätze Revue passieren lässt. Dabei fügt sich nach und nach das Bild zusammen, warum ihr den ganzen Stress überhaupt auf euch nehmt bzw. genommen habt.

Nachlassender Wow-Effekt

Doch so furios und eindrucksvoll die ersten Stunden mit Black auch sein mögen, lässt der anfängliche Wow-Effekt mit der Zeit merklich nach. Es mangelt schlichtweg an Abwechslung und schnell wird klar, dass das simple Spielprinzip außer Rennen und Schießen auf die immer gleichen Gegner und Objekte nicht viel mehr hergibt. Zwar ist es lobenswert, dass die Entwickler an der simplen Ballerei festhalten und trotz vereinzelter Team-Missionen

Die KI verhält sich zwar nicht unbedingt clever, verfügt aber gerade in der Gruppe über immense Feuerkraft.
mit KI-Kameraden nicht in einen typischen Taktik-Shooter verfallen, doch hätte etwas mehr Abwechslung sicher nicht geschadet. Warum dürfen nur die Gegner die mächtigen stationären Geschütze bedienen? Warum kommen voll besetzte Fahrzeuge nicht um die Ecke gefahren, um in die Luft gejagt zu werden, sondern stehen nur bewegungslos in der Gegend herum? Warum werde ich zur Abwechslung nicht mal aus der Luft von einem mächtigen Kampfhubschrauber attackiert, den ich mit einem gezielten Raketenangriff in seine Bestandteile zerlegen kann? Dies alles wären sinnvolle Möglichkeiten gewesen, das Geschehen etwas abwechslungsreicher zu gestalten, ohne vom simplen Spielprinzip abrücken zu müssen. Leider ist unser Held in den augenscheinlich weitläufigen, aber dennoch linearen Levelpfaden nicht nur in seiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt, sondern auch, was seine Handlungsmöglichkeiten betrifft. Außer Rennen, Ducken und Schießen hat der gute Jack Kellar nicht viel drauf. Dabei wünscht man sich an manchen Stellen sehnlichst eine Sprung-Funktionen oder würde gerne die Leiter eines Wachturms erklimmen, um die Feinde aus überlegener Position von oben ins Fadenkreuz zu nehmen – leider Fehlanzeige.

Einsamer Wolf

Was bietet in der Regel jeder Ego-Shooter neben einer Kampagne für Solospieler? Genau: einen Multiplayer-Modus! Aber Ausnahmen bestätigen die Regel und ihr werdet es sicher schon erraten haben…richtig: Black ist die Ausnahme! Dabei hätte sich gerade dieser Titel mit seinen hervorragend modellierten Waffen und dieser gnadenlos genialen Optik für spannende Multiplayer-Partien geeignet, die ganz nebenbei auch der Langzeitmotivation zugute gekommen wären, denn insgesamt ist Black mit knapp neun Stunden schnell vorbei. Zwar werden nacheinander zwei weitere Schwierigkeitsgrade und neue Waffen freigeschaltet, doch stellt sich die Frage, ob man das komplette Spiel unter noch härteren Bedingungen wieder und wieder durchspielen möchte.   

Fazit

Black demonstriert eindrucksvoll, welche unglaubliche Leistungen man bei entsprechender Programmierarbeit aus der mittlerweile betagten PS2- und Xbox-Hardware herauskitzeln kann. Da tummeln sich mehr als ein Dutzend glänzend animierter Gegner auf dem Bildschirm und feuern mit ihren MGs, Pistolen und Raketenwerfern aus allen Rohren, ganze Bauwerke gehen nach einer markerschütternden Explosion in Flammen auf, geniale Licht- und Partikeleffekte, wohin das Auge blickt – und niemals geht die Grafikengine bei der brachialen Action in die Knie. Technisch und atmosphärisch ist Black eine Vorzeige-Ballerei, wie man sie sich wünscht. Allerdings kann der Einsatz mit Jack Kellar spielerisch das anfänglich hohe Niveau nicht über die gesamte Spielzeit von knapp neun Stunden hinweg halten. Zu eintönig erscheint nach den ersten Missionen eure Aufgabe, die nur daraus besteht, sich von Punkt A nach Punkt B vorzuarbeiten, ein paar versteckte Bonusgegenstände wie geheime Dokumente zu finden und dabei die meist dümmlichen, aber zahlenmäßig überlegenen Gegner auszuschalten. Zwar sorgen die großartigen, wenn auch linearen Außen- und etwas sterilen Innenabschnitte für einen regelmäßigen Tapetenwechsel sowie eine dichte Atmosphäre im Kugelhagel, doch hätte auch spielerisch etwas mehr Abwechslung drin sein dürfen. Trotzdem sollte sich niemand diesen Shooter entgehen lassen, der zwar keinen Preis für Innovationen gewinnen wird, aber technisch und atmosphärisch zum Besten gehört, was die aktuelle Konsolengeneration in diesem Genre aufbieten kann.

Pro

bombastische Präsentation
geniale Nachladesequenzen
Action pur
riesige Areale
durchschlagende Raumklang-Effekte
atmosphärischer Soundtrack
stylische Zwischensequenzen
punktgenaue Steuerung
zerstörbare Umgebung
hervorragende Animationen

Kontra

mieses Speichersystem
schlecht verteilte & zu wenige Kontrollpunkte
wenig Abwechslung
relativ kurz
stellenweise sehr schwer
lineare Levelstruktur
kein Multiplayer
schwankende Gegner-KI
keine sonderlich packende Story

Wertung

PlayStation2

Eine Baller-Zerstörungs-Orgie der alten Schule mit Edel-Optik.

XBox

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